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Glücklich der Mensch, der Bäume liebt, besonders die großen, freien, die wild wachsen an der Stelle, wo die unendliche Kraft sie gepflanzt hat, und die unabhängig geblieben sind von der Fürsorge der Menschen. Denn alles Unkultivierte, Natürliche ist näher dem Allbewusstsein als das durch Menschenwillen sklavisch gezähmte, verkünstelte, gezüchtete! Die freigeborenen Dinge atmen reiner den Geistesrhythmus des Unendlichen, daher strahlt ein Berauschendes, eine unbeschreibliche freie Freude auf uns über inmitten des Wildnatürlichen im Wald, auf Bergen, überall, wo keine Spuren menschlicher Arbeit sich finden.

Wir atmen eine Emanation, die von Bäumen, Felsen, Vögeln – von jeder Form des Unendlichen – unaufhörlich ausströmt! Es heilt und erneut! Es ist mehr als Luft! Eine psychische Kraft, die aus der Allbelebtheit fließt. Weder in Städten noch in kultivierten Gärten ist sie zu finden. Glücklich, wer eine lebendig starke und ernste Liebe zu den wilden Bäumen und Vögeln und Tieren fasst, wer sie als gleichgeboren mit sich selbst empfindet und weiß, dass auch sie ihm Wertvolles zum Tausche schenken für seine Liebe. Alles Lebendige reagiert auf Sympathie und Antipathie. Wir repräsentieren einen Teil des unendlichen Bewusstseins, die Bäume einen anderen Teil. Liebe aber ist ein unsichtbares Element, das „lebendige Wasser“ der Welt, und strömt in großen Wellenzügen von Teil zu Teil in jenem geistigen Kosmos, der uns alle unsichtbar umgibt Der Baum ist ein lebendiger Gedanke Gottes. Ein Gedanke, unserer Aufmerksamkeit wert. Er enthält eine Form der Weisheit, die uns vielleicht fehlt, – die wir noch nicht erworben haben. Wir brauchen auch diese Weisheit, weil jede wahrhaftige Anschauung Macht bringt, und wir brauchen Macht, um reinere, schönere gesündere Körper zu bekommen. Wir wollen endgültig von Krankheit befreit werden. Wir brauchen leichtere Herzen und einen froheren Geist! Wir wollen neues Leben und neue Freude am Leben an jedem neuen Tag! Unsere Körper sollen leichter, nicht schwerer werden mit zunehmenden Jahren! Wir wollen Gewissheit! Wir wollen uns des unendlichen Geistes in jeder Zelle bewusst werden – wir wollen die Anschauung der Unsterblichkeit erlangen!

Wir brauchen Fähigkeiten, die bis jetzt den „Sterblichen“ versagt waren. Wir wollen über die Zufälligkeiten des Leibes erhoben werden, über Schmerzen und Tod des irdischen Leibes!

Können uns die Bäume dies alles geben? Helfen können sie, wenn es uns gelingt, in ihren Geist einzudringen, wenn wir uns mehr und mehr jenes Teiles der unendlichen Kraft bewusst werden, deren Ausdruck die Bäume sind. Wenn wir sie als Brennholz betrachten oder Material für Fässer, werden wir wenig von ihrem Leben bekommen. Wer wirklich dahinkommt, das Allbewusstsein in jeder seiner Formen zu lieben, wird für diese Liebe rückströmend ein Element empfangen, das ihn durchdringen wird mit jener Weisheit, an der diese bestimmte Form teil hat, – deren lebendiges Abbild sie ist. Aus dem liebenden Verschmelzen mit der Idee des Baumes wird nun die Menschheit lernen, welch höherer Nutzen aus Wäldern zu ziehen ist als der, den sie durch Bau- und Brennholz gewinnt. Die Liebe wird ihr sagen, wie die Wälder mit ihren ungeheueren Oberflächen von Milliarden Zweigen, Ästen und Blättern ideale Leiter eines höchst geistigen Elementes sind, das sie akkumulieren und an den Menschen, seiner Fähigkeit zu empfangen gemäß, abgeben! Je mehr das Wesen des Baumes, Vogels, Tieres in uns lebendig wird, desto mehr gewinnen wir Anteil an den lebendigen Kräften, die jede dieser Organisationen zu empfangen und zu geben vermag. Denn jede dieser Lebensformen hatte ihre spezielle Art der Kraft, die durch Sympathie auf uns übertragbar wird, – ein Lebenselixier der feineren Geister. Aber Liebe erhält nur, wer Liebe gibt! Wir können Liebe aus dem Unendlichen an uns ziehen in dem Maße, wie wir jede Form des Unendlichen lieben, sei es Strauch, Beere, Insekt oder Vogel. Niemand aber kann zerstören oder vergewaltigen, was er wahrhaft liebt. Das spezifische Element jeder lebendigen Form, das in uns überströmt, ist Leben! – In dem Maße, wie wir davon absorbieren, werden Kräfte in uns erwachen, die nur mit dem Worte „Wunder“ auszuschöpfen sind.

Zerstört die Wälder, und ihr schneidet diesen Kräften die Wege ab, zu wirken. Ersetzt die wilden Bäume durch künstliche Spielarten, und diese Kräfte verkümmern, wie ja auch ein Obstbaum vom Standpunkt des Baumes verkümmert ist, der „veredelte“ Früchte trägt, – der Calvillapfel ist ein künstliches Degenerationsprodukt, wie die Leber der gestopften Gans.

Wenn wir uns dereinst ewiger Jugend, Freude und Gesundheit nähern, wird unser Verhalten den Bäumen und allem Belebten gegenüber völlig verändert sein. Wir werden erkennen, dass, sobald wir Bäume, Pflanzen, Insekten und Vögel lieben und sie völlig sich selbst überlassen, der Teil des Unendlichen, der ihr Wesen ausmacht, zum Dank auf uns überströmt.

„Aber wie soll man denn leben“, fragen die Menschen, „ohne Holz, ohne pflanzliche oder tierische Nahrung?“

Ja, sollte es denn nur die eine Form des Lebens in Ewigkeit geben! Sollten unserem Empfinden gemäß sich die Existenzbedingungen nicht wandeln lassen! Schon jetzt gibt es Millionen, deren tiefster Instinkt tierische Nahrung mit Ekel zurückweist. Gewiss kann die Menschheit nicht augenblicklich mit der Vergewaltigung des Tier- und Pflanzenreiches aufhören. So lange ein Verlangen nach solcher Art der Ernährung besteht, soll es befriedigt werden, – nur das natürliche Absterben solcher Triebe hat Wert. Wenn der Geist diese Dinge regelt, geschieht es organisch von innen heraus und für immer! Der Irrtum der Menschheit bis jetzt war, dass sie oft versuchte, sich absichtlich aus eigener Willenskraft zu spiritualisieren, indem sie durch Fasten, Bußen usw. sich der Dinge enthielt, nach denen sie verlangte. Nie hat sie sich noch durch solche Mittel von Krankheit, Verfall und Tod zu retten vermocht. Nie noch hat sie auf diese Art ihren Leib erneuert. Er zerfiel genau wie die Leiber der Schlemmer und Trunkenbolde. Askese ist Mangel an Vertrauen in die Macht des unendlichen Bewusstseins, uns zur höheren Stufe zu geleiten. Selbst sein Heil wirken wollen, das ist eine der größten Sünden, weil es den Menschen, wenigstens zeitweise, vom unendlichen Bewusstsein abschneidet und von dem Leben, das ihm auf diesem Wege gesandt wird, sobald er bittet und vertraut. Es führt kein anderer Pfad aus Lastern, Fehlern und schlechten Gewohnheiten heraus, als die beharrliche Bitte, das Verlangen auszulöschen, aus dem sie sonst stets aufs neue erwachsen.

In jedem Atemzuge spricht das unendliche Bewusstsein: „Kommt zu mir – verlangt von mir – findet mich in allem Geschaffenen, so sende ich euch ewig Neues an Leib und Geist, das eure Bräuche und Leidenschaften und Wünsche verwandeln soll, so dass allmählich alles Rohe von euch abfällt und alle dumpfen Begierden, die wider ein Gesetz sind, – und euch an ihrer Statt Freuden bringt aus Gegenden der Seele, die zu fassen heute noch kein Sterblicher vermag.“

In dem Maße, wie wir einem feineren und daher dauernderen Leben entgegenwachsen (und wir können gar nicht anders), werden wir die Ehrfurcht vor allem Lebendigen lernen und es in seiner Freiheit ungestört belassen, – weil wir es lieben. Einen Vogel, den wir gefangen halten, aber lieben wir nicht, – wir lieben nur unser Vergnügen am Vogel. Die höchste Liebe zu allem Lebendigen ist also ein Weg zum Leben selbst, das wie aus tausend Batterien in uns zurückfließt, nicht nur aus Baum und Vogel und Insekt, – aus den wirbelnden Schneeflocken und Sturm und Meer! Nicht als sentimentalische Betrachtung, sondern als lebendige Kraft! Warum diese Liebe nicht schon in uns eingeboren ist? – Warum erst noch so viel Qual und Mühe und Tod? – Wir wissen es nicht! Genug, dass wir einen Weg sehen, der aus allem hinausführt, was wir Übel nennen.

Einige praktische geistige RezepteInhaltsverzeichnisDer praktische Wert der Träumerei

 

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