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Beim Bau meines Hauses – beim Planen der inneren Einrichtung, zumal dieses Haus einzimmerig ist und ich das ganze Wohnen allein besorge – werde ich zu einem bestimmten Studium hingeleitet: alles so angeordnet zu haben, dass es mit einem Mindestmaß von Mühe und Zeit erreichbar ist. Denn ein Mensch braucht die ganze Kraft, die ihm Natur gegeben hat. Lebensökonomie – Menschenökonomie! – Warum zählt nur Geld-, nicht Kraftvergeudung als geistige Störung? Wie viele sparsame Hausfrauen müssten da unter Kuratel gestellt werden.

Alle Menschen, die „Zeitvertreib“ suchen! Zeit, das Kostbarste das Einmalige vertreiben – totschlagen – damit sich selber totschlagen!

Kraft bedeutet Freudemöglichkeit – und als Münze, die kleinen Akte des Alltagslebens zu bezahlen, sollte mit ihr so umsichtig verfahren werden, als ein Mann mit seinen letzten hundert Dollar in fremdem Land verfahren würde.

Ging ich müde in das zivilisierte Heim, so habe ich oft und oft meine Hausschuhe suchen müssen, – die von eigens dafür bezahlten Menschen in einen fernen Schrank exportiert worden waren.

Das geht ums Leben.

Darum habe ich auch gestern meinen Waschkasten um neunzehn Zentimeter niedriger gemacht. Denn, wenn ich mir Gesicht und Hände wasche, will ich sitzen können. Ich will es gesammelt gründlich – ehrfürchtig tun und einiges Vergnügen davon haben. Will ich Bewegung machen, dann turne ich, aber vor dem Waschkasten stehen! Wer hat den Menschen das angetan? Wahrscheinlich jemand, dem diese Waschprozedur eine verderbliche Notwendigkeit schien – ein Stück Pflicht, das rasch und freudlos erledigt wird. Muss dem so sein? Kann nicht jedes Bedürfnis des Leibes geadelt werden durch Kultur- entvieht sozusagen – stehen wir darin nicht höher als alle Könige vergangener Zeit? Was ist Prunk – Pracht gegen die stille Würde der Entviehung des Leibes im Alltäglichsten.

Das in einem Heim lückenlos, bis ins kleinste durchgeführt, wäre eine Wohltat, vor deren Tragweite die Menschen wie vor Wundern stünden. Entbürdung des Lebens durch das Heim – dem Tempel der Erlösung.

Sehe man sich nun dagegen eine bürgerliche Küche an. Nur ein Bestreben scheint den ganzen Haushalt zu leiten: mit größtmöglichem Kraftverbrauch ein Minimum an Leistung zu erzielen. Schon die Töpfe – Pfannen – Kochutensilien sind immer vom Herd so weit als möglich in einem Schrank untergebracht und darin so verteilt, dass immer ein halbes Dutzend Sachen erst verschoben werden müssen, bis das Notwendige erreichbar wird. Andere Dinge hängen nahe dem Plafond oder unter Reichhöhe – in Griffweite ist immer nur das, woran man sich verbrennen oder sonst verletzen kann. Der ganze Küchendienst scheint auf Giraffen stilisiert – Wesen von außermenschlichem Streck- und Beugemaß. Wieder ein Beispiel gegen den Indizienbeweis! Wieviel PS werden täglich an hohe Borde vergeudet! –

Haben Sie bemerkt, wie Dinge, die an einen Ort gelangen, der höher als die menschliche Schulter, eine Tendenz zeigen, lange dort zu verweilen? Warum? Jeder schreckt unwillkürlich vor einer Sache auf dem hohen Bord zurück, – er lernt sie entbehren, – sie scheidet aus seinem Leben wie aus seinem Armbereich. Tausende von Dingen, die die Menschen brauchen, um die sie trauern, die sie oft suchen, und sich wundern, wer sie genommen haben könnte – oder wo sie hingekommen sind -, diese Tausende von Dingen liegen jetzt friedlich und staubig auf hohen Borden.

Haben Sie bemerkt, wie zudringlich jeder Gegenstand in Küche oder Schlafzimmer gleich wird, für den Sie augenblicklich keine Verwendung haben und keinen Platz und der immer dort herumliegt, wo er stört? Es kann ein Buch sein oder ein leerer Papierkorb oder ein sehr kostbarer Trödel, in irgendeinem teuren Geschäft erstanden… ein Gralsbecher oder so! – Er steht immer auf einem anderen Ding… und dieses andere braucht man gerade. Man nimmt ihn herunter und stellt ihn wieder auf etwas anderes, das man fünf Minuten später brauchen wird. Das verdammte Ding quält einen und bleibt geschickt inkognito… man erkennt kaum, was einen quält.

Es ist die Sache, die immer aus dem Weg des einen in den Weg des anderen geräumt wird.

Ist es ein Gegenstand zum Hängen, so hängt er über zwei bis drei anderen Gegenständen, Kleidern, – aber noch lieber Überziehern, weil man die sicherer braucht. Dann, klatsch, kommt er heruntergesaust, will man den Überzieher schlau hervorziehen. Endlich verliert man die Geduld, – schleudert ihn auf das hohe Bord, – und nächste Woche, wenn man ihn braucht, ist dann des Staunens kein Ende über solch rätselhaftes Verschwinden.

Das also soll das Leben sein – zwei Drittel des Lebens! Und nur, weil die Sachen in einem Raum nicht jedes wieder seinen Privatraum hatten. So müsste jedes Heim in Unterheime auch für die leblosen Bewohner zerfallen – „Dienstbotenzimmer“ für die Sachen vorsehen, damit es keine „Obdachlosen“ im Hause gebe.

Möglich, dass Sie – meine Leser – ein großer Staatsmann sind oder ein großer Forscher oder sonst was Großes, oder es wenigstens zu sein glauben. Sie empfinden dieses Buch vielleicht als kindisch – all diese Dinge, von denen ich spreche, als trivial. Darüber schreibt man doch kein Buch! Sie sind erhaben! Aber Sie wissen doch – kommt alles auf einen Haufen zusammen -, dass Sie Stunden und Stunden, wenn nicht Tage, damit verbracht haben, nach Ihrem Taschenmesser oder dem Bleistift zu jagen – erst in der rechten Hosentasche und dann in der linken und dann durch die Weste hin, – den Rock entlang und zurück in die Hosentasche, erst in die rechte, – dann in die linke, und immer gerade bei einer bedeutungsvollen und wichtigen Gelegenheit. War es nicht damals, wo die ganze Kraft Ihrer mächtigen Geistigkeit sich ergoß – nicht in das weltbewegende Werk… nein, in Raunzen, Wundern und Grübeln, wo denn in aller Welt – der Bleistift oder der Zwicker hingekommen sei, – der sich dann später unter einem Blatt Papier wiederfindet?

Die Sorgen der WeltInhaltsverzeichnisJedes an seinem Platz

 

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