Ehe ich baute, kaufte ich vielerlei Zimmermannsgerät, damit zu bauen. Ich kaufte Werkzeuge die ganze Bauperiode hindurch kaufte viele, viele mehr als nötig. Jeder Tischlerlehrling hätte meine Hütte mit einem Hammer, einer Säge und den nötigen Nägeln zustande gebracht. Aber Stemmeisen, Meißel, Sägen und Winkelmaße mit neuen Griffen und glitzernden Schneiden wurden zu ebenso vielen Faszinationen! Kaufend wurde ich in diesen besonderen Trichter des Werkzeugkaufens immer tiefer hineingezogen. An keinem Stahlwarengeschäft konnte ich mehr vorbeigehen, ohne die halbe Auslage notwendig zu brauchen. Ich brauchte sie auch. Brauchte das Vergnügen, das im Kaufen lag und dann… im Anschauen… aber ich bedurfte ihrer nicht.
Es liegt ein großer Zauber im Kaufen neuer Dinge, ob man ihrer nun bedarf oder nicht. Der Kauftaumel bricht ganz von ungefähr aus, leert die Börse im Nu und weit schneller, als der Überraschte sie wieder zu füllen vermag.
Ich kann mit den Damen fühlen, die „Shopping“ gehen und triefend von Paketen heimkehren – beladen mit zehnmal mehr Dingen, als sie je zu kaufen geträumt. Es geht ein mysteriöser und gefährlicher Einfluss von Warenhäusern aus, unbrauchbare Dinge begehrenswert erscheinen zu lassen. Mit der Zeit fand ich die einzig erfolgreiche Methode der Gegenwehr. Man muss die Segel des Willens hissen, dann hinein in voller Fahrt, fest entschlossen, nur ein Bestimmtes zu kaufen – durch den Ozean von Schund durchtauchen und auf der andern Seite wieder heraus- seine Sache zwischen den Zähnen!
Auf diese Weise lernte ich in Warenhäusern ein- und auszugehen, unbeladen mit Kinkerlitz.
Viel Zierunrat kaufte ich anfänglich unter dem Bann jener kleinen kommerziellen Magier – der Kommis. Die tränken einen erst durch und durch irgendwie mit dem Gefühl, man müsse etwas kaufen, gern oder ungern, sonst hieße ihre Waren auch nur fünf Minuten lang betrachten, sie um ihre kostbare Zeit bringen. Man muss eintreten mit hellster Geistesgegenwart, mit dem Druck des Entschlusses, um der schweigenden Gewalt dieser Leute erfolgreich standhalten zu können. Die ganze Atmosphäre mancher Warenhäuser ist förmlich überladen, gesättigt mit Kaufzwangideen, erstarkt an den Niederlagen aller früheren Opfer – lauter ausgefahrene geistige Geleise, die zu jedem Schund hingeleiten. Vom Chef abwärts bis zum letzten Liftboy sind alle am Ort gewillt, überzeugt und unbeugsam entschlossen, dass kein Kunde wieder heraus darf, ehe er gekauft hat. So sind die Chancen von vornherein ungleich, und ist man überdies müde, hungrig oder gar gehetzt, am ärgsten zerstreut, wird man von den mentalen Magiern eingefangen und mit jedem Gegenstand behaftet, den jene loszuwerden wünschen. Dabei vermeint man, und darin liegt das Teuflische eben, aus freier Willensbestimmung heraus zu handeln, und marschiert fremde Gedanken entlang. Denn der Geist des Kommis ist auf eine Sache zentriert; verkaufen, das gibt ihm Macht in dieser einen Richtung. Der Geist des Kunden ist auf nichts Besonderes zentriert, das macht ihn schwach. So kauft er, was man ihn kaufen macht, und steht erst zu Hause, vom Banne befreit – entgeistert vor dem Kinkerlitz. Wer wollte es dem Kommis verübeln! – Seine Sache ist es, zu verkaufen, was er verkaufen will, nicht, was wir brauchen. Unsere Sache ist es, sobald wir Käufer werden, erstens mit etwas wie einer klaren Vorstellung von dem, was wir wollen, zum Verkäufer zu gehen, zweitens nicht in einer schusseligen Verfassung zu sein, drittens nicht schon eine halbe Stunde vor unsern Leibern mit unsern Geistern das Warenhaus zu durchstöbern, wie es bei dem allgemeinen Laster Hast unweigerlich der Fall sein muss. Dann vielleicht werden wir, zu Hause angelangt, finden, dass wir die Dinge gekauft haben, die wir kaufen wollten, nicht jene, die der Kurzwarenmagier verkaufen wollte und die dem wieder normal gewordenen Urteilsvermögen so unerwünscht unbrauchbar und unerfreulich scheinen, wie sie in Wahrheit sind. Dass der Kommis die Waren verzaubert und überhaupt schwarze Magie betreibt, ist, genau genommen, Notwehr. Mit uns zu sympathisieren, brächte ihn in Gefahr, in denselben schlappen, ziellosen, unentschlossenen Zustand zu verfallen, somit uns zu folgen und untertan zu werden. Solchermaßen aber zeitweilig durch die Sympathie mit uns zum Halbidioten reduziert, könnte er leicht das Geschäft zu halben Preisen ausverkaufen. Es ist ein Wunder, dass Verkäufer und Verkäuferinnen nicht mehr oder weniger toll werden, bedenkt man die hirnverwirrte, zappelige ratlose Herde, mit der sie von morgens bis nachts zu tun haben – denn wer in einem Irrenhaus leben muss, läuft selbst Gefahr, an einem Teil seines geistigen Gefüges Schaden zu nehmen. Ein Warenhaus und ein Irrenhaus aber haben, was das Gebaren der Menschen darin betrifft, für den objektiven Zuschauer eine tiefe Ähnlichkeit. Wäre ich ein Verkäufer, ich verkaufte ihnen meinen Vater und meine Mutter und die ganze Gesellschaft bis ins vierte und fünfte Glied und blecherne Uhren für goldene, und das mit reinem Gewissen, kämen sie zu mir in jenem sündhaften und maßlosen Geisteszustand – geboren aus Hast, Unentschlossenheit und der vagen Gier, etwas für nichts zu bekommen.
Mit so einem Kopf unter den Leuten herumzulaufen und sie anzustecken, ist Unbill und öffentliche Schädigung, gerade als ginge man mit Masern oder Blattern unter Menschen. Und ich ging selbst mit so einem Kopf herum und tat die Unbill und die Sünde oft und oft.