Ein beliebter Irrglaube: zu meinen, Eifersucht hätte etwas mit Liebe zu tun
„Je mehr man jemanden liebt, desto eifersüchtiger reagiert man“, „Eifersucht zeigt, dass Liebe da ist“ – solche Aussagen hören wir von Kindheit an, billige Romane wollen sie uns weismachen, aus zahllosen Schlagern sudern sie uns entgegen.
Wahr ist vielmehr etwas, was der nur oberflächlich lustige Spruch ausdrückt: Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft.
Anschauliches Beispiel: Oft ist man eifersüchtig, wenn sich ein Partner, den man selbst soeben verlassen hat, einem Neuen zuwendet.
Oder: Man selber findet nichts dabei, Nebenbeziehungen zu pflegen – wehe aber, der/ die Liebste wagt es, einen vergleichbaren Schritt zu setzen!
Im Namen der Liebe, aus der angeblich die Eifersucht entspringt, wurde und wird verbal und physisch zugeschlagen, quält sich der eine, wird der andere gequält, wird gedroht, erpresst und gemordet. Es gibt Länder, wo der sogenannte „Mord aus Leidenschaft“ praktisch straffrei ist (natürlich nur für Männer).
Schaut so Liebe aus?
Sieht man sich die gewaltigen Auswirkungen von Eifersucht an, erkennt man leicht ihre Wurzel: Gewalt – sei sie nur ganz milde (Bestrafung durch Eingeschnapptsein), dramatisch (Szenen, Drohungen, physische Gewalt) oder auch gegen den Eifersüchtigen selbst gerichtet (von „Ich habs ja nicht besser verdient“ bis zum Selbstmord) – hat zwei Hauptschlagadern: Den Machtanspruch und die Angst.
Der Machtanspruch gründet auf der Überzeugung, dass man das Recht habe, über die Lebensgestaltung eines anderen zu bestimmen – oder zumindest großen Einfluss darauf auszuüben. Dieses Recht leitet man wiederum gerne aus der Meinung ab, der andere würde einem „gehören“. (Heutzutage sind wir freilich alle schon so aufgeklärt, dass sich kaum jemand noch traut, so etwas laut auszusprechen. Die jahrhunderte- und jahrtausendealten kulturellen Prägungen wirken aber unerbittlich im Verborgenen weiter.)
Die Angst ist einerseits, diesen Machtanspruch einzubüßen, andererseits, nicht gut genug zu sein, in Konkurrenz treten zu müssen, die Nestwärme zu verlieren, Sicherheiten aufgeben und sich einer neuen Situation stellen zu müssen, Territorium abtreten und neue, vielleicht ungünstigere Absprachen mit dem Partner treffen zu müssen.
Die Kombination von Machtanspruch und Angst ist hochexplosiv, zeigt sich oberflächlich oft als Wut und Rachegelüst („Was?! Du tust mir weh?? Na warte, dir wird ichs zeigen!“) oder auch als Opferhaltung („Ich werde nie mehr jemandem vertrauen können“) und führt zu jenen Entladungen, die als Eifersuchtsszenen sattsam bekannt sind. (Um dem einstigen Liebsten und jetzigen Gegner einen vernichtenden Schlag zu versetzen, sind übrigens keine lauten Worte nötig, und oft ist es tatsächlich schon ein einziger Blick, der das tötet, was man über lange Zeit gemeinsam aufgebaut hat…)
Nun gut – und was tut man im konkreten Anlassfall?
1. Zunächst muss man sich einmal eingestehen, dass man eifersüchtig ist, denn das Ego verbrämt die Eifersucht gerne als gerechten Zorn, gespielte Gleichgültigkeit etc.
2. Dann muss man sich klar machen, dass Eifersucht keine konstruktiven Resultate bringt: Sie kann nur zerstören – das aber nachhaltig.
3. Nächster Schritt: Versuchen zu ergründen, was hinter der Eifersucht steckt: Definiere ich mich über meinen Partner und befürchte zu verschwinden, sollte er nicht mehr da sein? Bin ich wütend, weil jemand in mein Territorium eingedrungen ist? Bin ich tief verunsichert, weil die andere jünger ist, besser mit Computern umgeht usw.? Möchte ich mich eigentlich heulend verkriechen, weil ich Panik vor Veränderungen habe?…
4. KOMMUNIKATION. Sehr oft gibt es keine reale Grundlage für die Eifersucht (auch daran bestätigt sich der eingangs erwähnte Spruch): Vielleicht war die andere seine Schwester? Vielleicht hat sie den heißen Blickkontakt mit dem Pizzamann genossen, weil er ihr ihre Anziehungskraft als Frau bestätigt – und das wars auch schon?
Sag deinem Partner, was in dir vorgeht. WICHTIG: Beginne jeden Satz mit „ICH…“. Z B. „Ich bin stocksauer auf dich, weil ich das Gefühl habe,…“ „Ich bin total verunsichert, weil…“ „Ich habe ein Problem damit, dass du…“
Vermeide Ausdrücke wie immer, nie, alle, schon hundertmal, …
5. Wenn es für euch schwierig ist, ohne größere Emotionen über das Thema zu sprechen, zieht eine Vertrauensperson hinzu, die allein durch ihre Anwesenheit zu einer Glättung der Gefühlswogen beitragen kann.
6. Sprecht miteinander.
7. Wenn das nicht geht: Schweigt miteinander! Dh. haltet Blickkontakt und lasst die Augen sprechen.
8. Lasst die Körper zu Wort kommen. Der Körper will oft ganz etwas anderes als das verschreckte Herz oder der beleidigte Kopf. Die Hände zu berühren und mit den Fingerspitzen zu kommunizieren kann ein überwältigendes Erlebnis sein.
9. Wenn es das schwer verletzte Ego nur irgendwie zulassen kann: Schlaft miteinander.
Sind die Widerstände dagegen sehr groß, mach dir bewusst, dass du dir nichts vergibst: auf einer bestimmten Ebene gibst du dich nicht deinem Partner hin, sondern immer nur der Liebe selbst.
Sexualität, die aus Liebe und für die Liebe geschieht und nicht als Druckmittel missbraucht wird, ist eine machtvolle Medizin und kann euch wieder an den Punkt bringen, wo ihr beide wisst, was ihr aneinander habt – ganz egal, wie laut der Sturm draußen heult.
Quelle: tantra.at – Helena Krivan