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Die Hong-So Meditationstechnik von Paramahansa Yogananda

Yogananda Meditation

Richtet den Blick mit geschlossenen oder halb geschlossenen Augenlidern auf den Sitz des geistigen Auges zwischen den Augenbrauen (auch drittes Auge oder Christuspunkt genannt). Von diesem Zentrum der Ruhe und Konzentration aus beobachtet in Gedanken wie der Atem natürlich ein- und ausgeht. Wendet auf keinen Fall Willenskraft an und zwingt euch nicht, während ihr ein- und ausatmet. Verhaltet euch so losgelöst, als ob ihr den Atem eines anderen beobachtetet.

Während der Atem einfließt, singt in Gedanken »Hong« (Nasallaut wie bei »Gong«, wobei das »g« nicht ausgesprochen wird) und beim Ausatmen singt man in Gedanken »So« (scharfes s wie ß und dunkles »o« wie in »offen« oder »Gott«, nur langgezogen). Beim geistigen Singen der Worte »Hong« und »So« soll man die Zunge nicht bewegen.

Jeder Laut im Universum hat eine bestimmte geistige Wirkung und Entsprechung. »Hong« und »So« sind zwei heilige Sanskritworte, die schwingungsmäßig mit dem ein- und ausgehenden Atem in Beziehung stehen. Die wörtliche Übersetzung lautet: »Ich bin Er.« Die geistige Wiederholung von »Hong« beim Einatmen und von »So« beim Ausatmen hat eine außerordentlich beruhigende Wirkung auf den Geist und erleichtert es daher dem Schüler, sich bei dieser Übung auf den ein- und ausgehenden Atem zu konzentrieren.

Bei regelmäßigem, richtigem Üben werdet ihr merken, dass ihr vollkommen ruhig werdet; allmählich werdet ihr euch dann als die Seele erkennen, die dem stofflichen Körper überlegen ist und unabhängig von ihm existiert.

Hong-So kann jederzeit geübt werden

Macht diese Übung morgens und abends während eurer täglichen Meditation. Zusätzlich könnt ihr sie auch während eurer Freizeit üben oder wenn ihr euch im Bus oder in der Straßenbahn befindet, oder wenn ihr irgendwo still sitzt und nichts anderes zu tun habt.

Wenn ihr diese Technik in Gegenwart anderer übt, sagt innerlich »Hong-So«, ohne den Blick auf die Stelle zwischen den Augenbrauen zu richten (was die Aufmerksamkeit anderer Leute auf euch lenken könnte). Beobachtet nur den Atem und singt bei jeder Einatmung in Gedanken »Hong« und bei jeder Ausatmung »So«. Haltet die Augen offen und schaut ruhig auf irgendeinen Punkt geradeaus. Unruhige Augen sind ein Zeichen von unruhigen Gedanken. Und wenn die Augen dauernd umherblicken und verschiedene Gegenstände oder Szenen wahrnehmen, erzeugt, das, was man sieht, weitere ruhelose Gedanken.

In müßigen Augenblicken kann man sich auch auf den Rücken legen und Hong-So üben, obgleich die liegende Stellung leicht zum Einschlafen führt. Im allgemeinen sollte man Hong-So in der richtigen aufrechten Meditationsstellung üben.

Die beste Zeit zum üben der Konzentrationstechnik

Es gibt vier Übergangszeiten am Tage, die schwingungsmäßig den vier Jahreszeiten entsprechen. Der frühe Morgen ist der Frühling und der Mittag der Sommer, der Nachmittag ist der Herbst und Mitternacht der Winter. Während dieser vier Tageszeiten gehen jedesmal bestimmte Veränderungen im Körper vor sich. Diese Technik neutralisiert die Wirkung der vier Übergangszeiten auf den Körper, weil sie ihn durch die Lebenskraft und das Kosmische Bewusstsein beleben und magnetisieren. Diese Strömungen halten die üblichen Veränderungen und den Verfall der Zellen auf.

Deshalb ist es ratsam, diese verjüngende (Hong-So-)Technik viermal am Tag zu üben, wenn man zufriedenstellende wissenschaftliche Ergebnisse erzielen will. Meditiert zwischen 5 und 6 Uhr morgens, zwischen 11 und 12 Uhr mittags, zwischen 17 und 18 Uhr und zwischen 23 Uhr und Mitternacht.

Zweck dieser Übung ist es, einen Zustand bewusster Passivität zu erreichen und die Aufmerksamkeit von den Sinnen zurückzuziehen. Unter dem Bann der Maya – der kosmischen Täuschung – identifiziert sich der Mensch mit seinem physischen Körper, der genauso von der Luft abhängig ist wie der Fisch vom Wasser. Der Atem ist das Band, das die Seele an den Körper fesselt. Wer gelernt hat, sich über den Atem zu erheben, kann in die himmlischen Gefilde der Engel aufsteigen.

Der Yogi, der seinen ein- und ausgehenden Atem beobachtet, wird feststellen, dass sich der Atem ganz von selbst verlangsamt und dadurch die relativ heftige Tätigkeit des Herzens, der Lunge und des Zwerchfells beruhigt.

Hong-So beruhigt das Herz

Das am meisten überarbeitete Organ des Körpers ist das Herz, das etwa 11 Tonnen Blut am Tag pumpen muss und auch nachts keine Ruhe erhält wie die anderen Organe. Die Hong-So-Meditationstechnik ist eine wissenschaftliche Methode, die das Herz beruhigt. Dadurch wird das Leben verlängert und eine beträchtliche Menge an Energie freigesetzt, die sich über den ganzen Körper verteilt, alle Körperzellen auflädt, erneuert und belebt und deren Verfall verhindert. Diese wunderbare Hong-So-Übung ist einer der größten Beiträge, den die Welt Indiens Geisteswissenschaft zu verdanken hat; denn sie lehrt, wie man sein Leben verlängern kann, und bietet eine praktische Methode, sich über das Körperbewusstsein zu erheben und als unsterblichen GEIST zu erkennen.

Im Schlaf erleben wir sensorische Entspannung. Im Tod tritt eine vollkommene, jedoch unfreiwillige Entspannung ein, weil die Herztätigkeit aufhört. Wer aber gelernt hat, seinen Herzschlag zu regulieren, kann den bewussten Tod erleben – so wie der Apostel Paulus („Ich sterbe täglich“ – I. Korinther 15, 31) und viele Yogis Indiens, die durch das Üben dieser Hong-So-Technik Herrschaft über ihre Herztätigkeit erlangten. Seit alters konnten die großen Yogis Indiens ihren Körper freiwillig, ehrenvoll und freudig verlassen. Sie wurden nicht gewaltsam hinausgeworfen oder vom Tode überrascht, wenn die Frist im Tempel ihres Körpers abgelaufen war.

Wenn das Herz ruht, wird der Atem überflüssig. Dann wird die Lebenskraft vom Herzen und den sensorischen Nerven in der Wirbelsäule und das Gehirn zurückgezogen. Dadurch werden auch die fünf Sinnestelefone abgeschaltet (Sehen, Hören, Fühlen, Riechen, Schmecken), die das Ich durch ständige Botschaften von der Außenwelt stören und die Aufmerksamkeit ablenken.

Sobald die Sinne durch das Üben von Hong-So abgeschaltet worden sind, werden keine Gedanken mehr durch Sinneswahrnehmungen erweckt und auch keine aus dem Unterbewusstsein aufsteigenden Gedanken mehr hervorgerufen. Dann wird die Aufmerksamkeit auf wissenschaftliche Weise von allen Zerstreuungen befreit, und der Schüler ist entsprechend vorbereitet, so dass er zu fortschrittlicheren Techniken übergehen kann.

Paramahansa Yogananda
Paramahansa Yogananda

Vorbereitende Meditations-Techniken

Teil I – Die Kunst der Konzentration und Meditation

Wenn man über die Begriffe Meditation und »Konzentration« redet oder schreibt, verwechselt man sie zuweilen miteinander. In der Lehre des Kriya-Yoga unterscheiden wir diese wie folgt:

Konzentration ist die Fähigkeit, den Geist auf irgendeinen Gedankengang zu richten.
Meditation ist jene Art der Konzentration, die nur darauf ausgerichtet ist, Gott zu erkennen.

In dieser Einführung in eine spezielle Technik der Konzentration mit dem Namen Hong-So oder Hong-Sau, welche von Paramhansa Yogananda gelehrt wurde, werden die Begriffe »meditieren« und »Meditation« öfters im erweiterten Sinne angewandt, was bedeutet, dass der Schüler sich bemüht, den Geist zu beruhigen und sich ganz und gar auf Gott zu konzentrieren. Das sind Verallgemeinerungen. Der Schüler, der diese Anweisungen studiert, wird sich allmählich folgende Differenzierungen in Bezug auf diese Begriffe einprägen:

Wahre Konzentration bedeutet, den Geist voll und ganz auf nur einen Gedanken zu richten, und zwar durch bestimmte wissenschaftliche Methoden.

Wahre Meditation bedeutet, den auf wissenschaftliche Weise konzentrierten Geist nur auf Gott zu richten, und zwar durch bestimmte geistige Techniken.

Die Hong-So-Technik der Konzentration, die später hier genauer erläutert wird, wird euch helfen, diese vollkommene Konzentration zu erlangen, denn sie ist eine Voraussetzung für die wahre Meditation. Getreuliches Üben wird euch bald höhere Wahrnehmungen vermitteln, so dass ihr in immer größerem Maße göttlichen Frieden und göttliche Freude erlebt.

Die OM-Technik oder Yoni bzw. Jyoti Mudra der Meditation, ermöglicht es euch zusätzlich, euren durch Hong-So vorbereiteten Geist auf eine bestimmte Ausdrucksform Gottes zu richten – auf OM, den Kosmischen Laut des Heiligen Geistes; und auf diese Weise könnt ihr die Gegenwart Gottes in eurem Innern und in der ganzen Schöpfung wahrnehmen.

Jede Tätigkeit erfordert Konzentration, und keine wichtige Handlung kann ohne tiefe Konzentration gelingen. Geschäftsleute, Künstler und Studenten (um nur einige Beispiele zu nennen) sowie geistige Sucher müssen die Kunst beherrschen, all ihre Kraft und Aufmerksamkeit auf jeweils einen Gegenstand zu richten, wenn sie in ihrem Beruf Erfolg haben wollen. Konzentration besteht zunächst im Zurückziehen der Aufmerksamkeit von den Gegenständen der Zerstreuung und im Hinlenken dieser freigewordenen Aufmerksamkeit auf jeweils nur einen Gegenstand. Der primäre Faktor in der Konzentration besteht im Zurückziehen der Aufmerksamkeit von allen Gegenständen der Zerstreuung.

Um beste Ergebnisse mit den Konzentrations- und Meditationsübungen zu erzielen, muss man vor allem auf seine Umgebung achten. Es gibt zwei Arten von Umgebung: die innere und die äußere.
Die äußere Umgebung vor und während der Konzentrationsübungen ist physischer Art (laut, leise usw.) . Die innere Umgebung ist der eigene Geisteszustand (zerstreut oder friedlich).

Man kann auch dann noch ruhelos sein, wenn man sich an einem ruhigen Ort befindet und der Körper regungslos und entspannt ist. Deshalb ist es wichtig, dass ihr euch zuerst innerlich beruhigt, ganz gleich, ob die äußeren Bedingungen günstig sind oder nicht, denn sonst könnt ihr euch nicht richtig konzentrieren. Ein ruhiger Ort erleichtert es einem natürlich, innere Stille zu erlangen, doch wenn ihr euch fest vornehmt, innerlich unberührt von dem euch umgebenden Tumult zu bleiben, wird euch das auch gelingen. Gebt also eure Konzentrations- und Meditationsversuche nicht etwa auf, weil ihr keinen stillen Platz finden könnt! Eine ruhige Geistesverfassung ist der beste Altar für die Konzentration und Meditation.

Meditation ist der Weg zu Gott

Um innerlich und äußerlich ein wirklich glückliches Leben führen zu können, müsst ihr von der gottgegebenen Kraft der Konzentration Gebrauch machen und das verlorene Ebenbild Gottes in euch wachrufen. Nur dann könnt ihr das Rätsel des Lebens lösen und euer Schicksal meistern. Durch die Kunst der Meditation und regelmäßige Anwendung der wissenschaftlich-geistigen Gesetze kann man jene göttliche Glückseligkeit, die Gott ist, tatsächlich erleben. Der Physiker macht von Gottes Gesetzen Gebrauch, um die Geheimnisse der Natur zu erforschen; und der geistige Wissenschaftler sollte wissen, wie er seine gottgegebenen Kräfte der Konzentration, Meditation und Intuition anwenden kann, um die Geheimnisse des GEISTES zu erforschen.

Meditation und Tätigkeit

Die Suche nach Gott befreit uns nicht – wie manche annehmen – von den verschiedenen körperlichen, geistigen und seelischen Pflichten, die uns in diesem Leben übertragen werden; auch sollte die Gottsuche nicht als Entschuldigung gelten, unsere anderen Aufgaben zu vernachlässigen. Um seine irdischen Pflichten besser erfüllen zu können, süllte der geistige Sucher meditieren lernen; dann kann er das Dunkel der Unwissenheit, Schwäche und Krankheit aus dem Tempel seines Lebens vertreiben und den vollkommenen Gott darin wiederfinden.

Wann und wo soll man meditieren?

So wie das Wohnzimmer eine Atmosphäre der Geselligkeit schafft, das Badezimmer eine Atmosphäre der Säuberung, das Schlafzimmer eine Atmosphäre des Ruhens und die Bibliothek eine solche des Lesens, so schafft ein kleiner Platz, der nur zur Meditation dient, eine Atmosphäre der Stille. Ein kleines Zimmer mit einem oder mehreren Fenstern, eine kleine Kammer mit offener Tür, eine abgeschirmte Ecke, ein Zimmer, das weder zu warm noch zu kalt ist, oder im Sommer ein Platz im Gebirge oder im Wald – all diese sind für die Meditation geeignet. Selbst wenn ihr im Auto oder Zug sitzt oder mit anderen ein Schlafzimmer teilen müsst, könnt ihr vorgeben zu schlafen und derweil üben.

Wenn möglich, sucht euch einen ruhigen Platz aus – ein kleines Zimmer oder eine abgeschirmte Ecke. Stellt euch dort einen kleinen Tisch auf und davor einen geraden Stuhl ohne Armlehne, der nach Osten gerichtet ist. Das ist euer Asan, euer Meditationsplatz. Dann legt eine Wolldecke über den Stuhl, die auch die Rückenlehne bedeckt und bis unter die Füße reicht. Die Decke kann, falls gewünscht, noch mit einem Seidentuch bedeckt werden. Wolle und Seide isolieren den Körper gegen Erdstrahlen, damit diese nicht den Lebensstrom und das Bewusstsein daran hindern, sich durch die Rückenmarkszentren auf die höheren göttlichen Bewusstseinszentren im Gehirn zuzubewegen.

Meditiert auf jeden Fall früh am Morgen und abends vor dem Schlafengehen, weil zu diesen Zeiten gewisse wichtige Veränderungen im Körper vor sich gehen, die man sich nutzbar machen kann. Am Morgen, wenn der Körper noch ruhig und vom Schlaf erfrischt ist und seine Tätigkeit beginnt, scheidet er Toxine aus. Nachts ist der Körper wieder entspannt, so dass man die Lebenskraft leicht von den Sinnesnerven in die Zentren des Gehirns zurückziehen und auf Gott richten kann.

Betäubt euch nicht mit zuviel Schlaf, denn dadurch verliert ihr an Vitalität. Sechs Stunden Schlaf sind reichlich für die meisten Erwachsenen. Nehmt euch vor, morgens um 5.30 Uhr aufzuwachen, und meditiert dann. Das ist eine günstige Zeit, weil es im Haus und in der Nachbarschaft gewöhnlich noch ruhig ist. Auch vom metaphysischen Standpunkt aus ist diese Zeit gut, weil die Strahlen und Schwingungen der Morgendämmerung belebend wirken, so dass sich der Geist leichter erheben kann. Abends meditiert von 21 – 22 Uhr oder von 22 – 23 oder von 22 – 23.30 Uhr. Wenn alle anderen ruhig schlafen, bleibt ihr noch in Gott wach.

Je mehr Zucker man in ein Glas Wasser gibt, um so süßer wird es. Und je länger und intensiver ihr meditiert, um so schnellere geistige Fortschritte werdet ihr machen. An Sonn- und Feiertagen oder an arbeitsfreien Tagen meditiert morgens von 6 – 9 Uhr und abends von 21 – 24 Uhr. Merkt euch: Je länger und intensiver ihr übt, um so schneller werdet ihr die ersehnte, freudige Verbindung mit dem schweigenden Gott erreichen. Intensität besteht darin, dass ihr jede heutige Meditation tiefer gestaltet als die gestrige und jede morgige tiefer als die heutige.

Vier ineinander wirkende Kräfte

Selbst der Anfänger auf dem geistigen Weg sollte bei seinen Konzentrationsübungen die Beziehung zwischen Atem und Lebenskraft, Geist und Zeugungsflüssigkeit (Geschlechtskraft) kennen. Herrschaft über diese vier körperlichen Kräfte bringt einem schnelle geistige Ergebnisse ohne irgendwelche Rückfälle oder Hindernisse. Selbst wenn der geistige Schüler nur einen einzigen dieser vier körperlichen Faktoren unter seine Herrschaft bringt, kann er gute Konzentration erlangen. So kann man z. B. durch strikte geschlechtliche Enthaltsamkeit große Konzentrationskraft entwickeln.

Der ausgeglichene Weg der Selbst-Verwirklichung besteht jedoch darin, aufgrund bestimmter Übungen und Grundsätze gleichzeitig Herrschaft über Atem, Lebenskraft, Geist und Geschlechtskraft zu erlangen. Aus diesem Grunde sollte der geistige Sucher bestimmte Atemübungen und Techniken (die zur Beherrschung der Energie in den sensorisch motorischen Nerven führen) sowie geistige Meditationsmethoden anwenden und sich nach den Grundsätzen der Enthaltsamkeit richten, die ihn innerlich ruhig machen. (Eheleute sollten Mäßigkeit bewahren.) Schüler, die zwar regelmäßig meditieren, sich aber nicht bemühen, den ruhelosen Atem zu verlangsamen oder die Lebens- und Geschlechtskraft unter ihre Herrschaft zu bringen, haben oft mit unüberwindlichen Schwierigkeiten auf dem geistigen Weg zu kämpfen.

Menschen, deren Lebenskraft ruhelos ist, sind nervös und halten den Körper in ständiger Bewegung. Dann werden auch Geist, Geschlechtskraft und Atem ruhelos. Wer aber durch geistige Übungen und Meditation Herrschaft über seine Lebenskraft erlangt und innerlich ruhig wird, hat auch Geist und Geschlechtskraft in seiner Gewalt.

Ist der Atem ruhelos, wie z. B. beim Laufen, werden Lebenskraft, Geist und Geschlechtskraft ebenfalls ruhelos. Wenn andererseits der Atem durch das Üben dieser Technik beruhigt wird und regelmäßig fließt, hat man auch Herrschaft über die Lebenskraft, den Geist und die sexuellen Triebe. Wenn aber der Geist ruhelos ist, wird auch die Lebenskraft aufgrund von Nervosität und körperlichen Begierden ruhelos. Innere Ruhe erreicht man gewöhnlich durch ruhige Nerven, Herrschaft über die körperliche Energie und ein ausgeglichenes, sittliches Leben. Geht einem jedoch aufgrund eines ausschweifenden Lebens auf körperlicher Ebene viel Lebenskraft verloren, führt dies zu geistiger Unzufriedenheit, Melancholie, Launenhaftigkeit, Nervosität und schwerem unruhigem Atmen.

Durch richtige Atemübungen und Atembeherrschung kann man einen Zustand tiefer Konzentration erreichen. Herrschaft über die Lebenskraft in den sensorisch motorischen Nerven – Pranayama (Atemübungen) – bedeutet, dass man die Ströme von den Sinnen zurückziehen und dadurch verhindern kann, dass die störenden Sinneswahrnehmungen das Gehirn erreichen; und dadurch wird wiederum der Geist beruhigt. Durch geistige Konzentration und Selbstbeherrschung, wozu einem die Meditation verhilft, werden Atem und Lebenskraft automatisch beruhigt, und man erlangt innere Festigkeit.

Ein echter geistiger Lehrer weiß, dass die sicherste, schnellste und beste geistige Methode für den Anfänger darin besteht, diese vier körperlichen Kräfte miteinander in Einklang zu bringen. Manche Leute machen Atemübungen, ohne deren geistige Bedeutung zu verstehen. Sie können zu guten Athleten werden und ihre Lunge kräftigen, doch das ist auch alles. Andere versuchen, Gott durch Beherrschung der körperlichen Lebenskraft näher zu kommen. Doch da sie die göttliche Bedeutung der astralen Technik – Pranayama – aus den Augen verlieren, finden sie an gewissen mentalen und astralen Erlebnissen Befriedigung und vergessen Gott darüber ganz.

Andere wieder versuchen, Gott allein durch verstandesmäßige Meditation und Vorstellungskraft zu erkennen. Meistens haben sie dann falsche Visionen und lassen sich von ihren unterbewusst hervorgerufenen Halluzinationen beeindrucken, die nichts anderes als Trugbilder ihrer eigenen Phantasie sind.

Deshalb ist eine einseitige Entwicklung, die sich nur auf eine dieser Kräfte richtet, oft mit großen Schwierigkeiten verbunden. Doch eine ausgeglichene, harmonische Entwicklung zur Beherrschung von Atem, Lebensenergie, Geist und sexuellen Trieben bringt dem geistigen Schüler schnelle Erfolge und echte Fortschritte.

yogananda paradies

Die richtige Konzentrationsmethode

Die Konzentrationstechnik der Selbst-Verwirklichung ist unvergleichlich in ihrer Wirkung, denn sie lehrt den Schüler, die Kraft seines menschlichen Geistes mit dem hochkonzentrierten Bewusstsein Gottes zu verstärken. Jeder kann aus dieser wissenschaftlichen Methode der Selbst-Verwirklichung Nutzen ziehen, denn sie führt dazu, die Konzentration auf Gott zu richten und den Geist ganz mit Gott zu erfüllen: die viel beschäftigte Hausfrau, der sorgenvolle Geschäftsführer, der geistig Ruhelose, dessen unbeherrschte Gedanken ihn zu einem Hampelmann machen, der fromme Kirchgänger, der nach tieferer Erkenntnis strebt, und der echte geistige Sucher – der Yogi.

Gott antwortet auf die Gebete all Seiner Kinder, und zwar durch die Stimme des Schweigens und Friedens. Doch wird Seine Stimme meist durch die groben Sinneswahrnehmungen (Tastsinn, Geruch, Geschmack, Gehör und Gesicht) sowie durch den Tumult der Gedanken, Gefühlserregungen und Erinnerungen übertönt. Wenn Gott sieht, dass die Aufmerksamkeit Seiner Kinder auf ruhelose Empfindungen gerichtet und die Telefonzentrale ihrer Sinne wegen laufender »Anrufe« aus der Außenwelt besetzt ist, zieht Er sich schweigend zurück.

Gott wendet sich traurig ab, wenn Er sieht, dass Sein Tempel der Konzentration von den Geldwechslern materieller Begierden und Gefühle zum lauten Marktplatz gemacht wird. Dann muss der christusähnliche Guru (die Intuition) mit der Geißel der Selbstbeherrschung kommen, um die materiellen, ruhelosen Gedanken auszutreiben und den Tempel der Konzentration in einen Tempel des Schweigens zu verwandeln.

Manchen Menschen, die sich in erster Linie darum bemühen, wohlhabend zu werden, genügt es, sich auf materiellen Erfolg zu konzentrieren, während sie den Hilferufen ihrer Mitmenschen gegenüber taub bleiben. Doch wer höchste göttliche Konzentration besitzt, wünscht sich nur dann Erfolg, wenn auch andere dadurch gewinnen können. Er versucht, all seine Tätigkeit zu vergeistigen, indem er anderen Menschen dient, und findet sein höchstes Glück darin, andere glücklich zu machen.

Wegweisende Gedanken

Verhaltet euch anderen Menschen gegenüber immer ausgeglichen. Ein ruhiger Mensch nimmt seine Umgebung mit all seinen Sinnen wahr. Ein ruheloser Mensch dagegen bemerkt nichts, gerät deshalb mit sich und seiner Umwelt in Schwierigkeiten und missversteht alles. Ein ruhiger Mensch ist geistesgegenwärtig und hat immer ein harmonisches Verhältnis zu anderen; er ist glücklich und verliert nie seine Ruhe. Lasst euch nie zur Ruhelosigkeit verleiten. Konzentriert euch tief auf jede eurer Handlungen.

Viele Leute denken, dass man nur ruhelos oder langsam arbeiten könne. Doch dem ist nicht so. Wer ruhig bleibt und sich tief konzentriert, kann all seine Aufgaben im richtigen Tempo erfüllen. Die Kunst richtiger Tätigkeit besteht darin, sowohl langsam als auch schnell arbeiten zu können, ohne seinen inneren Frieden zu verlieren. Man muss sich immer in der Gewalt haben und in Frieden arbeiten können, ohne sein inneres Gleichgewicht zu verlieren.

Das bedeutet nicht, dass ihr nur kurze Zeit ruhig sein sollt und eure Gedanken danach wieder wild umhertanzen lasst. Wer an einem Tag lange meditiert und dann mehrere Tage hintereinander gar nicht, wird keinen Erfolg auf dem geistigen Weg haben. Wer aber regelmäßig meditiert und den ganzen Tag lang an der Nachwirkung seiner Meditation festhält, wird bald göttliche Freude fühlen und das Kosmische Bewusstsein erreichen. Es gibt Tausende von Menschen, die materiell gesinnt sind und dies auch durch ihre Bewegungen verraten. Sie sind in Bewegung gesetzte Materie. Tut es ihnen nicht gleich! Bemüht euch um innere Ruhe und Ausgeglichenheit.

Was man unter Konzentration versteht

Der große Hindu-Weise Patanjali sagte, Vereinigung mit Gott wird dadurch erreicht, dass man alle ruhelosen Wellen der Gedanken und Wünsche im menschlichen Bewusstsein neutralisiert. Bildhaft kann man es sich so vorstellen: Wenn der Wind die Oberfläche des Sees kräuselt, erscheint das Spiegelbild des Mondes verzerrt. Sobald der Wind jedoch nachlässt, glätten sich die Wellen, so dass man das klare, unverzerrte Spiegelbild des Mondes erkennt. Genauso wie sich der eine Mond in Millionen Seen widerspiegeln kann, so spiegelt sich auch Gott im See von Myriaden menschlicher Wesen als Seele wider. Wenn aber der Sturm des Atems und der geistigen Ruhelosigkeit den See menschlicher Aufmerksamkeit mit Gefühlen und Gedanken aufrührt, spiegelt sich das Bild Gottes entstellt darin wider.

Wenn man diese Konzentrationstechnik richtig übt, wird das Herz und dadurch auch der Atem beruhigt. Dann legen sich die Wellen der Gefühle und ruhelosen Gedanken auf dem See menschlicher Aufmerksamkeit, so dass das unverzerrte Spiegelbild der Seele in Erscheinung tritt. Patanjali betont besonders den passiven Aspekt der Konzentration: dass unsere Aufmerksamkeit, sobald sie von den Gegenständen der Zerstreuung zurückgezogen wird, die Seele enthüllt – genauso als wenn man seine Hand von einer Scheinwerferlinse zurückzieht, so dass die Dinge, die bisher im Dunkel lagen, enthüllt werden.

Jesus sprach: »So aber deine Hand oder dein Fuß dich ärgert, so haue ihn ab und wirf ihn von dir. Es ist besser, dass du zum Leben lahm oder als ein Krüppel eingehst, denn dass du zwei Hände oder zwei Füße habest und werdest in das ewige Feuer geworfen. Und so dich dein Auge ärgert, reiß es aus … « (Mat. 18, 8.9)

Diese Worte sind eine biblische Definition der Konzentration. Jesus wollte zum Ausdruck bringen, dass jeder Gottsucher wissen müsse, wie er sich konzentrieren und alle Ablenkungen durch die Sinne wie z. B. den Tastsinn (»deine Hand«) oder das Gesicht (»dein Auge«) abschalten kann. Der Gottsucher muss wissen, wie er seine Sinne beruhigen, d. h. das Bewusstsein von ihnen lösen kann, und wie er die Lebenskraft von den sensorisch-motorischen Nerven, welche die störenden Empfindungen weiterleiten, zurückziehen kann. Dann wird er erfahren, was es bedeutet, in das ewige Leben, in die ewig bewusste, ewig bestehende, ewig neue Glückseligkeit der Seele einzugehen.

Die Lebenskraft in den Nerven hält die Seele mit den Sinnesbotschaften der Augen, Ohren, Hände usw. beschäftigt; doch wenn die Lebenskraft von den Augen »gerissen« und von den Händen sowie dem ganzen körperlichen Bewusstsein »abgehauen« wird, dann wird die Aufmerksamkeit von den ablenkenden Sinnesbotschaften befreit. Dann erkennt die Seele ihr göttliches Wesen. Und dann erst ist der Zustand vollkommener Konzentration erreicht.

Nachstehend eine klare psychologische und wissenschaftliche Definition des Begriffes Konzentration:

Konzentration ist jene Kraft, durch die man seine Aufmerksamkeit von den Gegenständen der Zerstreuung zurückziehen und sie jeweils und jederzeit auf nur einen Gegenstand oder Gedanken richten kann.

Wenn die Aufmerksamkeit frei von nichtigen Ablenkungen wird, kann man sie positiv verwerten, d. h., man kann ihre Strahlen auf jedwedes Problem oder auf Gott richten. Es ist richtig zu sagen, dass jemand sich auf seine Arbeit – oder auf Gott konzentriert. Aber man kann nicht sagen: »Er meditiert über Geld.« Meditation ist jene besondere Art der Konzentration, die einzig und allein dazu dient, Gott zu erkennen.

Viele Schüler bemühen sich vergebens zu meditieren oder an Gott zu denken, denn sie lassen sich weiterhin von ruhelosen Gedanken hypnotisieren und können ihre Umgebung nicht vergessen. Wer die richtigen Ergebnisse erzielen will, muss lernen, seine Aufmerksamkeit von ablenkenden Gedanken und Empfindungen freizumachen und auf Gott zu richten. Meditation ist nicht eher möglich, als bis man die Kunst der Konzentration beherrscht. Alles Beten und Singen wird zu einer Farce, wenn man nicht von den positiven und negativen Faktoren der Konzentration und Meditation Gebrauch macht.

Jeder, der auf seinem Fachgebiet Erfolg haben will, muss die Kunst der Konzentration beherrschen. Niemand kann sich tief auf Gott, Kunst, Beruf oder andere Dinge konzentrieren, ohne zunächst seine Aufmerksamkeit von allen äußeren und inneren Ablenkungen frei zu machen. Daher ist eine wissenschaftliche Technik, welche die Aufmerksamkeit von den Gegenständen der Zerstreuung zurückzieht, das einzige Mittel, Erfolge zu erzielen. Wie hoffnungslos ist es dagegen für die Hausfrau, den Geschäftsmann oder den geistigen Sucher, sich durch die allgemein übliche Methode geistiger Ablenkung konzentrieren zu wollen. Der Schüler, der lernen will, sich richtig zu konzentrieren, muss sich zuerst über die beiden folgenden Punkte im klaren sein:

1. Was die Gegenstände der Zerstreuung sind

2. Wie man die Aufmerksamkeit durch wissenschaftliche Methoden von ihnen zurückziehen kann.

Viele Menschen sind der Meinung, dass das Beten die Konzentration ersetze. Das ist aber nur dann der Fall, wenn das Gesetz des Betens befolgt wird. Die meisten Menschen jedoch, die mit Gott in Verbindung treten wollen, tun dies auf unwissenschaftliche Weise – entweder durch blinde Hingabe oder intellektuelles Forschen – und bleiben daher erfolglos. Wenn das Gebet jedoch intensiv ist, löst sich die Aufmerksamkeit ganz von selbst von den Gegenständen der Zerstreuung und richtet sich auf Gott allein; wenn das der Fall ist, besitzt man bereits tiefe Konzentration. Das Gottesdienstprogramm der meisten Kirchen jedoch besteht hauptsächlich aus zeremoniellen Handlungen, Gesang und Predigten, so dass der Aufmerksamkeit keine Gelegenheit gegeben wird, sich tief in Gott zu versenken.

Gott offenbart sich weder den intellektuell Geschulten noch den gefühlvollen Schwärmern, die nicht fähig sind, klar und vernünftig zu denken. Er offenbart sich aber denen, die Ihn »wie die Kindlein« aus tiefstem Herzen und mit ganzer Aufmerksamkeit anbeten.

»Doch den Gesegneten, die Mich verehren, die festen Geistes sind und niemals wankend werden, bring‘ ich vom Jenseits die Gewissheit höchster Seligkeit.« (Bhagavad-Gita)

Gott wird in alle Kirchen und Tempel kommen, wenn Er dort offene Herzen findet, die Ihn mit echter seelischer Empfänglichkeit und konzentrierter Meditation willkommen heißen. Gott lässt sich niemals durch die Zahl der Gläubigen, den Reichtum der Kirche oder wohlgeplante Predigten beeindrucken. Er sucht nur den Altar solcher Herzen auf, die mit den Tränen der Hingabe gereinigt und von echter Liebe erleuchtet sind.

Teil II – Vier Bewusstseinsstadien

Das erste Bewusstseinsstadium besteht in der völligen Identifizierung des Ichs mit persönlichem Wohlergehen sowie materieller und körperlicher Befriedigung. Ein solcher Mensch bemüht sich nie, die Kraft, die hinter seinem eigenen Gehirn verborgen liegt und ohne die keine erfolgreiche oder erfreuliche Tätigkeit möglich ist, zu verstehen.

Der zweite Zustand ist dann erreicht, wenn man durch gelegentliche Konzentration auf höhere Dinge versucht, sich ab und zu von den Sinnen zu lösen, die einen sonst ständig in Anspruch nehmen.

Der dritte Zustand wird durch tiefere Konzentration erreicht. Dann gelangt der Yogi an den Punkt, wo er einen Einblick in die innere Welt der Glückseligkeit gewinnt; dann halten sich seine geistigen und materiellen Neigungen aufgrund seiner steten Bemühungen in der Konzentration und durch die Gewohnheit, in die Stille zu gehen, die Waage.

Der vierte Zustand tritt dann ein, wenn sich das Bewusstsein völlig mit dem einzig Guten oder Gott identifiziert und der Yogi über die gegensätzlichen Stadien von Gut und Böse hinausgelangt ist. Wenn der Yogi in Gott erwacht, sieht er die Träume der gegensätzlichen Zustände von Gut und Böse entschwinden, genauso wie sich die traurigen oder freudigen Traumerlebnisse von Krankheit und Gesundheit, Enttäuschung und Erfüllung beim Erwachen auflösen.

Die Kunst der Konzentration & Zerstreuungen, die in die Stille einbrechen

Die Menschen bemühen sich eifrig um Erfolg oder Gesundheit; doch selbst wenn sie dies erreicht haben, sind sie immer noch ruhelos. Der Hunger der Seele kann nicht durch materielle Dinge oder theologische Spreu befriedigt werden. Einige neuzeitliche religiöse Bewegungen haben eine »Schweigezeit« in ihr sonntägliches Gottesdienstprogramm einbezogen. Obgleich diese »Schweigezeit« einen gewissen Frieden mit sich bringt, lehrt sie den umhertastenden geistigen Sucher nicht, wie er mit Gott in Verbindung treten kann. Ein Schweigen, das man durch ablenkende oder beruhigende Gedanken erreicht, ist bloß ein negativer Faktor beim Erlangen von Konzentration und eine sehr langsame Methode, wenn es darum geht, Gott zu finden.

Zwischen gesprochenen Gebeten und Schweigen besteht ein wesentlicher Unterschied: Beim gesprochenen Gebet ist der Geist mit Lauten, körperlichen Bewegungen und ruhelosen Gedanken beschäftigt. Im gewöhnlichen Schweigen beruhigt man den Geist teilweise, indem man den Körper still hält, und man schaltet das optische Telefon ab, indem man die Augen schließt. Doch die Gedanken im Inneren können immer noch wild umhertanzen.

Manchen Menschen gelingt es, ihre Gedanken für einige Augenblicke zu beruhigen; und durch diesen momentanen Spalt in der Wand ihrer Ruhelosigkeit gewinnen sie einen kleinen Einblick in den Frieden Gottes. Oft aber tappt ein echter Sucher im dunkeln und fühlt nur ab und zu ein wenig Frieden, der bald wieder von ruhelosen Gedanken überschattet wird. Dann fragt er sich: »Ist das alles, was ich von Gott und Seiner Inspiration erwarten kann?«

Wenn er die Augen öffnet und aus diesem Zustand negativen Schweigens heraustritt, erfüllt ihn zunächst wieder großes Staunen über die Herrlichkeit des allgegenwärtigen Sonnenlichtes, über die Elektrizität, welche die Straßenbahnen hin- und herbewegt, über die Wolkenkratzer, über die Blitze, die durch den Himmel zucken, und über das helle Licht des Mondes. Doch da ihm das Schweigen nur gelegentlich etwas Frieden bringt, findet er allmählich immer weniger Trost in den Offenbarungen der Natur. Und bald nimmt er seine geistigen Bemühungen und inneren Erlebnisse während der Schweigezeiten nicht mehr so ernst.

Hinter dem Dunkel, das man zuerst im Schweigen wahrnimmt, verbirgt sich das Kosmische Licht – oder die Kosmische Energie, der Schöpfer aller Kräfte. Wer sich aber im Dunkel negativen Schweigens befindet, versteht dies nicht. In den Lehren des Kriya Yoga erhaltet ihr jedoch wissenschaftliche Methoden, durch die ihr einen positiven Zustand meditativen Schweigens erreichen und alle Gedanken und Empfindungen abschalten könnt. Es gibt noch höhere Stadien der Konzentration, und während der Sucher sie nach und nach erreicht, gelangt er zu immer höheren Sphären unbeschreiblicher Freude, wo ihm erhebende Erlebnisse und Visionen zuteil werden.

Dann kann er voller Freude sagen: »Er, den ich in den Wolken und im blauen Himmelszelt suchte, lebt in mir – in mir! Ich suchte Ihn als Kraft in der Außenwelt, um schließlich zu entdecken, dass Er, der Quell aller Naturgewalten, in meinem eigenen Inneren wohnt. Im Schweigen, unmittelbar hinter den Mauern der Dunkelheit, fühle ich Ihn und bete Ihn an.«

Um Gott wahrnehmen zu können, muss man sich zuerst über die positiven und negativen Faktoren des Schweigens im klaren sein. Man muss die Zerstreuungen eingehend untersuchen; denn diese sind die eigentlichen psychophysischen Störenfriede, die in das Schweigen eindringen, sobald man die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Gegenstand zu richten versucht.

Sinneswahrnehmungen

Um ein Beispiel zu nennen:

Sowie ihr euch ins Büro setzt und euch vornehmt, euch auf eure Arbeit zu konzentrieren, wird eure Aufmerksamkeit vom Klappern der Schreibmaschinen oder anderer Büromaschinen, oder vom Lärm der Straßenbahn und Autos auf der Straße abgelenkt, der in eure Gehörnerven dringt; oder auch vom Gefühl der Behaglichkeit (angenehme körperliche Empfindungen wie Zufriedenheit nach einem guten Essen, das Gefühl überschäumender Lebenskraft, usw.) oder von körperlichem Unbehagen (unangenehme Empfindungen wie Juckreiz, Schmerzen, zu enge Kleidung, Schweiß, Hitze, Kälte, Hunger, Abgespanntheit usw., die alle durch die Drähte der Tastnerven in das Gehirn dringen).

Oder eure Aufmerksamkeit wird durch den Körpergeruch einer Person, durch den Blumenduft, der das Zimmer erfüllt, oder durch das Parfüm, das jemand an sich hat, abgelenkt – Empfindungen, die durch die telefonischen Nervendrähte des Geruchssinns in euer Gehirn dringen.

Oder Eure Aufmerksamkeit ist auf sichtbare Wahrnehmungen gerichtet, die durch eure optischen Nerventelefone ins Gehirn gelangen, z. B. mit der Einrichtung des Büros oder der Kleidung der Menschen. Eure Aufmerksamkeit kann auch von angenehmen oder unangenehmen Empfindungen des Gaumens abgelenkt werden, vom Geschmack eines Pfefferminzbonbons, von Kaugummi, Tabak oder frischem Wasser, das ihr gerade getrunken habt. Ihr seht also, dass eure Aufmerksamkeit jedes mal, wenn sie sich auf ein Problem, auf die Arbeit oder auf Gott richten will, vielen Ablenkungen begegnet, die durch die Wahrnehmungen des Gesichts, Gehörs, Geschmacks, Tastsinns und Geruchs eindringen.

Gedanken, die von Sinneswahrnehmungen hervorgerufen werden

Die vorerwähnten fünf Arten der Zerstreuung sind jedoch nicht die einzigen, die eure Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen; denn diese Wahrnehmungen erwecken wiederum Gedanken, welche die Aufmerksamkeit vom Ziel der Konzentration ablenken.

Wenn ihr euch z. B. in eurem Zimmer zu konzentrieren versucht und von der Straße her das Brummen eines Autos hört, denkt ihr vielleicht an verschiedene andere Autotypen; oder der Kaugummigeschmack in eurem Mund lässt euch an andere Sorten Kaugummi denken. Der Duft der Blumen in eurem Zimmer bringt euch einen Blumenladen oder den herrlichen Garten eurer Großmutter in Erinnerung. Beim Anblick eures Büros denkt ihr an andere, größere Büroräume, in denen ihr schon gewesen seid. Und wenn ihr euch die Aufmachung der Leute um euch herum anseht, denkt ihr vielleicht an all die hübschen Kleider, die ihr selber gern hättet.

Erinnerungen, die durch gegenwärtige Gedanken hervorgerufen werden

So entstehen durch Sinneswahrnehmungen Gedanken. Und diese durch Wahrnehmungen erweckten Gedanken können dann im Unterbewusstsein Gedanken an frühere Erlebnisse hervorrufen. Das Geräusch eines Autos in eurer Nähe kann z. B. nicht nur Gedanken an andere Autotypen, sondern auch die in eurem Bewusstsein schlummernden Gedanken an frühere Zeiten erwecken, als ihr selbst diesen oder jenen Wagen gefahren habt; oder sie können euch einen bösen Unfall, den ihr mit einem prächtigen Wagen hattet, ins Gedächtnis rufen. So begegnen eurer Aufmerksamkeit zuerst Wahrnehmungen und dann Gedankenassoziationen, die aus dem Unterbewusstsein auftauchen.

Zerstreuungen – die Feinde der Aufmerksamkeit – lassen sich in drei Gruppen aufteilen:
1. Sinneswahrnehmungen,
2. Gedanken, die durch Sinneswahrnehmungen hervorgerufen werden,
3. Gedanken an frühere Ereignisse, die durch gegenwärtige Gedanken hervorgerufen werden.

Sobald sich eure Aufmerksamkeit auf dem Weg der Konzentration befindet und ihrem Ziel zusteuert, wird sie von diesen unsichtbaren Banditen der Ablenkung überfallen.

Die übliche Art der Konzentration ist Zerstreuung

Wenn ihr jemanden fragt, wie ihr euch am besten auf ein Problem oder eine Sonntagspredigt konzentrieren sollt, so wird er euch wahrscheinlich raten, eure Gedanken von den Gegenständen der Zerstreuung abzulenken. Aber das gelingt einem nur selten; denn je mehr ihr euch bemüht, nicht an etwas Bestimmtes zu denken, um so hartnäckiger kreisen eure Gedanken darum.

Es ist so gut wie unmöglich, eure Gedanken von einem unaufhörlich schrillenden Telefon abzulenken, wenn ihr euch zu konzentrieren versucht; denn das Geräusch des Läutens wird durch die Lebenskraft in die Gehörnerven des Gehirns geleitet. Ob ihr das Geräusch der Klingel, das durch eure Gehörnerven fließt, hören wollt oder nicht, das Gehirn registriert es auf jeden Fall.

Wer versucht, seine Aufmerksamkeit durch Gedanken an andere Dinge von dem Klingelgeräusch abzulenken, wenn er sich konzentrieren will, wendet eine unwissenschaftliche Methode an. Wer allerdings über außerordentliche Konzentrationskraft verfügt, kann seinen Geist völlig nach innen lenken, so dass er die Klingel gar nicht hört. Dann erhebt sich die Frage: Was ist mit einem solchen Menschen geschehen? Was für eine physiologische Veränderung ist in ihm vorgegangen, die ihm eine solch tiefe Konzentration ermöglicht, dass er das Läuten des Telefons tatsächlich nicht hört, obgleich es an sein Trommelfell dringt?

Die einzige logische Schlussfolgerung, die hier gezogen werden kann, ist die, dass zwischen der Intelligenz (der »Telefonistin«, die an der Vermittlung der Sinnestelefone im Gehirn sitzt) und der Lebenskraft, die in die Gehörnerven fließt, eine unzertrennbare Verbindung besteht. Wenn diese Telefonistin (die Intelligenz) es so will, kann sie entweder durch Ablenkung oder durch wissenschaftliche Entspannung (wie in diesen Anweisungen gelehrt) das Läuten des Telefons abschalten, so dass es sie nicht mehr stört. Eine Telefonistin, die an der Zentrale sitzt, kann verschiedenes tun, um das störende Läuten nicht mehr zu hören:

1. Sie kann geistig so sehr mit anderen Dingen beschäftigt sein, dass sie das Läuten des Telefons nicht hört, obgleich es von den Drähten ihrer Gehörnerven übermittelt und in ihrem Gehirn registriert wird. Sie nimmt das Läuten also aufgrund von Ablenkungen nicht wahr.
2. Sie kann am Schaltbrett einschlafen. Dann hört sie das durch den Draht geleitete Läuten nicht.
3. Sie kann ganz einfach den Strom abschalten und dadurch verhindern, dass die Elektrizität in die Drähte gelangt und die Klingel in Betrieb setzt.

Ganz ähnlich kann auch jeder andere ähnliche Hilfsmittel anwenden, um zu verhindern, dass er das Telefon läuten hört.

1. Er kann durch Zerstreuungen seine Aufmerksamkeit ablenken, damit das Gehör das Signal vom Schaltbrett nicht mehr wahrnimmt. Durch diese Methode jedoch beseitigt er nicht die eigentliche Ursache, die den störenden Klingellaut in das Gehirn dringen lässt.
2. Er kann durch Einschlafen oder »unbewusste« sensorische Muskelentspannung verhindern, dass der Klingellaut das Gehirn erreicht. Im unterbewussten Zustand des Schlafs zieht sich die Lebenskraft von den Muskeln und den Telefondrähten der fünf Sinne (Tastsinn, Geruch, Geschmack, Gesicht und Gehör) zurück.
3. Er kann die Gedanken und die Lebenskraft auf wissenschaftliche Weise von den Sinnen abschalten. Eine Erklärung dieser wissenschaftlichen Methode folgt weiter unten.

Die Techniken der Konzentration

Es ist vor allem wichtig, sich während der Konzentrationsversuche nicht ablenken zu lassen. Der Geist des durchschnittlichen Menschen ist ständig ruhelos, auch dann, wenn er sich wirklich bemüht, konzentriert zu sein. Denn sobald er sich auf einen bestimmten Gegenstand zu konzentrieren versucht, schweift sein Geist ab und „konzentriert“ sich auf alles mögliche andere. Wenn sich die Aufmerksamkeit auf diese Weise unbewusst von den Gegenständen der Zerstreuung versklaven lässt, bleiben alle Konzentrationsversuche erfolglos.

Atem und Lebenskraft

Dieser Lehrbrief behandelt den wissenschaftlichen Weg zu Gott, der in der Harmonie zwischen Atem, Lebenskraft und Geist besteht und einem dazu verhilft, sich hundertprozentig auf Ihn zu konzentrieren.

Wenn der Yogi die Lebenskraft im Körper unter seine Herrschaft bringt, kann er die Ströme von den sensorischen Nerven-Telefonen abschalten und auf diese Weise verhindern, dass die störenden Wahrnehmungen das Gehirn erreichen und seine Aufmerksamkeit von ihrem göttlichen Ziel ablenken.

Atem ist nicht gleichbedeutend mit Leben, aber er ist lebensnotwendig, weil das dunkle, venöse Blut mit Sauerstoff versorgt und gereinigt werden muss. Der Atem ist das Band, das die Seele an den physischen Körper kettet. Wer ohne Atem leben kann, wird seine Seele von der Knechtschaft des Atems und damit auch vom Gefängnis des Körpers befreien können.

Aufgrund der wichtigen Verbindung zwischen Atem und Lebenskraft, mögen manche denken, dass Pranayama (Herrschaft über die Lebenskraft) darin besteht, den Atem lange anzuhalten. Das stimmt jedoch nicht. Der Atem, der die Seele an den Körper bindet, darf nicht gewaltsam in der Lunge zurückgehalten werden, denn das ist gefährlich. Der Yogi dagegen verlangsamt den natürlichen Zellverfall im Körper und erlangt durch geistige Übungen (wie z. B. Hong-So) einen Zustand der Ruhe, so dass sich der atemlose Zustand ganz von selbst einstellt.

Die Aufgabe der Lebenskraft

Aufgabe der Lebenskraft ist es, das Gehirn direkt mit Energie zu versorgen. Die allgegenwärtige Kosmische Energie fließt durch das verlängerte Mark ins Gehirn. Vom verlängerten Mark aus wird die Lebensenergie auch an Herz, Lunge, Zwerchfell und alle anderen Organe und Zellen des Körpers verteilt. Die Lebenskraft ist ihrer Beschaffenheit nach elektrisch; sie versorgt die Zellen unmittelbar mit Energie und erhält sie am Leben, indem sie durch das Mark in den Körper fließt und die Körperbatterie auflädt. Atem, Nahrung, Sonnenschein usw. sind nichts als Nebenquellen der Energie; wenn sie assimiliert (aufgenommen, integriert) werden, erhält die Körperbatterie zusätzliche Elektrizität.

Wenn die Batterie eines Autos leergelaufen ist, kann man sie nur dadurch wieder funktionstüchtig machen, dass man sie durch irgendeine äußere Quelle elektrisch auflädt. Ähnlich kann eine leergelaufene Körperbatterie nur durch ein frisches Aufladen mit Lebenskraft aus der kosmischen Quelle wiederbelebt werden. Es wäre zwecklos, den Magen eines Toten mit Nahrung zu füllen und Sauerstoff in ihn hineinzupumpen; Nahrung und Sauerstoff können das Leben nur dann erhalten, wenn die Lebenskraft bereits im Körper tätig ist.

Eine Batterie kann unbegrenzt lange benutzt werden, wenn sie immer wieder elektrisch aufgeladen wird und wenn die Beschaffenheit ihrer positiven und negativen Elektroden und der Elektrolyt sich nicht geändert haben. Ähnlich kann auch der Körper durch höhere Schulung von der intelligenten Lebenskraft allein erhalten werden, die dann mit einer elektrischen Ladung zu vergleichen ist und auch den Verfall der physischen Körperbatterie verhindert.

Die Tatsache, dass Menschen und Tiere, die sich in einem Zustand aufgehobener Lebenstätigkeit befinden, für unbegrenzte Zeit nur durch spinale (spinal = die Wirbelsäule, das Rückenmark betreffend) und mentale (geistige) Energie am Leben erhalten werden, beweist, dass allein die Lebenskraft ausschlaggebend für die Aufrechterhaltung des Lebens ist. Es hat Hindu-Heilige gegeben, die sich mehrere Monate oder sogar Jahre lang begraben ließen, ohne Nahrung und Sauerstoff zu sich zu nehmen, und die nach ihrer Ausgrabung das Bewusstsein wiedererlangten und weiterlebten.

In unserem irdischen Dasein jedoch zieht die körperliche Lebenskraft ihre Energie nicht direkt aus ihrer eigentlichen Quelle – der unerschöpflichen Kosmischen Energie -, sondern destilliert Energie aus der Nahrung und macht sich somit von ihr abhängig. Nahrung ist aber nicht die Ursache körperlicher Lebenskraft, sondern lediglich eine der Bedingungen für die Existenz menschlichen Lebens.

Ohne Licht kann man kein Buch lesen. Aber der Lesestoff wird nicht durch das Licht hervorgerufen. Ebenso ist es in den meisten Fällen auch unmöglich, ohne Nahrung zu leben; doch die Nahrung ist nicht die Ursache des Lebens. Der Körper hat sich durch Gewohnheit von Nahrung und Atem abhängig gemacht. Je mehr man ihn aber daran gewöhnt, von der Lebenskraft erhalten zu werden, um so weniger wird er von Nahrung und Sauerstoff abhängig sein.

Funktion des Atems

Aufgabe des Atems ist es, den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Der Atem führt dem Körper indirekt Energie zu, und zwar durch die Verwandlung des Sauerstoffes in Atome der Lebenskraft. Der Sauerstoff, der durch die Lungenwände in das Blut tritt, verwandelt das dunkle, mit Toxinen beladene venöse Blut in belebendes rotes Arterienblut.

Je mehr venöses Blut vorhanden ist, um so größer der Bedarf an Sauerstoff. Wenn sich kein venöses Blut mehr im Körper befindet (wie z. B. im Zustand aufgehobener Lebenstätigkeit, wenn kein Zerfall der körperlichen Zellen erfolgt und diese eine bewusste Ruhepause erhalten) , braucht man auch nicht zu atmen. Aus diesem Grunde lehrten die Hindu-Meister, wie man Herrschaft über die Lebenskraft im Herzen erlangen und einen Zerfall der Körperzellen verhindern kann, wodurch man den atemlosen Zustand erreicht.

Wenn man die Ursachen, welche die Bildung venösen Blutes hervorrufen, beseitigt, wird die Tätigkeit des Herzens vorübergehend überflüssig. Die Yogis erreichen dies, indem sie nur reine Nahrung zu sich nehmen, die wenig Toxine im Körper hinterlassen, und indem sie wissenschaftlich-geistige Methoden anwenden, die zu körperlicher und geistiger Ruhe führen – wie z. B. die Yogoda Übungen oder die hier beschriebene Konzentrationstechnik.

Ruhiges Herz und Atemstille sind Voraussetzungen für vollkommene Konzentration

Ein Aufhalten des Zellenverfalls im Gewebe bedeutet, dass das Herz kein unreines venöses Blut in die Lunge zu pumpen und auch kein sauerstoffhaltiges rotes Blut zur Versorgung des Zellgewebes in den Körper zu senden braucht. Wenn der Verfall im Körper aufhört und kein venöses Blut mehr in die Lunge gepumpt zu werden braucht, wird das Herz ganz von selbst vollkommen ruhig.

Der Yogi, der sein Herz auf diese Weise beruhigt hat, stellt fest, dass die Abwesenheit venösen Blutes in der Lunge und der Zustand aufgehobener Lebenstätigkeit in den körperlichen Zellgeweben die Sauerstoffaufnahme aus der Luft in den Blutstrom überflüssig machen; und wenn das der Fall ist, braucht er nicht mehr zu atmen.

Atemruhe ist Sieg über den Tod

Die Hong-So-Technik befähigt den Übenden, den Atem aufzuheben und ihm damit auf den Grund zu kommen. Nur wer den Atem richtig regulieren kann – d. h., wer in der Lage ist, den Atem willentlich aufzuheben, indem er eine wissenschaftliche Technik wie Hong-So übt, kann Selbst-Verwirklichung erlangen. Wer ohne Atem existieren kann, besitzt Herrschaft über seinen Körper, kann sein Leben verlängern und sein Bewusstsein soweit erheben, dass er seiner Seele gewahr wird. Ohne Atem zu leben, heißt, kein Atembedürfnis mehr zu haben, wobei man sich keinen Zwang antut; es bedeutet nicht, die Luft gewaltsam in der Lunge zurückzuhalten und den Atem zu unterdrücken.

Das Beobachten des Atems ist die Vorstufe zur Beherrschung des Atems; dann beginnt sich das Bewusstsein als getrennt vom unwillkürlichen körperlichen Atemvorgang zu fühlen. Der Yogi, der Herrschaft über den Atem erlangt hat, erkennt, dass sein Bewusstsein die einzige Wirklichkeit in seinem Leben ist.

Wenn der Schüler sein Bewusstsein durch die in diesem Lehrbrief beschriebene Methode schult, beginnt er zu erkennen, dass sein Leben weder mit den Funktionen des Körpers identisch noch von ihnen abhängig und dass seine wahre Natur geistig und unsterblich ist. Dann versteht er auch, dass das Ichbewusstsein eine Täuschung ist, weil es uns irrtümlich dazu verleitet, uns mit dem Körper, statt mit unserem göttlichen Selbst zu identifizieren, d. h. mit Sat-Chit-Ananda – ewigem Dasein (Sat), ewigem Bewusstsein (Chit) und ewiger Freude (Ananda).

Bibel und Schriften der Hindus stimmen überein

»Der Mensch (die menschliche Körperbatterie) lebt nicht (kann nicht erhalten werden) vom Brot allein (nur durch feste und flüssige Nahrung und Sauerstoff), sondern von einem jeglichen Wort (Einheit der Lebensenergie), das durch den Mund Gottes geht (das verlängerte Mark an der Schädelbasis, durch das die kosmische Energie in den Körper fließt).« (Mat. 4, 4) Die Lebensenergie, die unsere Nahrung in Energie verwandelt, ist die eigentliche Erhalterin des Lebens. Den Hinduschriften zufolge wird die Nahrung der Zukunft fast ausschließlich aus dieser kosmischen Lebensenergie bestehen. Jedes mal, wenn die körperliche, geistige oder seelische Batterie des Menschen leergelaufen ist, wird sie direkt mit kosmischer Energie aufgeladen.

Durch den Stillstand des Atems erreicht man folgende Ergebnisse:

  1. Das Herz beruhigt sich und schaltet die Energie von den fünf Sinnestelefonen ab, was die Konzentration fördert.
  2. Die Körpergeräusche verstummen.
  3. Der Zerfall der inneren Organe wird aufgehalten.
  4. Man erkennt, dass der Körper von kosmischer Energie lebt, die durch das verlängerte Mark eintritt.
    Man lernt, von Kosmischer Energie und nicht nur von „Brot“ zu leben. Die Seele wird von der Knechtschaft des Körpers und Atems befreit.

Vorbereitung auf die Technik

Dieser Lehrbrief zeigt euch, wie ihr den Lebensstrom willentlich von der körperlichen Glühbirne abschalten und vollkommene Entspannung erreichen könnt. Unaufmerksamkeit während des Übens führt zum Einschlafen. Bei konzentrierter Aufmerksamkeit dagegen fühlt man ein gewisses Prickeln, da jede Körperzelle von göttlichem Leben durchpulst wird.

Beim Üben dieser Konzentrationstechnik sollte man sich auf einen geraden Stuhl setzen, über den eine Wolldecke gelegt ist. Die Decke soll bis unter die Füße reichen, so dass der Körper gegen die störenden magnetischen Erdstrahlen isoliert wird. Setzt euch mit dem Gesicht nach Osten aufrecht hin, ohne dass ihr euch an den Stuhl anlehnt. Haltet Wirbelsäule und Kopf während des Übens immer in einer geraden, vertikalen Stellung. Der Körper sollte entspannt sein und die Hände sollten mit nach oben gerichteten Handflächen auf den Oberschenkeln ruhen.


Teil III – Weitere Anleitungen zur Konzentration

Die feine Kunst der Atembeherrschung

Wer nicht mit den Tatsachen vertraut ist, fürchtet sich oft vor allen Atemübungen. Die großen Hindu-Meister warnten lediglich Schüler mit schwacher Lunge davor, heftige Atemübungen zu machen; und im allgemeinen rieten sie allen Wahrheitssuchern dazu, jegliche Art von Atemübungen nur unter Aufsicht eines erfahrenen Lehrers zu lernen.

Doch ebenso wie nicht alle Menschen Rohkost zu vermeiden brauchen, nur weil einige Leute mit Magengeschwüren sie nicht essen können, so braucht man auch gesunde Atemübungen nicht zu unterlassen, nur weil einige Leute mit schwacher oder kranker Lunge sie nicht machen können. Lacht jeden aus, der euch weismachen will, dass alle Atemübungen gefährlich seien.

Die Natur zwingt jeden dazu, ununterbrochen eine gewisse »Atemübung« zu machen, ganz gleich, ob er eine gute oder schwache Lunge hat. Forcierte Atemübungen sind natürlich gefährlich und können selbst einer scheinbar kräftigen Lunge schaden, wenn diese irgendeine latente Schwäche hat. Ihr braucht nichts zu fürchten, wenn ihr die einfachen und höchst wirksamen Atemübungen macht, die hier nach den Anweisungen von Paramhansa Yogananda gegeben werden.

Wann man tief atmen soll

Wenn ihr aufgrund schlechter körperlicher Haltung unter Sauerstoffmangel leidet, müsst ihr lernen, tief und richtig zu atmen. Wer sein Rückgrat beim Sitzen krumm hält und beim Gehen die Brust einsinken lässt, übt einen Druck auf Zwerchfell und Lunge aus und verhindert dadurch, dass diese sich weit genug ausdehnen, um den nötigen Sauerstoff aufzunehmen, der das toxinhaltige Blut in der Lunge reinigt. Wenn sich Lunge und Zwerchfell nicht richtig ausdehnen, wird das Blut nicht genügend mit Sauerstoff angereichert.

Dann verbleibt das mit Giftstoffen beladene, venöse Blut ungereinigt an den Wänden der Lungenbläschen und wird in diesem Zustand wieder in den Körper zurückgepumpt. Wenn ihr aber beim Sitzen und Gehen den Brustkorb aufrecht und den Unterleib straff haltet, nehmt ihr die richtige Menge an Sauerstoff auf, so dass alles dunkle venöse Blut in helles rotes Blut verwandelt und dem Organismus neue Kraft zugeführt wird.

Wenn ihr euch ausruhen wollt, ist es besser, auf dem Rücken auf einem harten Bett zu liegen, als sich mit krummem Rücken und eingedrückter Lunge in einen Sessel fallen zu lassen. Euer Bett sollte Holzbretter statt Sprungfedern haben, über das ihr eine Matratze legt. Auf diese Weise erhaltet ihr ein festes, aber nicht zu hartes Bett, so dass das Rückgrat nicht gekrümmt und die Gesundheit gefährdet wird, wie es bei einem zu weichen Bett mit Sprungfedern der Fall ist.

Wann man nicht tief zu atmen braucht

Man muss essen, wenn man Nahrung benötigt, und man muss tief atmen, wenn der Körper nach Sauerstoff verlangt. Doch genauso wie zu vieles Essen unnötig ist, wenn sich genug Nährstoffe im Körper befinden, so ist auch zu vieles Atmen unnötig, wenn das Blut durch richtige Ernährung – viel frisches Obst und Gemüse und nur wenig Kohlenhydrate – weitgehend frei von Toxinen ist. Viele Menschen atmen schwer, weil der Körper mit Toxinen beladen ist.

Ruhige Menschen brauchen weniger zu atmen, während ruhelose Leute, die in der Regel ein Übermaß an Kohlehydraten und Fleisch zu sich nehmen, dazu neigen, wie Blasebälge zu schnaufen. Ihre Lebenskraft und ihre Gedanken werden dauernd von der körperlichen Funktion des Atmens und der Schwere und Ruhelosigkeit des Körpers belastet.

Wenn ihr ruhig seid, gibt es weniger Bewegung im Körper. Dann gibt es auch einen geringeren Zerfall der Zellen, und ihr braucht weniger oft zu atmen. Einem fortgeschrittenen Yogi ist es möglich, die meiste Zeit ohne Atem zu leben. Wenn ihr schnell atmet, schlägt auch das Herz sehr schnell. Wenn ihr lauft, atmet ihr heftig, was den Herzschlag beschleunigt.

Der Zerfall in den Zellen und Muskeln und einigen Organen kann teilweise aufgehalten werden, wenn man den Körper stillhält, aber der Prozess der Assimilation, des Kreislaufs und der Ausscheidung sowie andere Funktionen in den inneren Organen gehen weiter. Atemstille und Entspannung der inneren Organe befreit den menschlichen Geist, so dass man sich besser auf die Seele konzentrieren kann. Je größere Fortschritte ihr mit der Praxis dieser Technik habt, um so langsamer werdet ihr atmen. Vergesst nie folgende Wahrheit: Der Atem ist das Band, das die Seele an den Körper fesselt!

Haltet den Atem nicht zu lange an

Auch wenn man eine ganz gesunde Lunge hat, ist es töricht, den Atem bis zum Bersten in der Lunge anzuhalten. Sobald der Sauerstoffvorrat aufgebraucht ist, bemüht sich das angestaute Kohlendioxyd vergebens zu entweichen. Und weil der Sauerstoffvorrat erschöpft ist, kann das einströmende dunkle Blut nicht gereinigt werden und häuft sich weiter in den Kapillargefäßen der Lunge an, so dass diese sich ausdehnen, bis sie nahezu bersten. Das Ergebnis ist dann ein schmerzliches Gefühl des Erstickens.

Den Atem gewaltsam in einer schwachen oder kranken Lunge anzuhalten, ist offensichtlich schädlich. Menschen mit schwacher Lunge sollten einfach und natürlich atmen und den Körper dabei gerade halten. Erst wenn sie wieder geheilt sind, sollten sie versuchen, tief zu atmen. Tiefes Atmen ist für diese Menschen nicht nötig; damit müssen sie warten, bis sich ihre Lunge gekräftigt hat. Jeder sollte lernen, richtig zu atmen, indem er die Wirbelsäule gerade hält.

Zu langes Anhalten des Atems in der Lunge ist jedoch nicht lebensgefährlich. Die Natur hat es so weise eingerichtet, dass in dem Augenblick, wo das venöse Blut aus der überfüllten Lunge zum Herzen zurückdrängt, dieses heftig zu schlagen beginnt und den Lebensstrom ruckartig zum verlängerten Mark zurücktreibt. Das versetzt dem verlängerten Mark einen Schock und führt zu Bewusstlosigkeit. Und dann setzt die Atmung ganz von selbst wieder ein.

Ihr könnt jedoch der Lunge und dem Herzen durch törichtes Anhalten des Atems schaden. Wenn die Lunge bis zum äußersten mit dunklem, venösem Blut angefüllt ist, drängt das Blut durch die Arterien der Lunge zum Herzen zurück. Hieraus können sich Herzschmerzen und Herzklappenfehler oder eine Verletzung der überdehnten Lunge ergeben. Hört deshalb auf niemanden, der euch rät, den Atem lange in der Lunge anzuhalten oder heftige Atemübungen zu machen.

Wichtige Hinweise zur Hong-So-Technik
  1. Forciert das Ein- und Ausatmen während der Hong-So-Technik nicht. Atmet natürlich und beobachtet lediglich, d. h., seid euch des ein- und ausgehenden Atem bewusst, während ihr in Gedanken »Hong« und »So« sagt. Ob der Atem in der Lunge verbleibt oder ausströmt, wartet immer ab, bis er von selbst wieder fließt.
  2.  Vergesst nicht, dass der Zweck dieser Übung darin besteht, die Atempausen auf natürliche Weise zu verlängern. Wenn der Atem beim inneren Sprechen von »Hong« natürlich einströmt und nicht sofort wieder ausströmt, so wartet ab und genießt den atemlosen Zustand. Wenn er wieder ausströmt, sagt innerlich »So«. Wenn der Atem aus- und noch nicht wieder einströmt, wartet ab und genießt den atemlosen Zustand, bis ihr von selbst wieder einatmet. Wenn das geschieht, sagt innerlich »Hong«.
  3. Zuerst solltet ihr bewusst ausatmen, damit ihr bei der nächsten Einatmung mit »Hong« beginnen könnt. Beim gewöhnlichen Atmen seid ihr euch selten bewusst, ob ihr ein- oder ausatmet.
  4. Reguliert den Atem nicht, um die Silben in einen bestimmten Rhythmus zu bringen, sondern lasst die innerlich gesprochenen Worte dem natürlichen Ein- und Ausatmungsbedürfnis folgen.
  5. Konzentriert euch auf die Atempausen, ohne jedoch diesen ruhigen, atemlosen Zustand zu erzwingen.
  6. Indem ihr den Atem beobachtet, erreicht ihr auf metaphysische Weise, dass sich die Seele nicht länger mit dem Atem oder Körper identifiziert. Durch das Beobachten des Atems löst sich euer Ich vom Atem, und dann erkennt ihr, dass der Körper nur teilweise vom Atem erhalten wird.
  7. Wenn ihr vor Beginn der Hong-So-Übung den Körper zuerst anspannt und dann entspannt und den Atem ausstoßt, könnt ihr zwar den Bewegungsvorgang in den Muskeln und den sich daraus ergebenden Zerfall in den Zellen, nicht aber die Tätigkeit in den inneren Organen wie Herz, Lunge, Zwerchfell usw., aufhalten. Durch Beobachten des Atems während der Hong-So-Technik wird dieser rhythmisch und ruhig, und dadurch beruhigt sich auch das Herz. Ein ruheloser und sorgenvoller Geist beschleunigt die Herztätigkeit; ein ruhiger Geist dagegen verlangsamt sie. Jede innere Erregung beschleunigt den Herzschlag. Auch ein schwerer Atem lässt das Herz schneller schlagen, während ruhiges Atmen das Herz beruhigt. Wenn ihr den Atem still beobachtet, beruhigen sich sowohl Atem als auch Geist. Ein ruhiger Geist und Atem verlangsamen und beruhigen die Tätigkeit des Herzens, des Zwerchfells und der Lunge.

Wenn man durch Entspannung und Ausstoßen des Atems gleichzeitig die Bewegung in den Muskeln und inneren Organen – wie Lunge, Zwerchfell usw. – anhält, zieht sich die Lebensenergie, die gewöhnlich das Blut durch das Herz pumpen muss – d. h., die insgesamt alle 24 Stunden 18 Tonnen Blut in Bewegung setzt -, in die Wirbelsäule zurück und wird von dort aus über die Milliarden von Körperzellen verteilt. Diese Energie lädt die Zellen elektrisch auf und verhindert ihren Zerfall, indem sie diese zu aufladbaren Batterien macht.

Dann benötigen die Zellen keinen Sauerstoff und keine Nährstoffe mehr, um sich am Leben zu erhalten, denn sie brauchen keinen durch Abnutzung entstandenen Schaden im Körper mehr zu reparieren. und wenn der Zerfall in den äußeren und inneren Organen aufgehalten wird, sammeln sich keine Toxine im Blut mehr an. Folglich braucht das Blut auch nicht mehr zum Herzen und von da aus in die Lunge zurückgepumpt und durch den vom Atem aufgenommenen Sauerstoff gereinigt zu werden.

Wenn der Yogi durch Beobachten des Atems die äußeren und inneren Bewegungsvorgänge (in den Muskeln und inneren Organen) aufhält und die Bildung und Anhäufung venösen Blutes im Körper verhindert, erreicht er vorübergehend zweierlei:

  1. Er macht sich weniger abhängig vom Atem.
  2. Er verlangsamt seinen Herzschlag.

Wenn der Mensch mehr vom »Wort Gottes« (kosmischer Energie) und weniger vom »Brot« oder Atem leben und seinen Herzschlag regulieren kann, wird seine Körperbatterie von innen her mit kosmischer Energie aufgeladen und dadurch unabhängiger von äußeren Nährstoffen (fester und flüssiger Nahrung sowie Sauerstoff).

Ihr habt nun folgendes über die Ergebnisse beim Üben der Hong-So-Technik gelernt:

  1. Sie lädt die Körperzellen bis zum Überfließen mit Lebenskraft auf.
  2. Sie hält den Zerfall in den äußeren und inneren Organen auf.
  3. Sie verlangsamt die Herztätigkeit, d. h., sie verschafft diesem lebenswichtigen Organ Ruhe.
  4. Sie beruhigt das Herz, das alsdann die Energie von den fünf Sinnestelefonen (Geruch, Geschmack, Gehör, Gesicht und Tastsinn) abschaltet. Das Herz ist die Nebenzentrale und das verlängerte Mark die Hauptzentrale der Sinne.
  5. Sie befreit den Körper von der Abhängigkeit an den Atem.
  6. Sie verringert das Atmen auf ein Minimum. Wer daher lange in seinem Körper verbleiben will, kann durch ständiges Üben dieser Technik sein Leben verlängern.

Wenn Lebenskraft und Bewusstsein von den fünf Sinnestelefonen zurückgezogen werden, können die Sinneswahrnehmungen des Gesichts, Gehörs, Geruchs, Geschmacks und Tastsinns das Gehirn nicht mehr durch die Drähte der Nerventelefone erreichen. Wenn die Sinneswahrnehmungen nicht mehr im Gehirn registriert werden, hören auch die damit verbundenen Vorstellungen und Ideenassoziationen auf. Und dann wird der Geist – oder die Aufmerksamkeit – frei, um sich auf einen bestimmten Gegenstand oder auf Gott zu richten.

Besondere Übung

Wenn ihr eine gesunde Lunge habt, aber fühlt, dass euer Körper nicht genug Sauerstoff erhält, wird euch folgende Übung helfen:

  1. Atmet zweimal schnell durch den Mund aus: »Ha – ha« (Dieses Ausatmen befreit die Lunge von toxischem Kohlendioxyd).
  2. Atmet durch die Nase frische Luft ein und zählt dabei bis 20.
  3. Haltet den Atem bis 20 zählend an.
  4. Atmet langsam bis 20 zählend aus.

(In dieser sowie anderen Atemübungen sollte pro Sekunde ungefähr zweimal gezählt werden.

Wiederholt diese Übung 12mal, und zwar dreimal täglich an der frischen Luft oder auch öfter, wenn sie euch besonders gut tut. Die Zahl kann auch unter oder über 20 liegen, je nachdem, wie lange man den Atem anhalten kann oder will, ohne dass ein Gefühl des Unbehagens entsteht.

Meditationsübung

Fühlt, dass ihr in allen Dingen und jenseits aller Dinge seid. Konzentriert euch fest auf die Stelle zwischen den Augenbrauen. Atmet langsam. Wenn der Atem ruhig geworden ist, atmet aus und vergesst ihn. Beobachtet innerhalb der Stirn das sich ständig ausbreitende strahlende Licht! Es dehnt sich immer mehr aus und umfasst euren Körper und den ganzen Raum. Der Raum lodert gleich einem Feuerball. Und das seid ihr! Dieser Feuerball ist unendlich glücklich. Ihr seid die freudige Flamme des Glücks, die alle Dinge in sich auflöst. Meditiert hierüber.

Das Aufsteigen der Kundalini

Man soll das Ajna-Chakra (Stirnchakra) als Stelle der einleitenden Meditation benutzen. Ajna heißt Christuszentrum oder Kutashta, das sich zwischen den Augenbrauen befindet. Die Augen müssen halb geöffnet gehalten werden, während das Denken auf dieses Zentrum (Chakra) konzentriert werden muss.

Zur gleichen Zeit wird ein Teil der Aufmerksamkeit dem Steißbein (Mulahara) am Ende des Rückgrats gewidmet. Dort muss man im Geiste OM aussprechen und dem aus diesem Zentrum ausgehendem Laut lauschen. Einen halben Zoll höher, im Kreuz-Zentrum, muss man wieder OM im Geiste sprechen. Das ganze Rückgrat allmählich hochsteigend, mit Konzentration und Wiederholung von OM in jedem Zentrum, bis man das Christuszentrum zwischen den Augenbrauen erreicht. Dann wandert die Konzentration das Rückgrat wieder herunter und macht Halt in jedem Zentrum (Chakra), wo OM im Geiste wiederholt wird.

Dabei soll man in jedem Chakra etwa zweieinhalb Sekunden verweilen. Somit dauert der ganze Kreis etwa eine halbe Minute.

Man konzentriert sich also im wesentlichen auf das Ajna-Chakra und mit einiger Übung setzt der „geistige Kreislauf der Kundalini“ automatisch ein und öffnet allmählich nacheinander alle Zentren.

(aus einem Brief Yogananda’s vom 22. Januar 1948 entnommen aus dem Buch „Kriya Yoga“ von Boris Sacharow)

Die Hong-So-Technik – Zusammenfassung

  1. Setzt euch mit aufrechter Wirbelsäule in die Meditationsstellung. Die Hände sollen mit nach oben gekehrten Handflächen in der Leistengegend ruhen, um zu verhindern, dass sich der Körper nach vorn neigt.
  2. Richtet die geschlossenen oder halbgeschlossenen Augen nach oben, so dass der Blick im Christuszentrum oder geistigem Auge zwischen den Augenbrauen ruht.
  3. Beobachtet in Gedanken das Ein- und Ausströmen des Atems, und zwar mit derselben Losgelöstheit, mit der ihr den Atem eines anderen Menschen beobachten würdet. Versucht in keiner Weise, den Atem zu regulieren, sondern schaut ihm lediglich zu. Diese Übung verhilft euch dazu, euer Ichbewusstsein vom Körper zu lösen und – genau wie die Seele – ein »schweigender Zeuge« der körperlichen Tätigkeit zu werden.
  4. Wenn der Atem einströmt, sagt innerlich (nicht hörbar) »Hong«. Wenn der Atem wieder ausströmt, sagt innerlich »So«. (»Hong« und »So« sind zwei heilige Sanskritworte, die schwingungsmäßig mit dem ein- und ausgehenden Atem in Beziehung stehen. Die wörtliche Übersetzung lautet: »Ich bin Er.«)
  5. Während der Pausen, wenn der Atem von allein aussetzt, konzentriert euch auf den Frieden der Atemstille und genießt ihn.

Wichtigste Punkte

  1. Ehe ihr mit der Konzentrationstechnik beginnt, übt Körperpraktiken wie die Yogoda Methoden.
  2. Setzt euch bequem in die Meditationsstellung und bleibt dann regungslos sitzen. Vermeidet jede Muskelbewegung. Versucht bewusst, jeden Körperteil zu entspannen. Überprüft euch von Zeit zu Zeit in Gedanken, um sicher zu sein, dass der Körper wirklich entspannt ist.
  3. Bevor ihr mit »Hong-So« beginnt, macht 6-12mal folgende Atemübung:
    Atmet bis 20 zählend ein; haltet den Atem bis 20 zählend an; und atmet bis 20 zählend aus.
    Wenn euch die Zahl 20 zu hoch ist, nehmt zum Einatmen, Atem anhalten und Ausatmen eine niedrigere Zahl. Ganz gleich, welche Zahl ihr wählt, es muss immer die gleiche für Einatmung, Anhalten des Atems und Ausatmung sein.
  4. Nach der oben beschriebenen Atemübung atmet wieder ein, spannt den ganzen Körper an und stoßt allen Atem aus (und zwar mit einem doppeltem Atemzug: »Hah Hah«) und entspannt euch. Wiederholt diese Übung 6mal. Sie bereitet euch wunderbar auf die Hong-So-Konzentrationstechnik vor.
  5. Betet von ganzem Herzen zu Gott und den Gurus.
  6. Haltet die Gedanken ruhig. Das ist für ein erfolgreiches Üben wichtig.
  7. Richtet die geschlossenen oder halb geschlossenen Augen während des Übens dieser Technik immer nach oben (denn die Augen haben die Neigung, sich nach einer gewissen Zeit zu senken).
  8. Ehe ihr mit der Konzentrationstechnik anfangt, atmet kräftig aus, damit ihr beim ersten, einströmenden Atem mit der Silbe »Hong« beginnen könnt.
  9. Wenn es euch schwer fällt, beim einströmenden Atem »Hong« und beim ausströmenden Atem »So« zu denken, kann euch folgende Übung helfen: Bewegt den rechten Zeigefinger zum Handinneren, wenn der Atem einströmt; und wenn er ausströmt, lasst den Finger wieder in die entspannte Ausgangsstellung zurückkehren. Die kleine Fingerbewegung hat nichts mit der Technik selbst zu tun; sie dient lediglich als Gedächtnisstütze für die richtige Reihenfolge von »Hong« und »So«.
  10. Beobachtet ruhig den Atem, ohne euch darum zu kümmern, ob er ein oder ausströmt. Wendet auf keinen Fall Willenskraft an, um ein- und auszuatmen oder den Atem anzuhalten.
  11. Sagt »Hong« und »So« nur in Gedanken. Bewegt während des Übens weder Zunge, Mund noch Kehle. (Das kann leicht unbewusst geschehen.)
  12. Lasst die Worte dem natürlichen Atemfluss folgen. Stellt den Atem nicht auf einen bestimmten Rhythmus der Worte ein. (Man neigt dazu, dies unbewusst zu tun.)
  13. Seid mit ganzer Aufmerksamkeit bei der Sache. Konzentriert euch auf den Atem, die Worte und das Gefühl des Friedens, das sich beim richtigen Üben dieser Technik einstellt.
  14. Genießt den Frieden der Atemstille besonders während der Pausen zwischen Ein- und Ausatmung. Zwingt diese Pausen aber nicht herbei und versucht auch nicht, sie willentlich zu verlängern.
  15. Übt diese Technik möglichst lange, um beste Ergebnisse zu erzielen.
  16. Nach Beendigung des Übens stoßt allen Atem aus der Lunge aus und genießt den Zustand der Atemstille, solange es euch kein Unbehagen verursacht. Wiederholt dies dreimal.
  17. Sofort nach dem Üben dieser Konzentrationstechniken aufzustehen, ist, als ob man einen Eimer Milch gleich nach dem Melken wieder umstößt. Bleibt danach noch lange sitzen und betet oder meditiert tief, um das erwachende Gefühl der göttlichen Gegenwart in euch immer mehr zu vertiefen.
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