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Swami Sivanandas Buch „Die Praxis des Brahmacharya“ von 1934 plus Anmerkungen des Übersetzers und aktuelle Ergänzungen und Bilder – ein sehr gutes Buch darüber, wie man gesund mit der Sexualität umgehen kann  und wie man Sex und spirituelle Entwicklung unter einen Hut bringt.

Brahmacharya bedeutet übersetzt „Lebensführung im Sinne des Absoluten“.

Die Praxis des Brahmacharya beinhaltet Enthaltsamkeit von sexuellen Leidenschaften, jedoch nicht unbedingt Zölibat, so gibt es auch Kapitel über den Mann als Familienvater, die Frau als Mutter, Kindererziehung, Sex in der Ehe etc.

swami sivananda-brahmacharya


Inhaltsverzeichnis

Anmerkung des Verlegers
Gebet für Reinheit

Abschnitt I. Das Phänomen der Sexualität

1. Die heutige Entartung
1.1 Die Welt ist so sexy
1.2 Spirituelle Praxis ist die Antwort auf sexuelle Anziehungskraft
1.3 Brahmacharya – die Notwendigkeit der Stunde

2. Die Funktion des Geschlechtstriebs
2.1 Der blumige Bogen des Amors
2.2 Eindrücke im Unterbewusstsein
2.3 Wie man seine geistige Reinheit misst
2.4 Die Ausrottung der Lust

3. Die Intensität der Begierden
3.1 Leidenschaften in der Kindheit, in der Jugend und im Alter
3.2 Sexuelle Gedanken in Weisen, Spirituellen und Familienvätern
3.3 Die Lust in Mann und Frau
3.4 Die enthaltsam lebenden Dani

4. Sex ist eine Einbildungskraft
4.1 Schönheit ist ein Trick der Natur
4.2 Irreführende Beschreibungen der Schönheit einer Frau
4.3 Die Leidenschaft blendet den Intellekt

5. Der verhängnisvolle Nachteil des sexuellen Genusses
5.1 Feuchte Träume und normaler Geschlechtsverkehr
5.2 Jugend mit blutleeren Gesichtern
5.3 Das männliche Sperma (Energieverlust)
5.4 Mantak Chias taoistische Sexualpraktiken

6. Der Wert des Samens
6.1 Moderne medizinische Auffassungen
6.2 Verstand, Prana und Samen
6.3 Männliche Sterilisation (Vasektomie)

Abschnitt II – Die Glorie des Brahmacharya

7. Die Bedeutung des Brahmacharya
7.1 Die acht Verstöße des Brahmacharya
7.2 Körperliches und geistiges Brahmacharya
7.3 Eine allgemeine Klage

8. Die Glorie des Brahmacharya
8.1 Das Geheimnis der Gesundheit und Langlebigkeit
8.2 Brahmacharya fördert die Konzentration

9. Die Bedeutung von Brahmacharya im spirituellen Leben
9.1 Das Zölibat in den verschiedenen Religionen
9.2 Brahmacharya, die Grundlage des spirituellen Lebens
9.3 Brahmacharya im fernöstlichen Mönchstum

10. Brahmacharya für Familienväter
10.1 Was bedeutet Brahmacharya in der Ehe?
10.2 Wenn die Frau zur Mutter wird
10.3 Das Leben in einer spirituellen Partnerschaft

11. Frauen und Brahmacharya
11.1 Brahmacharinis – einst und heute
11.2 Ein lockeres Leben ist kein Freiheit
11.3 Der Ruf zum spirituellen Leben

12. Brahmacharya und die pädagogische Arbeit
12.1 Die Nachteile der heutigen Erziehung
12.2 Die Aufgabe der Lehrer und Eltern

13. Einige ideale Brahmachrins
13.1 Hanuman, der Affengott
13.2 Sri Lakshmana
13.3 Bhishma

Abschnitt III: Die Technik der sexuellen Sublimation

14 Unterdrückung und Sublimation
14.1 Von sexueller Energie zu spiritueller Energie
14.2 Das Geheimnis der sexuellen Sublimation
14.3 Vollkommene Sublimation ist schwierig, aber nicht unmöglich
14.4 Umwandlung des Samens in spirituelle Energie?
14.5 Der Vorgang der sexuellen Sublimation

15. Heiraten oder nicht heiraten?
15.1 Ist ein Zölibat möglich?
15.2 Ein dummes Argument der Epikureer (Genussmenschen)
15.3 Die Natur der Liebe in der Ehe
15.4 Mönch oder Familienvater?
15.5 Der Akhanda Brahmachari

16. Der Umgang mit dem anderen Geschlecht
16.1 Die Gefahren einer ungezügelte Phantasie
16.2 Der verbotenen Früchte Gottes für den Yogi

17. Stoppe das lüsterne Schauen
17.1 Kümmere dich um das Gefühl hinter den Blicken
17.2 Wie man unreine Gedanken beseitigt

18. Ernährung und Sexualität
18.1 Gesunde Lebensmittel
18.2 Lebensmittel, die der Yogi meiden sollte
18.3 Maßhalten bei der Ernährung
18.4 Das Fasten – eine reinigende Übung

19. Feuchte Träume und Samenverlust
19.1 Normale und krankhafte Pollution
19.2 Ursachen und Konsequenzen
19.3 Masturbation und Zorn
19.4 Eine gesunde Ernährung und Verdauung
19.5 Stehe morgens um 4 Uhr auf
19.6 Nimm Zuflucht zum Namen Gottes
19.7 Heilung bei Krankheiten

20. Voraussetzungen für ein erfolgreiches Brahmacharya
20.1 Die Kontrolle des Gaumens
20.2 Meide schlechte Gesellschaft
20.3 Beobachte die Gedanken
20.4 Satsanga, das Zusammentreffen mit Weisen
20.5 Kultiviere Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit
20.6 Eine Klarstellung
20.7 Ein Gelübde ist eine große Hilfe
20.8 Willenskontrolle und Autosuggestion
20.9 Ändere den Blickwinkel

21. Hatha Yoga ist die Lösung
21.1 Siddhasana (halber Lotussitz)
21.2 Sirhasana, der Kopfstand
21.3 Sarvangasana, der Schulterstand
21.4 Matsyasana, der Fisch
21.5 Padangushthasana, die Zehenspitzenstellung
21.6 Anweisungen für die Yogapraxis
21.7 Mula Bandha (Zusammenziehen des Schließmuskels)
21.8 Jalandhara Bandha (Kinnverschluss)
21.9 Uddiyana Bandha (Bauchverschluss)
21.10 Nauli Kriya (Darmreinigung)
21.11 Maha Mudra (Großes Siegel)
21.12 Yoga Mudra, das Siegel des Yoga
21.13 Anuloma Viloma (Wechselatmung)
21.14 Bhastrika (Blasebalg)
21.15 Tipps zu Atemübungen
21.16 Vajroli Mudra (Aufsaugen des Samens mit dem Penis)

22. Einige veranschaulichende Geschichten
22.1 Die Energie der Sinneslust
22.2 Sokrates und seine Schüler
22.3 Desires never dies – Wünsche sterben nie
22.4 Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit
22.5 Schönheit liegt im Auge des Betrachters
22.6 Körperliche Schönheit ist keine Schönheit
22.7Wie kontrolliert man die Lust?
22.8 Ausgewählte Worte

Abschnitt IV. Ein Symposium

23. Kommentare von Swami Chidananda
23.1 Die Aufrechterhaltung der Arten
23.2 Die Kraft des Brahmacharya
23.3 Die Aufgaben der Familienväter
23.4 Brahmacharya in der modernen Gesellschaft
23.5 Vorteile des Brahmacharya
23.6 Bücher über Brahmacharya

24. Die überragende Bedeutung des Brahmacharya (Swami Chidananda)
24.1 Die vier Ziele des Lebens
24.2 Die Bedeutung des Dharma
24.3 Energieerhaltung im spirituellen Leben
24.4 Die sexuelle Energie
24.5 Der menschliche Körper verglichen mit einer Villa
24.6 Wie man über die Sexualität hinauswächst
24.7 Freiwilliges Zölibat ist keine Unterdrückung

25. Brahmacharya – Ausdruck des Bewusstseins (Swami Krishnananda)
25.1 Wie die sexuelle Energie vergeudet wird
25.2 Brahmacharya und Brahma-Verwirklichung
25.3 Das Individuum – Ein Zentrum des Drucks
25.4 Stress und Spannung – Ursache und Heilung
25.5 Durch die Sinne droht Verwüstung
25.6 Wünschen – ein metaphysisches Übel
25.7 Befreiung aus der Umklammerung der Natur

26. Geburtenkontrolle (Swami Sivananda)
26.1 Anweisungen für Familienväter
26.2 Die Bevölkerungsentwicklung sollte kontrolliert werden
26.3 Gefahr der künstlichen Verhütung

27. Wird sexuelle Energie in Ojas Shakti umgewandelt?
27.1 Das Sexualleben der Löwen und Tiger
27.2 Erleuchtung = selbstinduzierte epileptische Mikroanfälle?

28. Nachträge
28.1 Der Bestseller Autor Napoleon Hill über die Enthaltsamkeit
28.2 Der kulturelle Einfluss auf die Sexualität
28.3 Führt Enthaltsamkeit zur Impotenz?
28.4 Der Sufismus und das Zölibat


Anmerkung des Verlegers

Instinkte und der Hunger nach sinnlicher Lust sind Teil dieser Welt. Sinnliche Impulse und biologische Antriebe sind sowohl beim Tier als auch beim Menschen vorhanden. Die Sexualität ist eine der wesentlichsten Aspekte im menschlichen, tierischen und pflanzlichen Leben. Während die Sexualität bei den Pflanzen und Tieren weitgehend durch die Natur geregelt wird (Brunftzeit, Pollenpflug), bleibt es dem Menschen selber überlassen, sie zu regeln. Die umfangreichen und alten Heiligen Schriften der Welt bieten der menschlichen Gesellschaft spezifische Richtlinien und Regelungen in dieser Hinsicht an. In Indien folgten unsere Vorfahren den vedischen Schriften, die ausführlich beschreiben, wie man sich eine gute Gesundheit, ein langes Leben und geistiges Wohlergehen erhalten kann. Aber leider werden in der heutigen Welt und besonders unter den gebildeten Leuten, in allen Schichten der Gesellschaft und in allen Altersklassen, die Normen der Führung der Heiligen Schriften abgelehnt, so dass die Zahl der körperlich und geistig Erkrankten täglich zunimmt. Ein Grund für diese traurige Sachlage, ist die Unwissenheit des modernen Menschen bezüglich der Schätze seiner Heiligen Schriften.

Swami Sivananda kam in den frühen dreißiger Jahren aus Indien, um diese Unwissenheit der Leute zu beenden, indem er die alten Weisheiten der Menschen des Altertums durch seine Schriften verbreitete. Es ist weithin bekannt, dass Swami Sivananda, dessen Liebe für die Menschheit keine Grenzen kannte, eine Anzahl von Büchern hinsichtlich der Gesundheit, der Hygiene und der Medizin schrieb. Eines seiner Bücher war das vorliegende Buch „Die Praxis des Brahmacharya“, das sich größtenteils mit dem Thema von Ehelosigkeit (Zölibat) beschäftigt und dort, wo Ehelosigkeit nicht möglich war, sich für ein reguliertes Sexualleben einsetzt.

Dieses Buch ist seit der Veröffentlichung sehr populär. Die Gedanken über die Sexualität und die sexuelle Sublimation (Umwandlung) sind in diesem Buch ausführlich von Swami Sivananda beschrieben. Im vorliegenden Buch sind alle Gedanken und Empfehlungen Swamijis bezüglich der Sexualität und der Ehelosigkeit beschrieben und redigiert worden. Damit soll der Öffentlichkeit und besonders der jüngeren Generation, ein Leitfaden zum wichtigen Thema der sexuellen Sublimation in die Hand gegeben werden. Dieses sollte als ein Akt der Nächstenliebe für die moderne Jugend verstanden werden, die häufig tastend in der Dunkelheit von einer verantwortungslosen Gesellschaft allein gelassen wird. Heutzutage hören wir häufig von jugendlicher Gesetzesverletzung. Aber diese jugendliche Gesetzesverletzung ist das Resultat der Verantwortungslosigkeit der Erwachsenen. Die Jugend der Welt sehnt sich nach Anleitung, die häufig aber nicht von den Eltern, von den Lehrern oder von der Gesellschaft vermittelt wird. Wir hoffen, dass dieses Buch von Swami Sivananda die oben erwähnte Wissenslücke schließen und der Jugend der Welt das Wissen und die Anleitung bieten kann, die sie so reich in diesem lebenswichtigen Bereich verdient, der ihr körperliches, geistiges und ethisches Wohl beeinflusst. Wir beten, dass der Segen des heiligen Meisters sich auf alle ergießen kann, die es wagen wollen, die folgenden Seiten durchzulesen und ein neues Kapitel in ihrem Leben zu erschließen. Mögen alle gesund, glücklich und spirituell gesegnet sein.
8th September, 1988. – The Divine Life Society


Gebet für Reinheit

O liebevoller Lord des Mitleids! He Prabhu! (Gott) Die Seele meiner Seele, das Leben meines Lebens, Verstand meines Verstandes, das Ohr meiner Ohren, Licht der Lichter, Sonne der Sonnen! Schenk mir Licht und Reinheit. Lass mich in körperliches und geistiges Brahmacharya fest etabliert sein. Lass mich in Gedanken, Worten und in der Tat rein sein. Gib mir die Kraft, meine sinnlichen Wünsche zu beherrschen und Brahmacharya zu beachten. Schütze mich vor allen Versuchen dieser Welt. Lass alle meine Sinne auf dich gerichtet sein. Lösche alle meine sexuellen Gewohnheiten und Begierden, auch die geheimen subtilen Wünsche. Lösche das Begehren aus meinem Verstand. Mach mich zu einem aufrechten Brahmachari. Lehre mich, tugendhaft und rechtschaffen zu sein. Lehre mich die Reinheit, die du anderen Swamis vor mir gelehrt hast. Verzeihe mir alle meine Vergehen. Ich bin dein. Schütze mich, führe mich, erleuchte mich. Om.


Geweiht der Jugend der Welt


Abschnitt I: Das Phänomen der Sexualität

1. Die heutige Entartung

Es gibt eine große Verwirrung unter den Männern. Die Verwirrung liegt darin, dass sie die Frauen nicht verstehen. Es gibt eine ebenso große Verwirrung unter den Frauen. Sie liegt darin, dass sie die Männer nicht verstehen. Gleichgültig wo du auch hingehst, ob nach Amsterdam, London oder New York. Überall auf der Welt wirst du die gleichen Erfahrungen machen. Du wirst nur zwei Dinge finden, Sex und Ego. Der sexuelle Instinkt ist der größte Antrieb im menschlichen Leben. Sexuelle Energie oder Sinneslust, ist der am tiefsten im Menschen verwurzelte Instinkt. Die sexuelle Energie fesselt vollständig den menschlichen Verstand, die Sinne, den ganzen Körper. Es ist der älteste Faktor, der in das menschliche Dasein eingegangen ist. Ein Mann hat viele Wünsche. Aber der stärkste Wunsch ist der Wunsch nach sexuellen Kontakten. Der grundlegendste Wunsch ist der Wunsch nach einer Partnerin. Alles hängt von diesem zentralen Wunsch ab. Der Wunsch nach Geld, der Wunsch nach Nachkommen, der Wunsch nach Eigentum, der Wunsch nach einem Haus, der Wunsch nach Viehhaltung und andere Wünsche kommen später.

Damit die Schöpfung weiterhin aufrecht erhalten werden kann, hat Gott den sexuellen Wunsch sehr stark ausgeprägt. Andernfalls würde es den Verwirklichten, die die Verhaftung an die Sexualität überwunden haben, nicht so leicht fallen, einen Universitätsabschluss zu erlangen. Es ist nicht schwer, einen Universitätsabschluss zu erlangen. Es verlangt ein wenig Geld, Gedächtnis, Intelligenz und ein wenig Fleiß. Aber es ist ein schwieriges Unternehmen, den sexuellen Impuls zum Stillstand zu bringen. Derjenige, der vollständig die Sinneslust abgelegt hat und geistiges Brahmacharya verwirklicht hat, ist Brahman oder Gott selbst. Diese Welt ist nichts als Sex und Ego. Ego ist die Hauptsache. Ego ist die Basis. Sex und Ego hängen zusammen. Ist das Ego durch die Beantwortung der Frage „Wer bin ich?“ zerstört, nehmen die sexuellen Ideen reiß aus. Der Mensch, der Meister seines Schicksals, hat seinen göttlichen Ruhm verloren und ist durch Unwissenheit zum Sklaven, zum Werkzeug, in den Händen der Sexualität und des Egoismus geworden. Sex und Ego sind das Produkt der Unwissenheit. Der Beginn des Wissens des Selbst vernichtet diese zwei Feinde von Atman (der Seele), die zwei Räuber Sex und Ego, die uns das illusorische „Ich“ vortäuschen.

Der Mensch hat sich in hohem Grade selbst degradiert, indem er zur Marionette seiner Neigungen wurde. Leider! Er ist zu einer nachahmenden Maschine geworden. Er hat seine Kraft zur Unterscheidung verloren. Er ist in eine erniedrigende Form der Sklaverei gesunken. Was für ein trauriger Zustand. In der Tat, eine beklagenswerte Lage. Wenn er sich wünscht, seinen verlorenen göttlichen Zustand wieder zurück zu gewinnen, muss sein vollständiges Sein, müssen seine sexuellen Wünsche, vollständig durch göttliche Gedanken und regelmäßige Meditation umgewandelt werden. Die vollständige Umwandlung der sexuellen Wünsche ist eine sehr starke, wirkungsvolle und zufriedenstellende Weise, ewiges Glück zu verwirklichen.


1.1 Die Welt ist so sexy

Leidenschaften regieren die Welt. Der Verstand der Leute ist mit sexuellen Gedanken gefüllt. Die Welt ist so sexy. Die ganze Welt befindet sich in einem enormen sexuellen Rauschzustand. Alle werden permanent getäuscht und bewegen sich mit einem kollektiv pervertiertem Intellekt durch die Welt. Es gibt keine Gedanken an Gott. Es gibt kein Reden über Gott. Statt dessen wird über Mode, Restaurants, Hotels, Abendessen, Tanzen, Autorennen und Kino geredet. Es wird über Essen, Trinken und Sex gesprochen. Das ist schon fast alles, worüber die Menschen reden. Die Leidenschaft nach äußerer Schönheit hat nicht nur in London, Paris und in Lahore Einzug gehalten. Sie ist selbst in Madras unter den jungen Brahmanenfrauen der orthodoxen Familien zu finden, die ihre Gesichter mit Kirschblütenpuder und Hazeline-Schnee (Hautcreme) schminken, anstelle mit heiligem Gelbwurzpuder und die ihr Haar wie die französischen Mädchen tragen. Diese Art der Nachahmung ist in den Verstand unserer Jungen und Mädchen in Indien gekrochen. Die heiligen Empfindungen und Lehren der alten Weisen wurden total ignoriert. Was für ein bedauernswerter Zustand!

Sie nehmen alles an, wenn nur ein Johnson oder Russel etwas über die Theorie der Evolution, der Bewegung des Atoms, der Relativität oder die Transzendentalphilosophie vortragen. Beschämend in der Tat! Ihre Gehirne werden alle mit ausländischen Partikeln verstopft. Sie unterscheiden nicht zwischen gut und schlecht. Sie saugen einfach alles auf. Dadurch gibt es heutzutage eine Verkümmerung unter den jungen Leuten in Indien. Dieses ist das Zeitalter, in dem man zu bequem ist, einen kurzen Weg, ohne eine Rickschah, ein Auto, eine Straßenbahn, ein Fahrrad oder eine Kutsche, zu Fuß zu gehen. Was für ein schreckliches künstliches Leben! Junge Männer ahmen heutzutage wahllos den Westen nach. Dieses endet mitunter in ihrem Ruin. Sie werden durch die Sinneslust beeinflusst. Sie verlieren den rechten Sinn für Rechtschaffenheit. Sie unterscheiden nicht mehr zwischen richtig und falsch. Sie verlieren jedes Schamgefühl.

Seht, wie die Kriminalität zugenommen hat. Raub, Entführung, Kidnapping, Körperverletzungen, Morde. Das sind die Verbrechen, die immer öfter von den Gerichten verurteilt werden. Die Sinneslust ist die Wurzel dieses Übels. Es kann Sinneslust für Geld oder Sinneslust für sexuelles Vergnügen sein. Sinneslust ruiniert das Leben, den Glanz, die Stärke, die Vitalität, das Gedächtnis, den Reichtum, den Ruhm, die Heiligkeit, den Frieden, die Klugheit und die Hingabe. Mit einem übermütigen Intellekt sollte man vielleicht einige Lektionen von den Tieren lernen. Tiere haben oftmals mehr Selbstkontrolle als der Mensch. Es ist nur der so genannte Mensch, der sich durch seine sinnliche Schwäche verschlechtert hat. In der Hitze der sexuellen Aufregung, wiederholt er die gleiche unwürdige Tat immer und immer wieder. Er hat kein bisschen Selbstkontrolle. Er ist ein Sklave seiner Leidenschaft. Er ist wie eine Puppe in der Hand der Leidenschaft. Wie ein Kaninchen pflanzt er sich fort und zeugt dabei unzählige Kinder, so dass die Zahl der Bettler auf der Erde immer weiter zunimmt.

Löwen, Elefanten, Stiere und andere Tiere haben oftmals eine bessere Selbstkontrolle als Menschen. Löwen kopulieren nur einmal im Jahr. Die weiblichen Tiere würden es niemals zulassen, dass die männlichen Tiere sich ihnen nähern, bis die jungen Tiere abgestillt und gesund und stark sind. (Anmerkung Übersetzer: Das gilt allerdings nur für weibliche Löwen, die soeben Kinder bekommen haben. Bei ledigen Weibchen und bei männlichen Löwen dagegen sieht es etwas anders aus. Ich gehe in Kapitel 27.1 näher darauf ein. Ende Anmerkung). Nur der Mensch verletzt diese Naturgesetze und leidet infolgedessen unter unzähligen Krankheiten. Er ist zu einem Niveau degeneriert, das in dieser Hinsicht weit niedriger als das der Tiere ist. Wie ein König kein König ist, ohne ein Finanzministerium, ohne Untertanen und ohne eine Armee, eine Blume keine Blume ist, ohne Duft, ein Fluss kein Fluss ist, ohne Wasser, so ist auch ein Mann kein Mann, ohne Brahmacharya. Nahrung, Schlaf, Furcht und Geschlechtsverkehr sind für Tiere und Menschen üblich. Das, was den Menschen von einem Tier unterscheidet, ist die Lehre Buddhas, die Unterscheidungskraft und die Kraft zur Selbsterforschung. Das Wissen und die Unterscheidungskraft können nur durch die Bewahrung von Veerya, den männlichen Samen, gesichert werden. Wenn ein Mann sich diese Qualifikation nicht erhalten hat, kann man ihn eigentlich nur als ein Tier betrachten.

Wenn die Sinneslust, die die Quelle aller Genüsse in dieser Welt ist, aufhört, dann hört alle weltliche Knechtschaft, die ihre Basis im Verstand hat, auf. Sogar das bösartigste Gift ist kein Gift, wenn es mit der Sinneslust verglichen wird. Der erste schändet nur seinen Körper, während der letzte viele Körper in den aufeinanderfolgenden Geburten verdirbt. Du wirst zum Sklaven deiner Leidenschaften, deiner Wünsche, Gefühle und von erotischen Reizen. Wann wirst du dich aus diesem miserablen Zustand erheben? Jene Personen, die trotz besseren Wissens, das Nichtvorhandsein von Glück in der unheilvollen Sinneslust nicht erkennen, haben sich bereits gedanklich tief in die Sinneslust verstrickt. Sie verdienen die Bezeichnung eines Esels. Wenn du keine Unterscheidungskraft besitzt, wenn du nicht versuchst, das Beste aus deinem Leben zu machen, wenn du dein Leben nur mit Essen, Trinken und Schlafen verbringst, dann lebst du nicht spirituell und solltest vielleicht einige Lektionen von jenen Tieren lernen, die weit mehr Selbstbeherrschung besitzen.

Die sexuelle Entartung, die die Menschheit überkommen hat, liegt in der Vorstellung der Leute, dass es so etwas wie einen natürlichen „sexuellen Instinkt“ im Menschen gibt. Den gibt es aber nicht. Der natürliche Instinkt ist die Zeugungsfähigkeit. Wenn Männer und Frauen die sexuelle Hingabe nur auf den Nachwuchs beschränken, dann ist dieses bereits die Befolgung des Brahmacharya. Wird dieses als nicht möglich angesehen, wird denen, die nach den höheren Werten des Lebens streben, empfohlen, sich vollkommene Enthaltsamkeit aufzuerlegen. Wenn ein Suchender dieses brennende Verlangen in sich spürt, ist Brahmacharya die notwendige Voraussetzung, da er es sich nicht leisten kann, seine lebenswichtige vitale Energie für die kurzfristige sinnliche Lust zu vergeuden. Die Belohnung aller weltlichen Wünsche ist sinnlich. Das Fleisch sollte aber nur der unterwürfige Sklave des Geistes sein, der sich an göttlichen Zielen orientiert. Der Mensch wurde für die spirituelle Kommunion mit Gott geboren. Er aber unterlag den Verführungen böser Dämonen, die seine Sinnesfreude nutzten, um ihn von seinen göttlichen Betrachtungen fortzulocken um ihn an ein irdisches Leben zu binden. Moralische Tugend besteht darin, alle sinnlichen Vergnügen aufzugeben, wenn man die Reinheit des Geistes und die Reinheit Gottes anstrebt. Wollüstigkeit ist aber mit Klugheit und Heiligkeit nicht vereinbar. Die Kunst des Lebens ist es, Unreinheiten zu vermeiden.


1.2 Spirituelle Praxis ist die Antwort auf sexuelle Anziehungskraft

Wirkliche Kultur besteht in der Verwirklichung von physischem und geistigem Brahmacharya. Reale Kultur ist die Realisierung der Identität der individuellen Seele und die Verbindung mit Gott durch direkte Erfahrung. Für einen leidenschaftlichen, sinnlichen Menschen aber, haben die Begriffe Selbstverwirklichung, Gott, Selbst, Leidenschaftslosigkeit, Entsagung, Tod und Gräberfeld etwas abscheuliches, erschreckendes, weil er sich zu Objekten hingezogen fühlt. Das Singen, Tanzen und das Sprechen über Frauen empfindet er dagegen als angenehm. Die Anziehung für Objekte wird allmählich verschwinden, wenn man ernsthaft beginnt, über die unwirkliche Natur der Welt nachzudenken. Die Menschen verbrennen sich am Feuer der Sinneslust. Alle Maßnahmen, die erforderlich sind, diese entsetzliche Krankheit auszurotten, sollten eingeleitet und durchgeführt werden. Alle Menschen sollten mit den unterschiedlichsten Methoden ausgebildet werden, die ihnen helfen, die Sinneslust an den Wurzeln auszumerzen. Versagt die eine Methode, so hilft vielleicht eine andere. Sinneslust ist ein brutaler Instinkt in unverbesserlichen Menschen. Man sollte beschämt sein, die sinnlichen Taten immer wieder zu wiederholen, wenn man beachtet, dass das Ziel des Lebens Selbstverwirklichung, durch die Erreichung der Reinheit und die Praxis der konstanten Meditation, ist. Ein Gegner könnte beanstanden, dass diese Themen nicht öffentlich behandelt werden sollten. Das halte ich nicht für richtig. Was ist der Sinn, diese Themen zu verschweigen? Diese Themen zu verstecken, ist eine Sünde.

In der heutigen Zeit, der Zeit der modernen Kultur und Zivilisation, in dieser Ära des wissenschaftlichen Fortschritts, finden solche Überlegungen möglicherweise nicht bei allen Menschen Anklang. Sie könnten beanstanden, dass einige dieser Begriffe anstößig, abscheuerregend, verletzend und unanständig sind und gegen den guten Geschmack verstoßen. Diese Vorstellung beruht aber auf einem Missverständnis. Gerade diese Offenheit hinterlässt bei vielen Wissenshungrigen, die sich nach Befreiung sehnen, einen tiefen Eindruck. Ihre Ansichten ändern sich zum Teil vollkommen. Es gibt nämlich keine reale spirituelle Kultur unter den Leuten der modernen Gesellschaft. Die Etikette ist eine bloße Show. Überall kannst du diesen äußeren Schein erkennen, diese Scheinheiligkeit, diese vorgetäuschte Höflichkeit. Überall gibt es diese bedeutungslosen Formalitäten und Versammlungen zu sehen. Nichts kommt wirklich aus dem Herzen. Den Menschen mangelt es an Aufrichtigkeit. Die Äußerungen der Upanishaden und die wertvollen Lehren der Heiligen Schriften hinterlassen keinen Eindruck im Verstand der leidenschaftlichen und weltlich orientierten Menschen. Sie sind wie die Samen, die in felsigen Boden geworfen werden, wie die Perlen, die man vor die Säue wirft.

Wenn jemand wirklich erkennt, welcher Schaden durch ein unreines Leben entsteht und sich entschließt, sein Leben an spirituellen Grundsätzen auszurichten, um das Ziel eines reinen Lebens zu erreichen, so sollte er seinen Geist mit göttlichen Gedanken beschäftigen, sich in die Meditation vertiefen, die Heiligen Schriften studieren und sich um die Nächstenliebe bemühen. Mangel an spiritueller Praxis ist der Hauptgrund für die sexuelle Anziehungskraft. Theoretische Enthaltsamkeit von der Sinneslust wird keine Erfolge bringen. Du musst gnadenlos alle sozialen Verbindungen abschneiden und ein spirituelles Leben führen, wenn du dich von der sinnlichen Verhaftung befreien möchtest. Nachgiebigkeit gegenüber sinnlichen Tendenzen wird dir Leid bescheren. Entschuldigungen sind in dieser Hinsicht nicht angebracht. Vielmehr wird Einsicht dir weiterhelfen. Du musst bei deiner Suche nach einem spirituellen Leben unbedingt aufrichtig sein. Halbherzigkeit belässt dich in dem alten Zustand deines Elends.

Wacht auf, Freunde, aus diesem illusorischen Sumpf des Rades von Tod und Wiedergeburt. Die Leidenschaft hat ebenso große Verwüstungen hinterlassen, wie die Unwissenheit, von der wir manchmal fast ertränkt wurden. Wie viele Millionen Väter, Mütter, Frauen und Söhne hast du in den vorhergehenden Geburten gehabt? Dein Körper ist voller Unreinheiten. Was für eine Schande ist es, diesen unreinen Körper zu umarmen. Es ist eine bloße Dummheit. Gib die Illusion von deinem Körper auf. Löse dich von der Identifikation mit deinem Körper und meditiere über den Ruhm des Atman, des alldurchdringenden Geistes. Beende die Anbetung des Körpers.


1.3 Brahmacharya – die Notwendigkeit der Stunde

Meine lieben Brüder! Erinnert euch daran, dass ihr nicht dieser vergängliche Körper aus Fleisch und Knochen seid. Ihr seid das unsterbliche, alles durchdringende Sat-Chit-Ananda (Sein-Bewusstsein-Glückseligkeit), der Atman (die Seele). Du bist der Atman. Du bist die verkörperte Wahrheit. Du bist der Brahman (Gott). Du bist das absolute Bewusstsein. Du kannst diesen höchsten Zustand aber nur durch ein Leben als echter Brahmachari erreichen. Der Geist des Brahmacharya muss dein ganzes Leben durchdringen. Es wird zwar über Brahmacharya gesprochen, aber praktizieren tut es kaum einer. Ein Leben der Mäßigung ist wirklich umgeben von Schwierigkeiten. Aber der Weg ebnet sich, für einen Mann mit eiserner Entschlusskraft, Geduld und Ausdauer. Wir wünschen uns als Brahmacharis Männer und Frauen, die durch ihre starke Konstitution, ihr ideales Leben, ihren edlen Charakter und ihre spirituelle Stärke andere Menschen beeindrucken können. Es gibt genügend Leute, die darüber reden, es aber nicht verwirklicht haben. Mir sind die praktizierenden Brahmacharins lieber. Sie kommen allmählich voran und sind später in der Lage, die jungen Mönche durch ihr mustergültiges Vorbild und ihre spirituelle Aura zu führen. Lasst mich noch an etwas erinnern. Das Vorbild ist besser als ein Gebot.

Das durchschnittliche Lebensalter in Indien ist auf etwa vierzig Jahre gesunken. Normal aber wäre ein Leben von hundert Jahren. Jeder Liebhaber dieses Landes sollte über diese verhängnisvolle Sachlage sehr sorgfältig nachdenken. Das zukünftige Wohl dieses Landes liegt vollkommen in den Händen der Jugend. Darum ist es die Aufgabe der Sannyasins (der Entsagenden), der Heiligen, der Lehrer, der Professoren und der Eltern, die Jugend zum Brahmacharya zu ermuntern. Ich bete, dass die pädagogischen Behörden und die Autoritäten des Landes ihre besondere Aufmerksamkeit, zum Wohle der zukünftigen Generationen, auf dieses lebenswichtige Thema, auf das Brahmacharya, richten. Das zukünftige Wohl Indiens beruht vollkommen auf Brahmacharya. Es ist die Aufgabe von Sannyasins und Yogis, Studenten in Brahmacharya auszubilden, Unterricht in Asana (Yogaübungen) und Pranayama (Atemübungen) zu geben und das Wissen von Atman (Seele) zu verbreiten. Sie können viel tun, um die Situation zu verbessern, da sie ganztätig tätig sind. Sie sollten zur Verbesserung der Welt aus ihren Höhlen und Hütten herauskommen.

Wenn Indien in der Welt wieder einen bedeutenden Platz erringen möchte, dann sollten Indiens Kinder, und zwar die Jungen und die Mädchen, das wichtige Thema Brahmacharya in allen seinen Aspekten studieren, damit sie seine enorme Bedeutung vollkommen verstehen und das Gelübde streng befolgen. Als Schlussfolgerung bete ich inbrünstig, mit den gefalteten Händen, dass alle sich aufrichtig bemühen, ihre Leidenschaften, die Feinde des Friedens und Wohlstands, durch spirituelle Praxis zu kontrollieren. Ein aufrechter Brahmachari ist der reale mächtige Kaiser dieser Welt. Meine schweigende Verehrung für alle Brahmacharins! Mögest du wie der Mahameru (Götterberg), ohne irgendeinen unreinen, lüsternen Gedanken, fest im Brahmacharya verankert sein! Möge Gott die Brahmacharins mit Stärke und Energie für das Aufrechterhalten von Brahmacharya segnen! Mögest du, mit einem reinen, makellosen Verstand, die Herrlichkeit Atmans unmittelbar erkennen! Mögest du, ohne weltliche Wünsche, in der Mitte von Freude und Frieden ruhen! Möge der göttliche Glanz aus deinem Gesicht erstrahlen! Möge die göttliche Flamme in euch allen heller erstrahlen! Möge sich die göttliche Flamme und der Frieden für immer in dir ausbreiten! Om Santi! Santi! Santi!


2. Die Funktion des Geschlechtstriebs

Der Mensch möchte u.a. Kinder haben, um seinen Stammbaum aufrecht zu erhalten. Dies ist der Fortpflanzungstrieb. Der Wunsch, sich zu paaren, beruht auf diesem sexuellen Instinkt. Die Stärke nach sexuellem Wunsch, hängt vom sexuellen Antrieb ab. Entsprechend der Gita, der hinduistischen „Bibel“, entspricht dieser Trieb einem Verlangen, einer Kraft. Lord Krishna sagte: „Derjenige, der von dem Wunsch getragen wird, sich von seinen körperlichen Wünschen und Leidenschaften zu befreien, der wird harmonisiert, er wird ein glücklicher Mann“. Der sexuelle Antrieb ist eine mächtige Kraft. Er beeinflusst ebenfalls den Verstand. Es ist eine Kraft, die mit dem Verstand kommuniziert. Wie der Treibstoff oder Dampf die Maschine antreibt, so treiben die Instinkte und Antriebe unseren Körper an. Instinkte sind die Primärkräfte des menschlichen Antriebes. Sie geben dem Körper einen Stoß und treiben ihn voran. Die Instinkte verursachen Gewohnheiten. Die instinktiven Impulse liefern die notwendige Energie, durch die alle Geistestätigkeiten aufrecht erhalten werden. Dieser Impuls ist eine mentale Kraft. Er wirkt durch den Intellekt. Er formt das Leben des Menschen. Das Geheimnis des Lebens liegt in ihm.

Die Anziehung zwischen Mann und Frau beruht auf Leidenschaft. Diese unbekannte Anziehung und das empfundene Glück des Mannes in weiblicher Gesellschaft, ist der Samen des sexuellen Antriebes. Diese Anziehung, ist zu Beginn wie eine Seifenblase. Später nimmt sie die Form einer beeindruckenden, unkontrollierbaren, leidenschaftlichen Welle, mit der starken Neigung eines ungezügelten sexuellen Appetits an. Vorsicht! Schütze dich mit einer spirituellen Welle der Hingabe durch Japa (Mantrameditation), Satsanga (das Zusammensein mit Weisen), Meditation und Selbsterforschung (Wer bin ich?) vor der leidenschaftlichen Welle und vernichte das sinnliche Begehren in seinen Wurzeln. Du musst die psychologische Funktion des sexuellen Impulses verstehen. Wenn sich ein Jucken am Körper einstellt, ist Kratzen ein Vergnügen. Der Seximpuls ist aber nur ein „Jucken“. Die Befriedigung dieses Antriebs erzeugt ein trügerisches Vergnügen, aber es hat einen verhängnisvollen Effekt auf das geistige und körperliche Wohlbefinden der Person.


2.1 Der blumige Bogen des Amors

Sinneslust ist sehr mächtig. Sie trägt einen blumigen Bogen, der mit fünf Pfeilen ausgerüstet ist: Faszination, Betäubung, Berauschtheit, Verzehrung und Verbrennung. Der erste Pfeil verursacht in einem jungen Mann Faszination, wenn er eine hübsche Frau sieht. Der zweite Pfeil erweckt seine Aufmerksamkeit. Nach dem dritten Pfeil ist er berauscht von sinnlichem Verlangen. Der vierte Pfeil verursacht intensive Anziehung in Richtung des sinnlichen Objektes. Er verzehrt sich regelrecht danach. Der fünfte Pfeil entflammt und verbrennt das Herz. Er durchbohrt das Herz tief. Niemand auf dieser Erde hat die Kraft, dem Einfluss dieser Pfeile zu widerstehen. Diese Pfeile durchbohrten sogar das Herz von Lords Shiva und vielen Rishis (Weisen) von einst (und heute). Diese Pfeile erwogen sogar Indra (indischer Sonnen- und Kriegsgott) Ahalya (Ahalya ist in der indischen Mythologie die Ehefrau des Weisen Gautamas. Sie liebte einst Indra. Da verwandelte ihr Ehemann sie zu Stein.) sexuell zu belästigen. Amor schoss sogar einen Pfeil durch die bezaubernden Augenbrauen und die durchbohrenden flüchtigen Blicke einer jungen Dame, mit einer zarten Taille, rosigen Pobacken und roten Lippen. Eine romantische Nacht im Mondlicht, Gerüche und Düfte, Blumen und Girlanden, Sandelholzpaste, Fleisch und Alkohol, Theater und Romane sind seine mächtigen Waffen, um leidenschaftliche junge Männer zu täuschen.

Verstand und Urteilsvermögen verabschieden sich augenblicklich in dem Moment, in dem sich die Herzen mit brennender Leidenschaft füllen. Sie werden vollkommen blind. Amor macht aus intellektuellen Personen, aus großen Rednern, Ministern und Forschungsgelehrten, aus Doktoren und Rechtsanwälten, Bambys oder Kuscheltiere in den Schößen junger Frauen. Der Grund ist, dass Amor vorübergehend Platz im trockenen Intellekt eines gelehrten Pandits (religiöser Gelehrter) oder eines Professors genommen hat. Sie haben kein Stehvermögen, Amor zu widerstehen. Amor kennt seine Stärke. Er regiert überall. Er dringt in die Herzen aller ein. Er kennt das Kribbeln ihrer Nerven. Mit einem Augenaufschlag vernichtet er den Grund, das Urteilsvermögen und das Verständnis, indem er einfach die Herzen der jungen Männer entflammt. Sogar in den Träumen hat Amor vollen Einfluss, selbst wenn alle Sinne leise sind. Frauen sind sein unfehlbares Mittel! Sie folgen seinem Wink und Zuruf. Amor funktioniert durch ihr Lächeln, durch ihre bezaubernden flüchtigen Blicke und ihre süßen Wörter, durch ihre wohlklingenden Lieder und ihre verführerischen Tänze. Junge Frauen können sehr schnell den Ruin der Männer herbeiführen und den Frieden zerstören, sogar bei klugen Männern. Amor kann sogar das Nervensystem von Brahmacharins ins Delirium treiben, selbst wenn sie nur an die Abbildungen junger, hübscher Frauen denken, wenn sie die leichten Töne ihrer Armreifen und Fußketten hören oder wenn sie nur an ihre hübschen Gesichter denken. Würden sie manchmal nicht alles geben, um sie zu berühren?


2.2 Eindrücke im Unterbewusstsein

Sexuelles Handeln hinterlässt, wie jedes andere Handeln, einen Eindruck im Unterbewusstsein. Dieser Eindruck regt einen Gedanken an und dieser Gedanke wiederum verursacht wieder einen Eindruck im Unterbewusstsein. Genuss verstärkt den Eindruck im Unterbewusstsein. Durch das Gedächtnis und die Phantasie kommt eine Wiederbelebung des sexuellen Wunsches zustande. Erinnerungen an das Bild einer Frau beunruhigen den Verstand. Wenn ein Tiger einmal menschliches Blut geschmeckt hat, versucht er immer wieder, Menschen zu töten. Er wird zum Menschenfresser. Genau so ist es, wenn ein Mann einmal ein sexuelles Vergnügen mit einer Frau hatte. Dann läuft er immer wieder den Frauen hinterher. Von den Eindrücken im Unterbewusstsein und von den Wünschen im Verstand strömen Gedanken und Phantasien aus. Dadurch entstehen Anhaftungen. Zusammen mit der Phantasie, dem Gefühl und dem sinnlichen Antrieb werden sie offenkundig. Gefühl und sinnlicher Antrieb gehen dabei immer Hand in Hand. Hinzu kommen erotische Phantasien, Begierden und ein loderndes Feuer im Verstand und im Körper. Die Irritationen und das Lodern der Flammen im Gehirn, sickern allmählich in den Körper ein.

UddiyanaWenn du sehr aufmerksam bist, kannst du die schädlichen Phantasien schon zu Beginn erkennen und die drohende Gefahr abwenden. Selbst wenn es dem sinnlichen Dieb gelingt, durch das erste Tor zu schlüpfen, beobachte sorgfältig das zweite Tor, an der er das lodernde Feuer entzünden könnte. Hier kannst du das Feuer noch löschen. Du kannst ebenso leicht den starken sexuellen Antrieb, der von den Sinnen entfacht wird, stoppen. Ziehe die sexuelle Energie durch Uddiyana (Bild links – Hochziehen des Bauches nach der Ausatmung) und Kumbhaka (Atemanhalten) wieder hinauf zum Gehirn. Leite den Verstand um. Wiederhole konzentriert das Manta OM oder irgendein anderes Mantra. Bete, meditiere. Wenn es dir immer noch schwer fällt, dann suche Kontakt zu Weisen und bleibe nicht allein. Wenn der starke Impuls überraschend auftritt und bis zu den Geschlechtsorganen vordringt, vergisst man oftmals alle guten Vorsätze. Du wirst ein Opfer des Begehrens. Später wirst du es bereuen. Was auch immer du tust, was auch immer du denkst, ist unauslöschlich in den Schichten deines Unterbewusstseins protokolliert. Diese oftmals krankhaften Eindrücke können nur durch die Gnade des Atman, durch deine Seele, wieder geheilt werden. Wenn die sexuellen Wünsche vollständig den Verstand und den Körper füllen, nimmt das Unterbewusstsein die Form von großen erotischen Wellen an, die den Menschen immer und immer wieder bedrängen.

Er ist relativ einfach, den bewussten Verstand zu steuern. Aber es ist sehr schwer, das Unterbewusstsein zu kontrollieren. Du magst ein Sannyasin (Entsagender) sein. Du magst ein sehr moralischer Mensch sein. Aber heimlich schleichen sich unsere Wünsche in unsere Träume ein. Plötzlich beginnst du im Traum zu stehlen. Du begehst Ehebruch in deinen Träumen. Der sexuelle Impuls, der Ehrgeiz und die niedrigen Wünsche sind alle tief verwurzelt im Unterbewusstsein. Lösche die Eindrücke im Unterbewusstsein durch Unterscheidung, durch Brahma Bhavana (Liebe zum Unendlichen) und durch Meditation. Ein Mann, der im geistigen Brahmacharya fest verwurzelt ist, wird nicht durch einen einzigen bösen Traum überrascht. Er wird niemals einen bösen Traum haben. Bei einem normalen Menschen gibt es immer einen Mangel an Unterscheidungskraft in den Träumen. Das ist der Grund für schlechte Träume, obwohl du im Wachzustand durch die Kraft der Unterscheidung reine Gedanken hegst. Ein Meditierender sagte zu mir: „Wenn ich meditiere, lösen sich allmählich die Schichten der Verunreinigungen des Unterbewusstseins auf. Manchmal sind sie so stark und furchteinflößend, dass ich so fassungslos bin, dass ich nicht so recht weiß, wie ich damit umgehen soll. Ich habe Brahmacharya und die Wahrheit noch nicht vollkommen verwirklicht. Die alten Gewohnheiten der Sinneslust und der Unehrlichkeit lauern noch in mir. Die Lust bereitet mir mitunter enorme Probleme. Das Denken an Frauen beunruhigt meinen Verstand. Mein Verstand ist so empfindlich, dass ich nicht in der Lage bin, auf ihn zu hören. Sobald sinnliche Gedanken aufkommen, sind alle meine guten Vorsätze verschwunden, und der Frieden des ganzen Tages wird verdorben. Ich rate meinem Verstand, blocke alle sinnlichen Gedanken ab, erschrecke sie, aber es ist ohne Erfolg. Meine Sinne obsiegen. Ich weiß nicht, wie ich diese Leidenschaft stoppen soll. Reizbarkeit, Egoismus, Zorn, Habsucht, Hass und Verhaftungen lauern noch in mir. Die Lust aber ist mein Hauptfeind und sie ist sehr stark. Ich frage dich, ob du so freundlich bist und mir erklären kannst, wie ich diesen Feind besiegen kann.“

Wenn die Verunreinigungen des Unterbewusstseins mit beeindruckender Kraft zur Oberfläche des bewussten Verstandes kommen, dann versuche nicht, ihnen zu widerstehen. Wiederhole dein persönliches Mantra. Denke nicht an deine Fehler und deine schlechten Eigenschaften. Beobachte einfach nur, sei ein aufmerksamer Zuschauer. Versuche nicht, deine schlechten Eigenschaften zu bekämpfen. Denn die werden dir eine lange Nase zeigen. Entwickle positive Tugenden. Mache dir nicht allzu oft große Sorgen: „Ich habe so viele Fehler und Schwächen.“ Kultiviere reine Tugenden. Durch Meditation und die Entwicklung positiver Eigenschaften und durch die Pratipaksha Bhavana Methode (die Methode der Meditation über das Gegenteil) lösen sich alle negativen Eigenschaften allmählich in Wohlgefallen auf. Dies ist der richtige Weg. Du kannst alt werden, dein Haar kann grau werden, aber dein Verstand bleibt immer jung. Die Aufnahmefähigkeit kann nachlassen, aber die Begierde bleibt, selbst wenn du bereits im Greisenalter bist. Die Begierden sind der wirkliche Same der Geburt. Diese Begierden verursachen Gedanken, Wünsche, Träume und Vorstellungen. Die Begierden halten das Rad von Tod und Wiedergeburt am laufen. Ersticke sie im Keim. Nur dann wirst du in Frieden leben können. Nur dann wirst du Erleuchtung erfahren.

Brahma-Bhavana (Liebe zum Unendlichen), Brahma-Chintana (Meditation über Gott), Meditation auf OM und Hingabe reißen allmählich die Ursachen der Begierden heraus, die tief verwurzelt sind. Du musst sie richtig ausgraben, von verschiedenen Seiten aus, und sie verbrennen, damit sie nicht wieder nachwachsen können. Nur dann werden deine Bemühungen eines Tages die Früchte der Befreiung tragen. Ein Student schrieb mir: „Das unreine Fleisch und die Haut erscheinen mir sehr rein und gut. Ich bin sehr lüstern. Ich versuche, die Liebe einer Göttin in allen Frauen zu sehen. Ich knie mich vor einer imaginären Frau nieder, von der ich denke, dass sie die Göttin Kali ist. Doch mein Verstand ist extrem lüstern. Was soll ich tun? Ich wünsche immer wieder, einen Blick auf eine hübsche Frau zu haben.“ Offensichtlich haben Leidenschaftslosigkeit, Wunschlosigkeit und Unterscheidungskraft in seinem Geist nicht das geringste bewirkt. Die alten lasterhaften Eindrücke im Unterbewusstsein und subtile Begierden sind immer noch sehr stark. Sogar ein reiner Brahmachari hat zu Beginn Probleme mit der Neugier. Er ist neugierig und möchte immer noch wissen, welche Art des Glücks der sexuelle Genuss gibt. Manchmal denkt er: „Lass mich noch einmal das sinnliche Gefühl mit einer Frau erleben. Dann werde ich in der Lage sein, diesen sexuellen Impuls für immer abzulegen.“ Der Verstand aber möchte den Brahmachari nur täuschen. Die Illusion richtet durch Neugier nur neuen Schaden an. Die Neugier hat sich in einen starken Wunsch verwandelt. Die Sinneslust kann diesen Wunsch aber nicht befriedigen. Vielmehr ruft sie nur neue Wünsche hervor. Der Weise löscht die Welle der Neugier durch die Unterscheidungskraft und das Nachdenken über den reinen und sexlosen Atman (Seele). Er rottet den sexuellen Wunsch durch Meditation, über das Nachdenken über den Segen des Brahmacharya und die Seligkeit eines reinen Lebens, aus.


2.3 Wie man seine geistige Reinheit misst

Der Anblick eines jungen hübschen Mädchens erzeugt in einem leidenschaftlichen jungen Mann sexuelle Anziehung und Aufregung in seinem Verstand. Sie berührt sein Herz und der Gedanke an die junge Frau berauscht ihn. Sind diese Symptome nicht bei einem Mann vorhanden, so ist das ein Zeichen dafür, dass er Brahmacharya verwirklicht hat. Der Anblick von balzenden oder paarenden Vögeln und Tieren oder der Anblick des nackten Körpers einer Frau, sollte nicht die geringste Aufregung im Geiste eines Brahmachari hervorrufen. Wenn im Verstand eines Brahmachari der Wunsch nach einem Zusammensein mit einer Frau entsteht, wenn es einen starken Wunsch gibt, mit ihr zu sprechen, mit ihr zu spielen und zu scherzen, wenn es einen Wunsch gibt, junge schöne Mädchen zu betrachten, wenn der Blick lüstern und unkeusch ist und wenn es den Wunsch gibt, eine Frau zu berühren, dann lauert die Sinneslust noch in seinem Verstand. Dann gibt es noch sexuelle Begierden. Diese sollten ausgelöscht werden. Der alte Dieb versteckt sich noch. Solch ein Brahmachari muss sehr achtsam sein.

Er befindet sich immer noch in einer Gefahrenzone. Er hat noch nicht den Status der vollkommenen Reinheit erlangt. Selbst im Traum sollte nicht das Verlangen entstehen, eine Frau berühren zu wollen oder mit einer Frau zusammen sein zu wollen. Die Reinheit eines Brahmachari kann an der Art seiner Träume gemessen werden. Wenn ein Brahmachari vollkommen frei von sexuellen Träumen ist, dann hat er die höchste Stufe der Reinheit erreicht. Selbstanalyse und Selbstbeobachtung sind unentbehrliche Erfordernisse, um den Status der Reinheit zu ermitteln. Ein befreiter Weiser wird nicht einen feuchten Traum haben. Derjenige, der Brahmacharya verwirklicht hat, wird nicht einen schlechten Traum haben. Der Traum ist das Kriterium, um den Status unserer geistigen Reinheit zu beurteilen. Hast du keine unreinen Träume, dann nimmt deine Reinheit zu. Der Wunsch nach Sex sollte vollkommen aus dem Verstand verschwinden. Sukadeva (indischer Heiliger) hatte diese Erfahrung. Sukadeva heiratete nicht. Er verließ sein Haus und wanderte splitternackt durch die Welt. Die Trennung war für seinen Vater, Vyasa, sehr schmerzlich. Vyasa streifte umher, um seinen Sohn zu suchen. Während er an einem Wasserbecken vorbei kam, in dem weibliche Nymphen sich dem freien Spiel hingaben, erschraken diese und zogen beschämt und eilig ihre Kleider wieder an. Vyasa sagte: „Sehr merkwürdig in der Tat! Ich bin alt. Ich trage Kleidung. Aber wenn mein Sohn nackt hier vorbei kommt, dann bleibt ihr ruhig und lauft nicht davon.“ Und die Feen antworteten: „Oh, ehrwürdiger Weiser, dein Sohn macht keinen Unterschied zwischen einem Mann und einer Frau, du aber sehr wohl.“


2.4 Die Ausrottung der Lust

Du musst diesen entsetzlichen Feind, die Sinneslust, die die Lügen sehr sorgfältig in den verschiedenen Ecken deines Herzens versteckt, sehr aufmerksam suchen. So wie der Fuchs sich in den Büschen versteckt, so versteckt die Lust sich in den Ecken des Geistes. Du kannst ihre Anwesenheit nur ermitteln, wenn du aufmerksam bist. Intensive Selbstbeobachtung ist daher sehr wichtig. Genau so wie mächtige Feinde nur besiegt werden können, wenn man sie von allen Seiten angreift, genau so kann man auch die mächtigen Sinne nur besiegen, wenn man sie ebenfalls von allen Seiten angreift, von innen und von außen, von oben und von unten. Die Sinne sind sehr unruhig. Das mächtige Virus, das Syphilis verursacht, wird vom Arzt von allen Seiten in Angriff genommen. Dabei werden die verschiedensten Methoden angewandt, wie Einölen oder lokales Reiben, Spritzen, Mixturen und Puder. Genau so müssen auch die Sinne durch verschiedene Methoden kontrolliert werden. Zu diesen Methoden zählt das Fasten, das Einhalten einer Diät, Atemübungen, Mantrameditation, das Singen religiöser Lieder, Selbsterforschung durch die Frage „Wer bin ich?“, Meditation, das Zurückziehen der Sinne von der Außenwelt, Selbstbeherrschung, Yogaübungen, Bandhas (Muskelverschlüsse), Mudras (Fingeryoga), Gedankenkontrolle und die Vernichtung der subtilen Wünsche und Neigungen, helfen, die Leidenschaften zu besiegen.

Hüte dich vor der törichten Vorstellung, dass du die Lust ablegen könntest, indem du ein paar Jahre alleine lebst oder in dem du für kurze Zeit das Gefühl von Gelassenheit und Reinheit erfährst. Du solltest dich auch von der Vorstellung lösen, dass du die Sinneslust vollständig ausrottest, indem du ein wenig Diät einhältst, ein wenig Pranayama (Atemübungen) und ein wenig Japa (Mantrameditation) praktizierst, und das es sonst nichts mehr zu tun gibt. Die Versuchung kann dir jederzeit eine Falle stellen. Rigorose Wachsamkeit und permanente spirituelle Praxis sind unbedingt erforderlich. Durch begrenzte Bemühungen wirst du kein vollkommenes Brahmacharya erlangen. So wie ein Maschinengewehr notwendig ist, um einen mächtigen Feind zu besiegen, so ist auch eine konstante und sinnvolle spirituelle Praxis notwendig, um die Lust zu besiegen. Du solltest mit deinen Erfolgen im Zölibat zurückhaltend sein. Sollte dein Bestreben einem Test unterzogen werden, könnte es leicht sein, dass alle deine guten Vorsätze schnell dahinschwinden. Du solltest dir immer deiner Fehler bewusst sein, und du solltest immer bemüht sein, sie abzulegen. Dazu sind enorme Anstrengungen erforderlich. Nur dann wird sich Erfolg einstellen.

Es ist leicht, einen wilden Tiger, einen Löwen oder einen Elefanten zu zähmen. Es ist leicht mit einer Kobra zu spielen. Es ist leicht, über glühende Kohlen zu gehen. Es ist einfach, Feuer zu verschlingen und das Wasser des Ozeans zu trinken. Es ist leicht, den Himalaya zu erklimmen. Es ist einfach, einen Sieg in einem Schlachtfeld zu erlangen. Aber es ist sehr schwierig, die Sinneslust auszurotten. Im Laufe der Evolution konnte die Aufrechterhaltung der Arten nur durch die Energie der Sinneslust ermöglicht werden. Aus diesem Grund ist sie bemüht, sich allen Versuchen zu widersetzen, sie zu kontrollieren oder zu überwinden. Darum versucht die Sinneslust sich kraftvoll durchzusetzen und die Bestrebungen des Brahmachari zu bekämpfen. Aber es gibt keinen Grund zu verzweifeln. Vertraue auf Gott, in seinen Namen und auf seine Gnade. Die Lust kann nur durch die Gnade Gottes vollständig entwurzelt werden. Wenn du auf Gott vertraust, wird er dich zum Erfolg führen. Mit seiner Hilfe kannst du die Lust mit einem Augenzwinkern besiegen. Er lässt Stumme wieder sprechen und Lahme wieder steile Hügel aufsteigen. Menschliches Bemühen allein genügt nicht. Die göttliche Anmut ist erforderlich. Gott hilft denen, die sich selber helfen. Regelmäßige Meditation und Japa (Mantrameditation), eine gesunde Ernährung, das Zusammensein mit Weisen, die Praxis von Pranayama (Atemübungen), das Praktizieren des Kopfstandes und des Schulterstandes, das Studieren spiritueller Literatur, Selbstergründung und die Abgeschiedenheit für drei Monate an den Flussufern der heiligen Flüsse, vernichten völlig die Sinneslust, gleichwohl wie mächtig die alten Wünsche und Eindrücke im Unterbewusstsein auch sein mögen. Das Positive überwindet immer das Negative. Du brauchst auf keinen Fall entmutigt zu sein. Tauche ernsthaft in die Meditation ein, löse dich von falschen Vorstellungen und komme siegreich aus dem Kampf hervor. Glänze wie ein brillanter Yogi. Du bist immer reiner Atman. Vertraue darauf.

Sexuelle Impulse können nur sehr schwer kontrolliert werden. Es findet ein Aufstand statt, wenn du versuchst, diesen sexuellen Impuls zu kontrollieren. Konstantes Japa und Meditation während einer langen Periode sind notwendig, um die sexuelle Energie in spirituelle Kanäle zu leiten. Eine komplette Sublimation (Umwandlung) der sexuellen Energie in Ojas (Ojas = spirituelle, sublimierte Energie – die Sublimation wird später noch ausführlich erklärt) ist erforderlich. Nur dann kannst du vollkommen sicher sein, dass die sexuelle Energie nicht durch irgendein Schlupfloch entweicht. Nur dann wirst du in Samadhi (Erleuchtung) fest verankert sein, da der Geschmack am sinnlichen Genuss völlig verschwindet. Geduld, Wachsamkeit, Ausdauer und rigoroses Sadhana (spirituelle Praxis) sind notwendig, um die sexuellen Antriebe auszurotten und vollkommene Reinheit im Gedanken, Worten und in der Tat zu erreichen. Brahmacharya und geistige Reinheit können nur durch konstante Bemühungen erreicht werden. Sie können nicht an einem Tag oder in einer Woche erreicht werden. Die Sinneslust ist zweifellos sehr mächtig. Sie ist gewissermaßen dein Todfeind. Aber dein ebenso mächtiger Freund, ist der Name des Herrn. Er wird die Lust mitsamt seiner Wurzeln ausrotten. Darum rezitiere und singe: „Ram, Ram, Ram“. (Ram(a) ist der Name Gottes.)

Die yogische Praxis und Meditation vermindern oder verdünnen den sexuellen Wunsch in einem sehr großen Ausmaß. Aber auch die Selbstverwirklichung kann vollkommen die sexuellen Wünsche und Eindrücke des Unterbewusstseins auslöschen. Wie die Bhagavat Gita (hinduistische „Bibel“) mit Recht unterstreicht: „Die Objekte der Sinne wenden sich vom abstinent lebenden Mann ab, der das sinnliche Verlangen hinter sich lässt. Aber das Verlangen verschwindet ebenso, wenn er Selbstverwirklichung erreicht.“ Der sexuelle Drang ist eine kreative Kraft. Wenn du nicht durch spirituelle Ideale angeleitet wirst, wird es schwierig, den sexuellen Instinkt zu kontrollieren. Leite die sexuelle Energie in höhere spirituelle Kanäle. Dieser Vorgang nennt sich Sublimation. Dabei wird sexuelle Energie in göttliche Energie umgewandelt. Die komplette Auslöschung der Sinneslust kann nicht nur durch persönliche Bemühungen erfolgen. Sie kann nur durch die Anmut Gottes vollendet werden.


3. Die Intensität der Begierden

Leidenschaft ist ein sehr starker Wunsch. Schon ein milder Wunsch wird durch häufige Wiederholung oder durch häufigen Genuss zu einer starken Leidenschaft. Im breitesten Sinne versteht man jeden starken Wunsch als Leidenschaft. Religiöse Menschen haben eine Leidenschaft zu Gott. Schriftsteller haben die Neigung, Romane zu schreiben. Sie tun das oft mit großer Leidenschaft. Ebenso gibt es die Leidenschaft, religiöse Bücher zu lesen. Aber im allgemeinen Sprachgebrauch, bedeutet Leidenschaft Sinneslust oder einen starken sexuellen Appetit. Dies ist eine physische Begierde nach sexueller oder sinnlicher Befriedigung. Wenn eine sexuelle Handlung sehr häufig wiederholt wird, wird der Wunsch nach weiteren sexuellen Handlungen sehr groß und stark. Der sexuelle Instinkt oder der Fortpflanzungsinstinkt im Mann fordert ihn auf, sich durch sexuelle Handlungen für den Fortbestand der menschlichen Rasse zu engagieren. Leidenschaft ist das instinktive Drängen zur Artenerhaltung. Leidenschaft ist aber ebenso ein Produkt der Unwissenheit. Sie ist eine negative Haltung des Unbewusstseins. Atman, die Seele, dagegen, ist ewige Reinheit und Vollkommenheit. Avidya Shakti, die göttliche Energie der Unwissenheit, hat die Gestalt der Leidenschaft angenommen, um uns das Universum, der aus göttlicher Sicht wie ein Spiel betrachtet wird, in seiner ganzen Vielfalt zu zeigen. So findet man zum Beispiel in der heiligen Schrift des „Chandipath“ die Aussage: „Ich verbeuge mich vor der Göttin, die die Gestalt der Leidenschaft in allen diesen Wesen angenommen hat.“

Sogar Brahma, der Schöpfer, kennt offenbar nicht den genauen Sitz, der Leidenschaft. In der Bhagavad Gita findest du es erwähnt, dass die Sinne, der Verstand und der Gedanke die Sitze der Leidenschaften sind. Die Wünsche durchdringen offenbar den gesamten Körper. Jede Zelle, jedes Atom, jedes Molekül, jedes Elektron ist offensichtlich von Leidenschaften durchdrungen. Im Ozean der Leidenschaften sind offensichtlich Unterströmungen, Gegenströme und Zwischenströme zu finden. Du musst jeden von ihnen vollständig vernichten. Leidenschaft ist eine Neigung, die aus dem Verstand entsteht, wenn die Unruhe vorherrscht. Ungesunde Nahrung wie Fleisch, Fisch und Eier, aufreizende Kleider und eine unruhige Art zu Leben, betörende Gerüche, erotische Romane, Filme, Gespräche und andere sinnliche Dinge, schlechte Gesellschaft, Alkohol, Rauschmittel aller Art und Tabak regen die Leidenschaften an.


3.1 Leidenschaften in der Kindheit, in der Jugend und im Alter

Die Leidenschaften sind als Same in den Jungen und Mädchen bereits angelegt. Aber er bereitet ihnen keine Sorgen. Genau so wie der Baum bereits im Samen enthalten ist, so ist die Leidenschaft bereits in den Kindern angelegt. In alten Männern und Frauen dagegen, wird die Leidenschaft unterdrückt. So kann sie keinen Schaden anrichten. Nur den jungen Männern und Frauen bereitet die Leidenschaft Probleme. Sie werden vielfach zu Sklaven der Leidenschaft. Oft sind sie vollkommen hilflos dieser Leidenschaft ausgeliefert. Es gibt keinen großen Unterschied in der Sexualität zwischen einem Mann und einer Frau, einem Jungen und einem Mädchen, wenn sie sehr jung sind. Kommen sie aber in die Pubertät, dann gibt es eine bedeutende Veränderung. Gefühle, Gesten, Körper, Gang, Gespräche, Blicke, Bewegungen, Stimme und Benehmen, alles verändert sich. Der vollständige Mangobaum, mit allen seinen Zweigen, Blättern und Früchten, ist bereits in einer subtilen Form im Samen enthalten. Es dauert seine Zeit, bis der Baum in voller Blütenpracht erblüht. Ebenso lauert die Begierde der Sinneslust in einem jungen Mann von achtzehn Jahren, der dann bis zu seinem fünfundvierzigsten Lebensjahr seinen Leidenschaften nachgeht, um dann allmählich etwas kürzer zu treten. Verschiedene Formen falschen und unverantwortlichen Handelns ist oft bei Menschen dieser Altersgruppe anzutreffen. Dieses ist die kritischste Periode im Leben des Menschen.
Anmerkung Übersetzer:

Wie früh bei jungen Männern offensichtlich die sexuelle Fixierung eintritt, zeigt folgende Aussage: „Einige Untersuchungen ergaben, dass nur bei rund 13 Prozent aller untersuchten Pubertierenden eine erste Ejakulation als nächtliche Pollution auftrat.“ Mit anderen Worten, schon vor der eigentlichen Geschlechtsreife, also quasi noch im Kindesalter sind 87 Prozent aller Jungen sexuell aktiv. Man könnte auch sagen, die Sexsucht beginnt bereits im Kindesalter und hält dann meistens ein Leben lang an. Die meisten Menschen aber glauben, diese Fixierung auf die Sexualität sei naturgegeben. Dabei haben sie sie erst durch ihr eigenes Verhalten hervorgerufen. Ein Erleuchteter hat kein erotisches Begehren.


3.2 Sexuelle Gedanken in Weisen, Spirituellen und Familienvätern

In einem Jnani (Yogi des Wissens), einem befreiten Weisen, sind die sexuellen Wünsche vollkommen beseitigt. Bei einem Sadhaka, einem spirituellen Schüler, bleiben die sexuellen Wünsche sehr kontrolliert. Bei einem Familienvater dagegen, können die sexuellen Wünsche großen Schaden anrichten, wenn sie nicht kontrolliert werden. Die Leidenschaften äußern sich beim Familienvater in einer verstärkte Begierde, der er nicht immer widerstehen kann. Er fühlt sich immer wieder wegen seines schwachen Willens und seiner Unentschlossenheit zur Sinnlichkeit hingezogen. Bei einem Jnani, einem Weisen, treten keine sinnlichen Gedanken auf. Bei ihm gibt es keinen Unterschied in seiner Empfindung, egal ob er ein hübsches junges Mädchen, ein Kind oder eine alte Dame sieht. Er sieht ein ewiges, unsterbliches Selbst in einer Frau und einem Mann. Er hat kein unterschiedliches Empfinden, egal, ob er ein Buch, einen Stapel Holz, einen Stein oder den Körper einer Frau berührt. Es gibt keinerlei erotische Gedanken in einem Jnani. In dieser Verfassung sollte das Bewusstsein eines Menschen sein, der Brahmacharya praktiziert. Bei einem spirituellen Schüler gibt es gelegentliche sexuelle Gedanken, aber sie werden unter Kontrolle gehalten. So können sie keinen Schaden bei ihm anrichten.

Ein leidenschaftlicher Familienvater wird jedoch häufiger ein Opfer seiner Sinneslust. Ein leidenschaftlicher Mann sehnt sich nach permanenter Gesellschaft einer Frau. Der Wunsch nach Sex ist tief in ihm verwurzelt. Dieser Wunsch ist normalerweise sehr stark. Er möchte, dass seine Frau ihm alle Wünsche erfüllt. Nur dann ist er zufrieden. Dies ist das Ergebnis seiner Leidenschaft. Solche Personen sind für spirituelle Wege normalerweise vollkommen ungeeignet. Hat sich bei einem Mann Leidenschaftslosigkeit eingestellt, dann wird er nicht mehr zum Opfer der Sinneslust. Wenn man Zitronesaft oder Tamarindesaft in eine goldenen Schale füllt, dann verderben sie nicht. Füllst man sie dagegen in einen Kupfer- oder Messingbehälter, dann verdirbt der Saft und wird giftig. Erwachen in einer Person, die regelmäßig meditiert, sinnliche Gedanken, dann werden sie ihn nicht beunruhigen oder in leidenschaftliche Aufregung versetzen. Wenn solche Gedanken aber in einer Person mit unreinem Verstand auftreten, dann herrscht dort sofort große Aufregung, sollten sie zufällig auf sinnliche Objekte stoßen. In der großen Mehrheit der Menschen ist das sinnliche Begehren sehr stark ausgeprägt. Sie haben extremes sexuelles Verlangen. Bei einigem kommt der sexuelle Wunsch gelegentlich, klingt aber schnell wieder ab. Dann entsteht nur eine kurze Aufregung. Mit der geeigneten spirituellen Methode, kann auch diese Aufregung beseitigt werden.


3.3 Die Lust in Mann und Frau

Obwohl eine Frau sehr sanft und weich erscheint, kann sie dennoch sehr grob und rau und deutlich männlich sein, wenn sie verärgert wird. Die weibliche Anmut verschwindet, wenn sie unter den Einfluss des Zorns, des Protestes, der Wut und des Grolls kommt. Hast du jemals Frauen gesehen, die in den Straßen miteinander kämpften? Frauen sind eifersüchtiger als Männer. Sie besitzen eine stärkere Bindung und Leidenschaft. Sie sind viel leidenschaftlicher als Männer. Frauen haben mehr Energie und Ausdauer. Sie sind emotionaler. Männer sind dagegen rationaler. Obwohl Frauen leidenschaftlicher sind als Männer, haben sie dennoch mehr Beherrschung als Männer. Nachdem sie einen Mann angelockt haben, halten sie auf eine Art still. Der wirklich Handelnde ist der Mann. Er ist aggressiv. Er ist es, der die verbotene Frucht zuerst kosten darf. Er ist der Aktive. Er gerät außer Kontrolle und verliert seinen Verstand und sein Urteilsvermögen, wenn er unter dem Einfluss der Leidenschaft steht. Sobald ein Mann in die Falle zappelt, in dem Netz, das von der Frau gesponnen wird, gibt es für ihn kein Entweichen. Die Frau dagegen ist passiv. Sie reizt ihn und spielt mit seinen Illusionen. Sie entflammt ihn und setzt sein Herz in Brand. Sie lächelt, blickt ihn verliebt an und hält dann still. Sie wartet. Der Mann ist der Angreifer. Er ist der wahre Schuldige.

Der Mann ist der wahre Verführer. Er übertritt die Regeln. Alle Frauen würden zu Miras, Madalasas und Sulabhas, verehrten Persönlichkeiten der Mythologie werden, gäbe es da nicht die gemeine Natur des Mannes. Er muss zuerst verbessert und geformt werden. Er hat nicht soviel Selbstbeherrschung, wie Frauen sie normalerweise besitzen. Man sagt, Frauen sind achtmal leidenschaftlicher als Männer, aber sie besitzen achtmal mehr Stärke in der Steuerung der sexuellen Antriebe. Dieses ist die Schwäche des Mannes, obwohl er einer Frau physisch und intellektuell überlegen sein kann. Frauen schmeicheln, überreden und verleiten dich. Sie sind Expertinnen in der Kunst der Schmeichelei. Sie machen dich durch ihre gewinnenden Redewendungen, Tätigkeiten, durch ihren jugendlichen Charme, ihre koketten flüchtigen Blicke und Gesten und durch ihr Lächeln zum Sklaven. Einen beträchtlichen Teil deines Lebens hast du mit der Jagd nach der Sinneslust vergeudet. Frauen können für kurze Zeit ganz bezaubernd aussehen. Diese Schönheit kann aber auch sehr schnell wieder vergehen. Vor diesen Versuchungen, die dich durch ihre Schmeicheleien einwickeln, solltest du aufpassen. Verbringe deine restlichen Tage lieber an den heiligen Sandbänken des Ganges mit leisem Japa und in der Meditation.

Das Skorpion hat das Gift in seinem Schwanzende, die Kobra in ihren Reißzähnen, der Moskito in seinem Speichel und der Phrasendrescher auf seiner Zunge. Frauen können dich mit ihren Blicken verführen. Sie senden Botschaften der Zuneigung zu lüsternen jungen Männern und durchbohren mit ihren verführerischen Blicken ihr Herz und entflammen die Leidenschaften. Aber sie können keinen Schaden bei einem aufmerksamen Weisen anrichten, dessen Aufmerksamkeit auf das Sat-Chit-Ananda (Sein-Bewusstsein-Seligkeit) und die reine Natur des Atman gerichtet ist. Es gibt Zungen und telegraphische Instrumente in den Augen junger leidenschaftlicher Frauen. Sie schicken durch ihre lächelnden flüchtigen Blicke leidenschaftlichen jungen Männern ihre Liebespfeile und Liebesbotschaften, ziehen sie dadurch in ihren Bann und bezaubern sie. Diese jungen Männer, die kein Unterscheidungsvermögen besitzen, werden durch solche Liebesbotschaften zum Opfer ihrer Leidenschaften. Sie werden zum Schoßhündchen junger Frauen, selbst wenn sie eine akademische Ausbildung, eine hohe Position und einen Titel besitzen. Was für eine Schande!

Der Grund für dieses Verhalten des Mannes liegt darin, dass sein Wille und sein Intellekt offensichtlich versagen. Oh, ihr Yogaschüler, haltet euch von den Frauen zurück, solange ihr nicht im Brahmacharya gefestigt seid. Ihr solltet euer nobles ideales Leben nicht für die flüchtigen Momente mit einer bezaubernden Frau opfern. Denkt an die Beschaffenheit des Körpers. Das, was heute noch so begehrlich erscheint, kann morgen schon allen Glanz verloren haben. Vergegenwärtigt euch das Bild des toten Körpers einer Frau oder ihres Skeletts, wann immer euch die Leidenschaft überfällt. So werdet ihr allmählich an Stärke gewinnen und die Leidenschaft besiegen. Die Leidenschaftslosigkeit wird sich immer weiter ausbreiten. Die Ursache für die sexuelle Anziehung zu den Frauen ist das Vorhandensein von unbewussten subtilen Wünschen und von sinnlichen Begierden im Verstand. Löscht sie aus. Dann haben sie keine Anziehungskraft mehr. Diejenigen, die auf Frauen und Geld verzichtet haben, haben auf die Welt verzichtet.


3.4 Die enthaltsam lebenden Dani aus Neuguinea

Die Dani sind ein Volk aus Neuguinea (Nord-Zentral-Iran Jaya, Indonesien, nördlich von Australien), mit 370.000 Einwohnern. Sie hatten in den ersten beiden Jahren nach der Heirat keinen Geschlechtsverkehr und lebten für 4 bis 6 Jahre nach der Geburt eines Kindes vollkommen enthaltsam. Vorehelicher und außerehelicher Geschlechtsverkehr sind praktisch unbekannt, und es gibt scheinbar keine Homosexualität oder andere sexuelle Formen der sexuellen Befriedigung (Onanie). Darüber hinaus scheint niemand irgendwelche Anzeichen von Unglück oder Stress zu zeigen. Übermenschen? Eine Erfindung, die der Phantasie eines Science Fiction Autors entsprungen ist? Tatsächlich leben die Dani ziemlich schön, im großartigen Tal von Westirian (früher West-Neuguinea), wo sie für 2 ½ Jahre von Karl Heider, einem Anthropologe von der Universität South Carolina (USA), studiert wurden. Heider, der an den amerikanischen Universitäten von Harvard, Brown und Stanford lehrte, beschreibt das enthaltsame sexuelle Verhalten der 5.000 Mitglieder des Stammes in der aktuellen Ausgabe des „The Journal of the Royal Anthropological Institute of Great Britain“.

Er fand keine starken Bestrafungen gegen sexuelle Betätigungen oder irgendeine brauchbare Erklärung für eine unterentwickelte Libido (sexuelles Verlangen) der Dani. Nach der Befragung, sagten die Stammesangehörigen, die Verletzung der Enthaltsamkeit nach der Schwangerschaft würde Probleme mit den Geistern des Stammes verursachen. Dennoch wirkten die Dani keineswegs gezwungen gegenüber ihren Geistern, und Heider stellt fest, dass die Befolgung dieser übernatürlichen Bestimmungen als ziemlich zwanglos verstanden werden muss. Das Dani scheinen einfach keinen größeren Drang zu kennen, weder sexuell noch in anderer Weise. Es gibt kaum starke Gefühle, wenig künstlerische Ambitionen und nur wenig Streit. Anstatt seiner Wut Ausdruck zu verleihen, entfernt sich der Dani lieber von der belastenden Situation. Kriege haben, laut Heider, den emotionalen Charakter der Rotwildjagd in Amerika. Die Krieger unterhalten sich eine längere Zeit, kämpfen dann eine Stunde lang, und setzen danach die Unterhaltung fort. Wut und Rache spielen dabei nur selten eine Rolle. Die Dani wollen einfach nur ihre Geister besänftigen und den Kampf so schnell wie möglich beenden. Ihr einzig wirkliches Interesse gilt der Schweinehaltung und dem Anbau der Süßkartoffel.

Heider kann es sich nicht erklären, warum das Energieniveau der Dani so „niedrig“ ist. Der Stamm scheint eine niedrige Kindsterblichkeitsrate, eine ausreichende Ernährung und keine ernsten Krankheiten zu haben. Heider glaubt nicht, dass genetische oder biologische Faktoren die Ursachen für dieses „niedrige Energiesystem“ der Dani sind, sondern dass sie kulturell bedingt ist. Wenn das so ist, dann müsste die westliche Theorie über den angeborenen sexuellen Trieb, der vor allen Dingen von Freud postuliert wurde, neu überdacht werden.
Ein Bericht aus dem Time Magazine – Montag, Aug. 2, 1976(Abschnitt 3.4 ist nicht aus dem Buch Swami Sivanandas. Ich habe ihn hier zur allgemeinen Information eingefügt. – Der Übersetzer.)


4. Sex ist eine Einbildungskraft

Sex ist der Unterschied zwischen Mann und Frau. Es ist eine mentale Schöpfung. Es ist eine Schöpfung des Geistes, eine Phantasie. In den fünf Elementen, aus denen der Körper besteht, gibt es keinen Sex. Der menschliche Körper besteht aus fünf Elementen (Erde, Wasser, Feuer, Luft und Leere bzw. Äther). Woher kommt also die Idee vom Sex? Die Sexualität ist eine Illusion. Sie ist ein Trick des Geistes. Sie ist eine Gaukelei der Maya, der Täuschung. Die Idee vom Sex ist tief in uns verwurzelt. Der Mann wird niemals denken, dass er eine Frau ist. Und die Frau wird niemals denken, dass sie ein Mann ist. Für einen befreiten Weisen, besteht die Welt nur aus Brahman (Gott). Für einen leidenschaftlichen Mann ist diese Welt voller Frauen, die erobert werden wollen. Er verliebt sich in einen hölzernen Pfosten, um den ein seidenes Kleid oder ein hübsches Tuch mit einer attraktiven Umrandung gewickelt wurde. Leidenschaft ist ein schrecklicher Fluch. Steht ein Mann unter dem Einfluss der Leidenschaft, dann zerstören der sexuelle Impuls und die Aufregung sein Verständnis und machen ihn ziemlich hilflos.

Ein Familienvater, der das Leid des Samsara, des Rades von Tod und Wiedergeburt, verstanden hat, ist bemüht, das samsarische Leben zu beenden. Er wird zum Brahmachari. Ein Junggeselle dagegen, der sich vorstellt, wie einsam das Leben ohne Frau und Kinder sein könnte, wird versuchen, zu heiraten. Dahinter steht Maya, die Illusion, die uns zu täuschen versucht. Es ist ein mentaler Trick. Man sollte sich davor hüten. Ein leidenschaftlicher Junggeselle wird immer denken: „Wann kann ich endlich mit einer Frau zusammen leben.“ Ein leidenschaftlicher Familienvater, in dem die Unterscheidungskraft gedämmert hat, denkt: „Wann kann ich mich endlich ablösen von den sinnlichen Begierden zu meiner Frau und mich in die Wälder zur Betrachtung des Atman zurückziehen?“ Man sollte einmal über den Unterschied nachdenken.

Tausende von jungen Akademikern und jungen Doktoren kommen zu mir mit Tontöpfen in ihren Händen, bekleidet in den orangefarbenen Roben, in der Suche nach Höhlen in Uttarakashi und in Gangotri für tiefe Meditation und in der Praxis von Pranayama. Und einige junge Studenten aus der wissenschaftlichen Forschung gehen nach Punjab und Kaschmir in seidenen Hosenanzügen mit steifem Kragen auf der Suche nach Mädchen für die Heirat. Gibt es Vergnügen oder Schmerz in dieser Welt? Wenn es Vergnügen gibt, warum ziehen sich dann die jungen gebildeten Männer in Wälder zurück? Wenn es Schmerz gibt, warum laufen junge Männer dann dem Wohlstand, den Frauen und beruflichen Position hinterher? Maya ist wirklich geheimnisvoll. Versuche das Rätsel des Lebens und das Rätsel des Universums zu verstehen.


4.1 Schönheit ist ein Trick der Natur

Maya, die Illusion, die Täuschung, führt den Verstand permanent in die falsche Richtung. Die Frau ist nicht schön, aber in der Phantasie ist sie schön. Der Zucker ist nicht süß, aber in der Phantasie ist er süß. Nahrung ist nicht schmackhaft, aber in der Phantasie ist sie schmackhaft. Der Mann ist nicht schwach, aber in der Phantasie ist er schwach. Verstehe die Natur der Maya, der Täuschung und des Verstandes und lerne daraus. Zügele deine Phantasie durch Unterscheidungskraft und rechtes Denken und Ruhe im Brahman, wo es weder Phantasie noch Gedanken gibt. Schönheit und Hässlichkeit sind falsche Phantasien des Verstandes. Der Verstand selbst ist ein illusorisches Produkt. Auffassungen des Verstandes müssen folglich auch falsch sein. Sie sind wie Trugbilder in der Wüste. Was für dich schön ist, ist für andere hässlich. Schönheit und Hässlichkeit sind relative Bezeichnungen. Schönheit ist nur ein Geisteskonzept, eine Geistesprojektion. Sie ist wie ein zivilisierter Mann, der viel von der Symmetrie der Form, den guten Eigenschaften des würdevollen Ganges sowie der Eleganz von weisen und würdevollen Formen, spricht.

Ein Afrikaner hat bestimmt ganz andere Vorstellungen über Schönheit, als ein Amerikaner, ein Europäer oder ein Asiate. Wahre Schönheit ist nur im Selbst, in Gott. Schönheit liegt im Verstand und nicht in den Objekten. Mangos sind nicht süß, die Idee von der Mango ist süß. Es sind alles nur Gedanken. Es sind alles nur geistige Täuschungen, geistige Auffassungen, geistige Kreationen, geistige Schöpfungen. Zerstöre die Gedanken und die Schönheit verschwindet. Der Ehemann dehnt seine Idee der Schönheit auf seine weniger hübsche Frau aus, und findet sie dank seiner Leidenschaft auf einmal sehr attraktiv. Shakespeare hat dieses zu Recht in seinen „Mitt-Sommer-Nachts-Träumen“ ausgedrückt: „Amor wird blind gemalt. Er findet die Schönheit Helens in der Augenbraue von Ägypten“. Die Wünsche und der Verstand täuschen dich jeden Moment. Sie sind deine wirklichen Feinde. Schönheit ist ein Produkt der geistigen Schöpfung. Schönheit ist ein Produkt der Phantasie. Eine hässliche Frau sieht in den Augen ihres Ehemanns vielleicht sehr schön aus. Wo ist die Schönheit, meine lieben Freunde, in der verrunzelten Haut einer alten Frau geblieben? Wo ist die Schönheit, wenn deine Frau krank und bettlägerig ist? Wo ist die Schönheit, wenn deine Frau wütend oder ängstlich ist?

Schönheit im Gesicht ist eine bloße Betrachtung. Die unverdorbene Schönheit, der Jungbrunnen der Schönheit, kann nur im Atman gefunden werden. Du hast den Ursprung der Schönheit vergessen und klammerst dich an die Scherben eines zerbrochenen Glases. Was für ein Fehltritt hat dich verleitet, das Leben durch deine unreinen Gedanken, deinen unreinen Verstand, deinen unreinen Geist und deine unreine Lebensweise zu betrachten? Hast du diesen Fehler mittlerweile erkannt? Bist du bereit, deine Augen wenigstens jetzt zu öffnen? Eine schöne Frau ist sehr bezaubernd. Sie ist sehr süß, wenn sie jung ist, wenn sie lächelt, wenn sie ein schönes Kleid trägt, wenn sie singt und auf dem Klavier oder der Violine spielt oder wenn sie tanzt. Aber sie ist schrecklich zu betrachten, wenn sie ihr Temperament verliert, wenn sie mit ihrem Ehemann streitet und hysterisch wird, weil sie keine seidenen Kleider und Goldketten bekommt, wenn sie an einer Krankheit leidet oder wenn sie alt wird.

Für einige Jahre schenkt die Natur der Frau die Schönheit, den Charme und die Eleganz, so dass sie die Herzen der Männer gefangen nehmen kann. Schönheit ist nur oberflächlich. Sie wird schon bald verblassen, das Haar wird Grau und die Haut wird bald mit Falten übersät sein. Der Schneider, der Weber, der Sticker, der Frisör, der Kosmetiker und der Goldschmied schenken uns äußere Attraktivität. In seiner Aufregung, Verliebtheit und Verblendung, übersieht der Mann mitunter diesen Punkt. Dies ist Maya, die Illusion. Vertraue niemals dieser Maya. Vorsicht, Mann, wach auf. Entdecke die Schönheit der Schönheit, die in dir ist, die dein innerstes Selbst ist. Hast du jemals darüber nachgedacht, von welcher grundlegenden Beschaffenheit die Frauen sind, die die Sinneslust in dir wachrufen? Ein Bündel Knochen, Fleisch, Blut, Urin, Fäkalien, sowie Schweiß, Schleim und anderer Schmutz! Willst du es zulassen, dass solch ein Bündel der Meister deiner Gedanken wird? Willst du dein Geburtsrecht auf ewigen Glück und Frieden für solch eine flüchtige Sinnestäuschung verschenken? Schande über dir, wenn du diese Torheit nicht erkennst. Sollten dein Wille, deine Vernunft und dein mangelndes Unterscheidungsvermögen, dir solch ein unrühmliches Ende bereiten? Hast du nicht verstanden, dass körperliche Schönheit nur äußerlich ist und an der Gnade der Gesundheit und der Jugend gebunden ist?


4.2 Irreführende Beschreibungen der Schönheit einer Frau

Poeten haben die Schönheit der Frauen beschrieben. Aber diese Dichter sind fehlgeleitete Menschen, die junge Männer auf den falschen Pfad führen. Beschreibungen wie „Jungfrauen mit dem bezaubernden Blick“, „ein Gesicht wie der Mond“ oder „rosige Wangen und Honiglippen“ sind irreführend. Wo bleibt die Schönheit im toten Körper, bei alten oder kranken Frauen? Wo ist die Schönheit geblieben, wenn eine Frau wütend ist? Du bist dir dessen bewusst und doch haftest du ihren Körpern an! Bist du nicht ein unverbesserlicher Narr? Die Schönheit einer Frau ist falsch, künstlich und vergänglich. Wirkliche Schönheit ist rein und ewig. Der Atman ist die Quelle aller Schönheit. Seine Schönheit ist ewig und rein. Es ist der Schmuck, die seidenen Kleider mit phantasievollen Spitzen und Säumen, das Verzieren der Haare mit goldenen Haarnadeln oder Blumen, der Gebrauch von Puder und Parfüm, der Lippenstift und die Wimperntusche, die den Frauen eine vorübergehende Schönheit und ein künstliches Glitzern verleihen. Beraube sie ihres Gesichtspuders, ihres Schmuckes und ihrer farbenprächtigen Kleider und bitte sie, ein einfaches weißes Tuch zu tragen. Wo bleibt dann die Schönheit? Die äußere Schönheit ist nur eine Illusion.

Dichter beschreiben in ihren phantasievollen, leidenschaftlichen Stimmungen, dass Honig von den Lippen einer jungen, schönen Frau fließt. Entspricht das der Realität? Was siehst du wirklich? Die übelriechende Zahnspange, den unangenehmen Gerüche des Rachen, das Sabbern des Speichels in der Nacht. Ist es das, was die Poeten mit Honig und Nektar beschreiben? Und doch, der leidenschaftliche, lüsterne und sexberauschte Mann schluckt diese schmutzigen Ausscheidungen, wenn er unter dem Einfluss der sexuellen Erregung ist! Gibt es etwas, das abscheulicher ist als dieses? Sind diese Poeten nicht mit schuld, wenn sie solche falschen Beschreibungen geben, die so große Zerstörungen bei den leidenschaftlichen jungen Männern verursachen? Hinter der glänzenden Haut gibt es das rohe Fleisch. Hinter dem Lächeln einer jungen Dame ist ein verstecktes Stirnrunzeln und ärger. Hinter den rosigen Lippen lauern die Mikroben der Krankheiten. Hinter der Sanftheit und den freundlichen Worten stehen oftmals versteckte raue Wörter und Beschimpfungen. Das Leben ist flüchtig und, O leidenschaftlicher Mann, unsicher! Lerne die Schönheit des Atman im Herzen verwirklichen. Der Körper ist der Wohnsitz für Krankheiten. Das Netz der Zuneigung wird durch Genuss verstärkt. Es schlingt sich wie eine stark geknotete Schnur um deinen Nacken. Ohne ihre Haut, ohne ihre bunten Kleider, ohne ihren Schmuck bleibt nicht viel von der Frau. Stelle dir für einen Moment vor, sie hätte keine Haut. Du musst mit einem Stock an ihrer Seite stehen, um die Krähen und Geier fortzujagen. Körperliche Schönheit ist oberflächlich, illusorisch und vergänglich. Lass dich nicht durch Äußerlichkeiten blenden. Es ist eine Gaukelei der Maya. Geh‘ zur Quelle, zu Atman, der Schönheit der Schönheiten, der ewigen Schönheit.


4.3 Die Leidenschaft blendet den Intellekt

Sexuelles Vergnügen ist eine Illusion. Es ist eine Täuschung. Es ist nicht wirklich ein Vergnügen. Es ist nur ein Nervenkitzel. Alle weltlichen Vergnügen erscheinen am Anfang als Nektar. Aber am Ende werden sie zu Gift. Denke darüber nach, O Saumya, mein geliebter Sohn! Lass dich nicht von sinnlichen Impulsen und von der Leidenschaft entführen. Am Ende sind die Menschen traurig. Frag‘ jeden Familienvater, ob er auch nur einen Jota Glück in seinem Leben findet. Die Fliege fliegt zum Feuer oder zur Lampe, denkt, dass es eine Blume ist, und verbrennt sich daran. Ebenso läuft der leidenschaftliche Mann einer hübschen Frau nach, denkt, dass er dort das wahre Glück findet, und verbrennt im Feuer der Leidenschaft. Ebenso, wie die Seidenraupe sich in ihrem selbstgesponnenen Kokon einwickelt, so hast auch du dich in die Maschen deiner sinnlichen Wünsche eingesponnen. Zerschneide die Maschen durch das Messer der Unterscheidungskraft und steige auf den Flügeln der Hingabe und des Wissens ins Reich des ewigen Friedens.

Ein leidenschaftlicher Mann ist ein blinder Mann. Obwohl er ein Intellektueller sein kann, wird er blind, wenn er unter dem Einfluss der sexuellen Erregung steht. Sein Intellekt erweist sich als unbrauchbar, wenn er unter dieser Art der Blindheit leidet. Er ist bemitleidenswert! Satsanga (das Zusammensein mit Weisen), Gebet, Japa, Studium und Meditation rotten diese entsetzliche Krankheit aus und schenken ihm das Licht der Weisheit. Es gibt kein Sex in den Körpern. Aber es gibt den Verstand im Körper, der den Sex entstehen lässt. Es gibt Geistesschöpfungen, Wünsche und Phantasien im Verstand. Und diese Phantasien, dieser Wunsch nach Sinneslust ist ein sexueller Wunsch. Bringst du dieses Bündel an Phantasien zum Schweigen, so schweigt auch die Sinneslust. Dann endet das sinnliche Begehren. Du hast die Lust besiegt. Die Sexualität ist eine geistige Schöpfung. Die Maya (Illusion) und die Unwissenheit sind nichts anderes als die Täuschung der Verkörperung der Sexualität, der Vorstellung, die Sexualität manifestiere sich im Körper. Die ganze spirituelle Praxis wird ausgeführt, um diese eine Idee zu zerstören. Allein durch die Beseitigung dieser einen Idee erlangt man Befreiung.


5. Der verhängnisvolle Nachteil des sexuellen Genusses

Das am stärksten entkräftende und entmutigende Vergnügen ist das sexuelle Vergnügen. Es geht einher mit Schmerzen, Schwächen, Anhaftungen, mit einem schwachen Willen, einer Sklavenmentalität, mit großer Anstrengung im Kampf gegen die sinnliche Begierde und mit Nervosität. Aber sinnliche Menschen kommen niemals zur Vernunft, obwohl sie harte Schläge, Tritte und Prügel aus allen Richtungen beziehen. Der streunende Straßenhund schleicht sich immer wieder in die Häuser, obwohl er dort jedes mal mit Steinen beworfen wird. Bedeutende westliche Mediziner sagen, dass verschiedene Arten von Krankheiten aus dem Verlust des Samens entstehen, besonders im jungen Alter. Sie zeigen sich als Blutgeschwüre auf dem Körper, Bläschen oder Akne auf dem Gesicht, als blaue Linien unter den Augen, als Fehlen von Barthaaren, als eingefallene Augen, als Bleichgesicht mit Blutarmut, als Gedächtnisverlust, als Verlust des Sehvermögens, als Kurzsichtigkeit, als Verlust des Samens zusammen mit dem Urin, als Vergrößerung der Hoden, als Schmerz im Hoden, als Erschöpfung, Schläfrigkeit, Trägheit, Depression, Herzklopfen, als Atemnot oder Schwierigkeit mit der Atmung, als Schwindsucht (Tuberkulose), als Rückenschmerzen, Lendenschmerzen, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, als schwache Nieren, als Urinieren im Schlaf, als Wankelmütigkeit, Denkfaulheit, als schlechte Träume, feuchte Träume (Pollutionen), als Unruhe und Rastlosigkeit.

Du solltest dir die schlechten Nachwirkungen des Samenverlustes sorgfältig merken! Die Menschen sind durch das Vergeuden der Samenenergie physisch, geistig und moralisch geschwächt. Dem Körper und dem Verstand fehlt dann die Energie um zu arbeiten. Man verfällt in physische und mentale Lethargie. Du empfindest Schwäche und Erschöpfung. Du möchtest am liebsten zu Milch, Früchten und Aphrodisiakum Zuflucht nehmen, um den Verlust der Energie wieder auszugleichen. Du solltest daran denken, dass diese Dinge diesen Energieverlust niemals ersetzen können. Einmal verloren, ist für immer verloren. Du wirst in einem trostlosen und freudlosen Leben dahinkriechen. Deine körperliche und geistige Stärke wird von Tag zu Tag abnehmen. Die, die viel von ihrem Samen verlieren, werden sehr reizbar. Schon Kleinigkeiten regen sie auf. Diejenigen, die nicht das Gelöbnis des Brahmacharya beachtet haben, werden die Sklaven des Zornes, der Eifersucht, der Trägheit und der Furcht. Wenn du deine Sinne nicht unter Kontrolle hast, riskierst du, dumme Taten zu tun. Der, der diese lebenswichtige Energie vergeudet, wird leicht erregbar, er verliert seine Ausgeglichenheit und lebt in einen Zustand der explosiven Wut.

Wenn ein Mensch wütend wird, benimmt sich er sich unkontrolliert. Er weiß nicht, was er genau tut, während er seine Energie in zornigen Wutausbrüchen und Vorwürfen vergeudet. Er tut alles, was er möchte, aber ohne zu überlegen. Er beleidigt seine Eltern, seine Freunde und selbst Respektspersonen. Es ist folglich erforderlich, dass der Brahmachari, der versucht, spirituelle Fortschritte zu erlangen, diese lebenswichtige Energie konserviert. Die Bewahrung dieser göttlichen Energie führt zu Erreichung eines starken Willens, eines vorbildlichen Verhaltens, zu spiritueller Begeisterung und irgendwann zur Befreiung und Erleuchtung. übermäßiger sexueller Verkehr vermindert diese Energie enorm. Junge Männer kennen vielfach nicht den Wert dieser lebenswichtigen Flüssigkeit. Sie vergeuden diese dynamische Energie durch übertriebene Selbstbefriedigung oder durch übertriebenen Geschlechtsverkehr. Ihre Nerven sind köstlich darüber amüsiert. Sie werden regelrecht berauscht davon. Was für einen Fehltritt sie begehen! Es ist ein Verbrechen, das nach Bestrafung verlangt. Sie sind Mörder des Atman.
Wird diese Energie einmal vergeudet, dann kann sie nie wieder ersetzt werden. Sie ist die leistungsfähigste Energie der Welt. Eine sexuelle Tat erschüttert vollständig das Gehirn und das Nervensystem. Die Menschen glauben fälschlicherweise, dass sie die verlorene Energie zurückgewinnen können, indem sie Milch, Mandeln und Potenzmittel zu sich nehmen. Dies ist ein Irrtum. Du solltest dich bemühen, jeden Tropfen zu konservieren, selbst wenn du ein verheirateter Mann bist. Selbstverwirklichung ist das Ziel. Die Energie, die während eines sexuellen Aktes vergeudet wird, ist gleichwertig mit der Energie, die in 10 Tagen für körperliche Schwerstarbeit aufgewendet wird, oder mit der Energie, die in drei Tagen für Geistesarbeit aufgebracht wird. Erkenne, wie kostbar diese lebenswichtige Flüssigkeit ist! Verschwende diese Energie nicht sinnlos. Bewahre sie mit großer Sorgfalt. Dann wirst du eine wunderbare Vitalität besitzen. Wenn der Samen nicht vergeudet wird, wird er in Ojas Sakti oder geistige Energie umgewandelt und im Gehirn gespeichert. Westliche Mediziner wissen wenig über diesen bedeutsamen Punkt. Die meisten deiner Unpässlichkeiten liegen an der übermäßigen Samenverschwendung.


5.1 Feuchte Träume und normaler Geschlechtsverkehr

Ein sexueller Akt erschüttert das Nervensystem. Das ganze Nervensystem wird durcheinander gerüttelt und aufgewühlt. Es gibt einen enormen Verlust von Energie. Sehr viel Energie wird während des Geschlechtsaktes vergeudet. Dies ist aber nicht so, wenn der Samenerguss während des Schlafes geschieht. In einem feuchten Traum kommt es im wesentlichen nur zu einem Ausfluss der Prostataflüssigkeit.

Anmerkung des Übersetzers:

Ich bin mir nicht sicher, ob die Aussage Swami Sivanandas stimmt, dass bei einer Pollution der größte Teil des Ejakulats aus Prostataflüssigkeit besteht. Immerhin besteht beim normalen Orgasmus der größte Teil des Ejakulats aus der Drüsenflüssigkeit der Samenbläschendrüse. Das Drüsensekret aus der Samenbläschendrüse macht etwa 50 bis 70 Prozent des Ejakulats aus. Die Prostata dagegen liefert nur etwa 10 bis 33 Prozent des Ejakulats (siehe: Sperma). Vielleicht war dieses 1934, als das Buch von Swami Sivananda geschrieben wurde, noch nicht bekannt. Ich habe bei Wikipedia noch etwas gefunden, was meine Vermutung bestätigt: Die Kapsel der Prostata zieht sich ebenso wie das Samenbläschen während der Ejakulation zusammen, so das die Flüssigkeit der beiden Organe vermischt und ausgestoßen wird. Unter Punkt 5.2 und 5.3 wird noch ausführlich auf die männlichen Geschlechtsorgane eingegangen.

Beim Orgasmus des Mannes steigt Samenflüssigkeit aus dem Hoden und dem Nebenhoden (Spermien) über den Samenleiter aufwärts, wird dann mit den Drüsensekreten aus der Samenleiterampulle, der Samenbläschendrüse, der Prostata und der Bulbourethraldrüse (Cowpersche Drüse) vermischt und anschließend durch die Harnröhre ausgeschieden (siehe Bilder unter 5.2 und 5.3). Die Prostata produziert ein milchig-klares Sekret, das gemeinsam mit den Samenzellen, sowie mit den Drüsensekreten aus der Samenleiterampulle, der Samenbläschendrüse und der Bulbourethraldrüse das Ejakulat bildet. Die alkalische Flüssigkeit der Vorsteherdrüse (Prostata) sorgt für die Beweglichkeit der Samenzellen. Ohne dieses Sekret könnten diese die Scheide, in der ein saures Milieu vorherrscht, nicht passieren und in die Gebärmutter aufsteigen.
Ende Anmerkung Übersetzer.

Selbst wenn es bei einem nächtlichen Orgasmus (Pollution) einen Verlust der lebenswichtigen Flüssigkeit gibt, läuft nicht so viel aus. Es tritt also während der feuchten Träume nicht viel Samenflüssigkeit aus. Es ist nur die wässrige Prostataflüssigkeit mit ein wenig Samen, der während der nächtlichen Pollution entladen wird. Wenn ein nächtlicher Samenerguss stattfindet, arbeitet der Verstand auf Astralebene und entführt den physischen Körper in ein aufregendes erotisches Abenteuer. Das ist der Grund, warum der Samenerguss plötzlich stattfindet. Der nächtliche Samenerguss kann möglicherweise nicht einmal einen sexuellen Wunsch anregen. Ein freiwilliger Geschlechtsverkehr dagegen ist für einen aufrichtigen Brahmacharya für seinen geistigen Fortschritt in hohem Grade schädlich. Die Eindrücke durch den Geschlechtsakt dagegen sind normalerweise sehr tief und sie beeinflussen die bereits bestehenden Eindrücke im Unterbewusstsein und sie regen verstärkt die sexuelle Phantasie an. Es ist wie Öl, das ins Feuer gegossen wird. Jeder neue Geschlechtsverkehr wird die Verhaftung an die Sexualität noch weiter verstärken und die Arbeit erschweren, sich von diesen sinnlichen Begierden zu befreien. Du solltest den Geschlechtsverkehr vollkommen aufgeben. Dein Verstand wird versuchen, dich auf vielfältige Weise zu täuschen, indem er dir falsche Ratschläge gibt. Sei alarmiert. Höre nicht auf seine Stimme, höre auf die Stimme des Gewissens, die Stimme der Seele, die Stimme der Unterscheidung.


5.2 Jugend mit blutleeren Gesichtern

Ein großer Anteil an Energie wird während des Geschlechtsaktes vergeudet. Ein schlechtes Gedächtnis, vorzeitige Alterung, Impotenz, verschiedene Augenkrankheiten, verschiedene Nervenkrankheiten, sind die Folgen von schweren Verlust dieser lebenswichtigen Flüssigkeit. Es ist wirklich ein Schock, viele Jugendliche zu sehen, wie sie mit torkelndem Schritt, mit einem blassen und blutleeren Gesicht, infolge des Verlustes dieser lebenswichtigen Samenflüssigkeit, daher gehen, anstelle mit agilen, flinken Schritten hierhin und dorthin, mit der Stärke und der Vitalität eines Eichhörnchens, zu springen. Einige Männer sind so leidenschaftlich und schwach, das sogar der Gedanke, der Anblick oder die Berührung einer Frau einen Samenerguss bei ihnen verursacht. Ihr Los ist bemitleidenswert! Was sehen wir aber in diesen Tagen? Jungen und Mädchen, Männer und Frauen, ertrinken im Ozean unreiner Gedanken, lüsterner Wünsche und sinnlicher Vergnügen. Es ist in der Tat in hohem Grade bedauernswert. Es ist wirklich schockierend, die Geschichten von einigen dieser Jungen zu hören. Viele Schüler und Studenten kommen persönlich zu mir und berichten mir von ihrem bemitleidenswerten Leben, einem Leben aus Trübsinn und Depression durch schweren Samenverlust, resultierend aus Selbstbefriedigung und Geschlechtsverkehr. Ihre Energie der Unterscheidung ist verloren gegangen, infolge von sexuellen Ausschweifungen und lüsterner Berauschtheit. Warum verschwendest du deine Energie für ein kurzes sinnliches Vergnügen, die viele Wochen und Monate brauchte um zu wachsen?

Calcium- und Phosphormangel durch Samenerguss
Die wenigsten wissen um die chemischen Vorgänge beim Geschlechtsverkehr, genauer gesagt, beim Samenerguss, sei er willkürlich herbeigeführt oder als Pollution im Schlaf auftretend. Man hat festgestellt, dass der menschliche Same nicht nur die Hormone der Geschlechtsdrüsen enthält, sondern auch Nährstoffe wie Lecithin, Phosphor, Calcium, Eisen und Vitamin E sowie Cholesterin. Die chemische Zusammensetzung ist ähnlich wie die der Nerven- und Hirngewebe.

Dr. Raymond Bernard schreibt darüber:

»Lorand weist darauf hin, dass Überaktivität der Geschlechtsdrüse mit starker Ausscheidung von Phosphor und Calcium verbunden ist. Während der Pubertät entsteht ein ähnlicher Calcium- und Phosphormangel im Blut, weil unter dem Einfluss des Wachstumshormons die Knochen wachsen und das Skelett sich streckt. Gerade diese beiden Stoffe werden dem Körper durch Samenerguss entzogen.

Havelock Ellis hat die Beobachtung gemacht, dass frühzeitig und ausgiebig Masturbierende im Wachstum zurückbleiben. Der junge Organismus wird über Gebühr beansprucht, bevor er voll entwickelt ist. Laut McCallum und Voegtlin führt Calciumentzug aus den Nervenzellen zu Übererregbarkeit, die nur durch erhöhte Calciumzufuhr beigelegt werden kann. Da beim Samenerguss viel Calcium verloren geht, erklären sich einerseits die nervösen Symptome und andererseits die schwere Müdigkeit nach dem Orgasmus. Das gleiche gilt für den Phosphorverlust. Phosphor ist wesentlich für die Ernährung der Nerven- und Hirngewebe, und ausgesprochener Mangel kann Neurosen und Psychosen verursachen.«


Energieverlust beim männlichen Orgasmus
Wie viel Energie bei einem männlichen Orgasmus verloren geht, geht aus einem Artikel von Mantak Chia hervor: »Jedes mal, wenn der Mann ejakuliert (einen Samenerguss hat), nimmt der Körper an, dass er ein neues Leben zeugen soll. Dem Tao zufolge opfern sämtliche Organe und Drüsen dafür ihre beste Energie. Ein durchschnittliches Ejakulat enthält zwischen 50 und 250 Millionen Spermien. Wenn der Körper diesen Spermavorrat nicht ständig auffüllen muss, kann er der taoistischen Lehre zufolge die eingesparten Energien verwenden, um Körper und Geist zu stärken, um Gesundheit, Kreativität und geistiges Wachstum zu fördern.«

Das, was die Männer als Orgasmus erfahren, sind die 5 bis 10 Kontraktionen der Prostata. Der Samen, der im Hoden produziert wird, wird anschließend im Nebenhoden gelagert. Die Reifezeit der Spermien im Hoden beträgt etwa 72 Tage. Der Nebenhoden dient im wesentlichen zur Lagerung der vom Hoden produzierten Spermien und geht in den Samenleiter über. Beim Samenerguss wird ein wenig Sperma durch Kontraktion des Samenleiters von Hoden und Nebenhoden hinaufgesaugt, wird dann mit den Drüsensekreten der Samenleiterampulle, der Samenbläschendrüse, der Prostataflüssigkeit und dem Sekret der Cowperschen Drüse vermischt und als Ejakulat durch die Harnröhre ausgeschieden.

Bildliche Darstellung:
männlicher Genitaltrakt

1. Hoden (paarig vorhanden)
2. Nebenhodengang (paarig)
3. Samenleiter (paarig)
4. Ampulla ductus deferentis (paarig)
5. Samenblase (paarig)
6. Ductus ejaculatorius (paarig)
7. Prostata (einfach)
8. Ausführungsgänge der Prostata (mehrfach vorhanden)
9. Cowpersche Drüsen (paarig)
10. Littré Drüsen (mehrfach)
11. Harnröhre (einfach)
12. Harnblase (einfach)

Vorgänge im männlichen Genitaltrakt
Zum obigen Bild: Hoden (= Bildungsort der Spermien), Nebenhoden (=Lagerplatz der Spermien). Der Ejakulationsweg der Spermien wird durch beide Samenleiter (3), beide Ductus ejaculatorii (6) und die Urethra (11) gebildet. Als Ductus ejaculatorius wird die Passage durch die Prostata in die Urethra bezeichnet. Entlang des Ejakulationsweges fügen verschiedene Drüsen (4+5+7+9+10) ihre Sekrete dem Ejakulat bei.


glandes.gif
1. Ductus deferens
2. Ampulla ductus deferentis
3. Vesicula seminalis
4. Ductus ejaculatorius
5. Prostata
6. Ausführungsgänge der Prostata
7. Cowper Drüsen
8. Littre Drüsen
9a.Pars prostatica Urethrae
9b.Pars membranacea Urethrae
9c.Pars spongiosa Urethrae
Männliche Urethra mit akzessorische Drüsen


GMann.png
01. Harnblase (Vesica urinae)
02. Schambein (Ospubis)
03. Penis
04. Schwellkörper (Corpus cavernosum)
05. Eichel (Glans penis)
06. Vorhaut (Präputium)
07. äußere Harnröhrenöffnung
08. Sigmoid
09. Mastdarm (Rectum)
10. Samenblase (Vesica seminalis)
11. Ductus ejaculatorius
12. Vorsteherdrüse (Prostata)
13. Cowpersche Drüse
14. Anus
15. Samenleiter (Vas deferens)
16. Nebenhoden (Epididymis)
17. Hoden (Testis, orchis)
18. Hodensack (Scrotum)


Diese alkalische Flüssigkeit der Vorsteherdrüse (Prostata), ein milchig-klares Sekret, sorgt für die Beweglichkeit der Samenzellen. Ohne dieses Sekret könnten diese die Scheide, in der ein saures Milieu vorherrscht, nicht passieren und in die Gebärmutter aufsteigen. Die Prostata liefert etwa 10 bis 33 % am Volumen der Samenflüssigkeit. Ihr Sekret fungiert dabei als Nährlösung für Samenzellen und enthält alles, was diese auf ihrem beschwerlichen Weg zur Eizelle brauchen: Fruchtzucker zur Verpflegung, Wasser, um darin zu schwimmen, und Säure, welche die Spermien aus ihrer Hodenstarre erweckt. Dazu erhalten Samenzellen die Mineralstoffe Natrium, Kalium, Zink und Magnesium. Nur wenn die Prostata für die richtige Mischung im Ejakulat sorgt, ist die Fruchtbarkeit des Mannes gewährleistet.


Muskelkontraktionen beim männlichen Orgasmus
Bei der Ejakulation werden in der Regel ab Beginn der Pubertät ca. 2 bis 6 ml Sperma (Ejakulat) mit von Mann zu Mann oder Ejakulation zu Ejakulation sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit über koordinierte Kontraktionen des Nebenhodengangs (ductus epidedymidis), des Samenleiters (ductus deferens), der Bläschendrüse (vesicula seminalis), Prostata und Harnröhre (urethra) sowie über die Kontraktionen der Beckenbodenmuskulatur über die äußere Harnröhrenöffnung meist in mehreren Fraktionen – entsprechend der reflexgesteuerten Muskeltätigkeit – ausgestoßen. Bei der Ejakulation sind mehrere Kontraktionswellen der Muskeln dafür verantwortlich, dass die Ejakulation in mehreren Schüben erfolgt.

Ejakulation


5.3 Das männliche Sperma (Energieverlust)

Weil immer wieder behauptet wird, ein Orgasmus stelle keinen Energieverlust da, soll einmal der ungeheure Aufwand dargestellt werden, der betrieben wird, um das männlichen Sperma zu produzieren. Das Sperma ist geradezu ein kleines hormonelles Wunderwerk und mit einem Orgasmus wird das Sperma, an deren Produktion sehr viele Drüsen und Organe beteiligt sind, vergeudet. Der Körper muss nun alle seine Energien darauf richten, neues Sperma zu produzieren. Diese Energie geht dem Wohlbefinden, der Vitalität, verloren und der Mensch fühlt sich schlapp, müde und ausgelaugt.

Das Sperma setzt sich aus Spermien, Epithelzellen der Hodenkanälchen und der eigentlichen Samenflüssigkeit, dem Samenplasma, zusammen. Im Schnitt beträgt das Volumen einer menschlichen Ejakulation 2 bis 6ml (ca. 5 Kilokalorien), wobei 1ml durchschnittlich 20 bis 30 Millionen Spermien enthält (vgl. beim Hengst 22 Milliarden). Das sind 0,5% des gesamten Ejakulats, der Rest ist Samenflüssigkeit. Die Samenflüssigkeit ist zudem meist leicht salz- und proteinhaltig, (durch die Spermien) und enthält Dopamin, Noradrenalin, Tyrosin, die Bindungshormone Oxytocin und Vasopressin sowie verschiedene östrogene, Pheromone (Geruchsstoffe) und ß-Endorphin. Es gibt Hinweise darauf, dass Bestandteile der Samenflüssigkeit die Produktion von Zytokinen (zuckerhaltige Wachstumsproteine) in der Gebärmutter anregen. Diese begünstigen die Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut

Samenplasma

Das Samenplasma (Ejakulat) wird aus Sekreten der folgenden Geschlechtsdrüsen gebildet:

1. Hoden und Nebenhoden
2. Samenleiterampulle
3. Samenbläschen
4. Vorsteherdrüse (Prostata)
5. Cowpersche Drüse (Bulbourethraldrüse)

Hier die bildliche Darstellung:

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Hoden und Nebenhoden (Testis): Der Hoden ist die männliche Keimdrüse. Er besteht aus etwa 250 Läppchen, die durch Bindegewebe voneinander getrennt sind. Jedes Läppchen besteht aus einigen stark geschlängelten Hodenkanälchen. Im Hodenkanälchen erfolgt die Entwicklung der Spermien. Bis zur vollständigen Reife der Spermien (Spermatozoen) verbringen sie ungefähr 72 Tage im Hodenkanälchen, wo sie über verschiedene Vorstufen im Keimepithel (Keim- und Stützzellen) der Hodenkanälchen gebildet werden. Die reifen Spermien gelangen anschließend in den Nebenhoden, ihrem Speicherplatz. Der Samenleiter hat eine Länge von etwa 50 – 60 cm und führt vom Nebenhoden ausgehend, im Samenstrang durch den Leistenkanal und mündet gemeinsam mit dem Ausführungsgang der Samenbläschen innerhalb der Prostata in die Harnröhre. Im Hoden und Nebenhoden, die nur 3–5% des gesamten Volumens eines Samenergusses beisteuern, wird neben den Spermien unter anderem auch Testosteron, das regulierend auf die Produktion der Samenzellen wirkt und eine Flüssigkeit ist, die zum Reifen und Ruhigstellen der Samenzellen beiträgt, produziert.

Die Hoden – Thermoschrank für die Samenreife: Die Hoden (in der medizinischen Fachsprachrache Testis genannt) sind die männlichen Keimdrüsen. Das paarig angelegte, eier– oder pflaumenförmige Organ hat ca. fünf Zentimeter Durchmesser und ein Gewicht von 25 bis 30 Gramm. Die Hoden hängen am so genannten Samenstrang, einem Bündel aus Muskeln, Gefäßen, Nerven und Samenleitern frei beweglich im Hodensack. Sie produzieren Spermien (etwa 2.500 Stück pro Sekunde) und Testosteron. Testosteron ist das männliche Sexualhormon, das für die Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale, z. B. die männliche Stimmlage, den Bartwuchs, die Achsel-, Kopf- und Schambehaarung sowie die Muskelverteilung und den Knochenbau verantwortlich ist. Das Testosteron reguliert auch die Samenproduktion. Die Spermien (Samen) reifen in etwa 250 Kammern (Hodenläppchen) heran, in die jeder Hoden unterteilt ist. Die Hodenläppchen entstehen durch ein Knäuel von Hodenkanälchen, in denen die Spermien gebildet werden. Insgesamt machen die Kanälchen eines Hodens eine Länge von fast 200 Metern aus. Männliche Samenzellen sind während der Reifephase sehr temperaturempfindlich, weshalb sie in kühlere Regionen ausgelagert werden: Im Hodensack ist die Temperatur etwa zwei bis zweieinhalb Grad niedriger als im Bauchraum.

Nebenhoden – Basislager vor dem Einsatz: Hinter den Hoden liegt der Nebenhoden. Er besteht aus einem sechs Meter langen, zu einem engen Knäuel gewickelten Röhrensystem, in dem die von den Hoden gebildeten Spermien bis zu ihrem Einsatz aufbewahrt werden. Die Nebenhoden produzieren für die Lagerung ein bestimmtes Sekret, durch das die sehr bewegungsfreudigen Spermien vorübergehend „ruhig gestellt“ werden. Wird das Basislager zu voll, hilft sich die Natur durch einen unkontrollierten Samenabgang (Pollution). Dies geschieht meist nachts im Schlaf.

Samenleiterampullen: In die Wand des Endabschnitts des Samenleiters (im Bereich der Prostata) sind Drüsenpakete eingelagert. Beim Menschen führen diese Drüseneinlagerungen auch zu einer äußerlich sichtbaren Auftreibung des Samenleiters, die als Samenleiterampulle bezeichnet wird. Die Samenleiterampulle produziert einen Teil der Samenflüssigkeit.

Samenbläschen: Die Samenbläschen sind paarig angelegte Drüsen, die aus einer verschlungenen Röhre besteht. Die Innenwand dieser Röhre besteht aus sekretorischem Drüsengewebe. Das Sekret der Samenbläschen steuert das meiste Volumen, ca. 50–70%, des Ejakulats bei. Sie dient der Verflüssigung des Ejakulats und enthält Fruktose (Fruchtzucker) und andere Stoffe die der Ernährung der Samenzellen dient, außerdem große Mengen an Prostaglandinen (Hormone mit hoher Wirkungsvielfalt, schmerzbekämpfend, gerinnungshemmend, entzündungshemmend, fiebersenkend) und Fibrinogen (gerinnungshemmendes Protein). Die Prostaglandine tragen zur Befruchtung bei, in dem sie die Gebärmutterschleimhaut empfänglicher für die befruchtete Eizelle machen, und möglicherweise in dem sie die glatte Muskulatur in der Gebärmutterwand zu peristaltischen (wellenförmige Einschnürungen von Ringmuskeln) Bewegungen anregen, die die Spermien in Richtung Eierstöcke bringen. Außerdem verhindern sie Infektionen im männlichen Geschlechtstrakt.

Wikipedia: Ebenfalls als Samenblasen werden im Tierreich Behältnisse zur Aufbewahrung der Spermien benannt, die sowohl beim Weibchen (etwa bei Ameisen) als auch beim Männchen (etwa bei den Libellen) vorkommen können. Beim Menschen scheint es aber so zu sein, dass die fertigen Spermien ausschließlich im Nebenhoden gelagert werden.

Vorsteherdrüse (Prostata): Die Prostata ist ein etwa kastaniengroßes Organ, das den Anfangsteil der Harnröhre unter der Harnblase umgibt. Beim Orgasmus steuert die Prostata (Vorsteherdrüse) noch 10–33% in Form einer dünnflüssigen, milchigen Flüssigkeit bei. Die Kapsel der Prostata zieht sich ebenso wie das Samenbläschen während der Ejakulation zusammen, so das die Flüssigkeit der beiden Organe vermischt und ausgestoßen wird. Das Sekret der Prostata enthält Ionen (Natrium, Kalium, Zink und Magnesium, Kalzium, Citrationen (Zitronensäure), Phosphationen), ein Gerinnungsenzym und Profibrinolysin (zur Blutgerinnung). Der pH-Wert der Prostataflüssigkeit ist leicht basisch (pH 7,2) und dient als Ausgleich für die leicht saure Flüssigkeit aus den Samenbläschen, metabolische (stoffwechselbedingte) Abbauprodukte der Spermien, und die zu erwartende Milchsäure der Scheide. Dies ist besonders bedeutsam, da Spermien erst bei einem pH-Wert von 6.0 bis 6.5 optimal beweglich werden. Weiterhin ist PSA (Prostataspezifisches Antigen) enthalten, um die Spermien beweglich zu machen. Die Prostata entlässt außerdem weiße Blutkörperchen, verschiedene Granulozyten (dienen zur Abwehr von Bakterien, Parasiten und Pilzen) ins Samenplasma, normalerweise 1 (max. 2) Millionen pro 1ml. Daher auch die Infektiösität (Anhaften und Vermehren von Krankheitserregern) des Spermas (z. B. HIV, (Aids)).

Cowpersche Drüse (Bulbourethraldrüse): Vorab, ausgelöst durch die Erregung, innerviert (mit Nervenimpulsen versorgt) der Parasympathikus (vegetatives Nervensystem) die Cowperschen Drüsen (beim Menschen etwa 5 cm lang, der Ausführungsgang mündet in die Harnröhre) und regt sie zur Sekretion eines verhältnismäßig kleinen Anteils von 2–5% klaren Schleims, auch Lusttropfen (auch Lusttröpfchen, Vorlusttropfen, Sehnsuchtstropfen, Glückstropfen, liquor of love, medizinisch: Präejakulat, können in der späten Plateauphase, kurz vor dem Orgasmus, aus dem männlichen Glied schon vor der Ejakulation austreten.) genannt, an. Die Lusttropfen bestehen aus einem klaren Schleim aus verschiedenartigen Drüsenzellen und können schon mit Sperma vermischt sein. Deshalb können Frauen auch durch den darin enthaltenen Samen schwanger werden. Das Sekret der Bulbourethraldrüse wird meist vor der eigentlichen Ejakulation abgegeben (Vorsekret des Spermas). Das schleimige Sekret dient vermutlich vor allem der Neutralisierung von Harnresten, eventuell auch des sauren Scheidenmilieus.

Abschnitt 5.3 ist vom Übersetzer, nicht von Swami Sivananda.


5.4 Mantak Chias taoistische Sexualpraktiken

Die meisten Männer (und auch die Mehrzahl der Frauen) im Westen gehen davon aus, dass der Samenerguss unvermeidlich den Höhepunkt der männlichen Erregung darstellt, der Geschlechtsverkehr also natürlicherweise in einem Orgasmus mit Ejakulation mündet. Das bedeutet in der Regel auch, dass das Liebesspiel mit dem Samenerguss des Mannes endet. Orgasmus und Ejakulation scheinen beim Mann also immer zusammen zu gehören.

Die Taoisten in China entdeckten jedoch schon vor über zweitausend Jahren, dass dies keine unumstößlichen Tatsachen sind. Sie beschäftigten sich intensiv mit der sexuellen Energie und fanden heraus, dass Orgasmus und Ejakulation nicht dasselbe sondern zwei voneinander unabhängige Prozesse sind – dass Männer sogar multiple Orgasmen haben können, ohne zu ejakulieren.
Die von Mantak Chia vorgestellten Übungen dienen der Kultivierung der Sexualenergie, generiert in unseren „Liebesorganen“. Eng verbunden mit dem Drüsensystem können unsere Geschlechtsorgane große Mengen von Sexualenergie erzeugen, eine äußerst feurige Energie, kraftvoll, lebendig, aber nicht von Dauer. Um sie zu speichern, muss sie zu den anderen Organen geleitet werden und darf nicht ausschließlich in den Sexualorganen bleiben oder „vergeudet“, d. h. ohne sie zirkulieren zu lassen, entladen werden. Da die sexuelle Energie von Männern und Frauen sehr unterschiedlich ist und ein gemeinsames Üben, die „Paarkultivierung“, zu den fortgeschrittenen Techniken zählt, werden die Übungen zunächst einzeln praktiziert. Neben der Kräftigung der gesamten Beckenbodenmuskulatur kann auch auf Beschwerden vor und während der Menstruation, Organsenkungen, Hormonschwankungen und auf die Erhöhung der sexuellen Sensibilität eingewirkt werden.

Der Mann erlernt die „Hodenatmung“, sowie die Technik des „Großen Emporziehens“, mit der die Ejakulation kontrolliert werden kann und trotzdem ein Orgasmus erfahren wird. Dadurch kann positiv auf Probleme wie Impotenz, Prostatabeschwerden, Gesundheit und Lustempfinden eingewirkt werden. Ziel ist es, die Energie des Ching Chi zu kultivieren, die verfeinerte Liebesenergie für die Selbstheilung, Verjüngung, kreative Erweiterung und spirituelles Wachstum zu nutzen. Dadurch ist es möglich, pulsierende Lebensfreude zu erleben. Gefördert wird auch ein tieferes Verständnis unserer Sexualität ebenso wie unsere Fähigkeit, Liebe, Respekt, Intimität und Unabhängigkeit in unserer Liebesbeziehung zu erfahren.

PerineumPunkt zwischen Hoden und Anus. Du erkennst ihn anhand einer kleinen, fühlbaren, etwa fingerkuppentiefen Vertiefung.

PC-Muskel und der „Millionen-Dollar-Punkt“ (auch Jen-Mo-Punkt)
Mantak Chia stellt eine Methoden vor, bei der keine Energie beim Orgasmus verloren geht. Er spricht von einem Orgasmus ohne Samenverlust und erklärt, dass die Menschen, die seine taoistischen Sexualpraktiken anwenden, keinen Samenerguss haben. Dazu solle man, laut Mantak Chia, kurz vor dem Orgasmus den PC-Muskel (Pubo-Coccygeus-Muskel, Beckenbodenmuskel) anspannen und/oder per Finger auf den so genannten Millionen-Dollar-Punkt, einen Punkt zwischen Hoden und Anus (siehe Bild) drücken.

Grundsätzlich kann man sagen, ist es eine gute Sache, sich der Sexualität auf diese positive Weise zu nähern, anstatt, wie es manche leider versuchen, sie aus einer falsch verstandenen Spiritualität heraus zu unterdrücken, mit dem Ergebnis, dass sie ihrer Lust nur noch mehr verfallen.
Also auch hier gilt, dass man durch den Widerstand genau das Gegenteil erreicht, so wie es bei „Gespräche mit Gott“ heißt: Etwas, dem ihr euch widersetzt, das bleibt bestehen, was ihr anschaut, verschwindet.

Und so verhält es sich auch mit der Sexualität: Durch die Annahme der Sexualität und durch einen natürlichen Umgang mit ihr verliert sie auch die übertriebene Wichtigkeit (siehe Natürliche Nacktheit und Sexualität und Sex und Religion).
Es erfordert aber sehr viel Selbstbeherrschung und Übung, den Drang zur Ejakulation zu transzendieren.

Mehr Informationen zu diesem Thema erfahren Sie in den Artikeln Tantra-Masturbation. und Ejakulationskontrolle und der multiple Orgasmus.

Abschnitt 5.4 ist nicht von Swami Sivananda, sondern wurde als Ergänzung eingeschoben.


6. Der Wert des Samens

Meine lieben Brüder! Die vitale Energie, der Samen, der dein Leben unterstützt, der in deinen funkelnden Augen erstrahlt, der sich in deinen lachenden Wangen widerspiegelt, ist ein großer Schatz für dich. Bedenke diesen Punkt gut. Der Samen ist die Quintessenz des Blutes. Ein Tropfen des Samens ist aus vierzig Tropfen des Blutes hergestellt. Daran kannst du erkennen, wie wertvoll diese Flüssigkeit ist. Ein Baum bezieht seine lebenswichtige Versorgung von der Erde. Diese lebensnotwendige Essenz verteilt sich im ganzen Baum, in seinem Zweigen, Ästen, Blättern, Blüten und Früchten. Die leuchtenden Farben und das Leben in den Blättern, in den Blüten und in den Früchten sind Ausdruck göttlicher Ekstase. Der Samen, der durch die Zellen des Hodens aus dem Blut erzeugt wird, verleiht dem menschlichen Körper und seinen Organen Gesundheit, Schönheit und Vitalität.

Entsprechend Ayurveda ist der Same das letzte Körpergewebe wie z. B. Muskel- oder Fettgewebe, die aus Nahrung heraus gebildet werden. Aus der Nahrung heraus wird ein Milchsaft produziert. Aus dem Milchsaft heraus entwickelt sich Blut. Aus Blut heraus entwickelt sich Fleisch. Aus dem Fleisch entwickelt sich Fett. Aus Fett heraus entstehen Knochen. Aus Knochen heraus kommt Mark. Aus Mark heraus entsteht Samen. Dies sind die sieben Dhatus (Körpergewebearten) des Ayurveda, die unser Leben und unseren Körper unterstützen. Mark ist also ebenso wertvoll wie Samen. Aber der Samen ist die letzte Essenz. Er entspricht der letzten Umwandlungsstufe der Nahrung. Der Samen entwickelt sich aus dem Mark, der geschützt innerhalb der Knochen verborgen ist. Es gibt drei Bereiche in jedem Dhatu. Der Samen ernährt den physischen Körper, das Herz (die Liebe) und den Intellekt. Nur derjenige, der den physischen Körper, das Herz und den Intellekt benutzt, kann vollkommenes Brahmacharya verwirklichen. Ein Catcher, der nur seinen physischen Körper benutzt, aber seinen Intellekt und das Herz vernachlässigt, kann nicht erwarten, Brahmacharya zu verwirklichen. Er kann gewissermaßen nur das Brahmacharya des Körpers verwirklichen, nicht aber das Brahmacharya des Herzens und des Verstandes. Der Samen, der zum Herzen und zum Verstand gehört, fließt dabei allerdings heraus.

Praktiziert ein Schüler nur Japa (Mantrameditation) und Meditation, entwickelt dabei allerdings nicht die Liebe und vernachlässigt den Körper, so praktiziert er nur geistiges Brahmacharya. Der Teil des Samens, der eigentlich das Herz und den Körper ernähren solle, fließt heraus. Aber ein fortgeschrittener Yogi, der tief in die Meditation eintaucht, hat volles Brahmacharya, selbst wenn er keine Yogaübungen macht. Samen ist die Quintessenz der Nahrung oder des Blutes. Entsprechend der modernen medizinischen Wissenschaft wird ein Tropfen Samen aus vierzig Tropfen Blut hergestellt. Laut Ayurveda wird ein Tropfen Samen sogar aus achtzig Tropfen Blut hergestellt. Die zwei Hoden, die im Hodensack angeordnet sind, werden ausscheidende Drüsen genannt. Die Zellen dieser Hoden sind mit der eigenartigen Eigenschaft des Absonderns des Samens aus dem Blut ausgestattet. Gerade so wie Bienen Tropfen für Tropfen den Honig in Bienenwaben sammeln, genau so sammeln die Zellen des Hodens Tropfen für Tropfen des Samens aus dem Blut. Dann wird die Samenflüssigkeit durch die zwei Samenleiter zu den vesiculae seminalis (Samenbläschen) transportiert (und vermischt sich mit dem Drüsensekret des Samenbläschens). Durch einen Ejakulationsreflex (Kontraktion des Samenleiters) wird der Samen, nachdem er sich anschließend mit der Prostataflüssigkeit vermischt hat, schließlich aus der Harnröhre heraus geschleudert. Anmerkung Übersetzer: Hier erwähnt Swami Sivananda die Drüsensekrete aus den Samenleiterampullen, aber aus der Cowperschen Drüse nicht. Vielleicht hat er es vergessen. Ende Anmerkung.

Der Samen ist in einem subtilen Zustand in allen Zellen des Körpers zu finden. Genau so wie Zucker im Zuckerrohr, Butter in der Milch, so ist auch der Samen im ganzen Körper vorhanden. Gerade so wie die Buttermilch dünnflüssig wird, nachdem man ihr den Butteranteil entzogen hat, so wird auch der Samen verdünnt, wenn man ihn verschwendet. Um so mehr der Samen verschwendet wird, um so schwächer wird man. Das heißt: Der Verlust des Samens bringt den Tod; das Bewahrung des Samens schenkt das Leben. Der Same beherbergt die wahre Vitalität der Männer. Es ist der versteckte Schatz im Mann. Er verleiht dem Gesicht einen brahmischen Glanz und dem Intellekt Stärke.


6.1 Moderne medizinische Auffassungen

Hervorragende europäische Mediziner stützen die Aussage der indischen Yogis. Dr. Nicole sagt: „Es ist eine medizinische und physiologische Tatsache, dass das beste Blut im Körper, die Elemente der Fortpflanzung (Spermien, Eizellen) in beiden Geschlechtern bilden. In einem reinen und geordneten Leben wird diese Substanz resorbiert. Es geht zurück in den Blutkreislauf, bildet ein leistungsfähiges Gehirn, starke Nerven und ein muskulöses Gewebe. Diese vitale Samenflüssigkeit diffundiert durch den männlichen Körper, macht ihn männlich, stark, tapfer und heroisch. Wird er vergeudet, macht es den Mann unmännlich, labil und physisch schwach, anfällig für sexuelle Reize, verleiht ihm ein bemitleidenswertes Nervensystem, Epilepsie, viele Krankheiten und letzten Endes den Tod. Die Enthaltsamkeit sorgt für eine bemerkenswerte Zunahme der körperlichen und geistigen Stärke.“

Wenn die Samenproduktion beim Mann kontinuierlich ist, muss er entweder ausgeschieden oder resorbiert werden. Resultierend aus geduldigen und beharrlichen wissenschaftlichen Untersuchungen kann gesagt werden, dass, wann immer der Samen konserviert wird, er vom Körper resorbiert wird. Er reichert das Blut an und stärkt das Gehirn. Dr. Dio Louis denkt, dass die Erhaltung des Samens zur Stärke des Körpers, zur Stärke des Verstandes und zur Schärfe des Intellekts beiträgt. Ein anderer Autor Dr. E. P. Miller sagt: „Jede Vergeudung von Samen, ob freiwillig oder unfreiwillig, ist eine direkte Vergeudung der Lebenskraft. Es wird allgemein zugestimmt, dass die auserlesensten Elemente des Blutes am Aufbau des Spermas beteiligt sind. Wenn diese Zusammenfassungen zutreffen, dann folgt daraus, dass ein tugendhaftes Leben wesentlich zum Wohl des Mannes ist.“


6.2 Verstand, Prana und Samen

Verstand, Prana (Atmung) und Samen sind die drei Glieder einer Kette. Sie sind die drei Pfeiler der Seele. Zerstöre einen der Pfeiler, Verstand, Prana oder Samen und das Gebäude fällt in sich zusammen. Verstand, Prana und Samen sind eins. Indem du den Verstand kontrollierst, kannst du das Prana und den Samen steuern. Indem du Prana kontrollierst, kannst du den Verstand und den Samen steuern. Kontrollierst du den Samen, dann kannst du den Verstand und das Prana steuern. Verstand, Prana und Samen sind an einem göttlichen Stromkreis angeschlossen. Wenn der Verstand kontrolliert wird, dann wird auch die Atmung und der Samen automatisch gesteuert. Derjenige, der seinen Atem zurückhält, beruhigt seinen Verstand und hält ebenfalls seinen Samen zurück. Noch einmal. Wenn der Samen kontrolliert wird und wenn er durch reine Gedanken, durch die Praxis von Viparita Karani (Vorstufe zum Schulterstand), durch Sarvangasana (Schulterstand), durch Sirshasana (Kopfstand), durch Pranayama (Atemübungen) und durch Mudras (Fingeryoga) aufwärts ins Gehirn fließt, dann wird der Verstand und das Prana automatisch gesteuert.

Der Verstand wird vor allem durch zwei Dinge beunruhigt, durch die Erschütterungen des Prana und durch subtile Wünsche. Wo der Verstand beruhigt wird, wird auch das Prana zurückgehalten; und wo das Prana beruhigt ist, dort kommt auch der Verstand zur Ruhe. Verstand und Prana sind vertraute Begleiter, wie ein Mann und sein Schatten. Wenn der Verstand und das Prana nicht zurückgehalten werden, werden alle Sinne aktiviert und bringen Unruhe ins Leben. Macht sich bei einem Mann die Leidenschaft breit, dann wird das Prana durch eine erhöhte Atemfrequenz aktiv. Dann befolgt der ganze Körper die Befehle des Verstandes, genau so wie der Soldat den Befehl seines Kommandanten befolgt. Der Atem, das Prana, bewegt den Samen. Der Samen wird in Bewegung gesetzt. Er fällt abwärts, so wie die Wolken als Regen herabfallen, oder wie die Früchte, Blüten und Blätter der Bäume, durch die Kraft des tosenden Windes zu Boden fallen.

Geht der Samen verloren, dann wird die Atmung unruhig. Das Prana wird aufgewühlt. Der Mann wird nervös. Dann kann auch der Verstand nicht richtig arbeiten. Der Mann wird wankelmütig. Es stellt sich geistige Schwäche ein. Wird das Prana wieder beruhigt, dann kehrt auch wieder Ruhe im Verstand ein. Wird der Same bewahrt, dann herrscht Ruhe im Verstand. Wenn die Konzentration stetig ist, dann wird der Verstand ruhig. Folglich kontrolliere das Prana, den Samen und die Konzentration. Gott ist das Wesen der Freude. Gott ist der lebenswichtige Samen. Du kannst nur durch Gott und durch die Bewahrung des Samens ewiges Glück erlangen. Erfasse die volle Bedeutung dieser Lebensweisheit. Der Same ist eine lebenswichtige Energie. Gott selber ist dieser Same. Der Same ist Sita (Ehefrau von Rama, Sita gilt als Vorbild für eheliche Treue), Radha (Geliebte des Krishna) und Durga (Göttin der Vollkommenheit). Der Same ist dynamischer Wille, die Kraft der Seele, Gott in Bewegung, göttliche Kraft. Gott sagt in der Gita: „Ich bin der Same, die Zeugungskraft in den Männern“. Der Same ist das Wesentliche des Lebens, der Gedanken, der Intelligenz und des Bewusstseins. Daher konserviere diese lebenswichtige Flüssigkeit sehr, sehr sorgfältig!


6.3 Männliche Sterilisation (Vasektomie)

Abschnitt 6.3 gehört nicht zum Buch von Swami Sivananda. Er ergab sich zufällig durch eine Diskussion in einem Forum und ich hielt es für angebracht, diese Information hier einzufügen. Sie stellt gewissermaßen das Ergebnis einer längeren Diskussion dar, die ich einfach einmal hier so stehen lassen möchte.

Ich stellte im Forum folgende Frage: Ich bin da eben auf etwas gestoßen, das besonders für Männer von Interesse sein könnte, die sich aus Gründen der Familienplanung sterilisieren lassen wollen. Bei der Sterilisation wird normalerweise der Samenleiter des Mannes durchtrennt, so dass der Samen nicht mehr aus dem Hoden aufsteigen kann. Und damit ist der Mann nicht mehr zeugungsfähig. Nun gibt es aber einen Umstand, der in der westlichen Medizin scheinbar nicht so bekannt ist. Nämlich das die Erleuchtung im wesentlichen auf der Umwandlung des sexuellen Energie, sprich des männlichen Samens, beruht. Wenn aber die Samenproduktion infolge der Sterilisation sich einstellt, dann wird natürlich kein Same mehr produziert. Und damit ist auch die Erleuchtung nicht mehr möglich. Im folgenden gebe ich einfach ein paar Informationen wieder, die ich über dieses Thema gesammelt habe.

Bei der Sterilisation des Mannes durchtrennt der Chirurg nur die Samenleiter, bei der Kastration dagegen werden die gesamten Hoden entfernt. Noch mehrere Monate nach der Operation können befruchtungsfähige Spermien in der Samenflüssigkeit vorhanden sein. Sie überleben beispielsweise in der Samenblase. Deshalb untersucht der Arzt nach dem Eingriff mehrmals Proben des Ejakulats und überprüft den Operationserfolg. Bis das Ejakulat frei von Spermien ist, müssen Paare zusätzlich verhüten.

Lässt sich eine Sterilisation rückgängig machen?

Theoretisch lässt sich die Durchtrennung der Samenleiter durch eine komplizierte mikrochirurgische Operation beheben. Je länger der Eingriff zurückliegt, desto geringer sind allerdings die Chancen, den Mann wieder fruchtbar zu machen. (netdoktor.de)

Vasektomie: Operatives Durchtrennen der Samenleiter bei Sterilisation des Mannes. Wobei die endgültige Zeugungsunfähigkeit erst mit der Einstellung der Samenproduktion nach neun Monaten eintritt. (Vasektomie)

So, ich habe noch einmal nachgeschaut. Es sieht einerseits so aus, als ob normalerweise der Samenleiter durchtrennt wird. Aber natürlich ist auch das Abbinden des etwa 50 bis 60 cm langen Samenleiters möglich. Andererseits können sich durch die Sterilisation Antikörper gegen die Samen bilden, die den Samen unfruchtbar machen. Dies kommt offensichtlich dadurch zustande, dass bei der Sterilisation die Blut-Sperma-Schranke (unbeabsichtigt) durchbrochen wird. Es gelangen also Spermien in die Blutbahn, die daraufhin Antikörper gegen den Samen bilden.

Sterilisation beim Mann

Nach Desinfektion und örtlicher Betäubung wird die Haut an der Stelle geöffnet, wo die beiden Samenleiter vom Hoden in den (inneren, unsichtbaren Teil des) Penis übergehen (siehe Bild unter gyn.de). Aus den Samenleitern wird ein kleines Stück herausgetrennt. Dann werden die Enden zugenäht und/oder verschweißt und der winzige Schnitt in der Haut geschlossen.

Sicherheit, Folgen und Risiken der Sterilisation

Es wird zwar kein Samen mehr abgegeben, aber es erfolgt dennoch beim Orgasmus eine Ejakulation. Das Ejakulat besteht dann aus der in der Prostata gebildeten Flüssigkeit. Insofern hat eine Sterilisation keinerlei Auswirkung auf die Qualität der Sexualität und auf den Hormonhaushalt des Mannes. Im Gegensatz zur Sterilisation der Frau ist die Möglichkeit, die Samenleiter mikrochirurgisch irgendwann wieder zu vereinigen einfacher. Allerdings sinkt die Erfolgsaussicht einer Refertilisation (Wiederfruchtbarmachung), je länger die Sterilisation zurückliegt.

Dies liegt vor allem an der zunehmenden Bildung von Autoantikörpern gegen Spermien, die bei 50-80 % der sterilisierten Männer nachgewiesen werden können. Normalerweise sind Sperma und Blutkreislauf streng getrennt (Blut-Hoden-Schranke). Gelangen jedoch nach einer Verletzung der Blut-Hoden-Schranke (z. B. bei der Sterilisation, aber auch nach Genitaltraktinfektionen, bei Hodenverletzungen oder Gefäßfehlbildungen) Spermabestandteile in den Blutkreislauf, kann dieses die Bildung von Autoantikörpern veranlassen. Je nach Art der Antikörper können diese entweder die Spermien direkt zerstören, unbeweglich machen oder die Interaktion von Spermium und Eizelle blockieren. Je länger die Sterilisation zurückliegt, umso höher ist der Antikörperspiegel und umso fraglicher der Erfolg einer Refertilisation.


Abschnitt 2 – Die Glorie des Brahmacharya

7. Die Bedeutung des Brahmacharya

Brahmacharya setzt sich zusammen aus Achara, was Führung bedeutet, und Brahman, also Gott. Brahmacharya ist also die Realisierung des Weges, der zu Gott führt. Es bedeutet die Kontrolle des Samens, das Studium der Veden (Heiligen Schriften) und das Nachsinnen über Gott. Die technische Bedeutung von Brahmacharya ist Selbstverwirklichung, besonders die vollkommene Beherrschung der Sexualität, die Freiheit von der Sinneslust in Gedanken, im Wort und in der Tat. Brahmacharya heißt nicht nur Enthaltsamkeit im Geschlechtsverkehr, sondern auch von den Selbstbefriedigung, von homosexuellen Taten und von allen anderen sexuellen Praktiken. Es bedeutet auch die Enthaltung von allen erotischen Phantasien und lüsternen Träumen. Alle Art von erotischen Abnormalitäten und sexuelle Gewohnheiten aller Art, wie Masturbation und Sodomie (Sex mit Tieren), müssen vollständig überwunden werden. Sie führen am Ende nur zu einem vollkommenen Zusammenbruch des Nervensystems und zu unermesslichem Elend.

Brahmacharya ist Reinheit in Gedanken, im Wort und in der Tat. Es ist Zölibat und das Gelübde der Keuschheit. Die Bezeichnung „Zölibat“ kommt vom lateinischen „caelebs“, und bedeutet unverheiratet oder Single. Aber Brahmacharya ist nicht nur ein Junggesellendasein. Es beinhaltet nicht nur die Kontrolle über die Sexualität, sondern es umfasst die Kontrolle aller Wünsche in Gedanken, im Wort und in der Tat. Dies ist die Bedeutung von Brahmacharya im weitesten Sinne. Brahmacharya ist die Tür zum Nirwana, zur Erleuchtung. Zölibat ist der Schlüssel zum Himmelreich. Die Allee zum Wohnsitz des höchsten Friedens fängt mit Brahmacharya und Reinheit an. Brahmacharya ist absolute Freiheit von sexuellen Wünschen und Gedanken. Ein Brahmachari macht keinem Unterschied, wenn er eine Frau, ein Stück Papier oder einen Holzklotz berührt. Brahmacharya gilt sowohl für Männer als auch für Frauen. Bloße Kontrolle der Leidenschaften allein, ist nicht für Brahmacharya ausreichend. Dieses ist unvollständiges Brahmacharya. Du musst alle Organe kontrollieren. Die Ohren, die lüsterne Geschichten hören möchten, das wollüstige Auge, das fesselnde Bilder sehen möchte, die Zunge, die erregende Dinge schmecken möchte und die Haut, die aufregende Körper berühren möchte. Lüstern zu schauen, ist Ehebruch der Augen; lüstern zu hören, ist Ehebruch der Ohren; lüstern zu sprechen, ist Ehebruch der Zunge.


7.1 Die acht Verstöße des Brahmacharya

Du solltest als Brahmachari folgende acht Verstöße vermeiden:

1. das Betrachtens der Frauen mit leidenschaftlichem Blicken (Darshan)
2. den Wunsch, sie zu berühren (Sparshan)
3. mit ihnen zu spielen (Keli)
4. das Preisen der Qualitäten des anderen Geschlechts (Kirtan)
5. sich mit ihnen privat zu unterhalten (Guhya-Bhashan)
6. Ermittlungen über sie anzustellen (Sankalpa)
7. sich dem anderen Geschlecht mit dem Wunsch nach käuflicher Liebe zu nähern (Adhyavasaya)
8. den sexuelle Akt zu vollziehen (Kriyanivritti)

Diese acht Arten des Genusses sind acht Arten von Brüchen, die das Keuschheitsgelübde verletzen. Du solltest diese acht Verstöße mit großer Obacht, aufrichtiger Anstrengung und aufmerksamer Umsicht vermeiden. Nur der, der frei von allen diesen Verstößen ist, kann als ein Brahmachari angesehen werden. Ein Brahmachari sollte eine Frau nicht mit lüsternen Augen betrachten. Er sollte nicht den Wunsch haben, sie zu berühren oder neben ihr in sinnlicher Absicht zu gehen. Er sollte nicht mit ihr spielen, keine unanständigen Witze machen und nicht mit ihr streiten. Er sollte nicht die Qualitäten einer Frau preisen, auch nicht vor seinen Freunden. Er sollte nicht heimlich mit einer Frau sprechen. Er sollte nicht einmal an Frauen denken, solange er Brahmacharya nicht verwirklicht hat. Er sollte keinen Wunsch nach sexuellem Vergnügen haben. Ein Brahmachari sollte jeglichen sexuellen Verkehr vermeiden. Wenn er nur eine der oben genannten Regeln bricht, verstößt er gegen das Gelübde des Brahmacharya.

Obwohl die ersten sieben Arten der Verstöße gegen das Gelübde des Brahmacharya nicht zum Verlust des Samens führen, wird dennoch der Samen vom Blut getrennt oder es versucht ihm zu entgehen, wenn sich dazu die passende Gelegenheit bietet, entweder in Träumen oder auf andere Weise. Die ersten sieben Arten entsprechen vielmehr geistigen Genüssen, denen sich der Brahmachari ebenfalls enthalten sollte. Brahmachrins sollten nicht über Sex reden. Sie sollten nicht an Frauen denken. Vergegenwärtige dir das Bild deines persönlichen Gottes, wenn sich sinnliche Gedanken bei dir einschleichen. Wiederhole unaufhaltsam dein Mantra. Lüsterne Blicke, lüsternes Denken und feuchte Träume sind Verstöße gegen das Gebot des Brahmacharya. Sei tugendhaft in deinem Blick. Durch lüsterne Blicke findet eine interne Entladung statt. Samen wird aus dem System entfernt. Sieh Mutter Kali, die schwarze Göttin, in allen Frauen. Kultiviere göttliche Gedanken. Praktiziere regelmäßig Japa und Meditation. Dann wirst du Brahmacharya verwirklichen.


7.2 Körperliches und geistiges Brahmacharya

Es ist notwendig, dass dein Verstand rein ist, wenn du ein Brahmachari sein möchtest. Geistiges Brahmacharya ist wichtiger als körperliches Brahmacharya. Du solltest Erfolg in körperlichem Brahmacharya, aber auch in geistigem Brahmacharya anstreben. Dieser Geisteszustand, bei dem kein sexueller Gedanke mehr vorhanden ist, wird geistiges Brahmacharya genannt. Wenn die Gedanken unrein sind, ist der Geschlechtantrieb sehr stark. Brahmacharya hängt von der vollständigen Regulierung des ganzen Lebens ab. Wenn du nicht die lüsternen Gedanken kontrollieren kannst, dann kontrolliere zumindest den physischen Körper. Körperliches Brahmacharya muss anfangs streng geübt werden. Kontrolliere den Körper, wenn der sexuelle Impuls dich beunruhigt. Geistige Reinheit oder geistiges Brahmacharya wird sich dann ebenfalls allmählich einstellen. Sicher ist es besser, die Sinne zu kontrollieren, als sich dem sinnlichen Vergnügen hinzugeben. Praktizierst du ausdauernd Japa und Meditation, dann werden allmählich deine Gedanken gereinigt. Letztendlich wird auch der Verstand klein beigeben und sich der Kontrolle unterziehen.

Ein sexueller Akt belebt alle sinnlichen Ideen wieder aufs neue und gibt ihnen neue Nahrung. Darum sollte zuerst der Körper kontrolliert werden. Körperliches Brahmacharya muss zuerst verwirklicht werden. Erst danach kannst du mentale Reinheit, geistiges Brahmacharya verwirklichen. Du solltest in der Lage sein, den Geschlechtsverkehr für Monate oder Jahre zu stoppen. Aber es sollte kein sexuelles Verlangen mehr bestehen. Es sollten keine erotischen Gedanken mehr entstehen, wenn du eine Frau betrachtest oder wenn du in der Gesellschaft von Frauen bist. Hast du in dieser Richtung Erfolg, dann hast du Brahmacharya vollkommen verwirklicht. Dann hast du die Gefahrenzone durchquert. Man sollte seine Gedanken in Zaum halten. Ein schlechter Wunsch ist fast einem Ehebruch gleichzusetzen. Der Gedanke ist mitunter schlimmer als die Tat. Es ist aber ein großer Unterschied, ob man einen Mann erschießt, oder ob man nur den Gedanken hat, einen Mann zu erschießen. Genau so ist es natürlich ein Unterschied, von einer erotische Begegnung mit einer Frau zu träumen oder mit ihr realen Sexualkontakt zu haben. Wenn es auch nur einen einzelnen unreinen sexuellen Gedanken im Verstand gibt, kannst du kaum erwarten, strenges geistiges Brahmacharya zu verwirklichen.

Du kannst nicht als Oordhvaretas (ein Yogi, der die Samenenergie im Gehirn gespeichert hat) benannt werden, wenn deine Samenenergie nicht aufwärts zum Gehirn fließt, um dort als Ojas Shakti (spirituelle Energie) gespeichert zu werden. Gibt es auch nur einen einzigen unreinen Gedanken, dann hat der Samen die Tendenz, abwärts zu fließen. Der Zustand des geistigen Brahmacharya sollte auch unter erotischen Versuchungen und während einer Krankheit aufrecht erhalten werden. Nur dann bist du sicher. Die Sinne fangen an, sich während der Zeiten der Krankheit aufzulehnen und auch, wenn sie mit Sinnesobjekten in Berührung kommen. Wenn sich sinnliche Gedanken in deinen Verstand einschleichen, liegt er an unbewussten Leidenschaften. Der gerissene, diplomatische Verstand sucht leise nach sinnlicher Befriedigung, indem er eine Frau betrachtet und mit ihr spricht. Geistige Versuchungen finden heimlich und unbewusst statt. Die sexuelle Energie ist dann nicht vollkommen sublimiert worden. Das vitale Sein oder das Pranamava Kosa (die energetische, astrale Hülle, die die Emotionen und die intellektuellen Fähigkeiten des Menschen beinhaltet) ist nicht tadellos gereinigt worden. Dies ist der Grund, warum unreine Gedanken in deinen Verstand eindringen. Praktiziere mehr Japa und Meditation. Praktiziere Nächstenliebe in Form von selbstlosem Dienst für die Gesellschaft. Und schon bald wirst du geistige Reinheit erlangen.

Lerne deinen Verstand mit dem Wasser der Reinheit des Zölibats und mit der Seife der göttlichen Liebe zu reinigen. Wie kannst du erwarten, innerlich rein zu werden, wenn du bloß den äußeren Körper mit Wasser und Seife wäscht? Innere Reinheit ist ebenso wichtig wie äußere Reinheit. Das Leben eines Brahmachari fördert den spirituellen Fortschritt. Gib der Sinneslust keine neue Bestätigung durch immerwährende Wiederholung sexueller Befriedigung. Lenke den Verstand ab. Intensive Grübelei über Sinnesobjekte schadet dem spirituellen Leben ebenso wie tatsächliche Sinnesbefriedigung. Wenn der Verstand nicht durch spirituelle Praxis gereinigt wird, bringt äußere Askese nicht den gewünschten Erfolg. Wenn die äußeren Sinne kontrolliert werden, die inneren Sinne aber noch voller Energie sind, dann nehmen sie Rache am Verstand und erzeugen intensive geistige Störungen und wilde Phantasien.

Es ist der Verstand, der für diese Unruhe sorgt. Ein Wunsch entsteht in deinem Verstand und die Phantasie bekommt Flügel. Dann beginnst du zu handeln. Die Wünsche des Verstandes werden in die Tat umgesetzt. Zuerst gibt es Sankalpa (den Gedanken, den Wunsch, die Vorstellung) und dann kommt die Handlung. Darum erlaube dem sexuellen Gedanken nicht, in den Verstand einzudringen. Kein Raum ist allzeit leer. Dies ist ein Naturgesetz. Wenn eine Sache von einem Platz entfernt wird, nimmt unmittelbar eine andere ihren Platz ein. Das gleiche Gesetz hat Gott für die geistige Welt vorgesehen. Darum ist es notwendig, schlechte Gedanken durch reine Gedanken zu ersetzen. Wie du denkst, so wirst du. Dieses ist ein ungeschriebenes psychologische Gesetz. Der lüsterne Verstand wird allmählich durch göttliche Gedanken gereinigt.


7.3 Eine allgemeine Klage

Es gibt immer wieder Klagen von Männern, die keinen rechten Erfolg im Brahmacharya erlangen, obwohl sie sich ernsthaft um aufrichtiges Brahmacharya bemühen. Sie sind unnötigerweise besorgt und entmutigt. Sie unterliegen einem Irrtum. Es gibt auch im spirituellen Bereich gewissermaßen eine sehr subtile thermische Registrierung. Das spirituelle Thermometer registriert oder zeigt die geistige Reinheit sehr minuziös an. Ein geläuterter Intellekt beinhaltet einen hohen Grad an Reinheit. Intensive spirituelle Praxis, Leidenschaftslosigkeit und der brennende Wunsch nach Befreiung und Erkenntnis, bringen den höchsten Grad an geistiger Reinheit. Wenn jemand das Gayatri-Mantra oder die heilige Silbe OM für eine halbe Stunde wiederholt, dann registriert das spirituelle Thermometer sofort einen minuziösen Anstieg der geistigen Reinheit. Du wirst aber nicht imstande sein, die Veränderung des unreinen Intellekts sofort zu erkennen. Übe für ein oder zwei Jahre regelmäßig spirituelle Praktiken und vergleiche anschließend deinen Geisteszustand mit dem der vorhergehenden Jahre. Du wirst bestimmt eine beträchtliche Veränderung feststellen. Du wirst mehr Stille, mehr Reinheit und eine größere moralische Kraft und Stärke vorfinden. Daran gibt es keinen Zweifel. Sind die alten Gewohnheiten und Begierden sehr stark, wird es einige Zeit dauern, um geistige Reinheit zu erlangen. Du brauchst darum nicht entmutigt zu sein. Verzweifle nicht. Mit dem rechten Bemühen, kommt jeder ernsthafte Brahmacharya irgendwann ans Ziel.


8. Die Glorie des Brahmacharya

Es kann keine Sprache ohne Vokale geben. Du kannst kein Bild ohne eine Leinwand malen. Du kannst kein Buch ohne Papier schreiben. Ebenso kannst du keine Gesundheit und kein spirituelles Leben ohne Brahmacharya verwirklichen. Brahmacharya bringt sozialen Aufstieg und gesundheitliche Verbesserungen. Es ist die Grundlage für ein moralisches Leben. Es ist die Grundlage für ein langes und gesundes Leben. Es ist eine Frühlingsblume, die Unsterblichkeit von ihren Blütenblättern ausströmt. Es ist die Basis für ein Leben des Friedens in Atman (Seele). Es ist der feste Rückhalt für Brahmanishtha (Gotteskenner), der begeistert von Weisen und Yogaschülern ersehnt wird. Brahmacharya ist das Schild für einen Kampf gegen die Sinneslust, den Zorn und die Geldgier. Es dient als Tor zum Glück. Es öffnet die Tür zur Befreiung. Es führt zur beständigen Freude, zum ununterbrochenen und reinen Glück. Sogar Rishis (weise Ratgeber), Devas (Halbgötter), Gandharvas (himmlischen Musikanten) und Kinnaras (Astralwesen, halb Mensch, halb Vogelwesen) dienen zu Füßen des Brahmachari. Sogar Isvara, der Gott des Raja Yoga, trägt auf seine Stirn den Staub der Füße eines Brahmachari. Brahmacharya ist der einzige Schlüssel, zum öffnen der Sushumna, des Hauptenergiekanals im Rückenmark, um die Kundalini zu wecken. Brahmachari bringt Glorie, Ruhm, Tugend und göttlichen Segen. Wer kann die Großherzigkeit, das Majestätische und die Glorie eines verwirklichten Brahmachari beschreiben!

Die Veden, die indischen Heiligen Schriften, erklären, dass durch Brahmacharya und die Buße der Götter der Tod besiegt wird. Wie wurde Hanuman, der Affengott, ein Mahavir (großer Krieger)? Es geschah mit der Waffe des Brahmacharya, die ihm unübertreffliche Stärke verlieh. In der Bhagavad Gita wird berichtet, dass der große Bhishma, der Großvater der Pandavas und der Kauravas, den Tod durch Brahmacharya besiegte. Es ist nur Lakshman (Bruder Ramas, Rama ist die siebte Inkarnation von Vishnu), der ideale Brahmachari, ein Mann von unschätzbarer Tapferkeit, der Eroberer der drei Welten (Hölle, Erde, Himmel), der Sohn von Ravana, der Meghanada abwehrte. Sogar Gott Rama wagte nicht, sich ihm entgegen zu stellen. Nur durch die Kraft des Brahmacharya, war Lakshman in der Lage, den unbesiegbaren Meghanada zu besiegen. Der Mut und die Größe des letzten Hindukaisers Prithviraj, lagen in der Kraft, die der Brahmacharya ihm verlieh. Es gibt nichts in den drei Welten, das nicht durch einen Brahmachari erreicht werden könnte. Die Rishis von einst wussten um den Wert des Brahmacharya und das ist der Grund, warum sie in schönen Versen über die Glorie von Brahmacharya sangen.

Genau so wie Öl den Docht herauffließt und in einem glühendem Licht verbrennt, so fließt auch der Samen (die sexuelle Energie) durch die Yogapraxis aufwärts zum Gehirn und wird dort in Ojas (spirituelle Energie) umgewandelt. Das Zölibat verleiht dem Brahmachari einen brahmischen Glanz in seinen Gesicht. Brahmacharya ist das helle Licht, das aus seinen Augen erstrahlt. Es ist die erblühte Blume des Lebens, um die die Bienen der Stärke, der Geduld, des Wissen, der Reinheit und der Gelassenheit summen, hierhin und dorthin fliegen. Mit anderen Worten, der, der Brahmacharya beachtet, wird mit den oben genannten Qualitäten ausgestattet. Die Heiligen Schriften erklären es nachdrücklich: Durch die Praxis von Brahmacharya nehmen Langlebigkeit, Ruhm, Stärke, Vitalität, Wissen, Reichtum, Berühmtheit, Tugenden und Hingabe zur Wahrheit zu.


8.1 Das Geheimnis der Gesundheit und Langlebigkeit

Reine Luft, reines Wasser, gesunde Nahrung, Yoga, Joggen, Sport, Spiele im Freien, Wandern, Spazieren gehen, Fahrrad fahren, Rudern, Schwimmen, leichte Spiele wie Tennis, alles dies trägt zur Erhaltung einer guten Gesundheit bei und sorgt für eine hohe Vitalität. Es gibt in der Tat viele Wege, Gesundheit und Kraft zu erlangen. Diese körperlichen Betätigungen sind zweifellos ein unentbehrliches Erfordernis. Aber Brahmacharya ist von allen das wichtigste. Ohne Brahmacharya bleiben alle deine Übungen ohne Erfolg. Es ist das Sesamöffnedich zum öffnen der Reiche von Gesundheit und Glück. Es ist der Eckstein zum Gebäudes des Glücks und zur reinen Glückseligkeit. Brahmacharya ist das einzig Besondere, das die Männlichkeit aufrechterhält. Die Bewahrung des Samens ist das Geheimnis der Gesundheit und der Langlebigkeit. Es ist der Erfolg im körperlichen, geistigen, intellektuellen und spirituellen Wohlbefinden. Derjenige, der sogar nur ein wenig Brahmacharya praktiziert, wird über eine Krise oder eine Krankheit leichter hinwegkommen. Leidet der normale Mann beispielsweise einen Monat lang an einer Krise, so hat derjenige, der wenigstens ein wenig Brahmacharya praktiziert, die Krise vielleicht bereits nach einer Woche überwunden.

Die Srutis, die hinduistischen Schriften, halten ein Alter von 100 Jahren für einen Mann für normal. Dieses Alter kannst du aber nur erreichen, wenn du Brahmacharya praktizierst. Es gibt zwar Männer, die ein langes Leben und eine hohe intellektuelle Leistungskraft, trotz ihrer unmoralischen Lebensweise, erreichen. Aber sie wären noch leistungsfähiger und brillanter gewesen, hätten sie einen besseren Charakter und etwas mehr Mäßigkeit besessen. Nachdem Dhanvantari, der Vater des Ayurveda, seinen Schülern alle Details über Ayurveda mitgeteilt hatte, erkundigten sie sich nach dem Hauptgedanken seiner medizinischen Wissenschaft. Der Meister antwortete: „Ich sage euch, dass Brahmacharya wirklich ein kostbarer Juwel ist. Es ist in der Tat die wirkungsvollste Medizin, die Krankheit, Unglück und Zerfall zerstört. Für das Erreichen des inneren Friedens, von Freundlichkeit, Wissen, einem guten Gedächtnis, einer guten Gesundheit und zum Erlangen der Selbstverwirklichung, sollte man Brahmacharya, das höchste Dharma, die höchste Ethik, unbedingt beachten. Brahmacharya ist das höchste Wissen; Brahmacharya ist die größte Stärke. Die Natur des Brahmacharya entspricht der Natur des Atman. Atman, die Seele, hat ihren Wohnsitz im Brahmacharya. Verneige dich vor dem Brahmacharya und Heilung wird dir zuteil. Brahmacharya kann alle unheilvollen Leiden auflösen.“

Die Praxis von Brahmacharya gibt eine gute Gesundheit, innere Stärke, Frieden des Verstandes und ein langes Leben. Es kräftigt den Verstand und die Nerven. Es hilft, körperliche und mentale Energie zu konservieren. Es vergrößert das Gedächtnis, die Willenskraft und die Leistungsfähigkeit des Gehirns. Es schenkt enorme Stärke, Tapferkeit und Vitalität. Das Auge ist das Fenster der Seele. Wenn der Verstand rein und ruhig ist, ist das Auge ruhig und sicher. Der, der im Brahmacharya ruht, hat glänzende Augen, eine wohlklingende Stimme und einen schönen Teint.


8.2 Brahmacharya fördert die Konzentration

Durch das Praktizieren von Brahmacharya, wird Vitalität erreicht. Der Yogi erlangt Selbstverwirklichung durch das Erreichen von geistigem und körperlichem Brahmacharya. Wenn der Verstand rein und klar ist, hilft Brahmacharya ihm, göttliches Wissen und andere Fähigkeiten zu erlangen. Dann wird die Fokussierung des Verstandes einfach. Konzentration und Reinheit gehen dabei Hand in Hand. Selbst wenn ein Weiser nur einige wenige Worte spricht, hinterlässt er meist einen tiefen Eindruck bei seinen Zuhörern. Dieses liegt an seinem Ojas Shakti, seiner spirituellen Energie, die durch die Bewahrung des Samens und seiner Umwandlung entsteht. Ein aufrechter Brahmachari, der Enthaltsamkeit in Gedanken, im Wort und in der Tat praktiziert, hat eine wundervolle Gedankenenergie. Er kann die ganze Welt verändern. Wenn du strenges Zölibat entwickelt hast, entwickelt sich eine starke Unterscheidungskraft und eine starke Konzentration. Die Unterscheidungskraft ist die Energie, die die Wahrheit erforscht. Die Konzentration ist die Energie, die die Wahrheit erfasst und sie festhält. Wenn ein Mann im Zölibat lebt, wird die Samenenergie aufwärts zum Gehirn gelenkt und wird als Ojas Shakti gespeichert. Dadurch wird die Leistung des Intellekts um einen bemerkenswerten Grad verstärkt. Durch das Zurückhalten des Samens wird der Intellekt scharf und klar. Wird der Samen noch mehr zurückgehalten, so wird die Leistung des Gedächtnisses noch weiter gesteigert. Das strenge Zölibat hat sogar im Alter ein scharfsinniges und kühnes Gedächtnis zur Folge.

Ein Mann, der die Energie von Brahmacharya besitzt, kann unermessliche geistige und physische Arbeit verrichten. Er hat eine strahlende Aura um sein Gesicht. Er kann Leute beeinflussen, indem er nur ein paar Worte spricht, oder sogar allein durch seine Anwesenheit. Er kann den Zorn lenken und die ganze Welt verrücken. Betrachte Mahatma Gandhi! Er hat diese Energie durch konstante und vorsichtige Praxis von Ahimsa (Gewaltlosigkeit), Satyam (Wahrheit) und Brahmacharya erworben. Er beeinflusste die Welt allein durch diese Energie. Durch Brahmacharya, nur durch Brahmacharya alleine, kannst du körperlichen und geistigen Aufstieg im Leben erlangen. Es ist wert, es zu wiederholen, dass ein wahrer Brahmachari enorme Energie, einen klaren Verstand, gigantische Willensenergie, ein mutiges Verständnis, ein gutes Gedächtnis und die Kraft zur Selbsterforschung besitzt. Swami Dayananda stoppte das Massaker eines Maharaja (indischer Fürst). Er zerbrach das Schwert mit seinen Händen. Dieses war auf die Energie zurückzuführen, die Brahmacharya ihm verlieh. Jesus, Sankara, Jnana Deva und Samarth Ramdas waren Brahmacharins.

Vom Übersetzer eingefügt:

Hier einige Verse aus der Bibel, die darauf hindeuten, dass auch Jesus, genau so wie Buddha, vermutlich enthaltsam lebte:

Matthäus 19,12 : 12 Denn einige sind von Geburt an zur Ehe unfähig; andere sind von Menschen zur Ehe unfähig gemacht; und wieder andere haben sich selbst zur Ehe unfähig gemacht um des Himmelreichs willen. Wer es fassen kann, der fasse es!

Ermahnung und Warnungen

Im Brief an die Galater erwähnt der Apostel Paulus die Unzucht, die Unlauterkeit, die Ausschweifung und andere Laster als „Werke des Fleisches“ und weist darauf hin, dass jene, die solches tun, das Reich Gottes nicht erlangen werden.

Gal. 5, 13-26: 13-15 Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder; allein gebraucht nicht die Freiheit zu einem Anlass für das Fleisch, sondern durch die Liebe dient einander. Denn das ganze Gesetz ist in einem Worte erfüllt, in dem: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. Wenn ihr aber einander beißt und fresst, so seht zu, dass ihr nicht voneinander verzehrt werdet.

16-26 Ich sage aber: Wandelt im Geiste, und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht erfüllen. Denn das Fleisch gelüstet wider den Geist, der Geist aber wider das Fleisch; diese aber sind einander entgegengesetzt, auf dass ihr nicht das tut, was ihr wollt. Wenn ihr aber durch den Geist geleitet werdet, so steht ihr nicht unter dem Gesetz. Offenbar aber sind die Werke des Fleisches, welche sind: Hurerei, Unlauterkeit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Hader, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht, Spaltungen, Neid, Totschlag, Trunkenheit, Gelage und dergleichen, von denen ich euch vorhersage, gleichwie ich auch vorhergesagt habe, dass, die solches tun, das Reich GOTTES nicht ererben werden. Die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit; wider solche gibt es kein Gesetz. Die aber des CHRISTUS sind, haben das Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und Lüsten. Wenn wir durch den Geist leben, so lasst uns auch durch den Geist wandeln. lasst uns nicht eitler Ehre geizig sein, indem wir einander herausfordern, einander beneiden.

Dieselbe Lehre wiederholt Paulus auch gegenüber den Ephesern:

Epheser 5,1-14: So seid nun Gottes Nachfolger als seine geliebten Kinder und wandelt in der Liebe, gleichwie Christus uns hat geliebt (…). Hurerei aber und alle Unlauterkeit oder Gier werde nicht einmal gesprochen unter euch, wie es Heiligen geziemt… Denn das sollt ihr wissen, dass kein Hurer oder Unreiner oder Habsüchtiger, welcher ist ein Götzendiener, Erbe hat in dem Reich Christi und Gottes. Lasset euch niemand verführen mit vergeblichen Worten; denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Unglaubens. Darum seid nicht ihr Mitgenossen. Denn ihr waret ehedem Finsternis; nun aber seid ihr ein Licht in dem Herrn. Wandelt wie die Kinder des Lichts, die Frucht des Geistes ist allerlei Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit, und prüfet, was da sei wohlgefällig dem Herrn. Und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, strafet sie aber vielmehr. Denn was heimlich von ihnen geschieht, das ist auch zu sagen schändlich… Darum heißt es: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“

Im ersten Brief an die Korinther weist der heilige Paulus darauf hin, dass „der Leib nicht für die Unzucht da ist, sondern für den Herrn und der Herr für den Leib:

1 Korinther 6, 12-20: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles nützt mir. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich. Die Speisen sind für den Bauch da und der Bauch für die Speisen. Gott wird beide vernichten. Der Leib ist aber nicht für die Unzucht da, sondern für den Herrn, und der Herr für den Leib. Gott hat den Herrn auferweckt; er wird durch seine Macht auch uns auferwecken. Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind? Darf ich nun die Glieder Christi nehmen und zu Gliedern einer Dirne machen? Auf keinen Fall! Oder wisst ihr nicht: Wer sich an eine Dirne bindet, ist ein Leib mit ihr? Denn es heißt: Die zwei werden ein Fleisch sein. Wer sich dagegen an den Herrn bindet, ist ein Geist mit ihm. Wer sich dagegen an den Herrn bindet, ist ein Geist mit ihm. Hütet euch vor der Unzucht! Jede andere Sünde, die der Mensch tut, bleibt außerhalb des Leibes. Wer aber Unzucht treibt, versündigt sich gegen den eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!“

Im Brief an die Kolosser kehrt Paulus zum selben Thema zurück:

Kolosser 3, 5: „So tötet nun eure Glieder, die auf Erden sind, Hurerei, Unreinigkeit, schändliche Brunst, böse Lust und den Geiz, welcher ist Abgötterei.“

Das Keuschheitsthema wird vom heiligen Paulus unter verschiedenen Gesichtspunkten im 7. Kapitel des ersten Briefes an die Korinther entwickelt. Es handelt sich nicht um eine „Abhandlung“ im eigentlichen Sinn, vielmehr finden wir hier Antworten auf Fragen vor, die Mitglieder der Gemeinde an den Apostel herangetragen haben. Das ganze Kapitel zeigt deutlich, dass der Apostel den sexuellen Bereich in einem engen Zusammenhang mit der ursprünglichen Beziehung eines jeden Menschen zu Gott sieht. Der heilige Paulus räumt ein, dass sowohl der Ehestand als auch der Zölibat oder die Jungfräulichkeit Gaben Gottes sind (1 Kor 7. 7-38) und daher der Ehestand durchaus legitim und heiligend ist. Aus mehreren Gründen erachtet er jedoch den geweihten Stand der Jungfräulichkeit oder des Zölibats als empfehlenswerter. Einmal, weil die Jungfräulichkeit deutlicher als die Ehe das Siegel der Wirklichkeit des Reiches Gottes trägt, gehört die Ehe doch zur „Gestalt dieser Welt, die vergeht“. Da der Stand der Enthaltung größere Freiheit für die Dinge Gottes schenkt, „möchte ich, dass ihr frei seiet von rastloser Sorge. … Die unverheiratete Frau und die Jungfrau sorgen sich um die Sache des Herrn, dass sie heilig seien an Leib und Geist“. Die Verheiratete aber bemüht sich notgedrungen und aus Standespflicht darum, ihrem Gatten zu gefallen, das bedeutet Sorge um viele vergängliche Dinge. Um so schwerer fällt es unter diesen Umständen, die für einen Christen angebrachte Haltung einzunehmen, zu der der Apostel aufruft: „Seid ihr also auferweckt worden mit Christus, so sucht, was droben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Was droben ist, habt im Sinn, nicht was auf Erden ist!“ (Kol 3,1f).

In seinem ersten Brief an die Thessalonicher um 50 n.Chr. sprach sich Paulus gegen die Unzucht aus und mahnte die Christen zur Heiligung ihres Leibes:

1 Thessalonicher 4,3-8: „Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, und dass ihr meidet die Hurerei. Und ein jeglicher unter euch wisse sein Gefäß zu behalten in Heiligung und Ehren und nicht in der Brunst der Lust wie die Heiden, die von Gott nichts wissen… Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinigkeit, sondern zur Heiligung… Wer nun verachtet (Gottes Wille), der verachtet nicht Menschen, sondern Gott, der seinen heiligen Geist gegeben hat in euch.“

Quelle: Kardinal Jorge Medina Estevez: Die Keuschheit

1.Korinther 7,7-9 : 7Ich wollte zwar lieber, alle Menschen wären, wie ich bin, aber jeder hat seine eigene Gabe von Gott, der eine so, der andere so. 8Den Ledigen und Witwen sage ich: Es ist gut für sie, wenn sie bleiben wie ich. 9Wenn sie sich aber nicht enthalten können, sollen sie heiraten; denn es ist besser, zu heiraten als sich in Begierde zu verzehren.
1 Korinther 7,29: „Die da Weiber haben, dass sie seien, als hätten sie keine.“
Wenn wir verheiratet sind, können wir es nicht vermeiden, in den Anliegen der Welt verwickelt zu sein; es wird immer schwierig sein, sich rein von weltlichen Dingen zu halten. Und dies ist der Grund, warum Jesus uns sagt, andere haben auf Heirat verzichtet, wegen des Himmelreiches. Die Führung die uns die Bibel also gibt, ist unverheiratet zu bleiben und so zu leben, als ob wir keine Frau hätten.

Kolosser 3,1-2 :“Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist.“
Römer 8,5-8 : 5Denn die da fleischlich sind, die sind fleischlich gesinnt; die aber geistlich sind, die sind geistlich gesinnt. 6Aber fleischlich gesinnt sein ist der Tod, und geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede. 7Denn fleischlich gesinnt sein ist Feindschaft gegen Gott, weil das Fleisch dem Gesetz Gottes nicht untertan ist; denn es vermag’s auch nicht. 8Die aber fleischlich sind, können Gott nicht gefallen.
Römer 13,13–14: Lasset uns ehrbar wandeln wie am Tag. Nicht in Fressen und Saufen, nicht in Wollust und Unzucht, nicht in Hader und Neid, sondern ziehet den Herrn Jesus Christus an und pflegt das Fleisch nicht zur Erregung eurer Lüste.

Eine zweite Version lautet
Römer 13,13-14: Lasset uns ehrbar wandeln als am Tage, nicht in Fressen und Saufen, nicht in Kammern und Unzucht, nicht in Hader und Neid; sondern ziehet an den Herrn Jesus Christus und wartet des Leibes, doch also, dass er nicht geil werde.
Matthäus 24,38 : „Denn gleichwie sie waren in den Tagen vor der Sintflut, sie aßen, sie tranken, sie freiten und ließen sich freien, bis an den Tag, da Noah zu der Arche einging“.

Lukas 17,26-27 :“Und wie es geschah zu den Zeiten Noahs, so wird’s auch geschehen in den Tagen des Menschensohnes: sie aßen, sie tranken, sie freiten, sie ließen freien bis auf den Tag, da Noah in die Arche ging und die Sintflut kam und brachte sie alle um“.

Lukas 20,34-36 : „Die Kinder dieser Welt freien und lassen sich freien; welche aber würdig sein werden, jene Welt zu erlangen und die Auferstehung von den Toten, die werden weder freien noch sich freien lassen. Denn sie können hinfort nicht sterben; denn sie sind den Engeln gleich und Gottes Kinder, dieweil sie Kinder sind der Auferstehung.“
Hier beschreibt Jesus ein typisches weltliches Leben, ein Leben von Leuten deren Sinn und Streben auf die Dinge hier drunten ausgerichtet sind. Ihre Herzen sind bei den Dingen dieser Erde, bei weltlichen Dingen. Und freien und sich freien lassen ist so sehr Teil dieser Art des Lebens.

Und Leute, die dieses Leben führen, werden das wirkliche Leben versäumen. Im entscheidenden Augenblick wird das Verderben sie überfallen. Sie werden das große Abendmahl verpassen. Wenn die Einladung kommt, werden sie zu sehr mit ihren weltlichen Dingen beschäftigt sein und sie werden Ausreden haben und sagen, „Ich habe ein Weib genommen, darum kann ich nicht kommen“ (Lukas 14,20). Das beschäftigt sein mit dem Denken über Liebesabenteuer, mit der leiblichen Anziehungskraft andere Menschen, mit dem Wunsch nach Freundschaft zum anderen Geschlecht, mit Freien und mit dem Lesen und Sehen von Liebesgeschichten, wird uns davon abhalten, die Dinge die droben sind zu suchen. Diese Tätigkeiten werden uns daran hindern, Jesus zu folgen. Offenbarungen des Johannes 14,3-5 : „3Und sie sangen ein neues Lied vor dem Thron und vor den vier Gestalten und den Ältesten; und niemand konnte das Lied lernen außer den Hundertvierundvierzigtausend, die erkauft sind von der Erde. 4Diese sind’s, die sich mit Frauen nicht befleckt haben, denn sie sind jungfräulich; die folgen dem Lamm nach, wohin es geht. Diese sind erkauft aus den Menschen als Erstlinge für Gott und das Lamm, 5und in ihrem Mund wurde kein Falsch gefunden; sie sind untadelig.“

Wenn wir wirklich des Lammes Namen und den Namen seines Vaters geschrieben an unserer Stirn haben wollen (Offenbarung 14,1), dann müssen wir uns auf das Reich Gottes konzentrieren. Wenn wir wirklich unseren Sinn und Verstand und unser Denken, das sich in unserer Stirn befindet, auf geistige Dinge ausrichten wollen, dann müssen wir schon Abstand nehmen von weltlichen Beschäftigungen und Interessen. Unser Denken muss in eine Richtung gehen und sollte nicht gespalten sein.1 Joh 2,15-17: „Liebt nicht die Welt und was in der Welt ist! Wer die Welt liebt, hat die Liebe zum Vater nicht. Denn alles, was in der Welt ist, die Begierde des Fleisches, die Begierde der Augen und das Prahlen mit dem Besitz, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. Die Welt und ihre Begierde vergeht; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit“.1. Timotheus 5,6: „Welche aber in Wollüsten lebt, die ist lebendig tot.“Römer 13, 11-14: „Und weil wir solches wissen, nämlich die Zeit, dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf. So lasset uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichtes. Lasset uns ehrbar wandeln als am Tage, nicht in Fressen und Saufen, nicht in Kammern und Unzucht, nicht in Hader und Neid; sondern ziehet an den Herrn Jesus Christus und wartet des Leibes, doch also, dass er nicht geil werde.“
Gal 6,8 : „Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten.“
1. Korinther 9,11: So wir euch das Geistliche säen, ist’s ein großes Ding, wenn wir euer Leibliches ernten? (Der heilige Hieronymus sagte über die heilige Paula: „Sie säte im Fleische, um im Geiste zu ernten.“)

Jakobus 1, 13-14: „Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand. Sondern ein jeglicher wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust gereizt und gelockt wird. Darnach, wenn die Lust empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert sie den Tod.“

2 Petrus 2,9-19 : Der Herr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu erlösen, die Ungerechten aber zu behalten zum Tage des Gerichts, sie zu peinigen, allermeist aber die, so da wandeln nach dem Fleisch in der unreinen Lust… Sie achten für Wollust das zeitliche Wohlleben, sie sind Schandflecken und Laster…, haben Augen voll Ehebruchs, lassen sich die Sünde nicht wehren… Sie haben verlassen den richtigen Weg und gehen irre… Das sind Brunnen ohne Wasser, und Wolken, vom Windwirbel, umgetrieben, welchen behalten ist eine dunkle Finsternis in Ewigkeit. Denn sie reden stolze Worte, dahinter nichts ist, und reizen durch Unzucht zur fleischlichen Lust… und verheißen Freiheit, ob sie wohl selbst Knechte des Verderbens sind.
Siehe auch: Was sagt die Bibel zur Enthaltsamkeit?
Ende Einfügung des Übersetzers.

Hast du, mein lieber Freund, die Bedeutung von Brahmacharya begriffen? Habt ihr, meine lieben Brüder, die wahre Bedeutung und die Glorie von Brahmacharya erkannt? Wie kannst du erwarten, stark und gesund zu sein, wenn du die sexuelle Energie, die du mit großer Schwierigkeit und unter einem hohen Preis erworben hast, täglich vergeudest? Es ist unmöglich, gesund und stark zu sein, es sei denn, Männer und Frauen, Jungen und Mädchen, praktizieren Brahmacharya oder legen das Gelübde des Zölibats ab. Sogar unter Elektronen, gibt es Junggesellen-Elektronen und verheiratete Elektronen. Verheiratete Elektronen offenbaren sich als Paare. Junggesellen-Elektronen leben einzeln. Es sind allein die Junggesellenelektronen, die magnetische Kraft erzeugen. Die Energie des Brahmacharya ist ebenfalls in Elektronen zu finden. Liebe Freunde, ihr solltet von diesen Elektronen eine Lektion lernen. Übst du Brahmacharya und entwickelst du Energie und geistige Kraft? Die Natur ist dein bester Lehrer und geistiger Führer. Erhebe dich durch Brahmacharya über das Elend des weltlichen Lebens und erlange Gesundheit, Stärke, Frieden des Verstandes, Ausdauer, Tapferkeit, materiellen Wohlstand, spirituellen Fortschritt und ein langes Leben. Wer eine perfekte Kontrolle über die sexuelle Energie hat, erreicht Energien, die durch andere Mittel unerreichbar sind. Darum verschwende nicht deine sexuelle Energie durch sinnliche Vergnügen. Bewahre die Energie. Führe ein nobles Leben und praktiziere Meditation. Und schon bald wirst du ein Supermann sein. Du wirst Göttlichkeit erreichen und mit Gott kommunizieren.


9. Die Bedeutung von Brahmacharya im spirituellen Leben

Brahmacharya ist ein göttliches Wort. Es ist die Summe und der Kern des Yoga. Durch Unwissenheit wurde es vergessen. Der Wert von Brahmacharya wurde durch die großen Rishis (Weisen) bewahrt. Es ist das höchste Yoga, das Lord Krishna wiederholt in seinem „Lied der Unsterblichkeit“ in der Bhagavad Gita (der „Bibel“ des Hinduismus), aus dem ja letzten Endes der Buddhismus hervorging, besingt. Im Kapitel VI, Vers 14, wird sehr deutlich gesagt, dass das Gelübde von Brahmacharya für die Meditation unbedingt notwendig ist: „…ungestört im Geist, frei von Furcht, im Gelübde des Zölibats befindlich….“ (prasantatma vigata-bhir – brahmacari-vrate sthitah). In Kapitel XVII, Vers 14 der Gita, sagt er, dass Brahmacharya eins der Erfordernisse für die Askese des Körpers ist: „… Brahmacharya und Gewaltlosigkeit sind ebenfalls Enthaltungen des Körpers.“ (brahma-caryam ahimsa ca – sartram tapa ucyate). Wir haben eine andere Aussage in Kapitel VIII, Vers 11, dass Yogis Brahmacharya praktizieren, um das Ziel zu erreichen, das von den Kennern der Veden als Ziel betrachtet wird: „Die mit den Veden vertraut sind, sagen, dass große Weise im Lebensstandart der Entsagung Brahmacharya praktizieren.“ (yad aksaram veda-vido vadanti – visanti yad yatayo vita-raga – yad icchanto brahmacaryarh caranti). Eine ähnliche Aussage wird auch im Kathopanishad (poetischer Text der Upanishaden, indische Heilige Schrift) gefunden. Im Raja Yoga von Patanjali Maharshi wird die Bedeutung des Brahmacharya ebenso betont. Yama ist der erste Schritt.Yama ist die Praxis von Ahimsa (Nichtverletzen), Satya (Ehrlichkeit), Asteya (Nichtstehlen), Brahmacharya (Enthaltsamkeit) und Aparigraha (Unbestechlichkeit). Unter diesen ist Brahmacharya das wichtigste Gebot. Im Mahabharata, dem bedeutendsten und umfangreichsten Epos der Hindus, findest man im Santi Parva: „Das Dharma, hat viele Zweige, aber Dama, die Sinneskontrolle, ist die Basis von allem.“ Im Jnana Yoga (Yoga des Wissens) gilt: Dama (Sinneskontrolle) ist die Grundlage für den Yogaschüler. Brahmacharya ist das lebenswichtige Thema für alle, die sich Erfolg im materiellen und geistigen Leben wünschen. Ohne Brahmacharya ist ein Mensch für die spirituelle Praxis absolut ungeeignet.

Anmerkung des Übersetzers:

Ich habe hier noch einmal die Aussagen der Bhagavat Gita, die Teil des Mahabharatas ist, zusammengefasst. Dabei füge ich die Sanskrittexte mit ein, weil man daraus sehr gut ersehen kann, dass die Bhagavat Gita auf das Brahmachrya(m) verweist:

Kapitel 6, Vers 14
prasantatma vigata-bhir
brahmacari-vrate sthitah
manah samyamya mac-citto
yukta asita mat-parah

Übersetzung

Mit beherrschtem Geist, ohne Furcht und völlig frei von Sexualität (fest im Gelübde des Brahmacharya) sollte man über mich meditieren und mich zum endgültigen Ziel des Lebens machen.

Kapitel 8, Vers 11

yad aksaram veda-vido vadanti
visanti yad yatayo vita-ragah
yad icchanto brahmacaryam caranti
tat te padam sangrahena pravaksye

Übersetzung

In den Veden bewanderte Persönlichkeiten, die das Omkara (Om) chanten und große Weise im Lebensstand der Entsagung sind, gehen in das Brahman ein. Mit dem Wunsch nach dieser Vollkommenheit leben sie im Zölibat. Ich werde dir jetzt diesen Vorgang erklären, durch den man Erlösung erlangen kann.

Kapitel 17, Vers 14

deva-dvija-guru-prajña
pujana. saucam arjavam
brahma-caryam ahimsa ca
sariram tapa ucyate

Übersetzung

Die Enthaltung des Körpers besteht in der Verehrung des Höchsten Herrn, der Brahmanas (heiligen Schriften), des spirituellen Meisters und Höherstehender wie Vater und Mutter. Sauberkeit, Einfachheit, sexuelle Enthaltsamkeit und Gewaltlosigkeit sind ebenfalls Enthaltungen des Körpers.

Nun sollen die Äußerungen Patanjalis etwas näher betrachtet werden. In Kapitel 2, das sich mit der spirituellen Praxis beschäftigt, ist zu finden:

Vers 27: „Erleuchtung wird durch sieben Stufen erreicht. (Yama, Nyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana).“ (Tasya saptadhâ prânta-bhûmih prajnâ) – Hier ist das Brahmacharya im Yama, im Gebot der Enthaltungen, der Selbstkontrolle, enthalten. (Yama setzt sich nämlich aus folgenden Gliedern zusammen: Gewaltlosigkeit, Ehrlichkeit, Nichtstehlen, Enthaltsamkeit, Unbestechlichkeit)

Vers 29: „Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi sind die acht Glieder.“ (Yama-niyamâsana-prânâyâma-pratyâhâra -dhâranâ-dhyâna-samâdhayo ¢shtâv angâni) – Auch hier ist das Brahmacharya im Yama enthalten.

Vers 30: „Die Yamas (Gebote der Enthaltung, Selbstkontrolle) bestehen aus Ahimsa (Nichtverletzen), Satya (Wahrhaftigkeit), Asteya (Nichtstehlen), Brahmacharya (Enthaltsamkeit) und Aparigraha (Aufgabe von Gewinnsucht).“ (Ahimsâ-satyâsteya-brahamacharyâparigrahâ yamah)

Vers 38: „Wenn Brahmacharya, sexuelle Enthaltsamkeit, fest begründet ist, wird kraftvolle Lebenskraft (Vitalität) erlangt.“ (Brahmacharya-pratishthâyâm vîrya-lâbhah)
Ende Anmerkung des Übersetzers


9.1 Das Zölibat in den verschiedenen Religionen

Durch die Jahrhunderte war das Gelübde auf sexuelle Enthaltsamkeit in jeder Religion die schwerste Prüfung. In der volkstümlichen Folklore setze sich die Idee durch, das Hellsehen und andere übernatürliche Fähigkeiten, ausschließlich das Privileg von sexuell enthaltsam lebenden Menschen ist. Edvard Alexander Westermack (1862-1939), ein finnischer Anthropologe (Völkerkundler), Philosoph und Soziologe, bevorzugte die Erklärung, dass Pollutionen (unbeabsichtigte nächtliche Samenergüsse im Schlaf) die Heiligkeit zerstören. Ein Stamm auf dem Rio Negro (Nebenfluss des Amazonas) erlegte ihren Schamanen (Medizinmännern) das Zölibat auf, weil sie glaubten, dass die Medizin wirkungslos sein würde, wenn sie durch einen verheirateten Mann verabreicht wird. In ihrer Autobiographie, schreibt die im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca bei den Mazateken lebende Schamanin, María Sabina (1894–1985), die sich selbst als Weise bezeichnet, dass sie bereits mit vierzehn Jahren heiratete, aber enthaltsam lebte, da eine Weise enthaltsam leben sollte.

Lambichus (syrischer Philosoph?) gibt an, dass die Götter es nicht hören können, wenn sie von jemanden angerufen werden, der durch sexuelle Kontakte verunreinigt ist. Im Islam wird strenges Zölibat auf der Pilgerfahrt nach Mekka gefordert. Das Zölibat ist ebenso für die hebräische (jüdische) Versammlung während der göttlichen Erscheinung im Sinai (ägyptische Halbinsel) erforderlich und bevor der Tempel betreten wird. Das antike Indien, Ägypten und Griechenland stellten die Regel auf, dass Kirchgänger sich vor und während der Heiligen Messe sich jeglicher sinnlicher Gedanken enthalten sollten. Im Christentum wurde das Zölibat als Vorbereitung auf die Taufe und das Abendmahl gefordert. Die höchste Form des Christentums findet sich im Zölibat. Christliche Lehrer priesen immer schon das Zölibat. In ihren Augen ist die Ehe nur ein untergeordnetes Gut, die für die bestimmt ist, die nicht imstande sind, im Zölibat zu leben. Die Bischöfe der griechischen Kirche lebten immer zölibatär und wurden aus dem Kreis der Mönche gewählt. Ein Mönch, der mit sinnlichen Gedanken eine Frau berührt, der ihre Hand umklammert, ihr Haar oder einen anderen Teil ihres Körpers in sinnlicher Absicht berührt, bringt Schande und Erniedrigung auf den Orden. Bei der gegenwärtigen Priesterweihe schwört der Priester (Mönch), sich lebenslang von jeglichem sexuellen Verkehr zu enthalten.

Die Jains, eine in Indien beheimatete Religionsgemeinschaft, fordert von ihrem Munis (Sadhu, Asket, Mönch, Einsiedler), sich aller sexuellen Beziehungen zu enthalten; nicht über Frauen zu besprechen, und sich keine Gedanken über die Schönheit der Frauen zu machen. Sinneslust wird folglich verurteilt: „Von allen Lastern, ist Sinneslust die schlechteste.“ Es gibt andere Regeln, die das Zölibat unterstützen. Sie sollen vor allem jene Redensarten unterbinden, die zu einem Verstoß der Keuschheit führen könnten. Ein Mönch sollte nicht mit einer Frau zusammen in einem Raum schlafen oder ihr allein in ausführlicher Form die Worte der heiligen Schrift übermitteln. Er sollte auch nicht zu den Nonnen sprechen, es sei denn, er ist dazu besonders delegiert. Ebenso sollte er nicht allein mit einer Frau verreisen. Auf seinem Bettelgang für Almosen, sollte er vorschriftsmäßig gekleidet sein und mit gesenkten Augen gehen. Er sollte nur unter ganz speziellen Bedingungen eine Robe von einer fremden Frau annehmen. Er sollte nicht an einem abgeschiedenen Platz mit einer Frau sitzen, sie in unreiner Absicht berühren oder mit ihr sprechen.

Der buddhistische „Orden der Bettelmönche“ wurde durch 227 Regeln für die Mönche geregelt. Von diesen waren die ersten vier von besonderer Bedeutung. Ein Bruch einer der vier Regeln hatte den Ausschluss vom Orden zur Folge; und sie wurden folglich als die Regeln über Vergehen, die jegliches Erlösungsstreben vereiteln, bezeichnet.

Die erste Regel für die Mönche lautet:

1. Jeder Mönch, der die Übung und die Lebensweise der Mönche auf sich genommen hat und der sich von dieser Übung nicht zurückgezogen und sein Unvermögen kundgetan hat, obwohl er sich dem Geschlechtsverkehr, auch mit einem Tier hingibt, dessen Erlösungsstreben ist vereitelt; er ist aus dem Orden ausgestoßen.

Dazu sollte vielleicht erwähnt werden, dass alle Mönche an allen Vollmond- und Neumondtagen, den so genannten Uposatha-Tagen, zusammentreten, um ihre Verfehlungen vor der versammelten Mönchsgemeinde kund zu tun. Verschweigt ein Mönch dort seine Verfehlungen, dann kann das Folgen für ihn haben. An diesen Tagen fasten die Bhikkhus (Mönche) und halten die Patimokkha-Feier ab, d. h. sie rezitieren die 227 Mönchs-Regeln, wie Buddha sie festgelegt hat. Die Laien beachten an den Uposatha-Tagen die fünf Silas (sittliche Übungsregeln) und die acht Tugendregeln. Wenn möglich, nutzen die Laien diese Tage, um ihr örtliches Kloster zu besuchen, dort Dhamma-Vorträgen der Mönche anzuhören und mit Gleichgesinnten bis spät in die Nacht hinein zu meditieren.

Die 5 Silas – sittliche Übungsregeln
1. Nichtverletzen
2. Nichtstehlen
3. Nichtlügen
4. Brahmacharya
5. keine berauschenden Mittel

Die acht Tugendregeln (Atthangasila) für den Uposatha-Feiertag ergänzen die fünf Silas um folgende 3 Vorschriften:

6. Nach 12 Uhr nichts mehr essen (bis Sonnenaufgang ca. 5 Uhr)
7. Keine Tanz-, Musik-, Gesangs-, und Theateraufführungen besuchen, keine Blumen, keine Duftstoffe, keine Kosmetika, kein Schmuck und andere Verschönerungsmittel benutzen
8. Nicht auf hohen und üppigen weichen Betten schlafen

König Numa Pompilius gründete im antiken Rom, den „Orden der vestalischen Jungfrauen“. Die Priesterschaft der Vestalinnen bestand aus sechs jungfräulichen Priesterinnen, die im Alter von sechs bis zehn Jahren für eine 30-jährige Dienstzeit berufen wurden. Ihre Hauptaufgabe war das Hüten des Herdfeuers im Tempel der Vesta, der Göttin des Herdes, das niemals erlöschen durfte, sowie das Wasserholen von der heiligen Quelle der Nymphe Egeria, das zur Reinigung des Tempels verwendet wurde. Daneben stellten sie die mola salsa (eine Mischung aus Salzwasser und Getreideschrot) sowie das Suffimen (Asche ungeborener Kälber) her, die bei bestimmten Kulthandlungen benötigt wurden. Während ihrer Dienstzeit waren die Vestalinnen zu absoluter Keuschheit verpflichtet. Der Verlust der Jungfräulichkeit einer Vestalin galt als schweres Unheil für das römische Gemeinwesen. Eine unkeusche Vestalin wurde aus der Priesterschaft entfernt und lebendig begraben.

Gelegentlich wurde in der Forschung angenommen, dass die Vestalinnen ursprünglich für Menschenopfer bereitgehaltene Jungfrauen waren oder dass sie in republikanischer Zeit die kultischen Pflichten übernahmen, die zuvor die Töchter des Königs ausgeübt hatten. Diese Hypothesen werden heute jedoch als überholte Spekulation angesehen. Bereits vor der Gründung Roms existierten Vestalinnen in verschiedenen Gemeinwesen, zum Beispiel in Alba Longa (etwa 20 Kilometer süd-östlich von Rom), und auch für die historische Zeit liegen schriftliche Belege für ihre Existenz außerhalb Roms, zum Beispiel in Tibur (ungefähr 20 km östlich vom Stadtrand Roms), vor. Da keine Parallelen in nicht-italienischen Kulturen nachgewiesen werden konnten, war die Priesterschaft der Vestalinnen vermutlich eine in Italien, wahrscheinlich in Latium, eine Region in Mittelitalien, wichtigste Stadt in Latium ist die italienische Hauptstadt Rom, entstandene Institution.

In Darjeeling, im Vorder-Himalaya (Westbengalen), leben einige Hundert Ex-Lamas, die als Kulis (Lastenträger) ihre Arbeit verrichten. Ein Lama ist ein spiritueller Lehrer, ein Mönch, aus dem tibetischen Buddhismus. Die Lamas sind entweder allein, oder zusammen mit ihrer Geliebten aus Tibet geflohen, um den strengen Strafen zu entgehen, die der Bruch des Zölibats mit sich bringt. Wird der Mönch bei einer sexuellen Verfehlung erwischt oder wird er von anderen angezeigt, so fällt er in Ungnade, erfährt öffentlich körperliche Züchtigung, wird zusätzlich mit einer schweren (Geld-)Strafe bestraft und aus dem Orden entfernt.

Die peruanischen „Jungfrauen der Sonne“, eine Art von Priesterinnen, wurden mit lebender Beerdigung bestraft, wenn sie beim sexuellen Fehltritt entdeckt wurden.


9.2 Brahmacharya, die Grundlage des spirituellen Lebens

Brahmacharya ist eine notwendige Voraussetzung des spirituellen Lebens. Es ist von großer Bedeutung. Ohne vollkommenes Brahmacharya wirst du keinen erheblichen spirituellen Fortschritt haben. Enthaltsamkeit ist die Basis, auf der die Erleuchtung beruht. Wenn die Basis nicht stark genug ist, dann wird der Überbau mit dem nächsten schweren Regen davon geschwemmt. Wenn du allerdings nicht fest im Brahmacharya verankert bist, wenn dein Verstand durch sinnliche Gedanken aufgeregt wird, dann sind spirituelle Fortschritte kaum möglich. Du kannst nicht den Gipfel auf der Leiter des Yoga erklimmen oder das höchste Samadhi (Erleuchtung) erreichen. Es gibt keine Hoffnung für die Selbstverwirklichung oder das Wissen um das Selbst, die Seele, wenn du nicht fest im Brahmacharya verwurzelt bist. Brahmacharya ist der Schlüssel zum ewigen Glück. Brahmacharya ist die Grundlage von Yoga. Geradezu wie ein Haus, das auf einem morschen Fundament errichtet wurde, eines Tages in sich zusammenfällt, so fällt man eines Tages von der Meditation ab, wenn keine vernünftige Basis, wenn kein Brahmacharya, vorhanden ist. Selbst wenn du zwölf Jahre meditiert hast, wirst du keinen Erfolg erlangen, wenn du nicht die subtile Sinneslust besiegt hast, die sich im Innersten deines Unterbewusstseins eingenistet hat.

Brahmacharya ist die Grundlage für körperliche Vollkommenheit. Dazu ist allerdings vollkommenes Brahmacharya erforderlich. Sie ist von überragender Bedeutung. Durch die Praxis von Yoga, wird der Samen in Ojas Shakti, in spirituelle Energie, umgewandelt. Dadurch bekommt der Yogi einen perfekten Körper. Dadurch bekommt er Charme und Anmut in seinen Bewegungen und er wird ein langes, gesundes und zufriedenes Leben führen. Die Praxis von Brahmacharya ist die wichtigste Qualifikation für einen spirituellen Menschen, egal welchen Weg er eingeschlagen hat: Karma Yoga, Bhakti Yoga, Raja Yoga, Hatha Yoga oder Vedanta. Die Disziplin der kompletten Enthaltsamkeit wird von allen verlangt. Nur ein aufrechter Brahmachari kann Bhakti, die Verehrung Gottes, richtig kultivieren. Nur ein wahrer Brahmachari wird Yoga richtig praktizieren. Nur ein echter Brahmachari kann Jnana, den Yoga des Wissens, erfassen. Ohne Brahmacharya ist kein geistiger Fortschritt möglich. Die Leidenschaften führen einen tödlichen Krieg gegen die spirituellen Bestrebungen des Menschen. Es ist nicht möglich auf dem spirituellen Pfad voran zu kommen, der zu einer Vereinigung mit Gott führt, es sei denn, man kontrolliert die Sinneslust und praktiziert Brahmacharya. Solange die Sinneslust in deinen Nasenlöchern süß riecht, kannst du keine erhabenen, göttliche Gedanken in deinem Verstand hegen. Der Mann, in dem die Leidenschaften tief verwurzelt sind, wird immer nur davon träumen, Vedanta zu verstehen, und er wird die reine Liebe Brahmans selbst in zehn Millionen von Geburten nicht erfahren. Die Wahrheit kann nicht dort verweilen, wo die Leidenschaften existieren.

Sexuelle Hingabe ist ein großes Hindernis im geistigen Weg. Sie verhindern definitiv die spirituelle Praxis. Das sexuelle Drängen muss durch erhabene Gedanken und regelmäßige Meditation kontrolliert werden. Es sollte komplette Sublimation der sexuellen Energie stattfinden. Nur dann ist der Yogaschüler absolut sicher. Die vollkommene Vernichtung des sexuellen Wunsches ist das spirituelle Ideal. Sexuelle Anziehung, sexuelle Gedanken und sexuelles Drängen sind die drei großen Hindernisse auf dem Weg zur Gottrealisierung. Selbst wenn das sexuelle Drängen verschwindet, bleibt die sexuelle Anziehung für eine lange Zeit bestehen und beunruhigt den Yogaschüler. Die sexuelle Anziehung ist sehr, sehr stark. Die sexuelle Anziehung bindet den Menschen an diese Welt. Jede Zelle im Körper eines Mannes oder einer Frau beinhaltet ein sinnliches Begehren. Der Verstand und die Sinne sind von einem sexuellen Fluidum durchtränkt. Ein Mann hat immer den Wunsch, eine Frau zu bewundern, mit ihr zu sprechen, sie kennen zu lernen. Er findet in ihrer Gesellschaft Vergnügen. Ebenso schauen die Frauen den Männern nach und haben den Wunsch, einen Mann kennen zu lernen. Sie fühlen sich in der Gesellschaft von Männern sehr geborgen. Der ist der Grund, warum es für sie oder für ihn so schwierig ist, die sexuelle Anziehung zu besiegen. Die Leidenschaften können nur durch die Gnade Gottes besiegt werden. Keine menschliche Bemühung kann die mächtige Kraft der sexuellen Anziehung besiegen. Das Sehorgan richtet dabei großen Schaden an. Vermeide lüsterne Blicke, den Ehebruch des Auges. Versuche, Gott in allen Gesichtern zu sehen. Konzentration, Unterscheidungskraft und Selbsterforschung werden Fortschritte auf dem spirituellen Wege ermöglichen. Schließlich wirst du mit Brahman, mit dem Ewigen vereint. Entwickle erhabene göttliche Gedanken und praktiziere Japa und Meditation und die sinnlichen Begierden werden allmählich verschwinden.

Von welchem Nutzen ist das Wissen der Künste und der Wissenschaften, von welchem Nutzen ist ein Titel oder das Ansehen, von welchem Nutzen ist die Wiederholung des Namen Gottes, der Meditation oder die Selbstergründung der Frage „Wer bin ich?“, wenn du ein Sklave der Sinneslust bist? Kontrolliere dieses starke Bedürfnis durch ein rigoroses Zurückdrängen der Sinne. Du wirst nur in der Meditation Fortschritte erzielen, wenn du ein strenges Zölibat erfüllst. Dann werden die Bemühungen in der geistigen Keuschheit Vollkommenheit erlangen. Unter uns allen kann sich ein versteckter Shakespeare, ein Kalidasa (indischer Dichter des 4. Jahrhunderts), ein versteckter William Wordsworth (englischer Dichter – 1770 bis 1850) oder ein Valmiki (indischer Dichter des 2. Jahrhunderts), ein möglicher Jesuit wie der Heilige Francis Xavier, ein Akhanda Brahmachari (ein Brahmachari der 12 Jahre keinen Tropfen Samen abgegeben hat) wie Bhishma Pitamaha (Person aus der Mahabrarata, ein bedeutendes Epos der Hindus), ein Hanuman (Affengott) oder ein Lakshman (Bruder des Hindugottes Rama), ein Visvamitra oder ein Vasishtha (Heilige aus dem indischen Ramayana – das Ramayana ist nach dem Mahabharata das zweite indische Nationalepos), ein großer indischer Wissenschaftler wie Dr. J. C. Bose (Physiknobelpreisträger von 1977) oder Sir Chandrasekhara Venkata Raman (indischer Physiknobelpreisträger von 1930), ein Yogi wie Jnana Deva oder Gorakhnath, ein Philosoph wie Sankara oder Ramanuja, ein Bhakta (Yogi, der die Liebe zu Gott praktiziert) wie Tulsidas, Ramdas oder Eknath, befinden.

Erwache und deine versteckten Fähigkeiten, das ganze Potential deiner Möglichkeiten, wird durch Brahmacharya erweckt. So kannst du das Gottesbewusstsein schnell erreichen und dich über das Elend des irdischen Lebens mit seinen Begleitumständen wie Geburt, Tod und Leid erheben. Gesegnet sei der Brahmachari, der das Gelübde des Zölibats bis ans Ende seines Lebens auf sich genommen hat. Zweimal gesegnet sei der Brahmachari, der sich aufrichtig bemüht, die Sinneslust zu besiegen, um vollkommene Reinheit zu erreichen. Dreimal gesegnet sei der Brahmachari, der vollständig die Wurzeln des Begehrens besiegt und Selbstverwirklichung erreicht hat. Glorie solchen erhabenen Brahmacharins! Sie sind die wahren Könige der Erde. Möge ihr Segen euch alle erreichen.


9.3 Brahmacharya im fernöstlichen Mönchstum

An dieser Stelle soll noch ein Blick auf fernöstliche Mönchstum geworfen werden. In verschiedenen Religionen existieren verschiedene Ausprägungen des Mönchtums. Beginnen wir mit dem Mönchstum im Hinduismus. Die Mönche des Hinduismus sind die Sadhus (Sadhu = der Gute), die mit Swami angeredet werden oder mit Baba, Vater. Sadhus, die heiligen Männer Indiens, leben häufig als umherziehende, heimatlose Bettelmönche in ständiger Askese und Heimatlosigkeit. Andere dagegen bilden Gemeinschaften in einem Ashram oder einem Tempelkomplex. Sie treten in verschiedenen religiösen Ausprägungen auf. Unter den verschiedenen hinduistischen Orden gibt es z. B. Vaishnavas, die Anhänger Vishnus, nach außen hin dadurch erkennbar, dass sie ihr Haar bis auf ein Büschel am Hinterkopf rasieren, oder Shaivas, die Anhänger Shivas, die ihr Haar wild wachsen lassen. Nach seinem Entschluss zur Entsagung schließt sich der künftige Sadhu einem Guru an, der ihn in die spirituelle Lehre sowie in Techniken der Askese und Meditation (Yoga) einführt und dem er als Schüler dient. Diese Asketen werden auch Muni genannt, ein Wort, das mit dem deutschen Mönch verwandt ist.

Ein Sadhu legt ein persönliches Gelübde ab, das je nach den Vorschriften seines Gurus verschiedene Anforderungen auferlegt. Das kann Heimatlosigkeit sein, Armut, sexuelle Enthaltsamkeit, Fasten sowie völlige Bedürfnislosigkeit. Einige Sadhus dürfen keine sozialen Kontakte zu den Mitmenschen pflegen, halten sich nie lange an einem Ort auf und leben von dem, was sie von ihren Mitmenschen erhalten. Manche von ihnen fallen durch bizarres Verhalten auf, durch extreme Formen der Askese und Selbstquälung, andere sind für ihren Rauschgiftkonsum bekannt. Viele Sadhus sehen die Welt als Trugbild, der man sich entsagt und der man sich abtöten soll, um Erleuchtung in der transzendenten Wirklichkeit zu erlangen. Sie suchen Erlösung aus dem ewigen Kreislauf von Leben, Tod und Wiedergeburt. Lebten einige hinduistische Yogis zunächst bei ihrem Guru in einem unabhängigen Ashram, einem klosterähnlichen Meditationszentrum, so kamen im achten Jahrhundert die häufig mit einem Tempel verbunden Klöster hinzu. Die ersten wurden unter Shankara, einem großen Hindu-Philosophen, gegründet, der mit seinen Mönchen den theistisch (religiös)orientierten Hinduismus dem wachsenden atheistisch orientierten Buddhismus gegenüber stärken wollte. Diein den hinduistischen Klöstern lebenden Sanyassin, die ‚Entsagenden‘, folgen noch heute dem alten Ideal der Askese, suchen spirituelles Wachstum, studieren und lehren die Heiligen Schriften. Hindumönche, beschäftigen sich neben spirituellen Aktivitäten auch mit philanthropischen (menschenfreundlichen)und humanistischen Aufgaben (Schulen, Sanitätsstationen, Armenspeisung, u.a.).

Im Buddhismus gab es die Mönchsgemeinde (Sangha) von Beginn an, also etwa seit 500 v. Chr. Zunächst nur für Mönche und später auch für Nonnen. Beide Orden wurden um 560 – 480 v. Chr.von Buddhaselbst gegründet. In den ersten Jahren wurden Anwärter nur vom Buddha selbst ordiniert. Später, mit schnell wachsender Gemeinde, übertrug er das Recht, Mönche aufzunehmen, seinen Jüngern. Das buddhistische Mönchs- und Nonnenleben ist asketischer als das in christlichen Orden. Zunächst gab es nur hauslose Wandermönche, erst später wurden Aufenthaltsstätten und Unterkünfte gestiftet. Bis dahin wurden nur zur Regenzeit Hütten gebaut, die am Ende wieder abgerissen wurden. Die große Verehrung, die den buddhistischen Mönchen entgegen gebracht wird, gilt weniger der Person selbst als vielmehr dem Respekt vor dem Dharma, der Lehre Buddhas, das der Mönch oder die Nonne verkörpert bzw. repräsentiert.

In Thailand, einem Land in dem besonders der Theravada-Buddhismus verbreitet ist, gibt es etwa 18.000 Wats (buddhistische Tempelanlagen), die vor allem in ländlichen Gebieten nicht nur Zentrum des religiösen, sondern auch des sozialen Lebens sind. Die Zahl der Mönche beträgt etwa 160.000. Traditionell tritt fast jeder männliche Thai, aber nur wenige Frauen, einmal im Leben für mehrere Wochen in ein Kloster ein, um sich in der Meditation zu üben und den Regeln der Mönchs- bzw. Nonnengemeinschaft zu unterziehen. Etwa ein Drittel der männlichen Jugendlichen zwischen 12 und 18 / 20 Jahren lebt für ein bis sechs Jahre als Novize (Ordensschüler)im Tempel. Nach Beendigung der Schule legen die meisten von ihnen die Robe ab und kehren als Laien in die Gesellschaft zurück, um zu studieren, eine Lehre zu machen oder einen Job zu suchen. Sofern ein Novize mit 20 Jahren noch im Tempel ist, muss er sich entscheiden auszutreten oder Mönch zu werden. Stirbt jemand in der Familie, ist es üblich, dass ein Familienmitglied, meist ein Sohn, Enkel oder Neffe, ordiniert wird, um die Totenfeiern als Mitglied der Sangha (Mönchsgemeinschaft) zu begleiten; meistens dauert dieser Tempelaufenthalt nur drei, fünf oder sieben Tage. Ist jemand in einer persönlichen Krise, vom Geschäftsleben gestresst, hat er seine Pflichten als Familienvater erfüllt oder ist Witwer geworden, kann er bis zu dreimal Mönch auf Zeit sein, wobei er das Kloster und die Dauer seiner Ordination frei wählen kann. Dieser Rückzug hat häufig die Dauer einer Regenzeit (drei Monate) oder eines Jahres. Ältere nehmen damit auch Abschied vom Berufsleben und bleiben Mönche für den Rest ihres Lebens. Mönche, Novizen und Nonnen werden als Vorbilder gesehen und genießen in der Gesellschaft hohen Respekt.

Auch im chinesischen Daoismus gibt es Klöster, die ab dem 12. Jahrhundert nach Vorbild des Buddhismus eingerichtet wurden. Die Schule des Daoismus, in der zölibatäre Mönche und Nonnen in Klöstern ein Leben der Meditation und Askese leben, ist das Neidan (Quanzhen). Die Schule des Quanzhen betont, dass das Ziel nicht die physische Unsterblichkeit ist, wie in den früheren Schulen des Daoismus (z. B. der Himmelsmeister oder des Shangqing), sondern dass es um rein innerliche Prozesse geht, die den Geist über die Welt setzen. Die Quanzhen-Schule stellte die erste Schule des Daoismus dar, die nach Vorbild des Chan-Buddhismus Klöster errichtete und strenge Regeln des Zölibats, der Enthaltsamkeit von Alkohol, Fleisch, Begierden, Zorn und Reichtümern einführte.

Das buddhistische Shaolin-Kloster in der chinesischen Provinz Henan wurde um 500 n.Chr. gegründet. Im Jahr 527 n.Chr. kam der Legende nach der indische Mönch Bodhidharma in das Kloster und begründete dort die Lehre des Chan (japanisch: Zen)-Buddhismus. Es ist berühmt für seine Kampfkunst sowie für Quigong, eine chinesische Meditations-, Konzentrations- und Bewegungsform zur Kultivierung von Körper und Geist und gilt außerdem als die Geburtsstätte des historischen Chan-Buddhismus, dem Vorläufer des Zen-Buddhismus. Neben Meditation und Buddhismus pflegen Shaolin-Mönche auch Kenntnisse in traditioneller chinesischer Medizin, Qigong, Kalligrafie und natürlich Kung-Fu. Die Lebensweise eines Mönches ist streng: kein Fleisch, kein Alkohol, kein Sex. Entsprechend Letzterem gilt das Zölibat. In den häufigen Wirren der dynastischen Kämpfe um den chinesischen Kaiserthron waren diese Kampfmönche beliebte Verbündete, die sich nicht nur Überfällen von Räubern auf ihr Kloster zu erwehren wussten, sondern auch aktiv in die Kämpfe zu Gunsten ihrer kaiserlichen Förderer eingriffen. Zeitweise unterhielt das Kloster eine Armee von 2.500 Mann. Das Kloster wurde mit Landschenkungen bedacht, der Abt des Klosters wurde zum kaiserlichen General ernannt, und die Kampfmönche genossen hohes Ansehen.

Der Zen-Buddhismus oder Zen ist eine in China ab dem 5. Jahrhundert nach Christus entstandene Linie des Mahayana-Buddhismus, die wesentlich vom Daoismus beeinflusst wurde. Der chinesische Name (Chan) stammt von dem Sanskritwort Dhyana (Meditation). Ab dem 12. Jahrhundert wurde das Zen nach Japan übertragen. Die im Westen verwendeten Begriff Zen kommt aus dem Japanischen. Zentrales Element der Praxis des Zen ist die Sitzmeditation Zazen, die im Lotussitz in strenger äußerer Disziplin vor allem in Klöstern ausgeübt wird. Indem der Übende alle seine Gedanken zur Ruhe bringt, ermöglicht er die mystische Erfahrung der Erleuchtung (Satori), ein oft plötzlich eintretendes Erleben universeller Einheit und Leere, das der gesamtbuddhistischen Erleuchtung entspricht. Satori ist die plötzliche Erkenntnis vom universellen Wesen des Daseins. Es ist ein Schlüsselkonzept des Zen-Buddhismus und kann nur in der persönlichen Erfahrung verstanden werden. Satori steht im Gegensatz zum Nirvana, denn es ist kein andauernder sondern nur ein vorübergehender Zustand. In diesem Zusammenhang ist oft vom Buddha-Werden, oder der Verwirklichung der eigenen Buddhanatur die Rede.

Der Zölibat ist in fast allen in Japan verbreiteten buddhistischen Richtungen aufgehoben, die meisten Mönche haben Familie und betreiben ihre Tempel wie einen Familienbetrieb, der später an die Kinder weitergegeben wird. Solche Familientempel sind häufig von einem kleinen Friedhof umgeben und versorgen eine lokale Gemeinde von Gläubigen mit religiösen Dienstleistungen, vor allem bei Todesfällen. Eine Randstellung unter den buddhistischen Mönchen nehmen die Bergasketen (Yamabushi) ein. Sie besitzen eine eigene Tracht und eigene Riten, die stark vom esoterischen Buddhismus beeinflusst sind. Nachdem die Yamabushi unter dem Einfluss des Staatsshinto lange Zeit verboten waren, weil sie nicht eindeutig dem Buddhismus oder dem Shinto zugeordnet werden konnten, erfreuen sie sich in letzter Zeit wieder steigender Beliebtheit.

Ursprünglichen bestanden in den Zenklöstern allerdings monastische (mönchische) Regeln, die jede Berührung mit weltlichen Dingen untersagte. Allem voran stehen die beiden Hauptthemen: Besitz und Sexualität. So leben die Mönche und Nonnen der alten Regeln gemäß nicht nur im Zölibat, sondern sie vermeiden auch jede direkte Berührung mit Geld. Garten und Küchenarbeit darf deshalb nicht gemacht werden, weil dabei lebende Wesen zu schaden kommen könnten. Einige dieser Regeln wurden schon im China des 8. Jahrhunderts von Zen-Meistern wie Pai-Chang verändert, und von ihm stammt der Ausdruck: “Ein Tag ohne Arbeit – ein Tag ohne Essen“. Weitere Reformen kamen später durch Zen-Meister wie Hakuin in Japan, oder durch den japanischen Kaiser Mutsuhito, der das Zölibat, infolge der Staatsshinto in der Zeit der Meiji-Restauration, für die Zen-Mönche seines Landes aufhob. Es wird gesagt, dass der japanische Kaiser Mutsuhito das Zölibat aufhob, weil er Angst vor den selbstbewussten der enthaltsam lebenden Mönche hatte. Heute ist zwar in den Zenklöstern das Zölibat nach wie vor offiziell aufgehoben, aber es wird vielfach stillschweigend praktiziert. Genauere Kenntnisse fehlen mir allerdings.

Der Staatsshinto ist die tragende Ideologie der Regierungsform, die sich nach der so genannten Meiji Restauration (1868) bildete und bis zur Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg (1945) Bestand hatte. Diese Regierungsform rückte die Institution und die Figur des japanischen Tenno (japanischer Kaiser) wieder ins Zentrum der politischen Macht und versuchte, diese Rückkehr zu den politischen Verhältnissen des alten Japan aus der japanischen „Urreligion“, also aus dem Shinto, zu begründen. Die Ideologie des Staatsshinto fußt auf den Ideen der Kokugaku (Nationale Schule), die sich im Laufe des 19. Jh. zunehmend politisiert hatte und den Umsturz des Shogunats (Anführer aus der Kriegerkaste der Samurai) ideologisch vorbereitete. Mit der Machtübergabe an den zu dieser Zeit 15-jährigen Tennō Mutsuhito lag die Zentralgewalt seit vielen Jahrhunderten erstmals wieder in den Händen des Tennō.

Meiji-Restauration bezeichnet den politischen Umbruch im Jahr 1868 und den Beginn einer neuen Regierungsform im Kaiserreich Japan. Sie stand am Anfang einer Epoche der rasanten Modernisierung und Verwestlichung der japanischen Gesellschaft, wiewohl sie zunächst die Rückkehr zu alten japanischen Werten propagierte, insbesondere der Wiederherstellung des Kaisertums. Die Meiji-Restauration beendete somit die über 250 Jahre währende Herrschaft der Tokugawa-Shogun-Dynastie. Eine ihrer zentralen Vorstellungen war die Wiederherstellung der Einheit von religiösem Ritus und politischem System in der Person des Tenno, die den ursprünglichen japanischen Staat des Altertums angeblich geprägt hätte. Tatsächlich wurde zum ersten Mal in der japanischen Geschichte Shinto explizit zur Staatsreligion erklärt. Jeder Bürger hatte im Tenno die vergöttlichte Personifizierung des Staates anzuerkennen. War in alten Zeiten der Tenno im Ritus als höchster Repräsentant der Menschen seinen göttlichen Ahnen entgegengetreten, so sollte nun der einfache Bürger im shintoistischen Ritus dem vergöttlichten Repräsentanten des Staates Reverenz erweisen.

Der Buddhismus passte sich der Diesseitsgläubigkeit des Shinto an, indem die Askese und das Zölibat seiner Mönche aufgegeben wurde und der Weg zur Erleuchtung durch Kunstübungen (Tuschemalerei, Schrift, Musik, japanischer Garten), Teezeremonien, Bogenschießen, Kalligraphie und Dichtungen möglich wurde. Der Staatsshinto wurde nach dem Zweiten Weltkrieg unter amerikanischer Besatzung offiziell abgeschafft, die Trennung von Staat und Religion in der Verfassung verankert, sämtlichen Shinto Schreine (religiöse Stätten), wurden ihre staatlichen Förderungen entzogen. Dennoch blieb die Ideologie des Staatsshinto unaufgearbeitet. Auch in Korea, das im zweiten Weltkrieg unter japanischer Besatzung war, wurde das Zölibat verboten. Der unter japanischem Einfluss aufgehobene Zölibat für Priester wurde nach dem Krieg, nicht ohne erhebliche Diskussionen, wieder eingeführt.

Buddhistische Klöster scheinen im alten Japan bereits früh Zentren homosexueller Aktivität gewesen zu sein; der Berg Koya, der Sitz von Kukais Kloster, wurde zum Beinamen für gleichgeschlechtliche Liebe. Hingegen enthalten weder Shinto noch die japanische Lesart des Konfuzianismus irgendwelche Verbote. Genügend Mönche scheinen der Ansicht gewesen zu sein, dass ihr Keuschheitsgelübde sich nicht auf gleichgeschlechtliche Beziehungen erstreckte, so dass Geschichten, die von den Affären zwischen Mönchen und jungen Akolythen (Begleitern) erzählen. Solche Affären wurden milde bespöttelt, solange die Leidenschaften nicht bis zu körperlicher Gewalt eskalierten, was durchaus nicht ungewöhnlich war. Jesuiten berichteten entsetzt über die Verbreitung der „Sodomie“ (Sexualität mit Tieren) unter buddhistischen Mönchen.

Quellen:
www.haustao.ch
Staatsshinto
Meiji-Restauration
Mönchstum
Homosexualität in Japan
Kapitel 9.3 ist vom Übersetzer.


10. Brahmacharya für Familienväter

Es ist über alle Zweifel erhaben, dass ein Leben im Brahmacharya erhaben und wunderbar ist. Aber ebenso kann ein maßvolles Leben für das spirituelle Wachstum eines Familienvaters gut und nützlich sein. Beide haben ihre eigenen Vorteile. Du solltest die große Stärke haben, jedem seinen Weg gehen zu lassen. Varnashrama Dharma, die Gliederung der hinduistischen Gesellschaft in vier Kasten (Varna) und vier Lebensstadien (Ashrama), ist jetzt praktisch ausgestorben. Heutzutage ist jeder ein Vaisya (Kaste der Bauern, Kaufleute und Händler) oder ein Bania (Unterkaste der Gewürz- und Getreidehändler) mit der Gier zur Anhäufung von Reichtum durch Betteln, Leihen oder Stehlen. Fast alle Brahmanen (Kaste der Priester und Gelehrten) und Kshatriyas (Kaste der Krieger, Fürsten und Könige) sind heute Banias oder Vaisyas. Es gibt heutzutage keinen wirklichen Brahmanen oder Kshatriya mehr. Heute dreht sich alles nur noch ums Geld. Sie versuchen nicht mehr, das Dharma, die Lehre ihrer Kaste, in ihrem Leben zu praktizieren.

Dies ist die grundlegende Ursache für den moralischen Absturz der Menschen. Wenn der Familienvater seine Verpflichtungen erfüllt, wenn er ein idealer Grihasthi (ein Mensch, der im Berufs- und Familienleben steht) ist, dann besteht keine Notwendigkeit, ein Leben der Enthaltsamkeit zu führen. Die Abnahme der Anzahl der Sannyasins (Mönche), in der heutigen Zeit, ist auf das Versagen der Familienväter gegenüber ihren familiären Verpflichtungen zurückzuführen. Das Leben eines idealen Familienvaters ist genau so schwierig und anstrengend wie das Leben eines idealen Sannyasin. Der Weg des Karma-Yoga des Familienvaters, ist genau so schwierig und anstrengend wie der Weg der Entsagung der Mönche. Wenn ein Familienvater ein Leben im Zölibat führt, und nur gelegentlich, um der Nachkommen willen, mit seiner Frau intim ist, dann bringt er gesunde, intelligente, starke, schöne und selbstlose Kinder hervor. Die Asketen und Gelehrten des alten Indiens, befolgten diese Regel sehr sorgfältig, wenn sie verheiratet waren. Sie lehrten diese Regeln auch ihren Schülern und praktizierten sie, durch ihr Vorbild als Familienväter und Brahmacharins. Unsere Vorfahren folgten in der Tat den asketischen Regeln bei der Erzeugung ihrer Nachkommen.

Diejenigen, die die Srimad Bhagavata, einen indischen episch-philosophischen Klassiker, gelesen haben, kennen das Leben von Devahuti, der Tochter von Manu, dem Urvater des Menschengeschlechts, und ihres Ehemannes Kardama Rishi. Kapila Muni, der Gründer der Sankhya Philosophie, wurde von Devahuti geboren, nachdem Kardama Rishi sie einmal besuchte, um mit ihr einen Sohn zu zeugen. Der Weise Parasara besuchte die Fischerstochter Matsyagandhi, die ihm darauf Sri Vyasa, den Gründer der Vedanta Philosophie gebar.Viele große Weise von damals waren verheiratet, aber sie führten nicht das Leben der Leidenschaft und Sinneslust. Ihr Leben als Familienvater war ein Leben nach dem Dharma, nach der Lehre ihrer Religion. Wenn es für dich nicht möglich ist, ihnen nachzueifern, dann solltest du ihr Leben als ein Vorbild betrachten, als ein Ideal zur Nachahmung, um ebenfalls dem Weg der Wahrheit zu folgen. Das Leben als Familienvater sollte kein Leben der Sinneslust und des losen Lebenswandels sein. Es sollte ein strenges Leben des selbstlosen Dharmas, rein und einfach sein, von Nächstenliebe, Güte, Humanität, Freundlichkeit und Selbsthilfe geprägt. Wenn du solch ein Leben führst, ist das Leben eines Familienvaters genau so gut, wie das Leben eines Sannyasin.


10.1 Was bedeutet Brahmacharya in der Ehe?

Führe eine geordnete und gezügelte Ehe. Selbst als Familienvater kannst du ein Brahmachari sein, indem du am Grihastha Dharma, den sozialen und spirituellen Pflichten der Familienväter, festhältst, ein gemäßigtes Leben führst und regelmäßig zu Gott betest. Die Ehe sollte dich auf keinen Fall in deiner spirituellen Entwicklung behindern. Du solltest das spirituelle Feuer immer am lodern halten. Deine Frau sollte ebenso vom Sinn eines spirituellen Lebens überzeugt sein. Wenn beide Eheleute Brahmacharya beachten, aber zur Zeugung von Kindern miteinander intim sind, ohne es zu Ausschweifungen kommen zu lassen, dann werden sie robuste und gesunde Kinder bekommen, die der Stolz des ganzen Landes sind. Die aufbewahrte Energie kann für höhere spirituelle Zwecke verwendet werden. Die Verhinderung einer häufigen Schwangerschaft erhält außerdem die Gesundheit der Frau. Brahmacharya im Eheleben bedeutet eine absolute Mäßigung im sexuellen Verkehr. Familienvätern sollte es gestattet sein, einmal im Monat mit ihrer Frau intim zu sein, um Nachwuchs zu zeugen. Dieses entspricht ebenfalls dem Gelübde des Brahmacharya. Deshalb kann man die Eheleute, die diese Regeln einhalten, ebenfalls als Bramacharin betrachten.

Die Eheleute sollten ebenso regelmäßig fasten und Japa, Meditation und andere spirituelle Praktiken einhalten, die es ihnen ermöglichen, das Gelübde des Brahmacharya aufrecht zu erhalten. Sie sollten vielleicht zusammen die Bhagavad Gita (hinduistische „Bibel“), die Upanishaden (philosophische Schriften), die Bhagavata (ein hinduistischer Text vishnuitischer Prägung) und das Ramayana (indisches Nationalepos) studieren und die Regeln für eine gesunde Ernährung beachten. Wenn du Brahmacharya beachten möchtest, dann stelle dir vor, dass deine Frau deine Schwester ist. Legt die Idee von Ehemann und Ehefrau beiseite, und stellt euch vor, ihr seid Bruder und Schwester. Ihr werdet eine reine und starke Liebe entwickeln, weil die Unruhen, die die Sinneslust normalerweise mit sich bringen, nicht vorhanden sind. Im Mittelpunkt eures Lebens sollte die Ausrichtung auf gemeinsame spirituelle Ziele stehen. Unterhaltungen über die Geschichten der Mahabharata oder der Bhagavata könnten euer Leben bereichern. Lest an den Feiertagen und im Urlaub zusammen spirituelle Bücher. So werdet ihr gemeinsame Interessen und Freuden für spirituelle Themen entwickeln. Richtet euer Leben an gemeinsamen spirituellen Zielen aus, um euch von den Verunreinigungen des Unterbewusstseins zu befreien und die Göttlichkeit in euch zu entwickeln.

Die heutigen jungen Männer in Indien ahmen die westlichen Menschen nach, und nehmen jedes mal ihre Frauen mit, wenn sie ausgehen. Dieses Verhalten führt zu der Gewohnheit der Männern, ständig in der Gesellschaft von Frauen zu sein. So ist selbst die kleinste Trennung bereits mit Schmerzen verbunden. Darum sind viele Männer geschockt, wenn sie ihre Frau verlieren. Weiter wird es sehr schwierig für sie, das Gelübde von Brahmacharya für einen Monat auf sich zu nehmen. Armselige Schwächlinge! Dies ist ein spiritueller Bankrott! Versuche, von deinem Partner getrennt zu sein, so oft du kannst. Verbringe nicht die ganze Zeit nur mit deiner Partnerin. Entwickle eigene Interessen. Und mache Abends einen Spaziergang, damit du zur Ruhe kommst.

Persönliche Anmerkung des Übersetzers:

Einmal eine persönliche Anmerkung zu dem Text über Brahmacharya in der Ehe. Zwar ist die sexuelle Vereinigung nur für die Zeugung von Kindern gedacht. Aber ich glaube, viele Ehepaare wären mit dieser Forderung überfordert. Darum würde ich es persönlich als einen großen Erfolg betrachten, wenn man sich zunächst darauf verständigen würde, nur einmal im Monat miteinander intim zu sein. Das würde ich als großen spirituellen Erfolg betrachten. Die intimen Stunden werden dann natürlich zu etwas ganz Besonderem.

In zweiter Linie sollte man vielleicht langfristig denken und das Gebot im Hinterkopf haben, dass man ja eigentlich nur miteinander schlafen sollte, wenn man Kinder zeugen möchte. Darum halte ich es für sinnvoll, sich selber bis zur vollkommenen Verwirklichung dieses Ziels, vielleicht einen Zeitrahmen von 12? (jeder sollte den Zeitrahmen wählen, den er für richtig hält) Jahren zu setzen, wenn man wirklich keine Kinder mehr bekommen möchte. Im ersten Jahr ist man dann nur einmal im Monat miteinander intim, im zweiten Jahr nur alle zwei Monate und nach zwölf Jahren vielleicht nur noch einmal im Jahr. So kann man vielleicht langsam vollkommenes Brahmacharya verwirklichen. Ich bin mir sicher, am Ende ist man stolz darauf, es verwirklicht zu haben.

Ende des Anmerkung.


10.2 Wenn die Frau zur Mutter wird

Sobald ein Kind geboren wird, wird deine Frau zur Mutter. Im Kind verkörpert sich die Liebe von Vater und Mutter. Nach der Geburt solltest du deine Geisteshaltung ändern. Betrachte deine Frau fortan als Weltenmutter. Beginne mit deiner spirituellen Praxis und besiege die Leidenschaften. Jeden Morgen, sobald du aufstehst, berühre die Füße deiner Frau (indischer Brauch), knie vor ihr nieder und verehre sie als Göttin Kali. Schäme dich nicht. Diese Praxis entfernt die Idee der „Frau“ aus deinem Verstand. Wenn du dich nicht körperlich vor deiner Frau verneigen magst, dann tue es geistig. Sobald ein Kind geboren ist, und ihr keine weiteren Kinder haben möchtet, solltet ihr die Sinneslust einstellen. Dann solltet ihr vollkommenes Brahmacharya beachten. Du solltest deine Frau wie deine Mutter behandeln. Sobald sich dieser Gedanke gefestigt hat, wirst du deine Frau nicht mehr mit lüsternen Blicken betrachten. Dies ist eine große spirituelle Herausforderung für den Familienvater. Geht aus der Ehe kein Kind hervor, ist es nicht ratsam, eine zweite Frau zu heiraten. Dann sollten sich die Eheleute auf den spirituellen Weg konzentrieren und vollkommenes Brahmacharya praktizieren.

Anmerkung Übersetzer:

Eventuell könnten die Eheleute aber auch über eine Adoption nachdenken.

Ende Anmerkung Übersetzer.


10.3 Das Leben in einer spirituellen Partnerschaft

Die Manu, das altindische Gesetzbuch, sagt: „Das erstgeborene Kind wird durch Dharma und die folgen Kinder durch Karma, der Sinneslust, geboren. Der sexuelle Akt zum bloßen Vergnügen ist nicht vertretbar.“ Familienväter, die den Weg der Selbstverwirklichung beschreiten und älter als 40 Jahre sind, sollten den sexuellen Kontakt zu ihrer Partnerin einstellen, da ein sexueller Kontakt alle sinnlichen Ideen wiederbelebt und ihnen immer wieder neue Nahrung gibt. Die Ehe sollte als ein gottgewolltes heiliges Bündnis zweier Seelen betrachtet werden, deren Lebensziel die Selbstverwirklichung ist. Die Eheleute sollten vollkommenes Brahmacharya beachten, wenn sie schnelle spirituelle Fortschritte und Selbstverwirklichung erreichen wollen. Bist du ein Familienvater von über vierzig Jahren? Dann solltest du nun ein perfekter Brahmachari werden. Deine Frau sollte am Ekadasi, am 11. Tag nach Vollmond und Neumond, fasten. Du solltest nicht sagen: „Swami, was soll ich tun? Ich bin ein Familienvater.“ Das ist eine faule Ausrede. Wie lange möchtest du noch wie ein leidenschaftlicher Familienvater leben? Bis an dein Lebensende? Gibt es keine edlere Mission in deinem Leben als Essen, Schlafen und sich fortzupflanzen? Hast du nicht schon genug von diesem irdischen Vergnügen gekostet? Du hast das Stadium des Familienvaters bereits überschritten.

Ich kann dich entschuldigen, wenn du ein junger Mann bist, aber jetzt nicht mehr. Nun solltest du dich vom weltlichen lösen, in das Stadium eines Vanaprastha (jemand, der sich darauf vorbereitet, allein als Sanyassin in der Waldeinsamkeit zu leben) eintreten und dein Leben der Spiritualität widmen. Bringe zuerst dein Herz zum leuchten. Es wird in der Tat ein edles Leben sein. Bereite dich auf die Waldeinsamkeit als Sannyasin vor. Diszipliniere deine Gedanken. Reales Sannyasa ist geistiges Nichtanhaften. Reales Sannyasa bedeutet, das Erlöschen der Wünsche, des Egoismus, der Anhaftung an die Kinder, an den Körper, an die Frau und an den Besitz. Du brauchst dich nicht in die Himalajahöhlen zurückzuziehen. Du solltest aber einen höheren Geisteszustand entwickeln. Lebe mit der Familie und den Kindern in Frieden und Wohlstand. Lebe in der Welt, aber lass dich nicht von ihren Verlockungen verwirren. Löse dich von der Weltlichkeit. Das ist wirkliches Sannyasa. Das ist es, was ich gerne sehen würde. Dann wirst du zum König der Könige. Ich schreie diese Botschaft seit vielen Jahren in die Welt hinaus, aber nur sehr wenige folgen meiner Bitte.

Ein wertvoller Juwel, die unendliche Anmut Gottes, ist eine Frau, die dich auf diesem Weg begleitet. Harmonie auf jedem Schritt, ist ein seltenes Geschenk Gottes für ein Ehepaar. Jeder Partner, sollte langfristig für den anderen, in jedem Sinne, der passende Begleiter sein. Grihastha Ashrama und das Führen eines spirituellen Lebens, im eigenen Haus (Wohnung), ist eine sichere Sprosse auf der Strickleiter zur Entwicklung deiner Göttlichkeit. Folge den religiösen Vorschriften und genieße dein Glück. Göttliche Erkenntnis kann nur auf spiritueller Basis erlangt werden. Beide Eheleute sollten das Ziel der Gottrealisierung anstreben. Wenn andere Paare mit anderen, um ihrem Besitz und ihr Vermögen konkurrieren, und sich gegenseitig herunter ziehen, solltet ihr nicht miteinander um einen schnelleren spirituellen Fortschritt konkurrieren. Macht daraus keinen spirituellen Wettstreit. Was für ein Segen ist es, einen solchen Lebenspartner an seiner Seite zu haben!


11. Frauen und Brahmacharya

Ein Yogaschüler schreibt: „Ich möchte gerne wissen, ob die gleiche Theorie betreffs des männlichen Samens und der Verlust desselben, entsprechend für die Frauen gilt. Sind Frauen wirklich im gleichen Umfang beeinflusst wie Männer?“ Die ist eine wichtige und angemessene Frage. Ja, die Hingabe beim sexuellen Akt erschöpft die Frau genauso wie den Mann, und führt genau so zur Abnahme der Vitalität, wie beim Mann. Die nervliche Belastung ist in der Tat sehr groß. Die weiblichen Eierstöcke, die dem männlichen Hoden entsprechen, entwickeln reife, kostbare und vitale Energie wie der männliche Samen. Das weibliche Ei, gelangt nach dem Eisprung innerhalb von 3 bis 4 Tagen von den Eierstöcken über die Eileiter zur Gebärmutter (Uterus). Obwohl die Frau dieses Ei nach dem Orgasmus nicht aus ihrem Körper verliert, wie im Falle des männlichen Samens, so verlässt es aber die Eierstöcke und wandert zur Gebärmutter und bereitet sich auf die Empfängnis eines Embryos vor. Man weiß nur zu gut, was für eine Belastung und Energieverbrauch die Schwangerschaft für eine Frau mit sich bringt. Die wiederholte Auszehrung dieser Energie und die Belastung der Geburt nagen an der Gesundheit der Frau, rauben ihr die Kraft, die Schönheit, den Anmut ihrer Jugend und ihre geistige Energie. Die Augen, die normalerweise auf die innere Stärke hindeuten, verlieren an Glanz und Ausstrahlung.

Die intensive sinnliche Aufregung des Geschlechtsaktes erschüttert das Nervensystem und verursacht Erschöpfung. Da der weibliche Körper empfindlicher und nervöser ist als der männliche Körper, werden Frauen durch den Orgasmus stärker beeinflusst als Männer. Darum sollten auch Frauen ihre kostbare vitale Energie bewahren. Das Ei und die Hormone, die durch die Eierstöcke abgesondert werden, sind für das maximale körperliche und geistige Wohlbefinden der Frau sehr wichtig. Darum sollten Frauen ebenfalls das Gelübde des Zölibats beachten. Sie können als lebenslange Brahmacharinis, wie die indische Prinzessin, Mystikerin und Dichterin Mirabai (1498 – 1546) ihr Leben dem Dienst und der Hingabe Gottes widmen. Oder sie können Brahmavichara (Gotteserforschung) wie die Yoginis Gargi und Sulabha tun. Ehe- oder Hausfrauen sollten die eheliche Moral oder das Gelübde der Keuschheit beachten. Sie sollten Lord Krishna in ihren Ehemännern sehen und Gott verwirklichen. Sie sollten sowohl Yogaübungen als auch Atemübungen praktizieren. Sie sollten häufig Mantras singen, meditieren und täglich zu Hause beten. Durch Bhakti, den Yoga der Hingabe, können sie allmählich die sinnlichen Leidenschaften auslöschen.

Viele Frauen von damals hatten übernatürliche Fähigkeiten und offenbarten so der Welt die Energie der Keuschheit. Nalayini, stoppte durch die Energie der Keuschheit das Aufgehen der Sonne, um das Leben ihres Ehemannes zu retten. Anasuya verwandelte die hinduistische Trinität, Brahma, den Gott der Schöpfung, Vishnu, den Gott der Erhaltung und Shiva, den Gott der Zerstörung, in Babys, als sie um Erleuchtung flehte. Nur durch die Energie der Keuschheit, gelang es ihr, die großen Gottheiten in Babys zu verwandeln. Savitri rettete durch ihre Keuschheit das Leben ihres Ehemannes Satyavan (Erzählungen aus der Bhagavatam). Solch eine Kraft besitzt nur das Brahmacharya. Hausfrauen und Mütter, die ein Leben in Keuschheit führen, können ebensolche Fähigkeiten entwickeln, wie Anasuya, Nalayini oder Savitri.

Zur Umwandlung sexueller Energie bei Frauen fand ich bei tao-yoga.com: Die alten Taoistinnen, die einem strengen Übungsprogramm folgten, sich ausgeglichen ernährten, ihre Emotionen harmonisierten und dadurch eine tiefe innere Ruhe und Zentriertheit erreichten, erlebten als Resultat dieses Lebenswandels ein Stoppen der Menstruation: „die Zähmung des roten Drachens“. Der Körper wird erst vollkommen geheilt, so dass schließlich die Sexualenergie umgewandelt und von der Basis in die höheren Zentren bewegt werden kann. Ich fand es sehr interessant, von einer katholischen Nonne zu hören, dass im Kloster, hinter vorgehaltener Hand, eine Nonne die noch im gebärfähigen Alter ihre Menstruation stoppt, als „erfolgreich mit Jesus vermählt“ gilt. Dies geschieht jedoch recht selten. Einerseits wird der Weg dorthin nicht erklärt und auf der anderen Seite fehlen oft die erforderlichen Lebensumstände. Notwendig sind genügend körperliche Bewegung, ausreichende Ruhe für Körper und Geist, eine ausgewogene Ernährung und als ganz wesentlicher Punkt, ausgeglichene Emotionen, die auch im Kloster nicht immer leicht zu finden bzw. zu erreichen sind.


11.1 Brahmacharinis – einst und heute

Früher gab es Brahmacharinis in Indien. Sie waren Brahmavadinis; und am Wissen über Brahman interessiert. Sie wollten nicht das Leben einer Ehefrau führen und den ehelichen Pflichten nachkommen. Sie dienten den Rishis und Weisen in ihren Einsiedeleien und praktizierten Brahmavichara, das Einssein mit Gott. König Janasruti’s Tochter diente Rishi Raikva. Du findest diese Geschichte in den Chandogya Upanishaden, eine der bekanntesten philosophischen und mystischen Schriften der indischen Kultur. Die Brahmacharini Sulabha war eine sehr gelehrte Frau. Sie wurde in einer königlichen Familie geboren. Sie wurde im Geist der Emanzipation erzogen. Sie beachtete die Praxis der Askese. Sie beschritt ihren Weg sehr konsequent und war in ihrem Gelübde sehr beharrlich. Sie äußerte nie ein Wort, ohne es auf seine Verletzlichkeit zu reflektieren. Sie war eine Yogini und führte das Leben einer Sanyassin. Sie erschien vor dem König und Asketen Janaka, in seinem Gericht, und führte mit ihm eine Diskussion über Brahmavidya, dem Wissen über Brahman, über das Selbst. Gargi war ebenso eine Brahmacharini. Sie war eine in hohem Grade kultivierte Frau. Sie hatte mit Yajnavalkya eine langatmige Diskussion über Brahmavidya. Der Dialog zwischen ihnen ist in der Brihadaranyaka Upanishad nachzulesen.

In Europa gab es viele Frauen, die zölibatär lebten und ihr Leben der Askese, dem Gebet und der Meditation weihten. Sie lebten in ihrer eigenen Einsiedelei. In Indien leben auch heute noch gebildete Frauen, die ein Leben als Brahmacharinis führen. Sie möchten nicht heiraten. Sie unterrichten die Mädchen in den Schulen, erteilen den armen Mädchen kostenlosen privaten Unterricht und bilden sie im Nähen und in anderen Hausarbeiten aus.
Sie studieren religiöse Bücher, singen Mantren und meditieren morgens und am Abend. Sie führen ein tägliches spirituelles Tagebuch, leiten spirituelle Frauengruppen und unterrichten Mädchen im Yoga und in den Atemübungen. Sie geben Darlegungen der Bhagavad-Gita und Upanishaden. Sie halten Vorträge über religiöse Texte in Englisch, Sanskrit und Hindi. Während der Feiertage und bei wichtigen Gelegenheiten halten sie im großen Stil religiöse Tagungen für die spirituelle Erweckung von Frauen ab.

Manchmal besuchen sie nahe gelegene Dörfer und verteilen kostenlos Medizin für die Armen. Sie sind mit der Ersten Hilfe, der Homöopathie, der Allopathie (Schulmedizin) und der Biochemie vertraut. Sie sind ebenfalls darin ausgebildet, Kranke zu pflegen. Es gibt gut ausgebildete Brahmacharinis, die Mädchenschulen leiten und die in Sanskrit, Englisch und in Hindi sehr erfahren sind. Sie unterhalten auf eigene Kosten eine freie private Schule für arme Mädchen. Das ist wirklich eine edle Tat. Solche Mädchen und Frauen sind wirklich ein Segen für Indien. Sie führen ein Leben in Reinheit und Nächstenliebe. Sie genießen Glück, Wohlstand und Ansehen und werden einst mit Seligkeit belohnt werden. Indien könnte mehr Brahmacharinis dieser Art gebrauchen, die ihr Leben dem Dienst am Nächsten, der Meditation und dem Gebet widmen. Es gab eine Maharani, eine weibliche Maharaja (Fürstin), in den einstigen vereinigten Provinzen, die einfache Kleidung trug, einfache Nahrung aß, Sadhus (Bettelmöche) und arme Leute bediente und unter Sannyasins (Entsagenden) lebte. Sie hatte ein großes Wissen der Heiligen Schriften und praktizierte regelmäßig Meditation und Gebet. Sie beachtete monatelang das Schweigegelübde und verbrachte einige Zeit in Abgeschiedenheit, um zu sich zu finden. Es gibt eine gebildete Frau, die eine Mennonitin (reformierte christliche Konfession) ist. Ihr Ehemann hat eine gut bezahlte Stellung. Sie behandelt die Patienten kostenlos und leistet einen sehr guten Dienst an der Gesellschaft. Sie ist frei von Besitzgier und leistet medizinische Hilfe, um ihr Herz zu reinigen, um Gott zu danken. Sie kümmert sich um das Haus, dient ihrem Ehemann, studiert religiöse Bücher, meditiert und betet. Sie ist eine ideale Frau, die ein prachtvolles und frommes Leben führt.


11.2 Ein lockeres Leben ist kein Freiheit

Die Welt hat solche idealen Frauen dringend nötig. Ich wünsche mir, die Welt hätte solche wunderbaren Frauen im Überfluss. Ich verurteile keine Frauen. Ich bin nicht dagegen, ihnen Ausbildung und Freiheit zu geben. Ich habe große Achtung vor Frauen. Ich verehre sie als Göttinnen. Aber ich befürworte nicht die Freiheit für Frauen, die sie ruiniert. Ich bin mit der Ausbildung und Kultur einverstanden, die sie prachtvoll und unsterblich macht, so wie die idealen Frauen Sulabha, Mira und Maitreyi, wie Savitri und Damayanti. Das ist es, was ich möchte. Das ist es, was jeder sich wünscht. Ein lockeres Leben bedeutet keine Freiheit. Einige Frauen aus Indien haben sich selbst ruiniert, indem sie diese falsche Freiheit nutzten. Es gibt keine Grenzen in der Freiheit, die die so genannte gebildete Frau jetzt genießt. Diese Freiheit hat viele Familien zerstört. Sie hat viele Störungen in der Gesellschaft verursacht. Sie hat Schande über viele angesehene Familien gebracht. Die heutigen jungen Frauen, mit ihren unersättliches Begierden nach Freiheit, haben die Begrenzung überschritten und den unbezahlbaren Besitz der Reinheit, den die Frauen der Vergangenheit sich erhalten haben, verloren.

Indem sie von einem Mann zum nächsten wechselt, verliert die Frau ihre Würde, ihre Bescheidenheit, ihre weibliche Anmut und die Heiligkeit ihrer Person und ihres Charakters. Eine Frau, die häufig den Partner wechselt, kann ihre Keuschheit nicht lange aufrecht erhalten. Es kann und es wird Ausnahmen geben. Eine Frau, die frei mit Männern in der Öffentlichkeit verkehrt und dennoch rein bleiben möchte, muss zweifellos übermenschlich sein. Eine gewöhnliche Frau mit ihrer natürlichen Neigung wird schon bald den Verlockungen erliegen. Was gibt es noch im Leben einer Frau, wenn ihre Reinheit verloren ist? Sie ist nur ein lebender Leichnam, wenn es keine Reinheit in ihrem Leben gibt, obgleich sie sich im Reichtum sonnen und sich in hohen gesellschaftlichen Kreisen bewegen mag. Häufiger Partnerwechsel führt zu verheerenden Resultaten. Sogar Weise und Yoginis, die in Lumpen gekleidet und in Abgeschiedenheit leben, würden durch die dunklen Kräfte der Natur herunter gezogen werden, wenn sie unvorsichtig wären. Was soll man über Frauen sagen, die täglich Leckereien und Konfekt essen, die in parfümiertem Samt und Seide mit Spitzerändern gekleidet sind, die häufig ihre Partner wechseln, die keine Selbstkontrolle haben, keine religiöse Orientierung und Disziplin, die keine Idee des Seelenlebens und der Gleichberechtigung haben? O kluger Leser! Ich überlasse dir die Beantwortung.

Frauen sollten nichts tun, das Schmach oder Schande auf sie und ihre Familie bringt. Ohne Charakter ist ein Mann oder eine Frau so gut wie tot. Frauen sollten in der Öffentlichkeit sehr achtsam und vorsichtig sein. Sie sollten zu viel reden, zu viele männliche Kontakte, zu viel schallendes Gelächter und Gekichere vermeiden. Sie sollten sich in einer würdevollen Weise bewegen und nicht mit den Hüften schwingen. Sie sollten nie Männer mit einer musternden Geste betrachten. Ihre Kleidung sollte nicht zu eng ansitzen oder halboffen getragen werden. Verzichte auf Schminke.


11.3 Der Ruf zum spirituellen Leben

O Göttinnen! Verschwendet euer Leben nicht mit Mode und Leidenschaften. Öffnet eure Augen und geht einen rechten Weg. Bewahrt die eheliche Moral und seht die Göttlichkeit in euren Ehemännern. Studiert die Bhagavad Gita, die Upanishaden, die Bhagavata und das Ramayana. Werdet gute Ehefrauen und Gottessucher und bringt viel Glück und Liebe hervor. Das Schicksal der Welt liegt in euren Händen. Mit eurer Liebe könnt ihr die ganze Welt verändern. Die Tür des himmlischen Glücks steht euch offen. Holt das Paradies in euer Haus. Führt eure Kinder auf den spirituellen Weg. Sät den spirituellen Samen, wenn sie noch jung sind. Oh, ihr Göttinnen dieser Welt! Solltet ihr euch nicht um ein höheres, um ein großartiges, erhabenes, um das einzig wahre Seelenleben bemühen? Stellen dich allein die materiellen Dinge des Lebens wirklich zufrieden? Erinnerst du dich, was Maitreyi, die Ehefrau des Weisen Yajnavalkya, zu ihm sagte? Sie sagte zu ihm: „Was soll ich mit dem Reichtum dieser ganzen Welt? Werde ich dadurch glücklich?“ Wie viele Frauen dieser Welt sind klug genug, diese weise Aussage einzusehen?

Das Geburtsrecht der Frauen besteht darin, sich von den Ketten des Samsara, den Ketten der Reinkarnation, zu befreien. Das Anhaften an die Familie, die Kinder und Verwandte sollte nicht das Ideal der mutigen und intelligenten Frauen sein. Jede Mutter dieser Welt sollte es als ihre Pflicht empfinden, sich selbst, ihre Kinder, ihre Familie und ihren Ehemann, zum wahren Licht, zum Glanz des spirituellen Lebens zu führen. Was für eine wunderbare Mutter war Königin Madalasa (aus den alten Geschichten der hinduistischen Puranas). Sagte sie ihren Kindern, sie sollten sich nach beendetem Studium eine Beschäftigung suchen? „Ihr seid rein, Bewusstsein, unbefleckt, ihr seid leer von Maya (Täuschungen, Illusionen), von Samsara“. Das war die Belehrung, die Madalasa ihren Kindern erteilte, als sie sie in der Wiege schaukelte. Wie viele Mütter der heutigen Zeit haben das Vermögen, ihren Kindern solch ein tiefsinniges Wissens beizubringen? Die heutigen Mütter würden vielmehr versuchen, die spirituellen Tendenzen ihrer Kinder zu unterbinden, selbst wenn sie nur gering vorhanden wären! Was für ein trauriger und bemitleidenswerter Zustand! Wacht auf, ihr Mütter und Schwestern! Wacht auf, aus eurem Tiefschlaf. Erkennt eure Verantwortlichkeit. Lebt spirituell. Führt eure Kinder, eure Ehemänner zur Spiritualität, wenn ihr in einer Familie lebt! Erinnert euch daran, wie Königin Chudala ihren Ehemann, König Shikidwaja, erleuchtete (aus der Yoga Vashishtha). Mütter, ihr seid die Schöpfer der Nation, die Schöpfer der Welt! Darum lebt ein Leben in Spiritualität. Entwickelt euch im Geiste Sulabhas, Maitreyis und Gargis. Seid mutig. Trennt euch von euren Illusionen und Eitelkeiten!

Werdet zu wahren Sannyasinis und bereichert die Welt mir eurer Glorie, mit eurer wahren Größe. Dafür braucht ihr Mut, Intelligenz und Einsicht. Eine Frau ist keine Frau, wenn in ihr nicht das spirituelle Feuer brennt, wenn ihre Seele nicht nach dem höheren Leben strebt. Die Mutter sollte es nicht nur als ihre Aufgabe ansehen, die Familie materiell zu versorgen, sondern ebenso spirituell. Ihr Interesse sollte nicht den Kleidern, dem Schmuck, den Jacken, den Pudern und den Düften gelten. Ihre Aufgabe sollte darin bestehen, das Selbst, den Atman (Seele), den Brahman, zu finden. Solch eine Frau ist ein reales Symbol Gottes. Sie sollte verehrt und angebetet werden!


12. Brahmacharya und die pädagogische Arbeit

Wenn du das heutige Schulsystem mit dem traditionellen Ausbildungskonzept im alten Indien vergleichst, bei dem der Schüler die Lehrinhalte seines Lehrers/Meisters dadurch verinnerlichte, indem er längere Zeit in seiner Nähe lebte, gibt es einen klaffenden Abgrund zwischen diesen zwei Unterrichtsmethoden. Das heutige Schulsystem ist sehr teuer und die moralische Seite der Erziehung, wird vollkommen vernachlässigt. Jeder Schüler im alten indischen Bildungssystem war dagegen rein und hatte eine vollkommene moralische Schulung. Dieses war eine vorherrschende Eigenschaft der alten Kultur. Jeder Schüler hatte ein Wissen über Pranayama (Atemübungen), Meditation, Yogaübungen, Verhaltensregeln, über die Bhagavad Gita, das Ramayana, das Mahabharata und die Upanishaden. Jeder Schüler besaß Bescheidenheit, Selbstbeherrschung, Gehorsam, Hingabe, Nächstenliebe, gutes Benehmen, Höflichkeit, Freundlichkeit und nicht zuletzt den Wunsch, göttliches Wissen zu erwerben.


12.1 Die Nachteile der heutigen Erziehung

Die Schüler von heute besitzen keine der oben genannten Tugenden. Selbstbeherrschung ist ihnen unbekannt. Das luxuriöse Leben und die Genusssucht beginnen schon in der frühen Kindheit. Arroganz, Unverschämtheit und Missachtung werden tief in ihnen verwurzelt. Sie werden im Geist des Atheismus und Materialismus erzogen. Viele sind beschämt, zu sagen, dass sie an einen Gott glauben. Sie haben kein Wissen über Brahmacharya und keine Selbstkontrolle. Modische Kleidung, ungesunde Ernährung, schlechte Gesellschaft, häufige Theater- und Kino-Besuche und die Übernahme westlicher Lebensweisen, haben sie schwach und leidenschaftlich gemacht. Das Wissen über Brahmann (Gott), über die Glorie der Erleuchtung, über die Leidenschaftslosigkeit, über den Frieden und das Glück in Atman sind ihnen ziemlich fremd.Mode, moderner Lebensstil, Genusssucht, Schlemmerei und Luxus beschäftigen ihren Verstand. Es ist sehr bemitleidenswert die Lebensgeschichte einiger dieser Schüler zu hören. Die Schüler an den alten indischen Schulen waren gesund und stark und sie lebten lange. Es ist in der Tat ermittelt worden, dass sich die Gesundheit der Schüler in Indien verschlechtert hat. Bewegungsmangel, übergewicht und schlechte Gewohnheiten ruinieren zunehmend die Gesundheit der Schüler. Es gibt keine ethische Kultur mehr in den modernen Schulen und an den Hochschulen. Im heutigen Bildungssystem wird die moralische Seite der Erziehung streng vernachlässigt.

Die moderne Zivilisation hat unsere Jungen und Mädchen moralisch geschwächt. Sie führen ein künstliches Leben. Kinder zeugen Kinder. Das Kino bringt nicht nur Segen. Es erweckt Emotionen und Leidenschaften. Heutzutage werden im Kino vulgäre Szenen, Gewalt und unmoralische Spiele gezeigt, selbst wenn sie Geschichten aus der Mahabharata (indisches Epos) und vom Ramayana (bezüglich Rama) zeigen. Ich möchte mit Nachdruck darauf hinweisen, dass das gegenwärtige indische Schulsystem sofort vollständig überholt werden sollte. Jedes Bildungssystem, das nicht auf den Grundregeln von Brahmacharya basiert und keine Lehrinhalte religiöser Literatur in seinem Lehrplan hat, wird nicht gut für die Menschen sein. Es ist zum Scheitern verurteilt! Die, die für das Bildungssystem verantwortlich sind, sind in diesem wichtigen Punkt unwissend. Daraus resultieren zahlreiche unglückliche Experimente in der Erziehung.

Einige Professoren an den Hochschulen erwarten von den Studenten eine moderne Bekleidung. Sie lehnen sogar Kursteilnehmer ab, die eine saubere aber einfache Kleidung tragen. Das ist eine Schande! Sauberkeit ist eine Sache und Mode eine andere. Die so genannte „Mode“ schlägt Wurzeln im Materialismus und in der Sinnlichkeit. Sauberkeit, Reinheit, sind aber für das körperliche und spirituelle Wachstum erforderlich. Jungen und Mädchen leiden wegen dieser Unwissenheit seelisch und körperlich still vor sich hin. Dieses führt zu einem definitiven Abfluss ihrer Vitalität und Lebensfreude. Es verzögert das normale geistige und körperliche Wachstum. Wird der Mensch seiner Gesundheit beraubt, so hat darunter auch das Nervensystem zu leiden. Aus diesem Grund, entwickeln sich immer mehr Lernbehinderungen. Die Zahl seelischer und körperlicher Erkrankungen unter den Schülern nimmt zu. Junge Studenten leiden unter Anämie (Mangel an roten Blutkörperchen), schlechtem Gedächtnis und Erschöpfung. Sie müssen ihre Studien einstellen. Die Erkrankungen nehmen zu. Tausende von Spritzen sind in die Apotheken, in die Krankenhäuser und in die Armenapotheken gekommen. Tausende von Ärzten haben Kliniken und Praxen eröffnet. Jedoch erhöht sich das Elend Tag für Tag. Die Menschen haben keinen Erfolg in ihren Unternehmen und Geschäften. Was ist der Grund dafür? Nach dem Grund braucht man nicht lange suchen. Es ist die Verschwendung der vitalen Kraft, des Samens, durch schlechte Gewohnheiten und übertriebenen sexuellen Verkehr. Es entsteht durch einen unreinen Körper und durch einen unreinen Geist.


12.2 Die Aufgabe der Lehrer und Eltern

Eine große und schwere Aufgabe der Lehrer besteht darin, den Schülern und Studenten einen spirituellen Weg und richtiges Benehmen zu vermitteln, sowie ihren Charakter richtig zu formen. Brahmacharya beinhaltet die Charakterbildung. Man sagt, Wissen ist Macht. Aber ich behaupte mutig, dass Charakter Macht ist, und dass der Charakter dem Wissen sogar weit überlegen ist. Jeder sollte sich bemühen, seinen Charakter richtig zu formen. Das ganze Leben und der Erfolg im Leben, hängen vollkommen von der Entwicklung des Charakters ab. Alle Großen dieser Welt haben ihre Größe durch ihren Charakter, allein durch ihren Charakter erzielt. Die leuchtenden Gestirne dieser Welt haben die Lorbeeren ihres Ruhmes, ihr Ansehen und ihre Anerkennung, durch ihren Charakter, allein durch ihren Charakter, gewonnen. Die Lehrer selbst sollten absolut moralisch und rein sein. Sie sollten mit ethischer Vollkommenheit ausgestattet sein. Andernfalls wird es so sein, als ob der Blinde die Blinden führt. Bevor man den Beruf eines Lehrers ausübt, sollte sich jeder Lehrer der hohen pädagogischen Verantwortung seiner Position bewusst sein. Bloßer intellektueller Erfolg und der Besuch von Vorlesungen sind nicht ausreichend. Dies allein überzeugt keinen Professor.

Wenn Schüler die Geschlechtsreife erreichen, finden verschiedene Wachstumsprozesse und Veränderungen im Körper statt. Die Stimme verändert sich. Neue Gefühle und Interessen erwachen. Natürlich werden die jungen Menschen neugierig. Sie fragen ihre Freunde um Rat. Aber in der Regel werden sie schlecht beraten. Sie ruinieren ihre Gesundheit durch schlechte Gewohnheiten. Das Richtige Wissen über die sexuelle Gesundheit, über die Hygiene und über Brahmacharya sollte ihnen vermittelt werden. Sie sollten lernen, wie man ein langes glückliches Leben führt und die Leidenschaften kontrolliert. Eltern sollten ihre Kinder in den verschiedenen Geschichten der Mahabharata und Ramayana unterrichten, die sich auf Brahmacharya und eine rechte Lebensführung beziehen. Eltern sollten ihre Kinder, immer und immer wieder, bezüglich Brahmacharya beraten. Das ist ihre Pflicht. Offene Gespräche zu den Jungen und Mädchen sind notwendig, wenn sie beginnen, die ersten Zeichen der Pubertät zu zeigen. Es macht keinen Sinn, um der heißen Brei herum zu reden. Das Wissen über die Sexualität, sollte nicht versteckt gehalten werden. Es ist falsche Bescheidenheit, wenn Eltern nicht offen mit ihren Kindern über dieses wichtige Thema sprechen. Schweigen regt nur die Neugier der Jugendlichen an. Verstehen die Jugendlichen dagegen allmählich diese Dinge, können sie nicht von falschen Beratern irregeführt werden und entwickeln keine schlechte Gewohnheiten.

Eltern und Lehrer sollten den Jungen und Mädchen korrekte Ratschläge erteilen, wie sie ein reines Leben in Brahmacharya führen sollten. Sie sollten sie über die richtigen Vorstellungen von Scham und Bescheidenheit aufklären. Sie sind für das Wissen der Jungen und Mädchen mitverantwortlich. Es wurde mehr Leid durch Unwissenheit beim Thema Sexualität verursacht, als bei irgendeinem anderen Thema. Du zahlst den Preis der Unwissenheit und der falschen Scham, für die Fragen der Sexualität und der sexuellen Physiologie, die nicht besprochen wurden. Eltern und Lehrer sollten das Verhalten der jungen Leute sorgfältig beobachten, sie auf die große Bedeutung eines Lebens im Brahmacharya und die Gefahren eines zügellosen Lebens hinweisen. Aufklärungsschriften über Brahmacharya sollten frei verteilt werden. Magische Lichtspiele (mit Hilfe einer Lichtquelle, zum Beispiel einer Kerze, werden transparente Bilder auf eine Fläche projiziert) aus den Leben der Brahmacharins von einst, aus den Geschichten des Mahabharata und des Ramayana, sollten an den Schulen und Hochschulen regelmäßig geleitet werden. Dieses wird den Teilnehmern eine große Hilfe beim Ansporn zu einem hohen moralischen Standard sein.

Ihr Lehrer und Professoren! Wacht auf! Leitet die Schüler und Studenten auf dem Weg des Brahmacharya, der Rechtschaffenheit und Moral. Erzieht sie zu wahren Brahmacharins. Vernachlässigt diese göttliche Arbeit nicht. Ihr seid für diese schwere Aufgabe moralisch verantwortlich. Dies ist euer Yoga. Ihr könnt Selbstverwirklichung erlangen, wenn ihr diese Arbeit mit der rechten Aufrichtigkeit auf euch nehmt. Seid aufrichtig und zuversichtlich. Erläutert den Jungen und Mädchen den Wert von Brahmacharya und unterrichtet sie in den verschiedenen Methoden, wie sie ihren Samen erhalten können. Lehrer, die selber Brahmacharya verwirklicht haben, sollten private Gespräche mit Studenten führen und ihnen regelmäßige praktische Lektionen über Brahmacharya geben. Der Geistliche Packenham Walsh, der vor einigen Jahrzehnten Rektor an der SRG Hochschule in Tiruchirapalli, der viertgrößten Stadt des indischen Bundesstaats Tamil Nadue, war, und später dort Bischof wurde, hielt regelmäßig mit seinen Studenten Gespräche über Brahmacharya und Selbstkontrolle. Das zukünftige Schicksal der Welt untersteht vollkommen den Lehrern und Studenten. Führen die Lehrer die Studenten auf den rechten Weg, dann wird die Welt voller zuversichtlicher Bürger, Yogis und Weiser sein, die Licht, Frieden, Glück und Freude ausstrahlen. Gesegnet sei der Lehrer, der sich aufrichtig bemüht, seinen Schülern und Studenten aufrichtiges Brahmacharya zu vermitteln. Zweimal gesegnet sei der, der versucht, ein aufrichtiger Brahmachari zu werden. Möge der Segen Lord Krishnas bei ihm sein. Glorie den Professoren, Lehrern, Studenten und Schülern.


13. Einige ideale Brahmachrins

13.1 Hanuman, der Affengott

Hanuman ist eine Verkörperung Shivas. Er ist eine lebendige Verkörperung der Verehrung des Namens Ramas, ein selbstloser Diener, ein wahrer Karma-Yogi, der ohne Erwartungen dynamisch und kraftvoll handelte. Er ist das Ideal eines großen Gottesverehrers und ein vorbildlicher Brahmachari. Er diente Rama mit reiner Liebe und Hingabe, ohne irgendeine Belohnung dafür zu erwarten. Er lebte, um Rama zu dienen. Er war bescheiden, tapfer und weise und besaß alle göttlichen Eigenschaften. Er besaß Hingabe, Stärke, Wissen, den Geist des selbstlosen Dienens, die Kraft der Enthaltsamkeit und der Wunschlosigkeit. Niemals prahlte er mit seinem Mut und seiner Intelligenz.

Hanuman wurde als Sohn des Windgottes Pavana (Vayu) und seiner Mutter Anjana Devi geboren. Andere Namen für Hanuman sind Pavanasuta (Sohn des Windgottes), Marutsuta (Sohn des Windes), Pavankumar (Sohn des Windgottes), Bajrangabali (Großer Held) und Mahavira (Großer Krieger). Er wurde nach der Stadt Hanuman benannt, in der sein Onkel Parti Surya herrschte. Hanumans Körper war so hart wie Stein. Darum nannte seine Mutter Anjana ihn Vajranga (steinharte Glieder). Die Welt hat bisher keinen größeren Helden als Sri Hanuman gesehen und wird dies auch zukünftig nicht. Während seines Lebens bewirkte er Wunder und zeigte übermenschliche Kräfte und Tapferkeit. Er hat in der Welt einen Eindruck hinterlassen, der auch heute noch einen großen Einfluss auf Millionen Menschen ausübt.

Hanuman ist einer der sieben Chiranjivis (ewig Lebenden) unter den Yogis. Er ist der einzige Gelehrte, der die neun Vyakaranas (Grammatik der Veden) kennt. Er lernte die Sastras (heiligen Schriften) vom Sonnegott. Er ist die Personifizierung von Brahmacharya. Er ist der Weiseste der Weisen, der Stärkste der Starken und der Tapferste der Tapferen. Er ist die Shakti, die Energie von Rudra (ein vedischer Gott und wahrscheinlich der Vorgänger von Shiva, außerdem Gott der Stürme). Wer auf Hanuman meditiert und seinen Namen wiederholt erlangt Energie, Stärke, Ruhm, Wohlstand und Erfolg im Leben. Hanuman wird in allen Teilen Indiens angebetet, besonders im Maharashtra (Westindien). Hanuman, der weiße Affengeneral von Affenkönig Sugrivas, der wie ein Vogel durch die Luft fliegen kann, hatte die Kraft, alle Formen anzunehmen, die er wollte, seinen Körper enormen anschwellen zu lassen oder ihn auf die Größe eines Daumennagels zu verkleinern. Er besaß übernatürliche Kräfte. Er war der Schrecken der Dämonen. Er war mit den vier Veden und anderen Heiligen Schriften sehr vertraut. Sein Mut, seine Klugheit, sein Wissen über die Heiligen Schriften und seine übermenschlichen Kräfte zogen jeden an, der sich ihm näherte. Er hatte außerordentliche Fähigkeiten in der Kriegsführung.

Hanuman war der auserkorene Kurier, Krieger und Diener von Sri Rama (hinduistischen Gott). Er war ein Verehrer und eifriger Anhänger Ramas. Rama war das Ziel seiner Verehrung. Er lebte in Rama, er lebte für Rama. Er lebte, um Rama zu dienen. Er war ein Minister und ein vertrauter Freund Sugrivas (Affenkönig). Hanuman wurde am Morgen des 8. Tages des Mondmonats, an einem Dienstag geboren. Seit seiner Geburt besaß Hanuman außerordentliche körperliche Stärke und bewirkte viele Wunder. Als er ein Kind war, sprang er auf zur Sonne und hielt sie für etwas Essbares. Alle Götter wurden sehr besorgt. Sie kamen mit gefalteten Händen zum Kind und baten bescheiden, die Sonne wieder freizugeben. Nach dieser Bitte, gab Hanuman die Sonne wieder frei. Darauf sprach ein Weiser einen Fluch gegen Hanuman aus. Für sein falsches Handeln verlor Hanuman seine große Kraft und seinen Mut solange, bis er Sri Rama traf und ihm mit Hingabe diente. Hanuman traf Rama zum ersten Mal in Kishkinda (Südindien). Sri Rama und sein treuer Bruder und Freund Lakshmana kamen im Verlauf ihrer Suche nach Prinzessin Sita, der Frau Ramas, die der Dämonenkönig Ravana entführt hatte, nach Kishkinda. Sobald Hanuman Sri Rama erblickte, erlangte er wieder seine alten Kräfte und seine Energie zurück.

Hanuman brannte die Hauptstadt von Lanka (Ceylon) nieder und brachte Rama Neuigkeiten von seiner entführten Frau Prinzessin Sita. Im großen Krieg zwischen Rama und dem Dämonenkönig Ravana tötete Hanuman viele Helden der Rakshasa Armee (böse Geister). Er vollbrachte viele übermenschliche Taten. Das Forttragen eines großen Berges und andere große Taten waren nichts für Hanuman. Alles dies war auf Brahmacharya zurückzuführen. Als der große Krieg vorüber war, wurde Vibhishana (Bruder des Dämonenkönigs Ravana; stand im Krieg auf Ramas Seite) auf den Thron von Sri Lanka gesetzt. Die Zeit der Verbannung war vorüber (Rama hatte zusammen mit seiner Frau Prinzessin Sita und seinem Bruder Lakshmana 14 Jahre lang in einer Waldeinsiedelei gelebt.). Sri Rama, Lakshmana, Sita und Hanuman flogen mit einem Pushpaka Vimana (Luftfahrzeug) und erreichten rechtzeitig Ayodhya, der Ort in dem Rama wohnte, er zählt zu den sieben heiligen Orten des Hinduismus. Die Krönungzeremonie von Lord Rama wurde mit großem Jubel und Pomp gefeiert. Prinzessin Sita schenkte Hanuman eine Halskette aus wertvollen Perlen. Aber Hanuman warf sie fort. Glorie für Hanuman, dem gesegneten Anhänger Lord Ramas. Glorie, Glorie für Sri Anjaneya (Name für Hanuman), dem mächtigen Helden, unerschrockenen Krieger und gelehrten Brahmachari, einem Yogi, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat und niemals wieder sehen wird. Mögen wir Inspirationen aus Hanumans idealem Leben für unser Brahmacharya beziehen!


13.2 Sri Lakshmana

König Dasaratha hatte drei Ehefrauen, Kausalya, Kaikeyi und Sumithra. Die drei Ehefrauen des Königs Dasaratha bekamen vier Söhne. Kausalya gebar Rama, Kaikeyi gebar Bharata und Sumitra schenkte dem König die Zwillingsbrüder Lakshmana und Shathrughna. Lakshmana war der Avatar (Inkarnation) von Adisesha (Adisesha ist die Schlange auf der Lord Vishnu schlief). Lakshmana war der konstante Begleiter seines älteren Bruders Rama in Freud und Leid. Rama und Lakshmana lebten, speisten, spielten und studierten zusammen. Einer konnte die Trennung vom anderen nicht ertragen. Lakshmana war ein liebevoller Diener Sri Ramas. Er führte die Anweisungen Sri Ramas genau aus. Er lebte im vollkommener Ergebenheit zu Sri Rama. Lakshmana empfand eine reine und makellose brüderliche Liebe zu Rama. Der Sinn seines Lebens war der Dienst an seinem älteren Bruder. Gehorsam zu den Befehlen seines Bruders war das Motto seines Lebens. Er wollt nichts ohne Ramas Erlaubnis tun. Er betrachtete Sri Rama als seinen Gott, seinen Guru, seinen Vater und seine Mutter. Er folgte Rama wie ein Schatten.

Lakshmana war selbstlos im Herzen. Er verließ allen königlichen Komfort, nur um in der Gesellschaft seines Bruders Rama zu sein. Er diente Rama auf vielfältige Weise. Er machte Ramas Sache zu seiner eigenen. Er opferte seine persönlichen Ansichten auf dem Altar brüderlicher Liebe. Sri Rama war sein Ein und Alles. Lakshmana würde sogar sein Leben für Rama opfern, wenn Rama dies wünschte. Lakshmana verließ von einem Moment auf den anderen seine Mutter, seine Frau und seinen königlichen Besitz, nur um Sri Rama und Ramas Frau Sita ins Exil zu folgen. Was für eine großartige Seele! Was für ein großer Tyagi (Entsagter) er war! Hier ist ein einmaliges Beispiel einer selbstlosen, edlen und ergebenen Seele aus der Vergangenheit, die nur lebte, um seinem Bruder zu dienen. Das ist der Grund, warum die Leser des Ramayana (indisches Epos), Lakshmana für seine reine und einzigartige Liebe zu seinem Bruder preisen. Einige preisen Bharata (Ramas Bruder), während andere in hohem Grade von Hanuman sprechen, aber Lakshmana war keineswegs geringer als Bharata oder Hanuman. Lakshmana folgte Sri Rama über eine lange Periode von vierzehn Jahren, obwohl er sich der Gefahren des Waldes bewusst war. Er begleitete Rama mit Pfeil und Bogen, obwohl seine Hilfe nicht von dem Weisen Visvamitra angefordert wurde, der Rama in die Waldeinsiedeleien geführt hatte. Es lag an seiner Hingabe und Liebe zu seinem Bruder Sri Rama. Sri Rama liebte Lakshmana ebenso stark. Als Lakshmana bewusstlos durch den tödlichen Pfeil von Meghanada hinfiel, war Ramas Herz gebrochen. Er weinte bitterlich. Als er seinen geliebten Bruder verlor, fasste er den Entschluss, Ayodhya nicht noch einmal zu besuchen. Er sagte, „eine Frau wie Sita kann ersetzt werden, aber ein ergebener Bruder wie Lakshmana kann nicht ersetzt werden. Die Welt bedeutet mir nichts, ohne meinen Bruder.“

Lakshmana war rein in Gedanken, im Wort und in der Tat. Er führte, während der vierzehn Jahre des Exils, das Leben eines idealen Brahmachari. Er betrachtete nie das Gesicht oder den Körper von Ramas Frau Sita. Seine Augen waren immer auf ihre Lotosfüße gerichtet. Als der Affenkönig Sugriva Sitas Umhang und Juwelen holte, und sie versehentlich auf die Erde fallen ließ, sahen die Affen verschämt auf dem Berg. Rama zeigte sie Lakshmana und fragte, ob er sie erkannte. Lakshmana sagte: „Ich kenne die Armreifen und Ohrringe nicht; ich kenne nur die Fußketten, denn ich betete allein ihre Füße an.“ Sieh, wie Lakshmana Sita als Mutter und Göttin verehrte. Meghanada, der Sohn von Ravana, hatte sogar Indra, den König der Götter besiegt. Wegen dieses Sieges, wurde Meghanada auch als Indrajit bekannt. Er hatte über vierzehn Jahre die Gabe, für alle unbesiegbar zu sein, bis auf die, die sich aller sinnlichen Genüsse enthielten. Er war unbezwingbar. Aber Lakshmana besiegte ihn durch die Energie seiner Reinheit, durch die Energie Brahmacharyas. Oh Lakshmana! Wir singen zu deinem Ruhm und wiederholen „Ram Lakshman Janaki, Jai Bolo Hanuman Ki!“ Führe uns zu unserem geliebten Lord Rama, deinem lieben Bruder und Meister. O Lakshmana, hilf uns, in Einklang mit Lord Rama zu kommen. Sei mit jenen barmherzig, die noch in der Dunkelheit der Unwissenheit herumtasten! Lehre uns das Geheimnis des Erfolges, und hilf uns, bis ans Ende unserer Leben standhafte Brahmacharins zu werden. Noch einmal Grüße an dich, O Lakshmana, der Liebling von Sumitra (Lakshmanas Mutter) und der Augapfel Sri Ramas!


13.3 Bhishma

Bhishmas Vater König Santanu, war der Herrscher von Hastinapura (heute Delhi). Seine Mutter war Ganga Devi (Ganges). Der frühere Name Bhishmas war Devavrata. Er war eine Inkarnation von Vasu Devata. Eines Tages ging König Santanu zum Jagen in die Wälder, nah bei den Sandbänken des heiligen Stromes Yamuna (heute Yumna), der dem Himalaya entspringt. Dort traf er zufällig eine hübsche Jungfrau. Er sagte zu ihr: „Wer bist du? Was machst du hier?“ Sie geantwortet, „Ich bin die Tochter von Dasaraja, dem Oberfischer. Ich heiße Satyavati. Ich bin bei ihm angestellt, um die Menschen mit dem Boot über den Fluss zu rudern.“ Sie gefiel König Santanu so sehr, dass er sie heiraten wollte. Er ging zu ihrem Vater Dasaraja und bat um seine Zustimmung. Der Fischer antwortete: „Ich bin bereit, dir meine Tochter zur Heirat zu geben. Aber zuerst musst du mir ein Versprechen geben“. Der König antwortete: „O Dasaraja, was für ein Versprechen? Ich tue alles, was in meiner Macht liegt.“ Der Fischer sagte: „Der Sohn meiner Tochter soll dich beerben.“

König Santanu wollte dem Fischer dieses Versprechen aber nicht geben, weil dann sein tapferer und intelligenter Sohn Devavrata, den er sehr liebte, auf den Thron verzichten müsste. Er würde dann nicht mehr sein Erbe sein. Aber das Feuer der Liebe zu der Jungfrau brannte in ihm. Er war in einem großen Dilemma. Er wurde blass und vergaß alle Staatsangelegenheiten. Er öffnete sein Herz seinem obersten Minister, dem er vertraute. Der aber sah sich nicht in der Lage, ihn in dieser Angelegenheit zu beraten. König Santanu versuchte, seine Liebe für die Jungfrau, vor seinem Sohn Devavrata, dem späteren Bhishma, zu verbergen. Devavrata war klug und sehr stark. Er ahnte etwas und vermutete, dass sein Vater unglücklich sei. Er sagte zu seinem Vater: „O geliebter Vater! Du bist wohlhabend. Du hast alles. Es sollte keinen Grund für deine Sorgen geben. Warum bist du so betrübt? Du verlierst deine Vitalität und Stärke. Was ist der Grund für dein Leid? Ich bin bereit, alles zu tun, um es zu beseitigen.“

Der König antwortete: „O geliebter Devavrata! Du bist mein einziger Sohn. Wenn irgendein Unheil auf dich fällt, bin ich ohne Sohn. Dann werde ich meines Himmels beraubt. Du bist hundert Söhnen gleich. Folglich möchte ich nicht wieder heiraten. Aber ein Sohn ist kein Sohn, sagen die Weisen. Diese Gedanken bereiten mir Sorgen.“ Darauf ging Devavrata, vom Minister und einigen angesehenen Kshatriyas (Krieger und Adel) begleitet, zum Fischer Dasaraja und plädierte im Namen seines Vaters. Er bat ihn, dass Dasarajas Tochter seinen Vater heiraten möge. Der Fischer antwortete: „O freundlicher Prinz! Ich habe bereits deinem Vater erklärt, unter welchen Bedingungen meine Tochter deinen Vater heiraten kann.“ Devavrata antwortete: „O Fischer! Ich gebe die feierliche Erklärung ab, dass der Sohn deiner Tochter, meinem Vater auf dem Thron folgen soll. Ich werde alles tun, was du wünscht.“ Darauf sagte der Fischer: „Ich schätze deinen edlen Charakter und deine hohen Ideale. Aber deine Söhne könnten den Sohn meiner Tochter jederzeit wieder vertreiben. Ich hege Zweifel an eurer Aufrichtigkeit“.

Devavrata betete: „O Wahrheit! Verweile in mir für immer. Komm und erfülle mein ganzes Sein! Gib mir innere Stärke um das Gelübde des vollkommenen Brahmacharyas einzuhalten, das ich jetzt in Anwesenheit dieser Leute ablegen möchte!“ Dann sagte er entschlossen zum Fischer: „O Dasaraja! Höre, was ich zu sagen habe. Von heute an, bis zum Ende meines Lebens, werde ich ein strenges Brahmacharya führen. Alle Frauen dieser Welt sind von nun an meine Mütter. Ich bin der ergebenste und treueste Untertan des Königs von Hastinapura. Sterbe ich ohne Sohn, dann werde ich den Wohnsitz des ewigen Glücks und der Unsterblichkeit erreichen.“ Vom Himmel ließen die himmlischen Jungfrauen, die Götter und die Versammlung der Heiligen Blumen auf ihn nieder regnen und sagten: „Dieses ist der wahrhaftige Bhishma, der Schreckliche!“

Der Fischer sagte: „O Prinz! Jetzt bin ich bereit, der Heirat meiner Tochter mit deinem Vater zuzustimmen.“ Darauf begleiteten der Fischer und seine Tochter Devavrata zum Palast von König Santanu. Der Minister informierte den König über alles, was geschehen war. Die Monarchen, die in der Halle versammelt waren, würdigten den außerordentlichen Geist der Selbstaufopferung und Entsagung von Devavrata und sagten: „Devavrata ist wirklich Bhishma, der Schreckliche.“ Seitdem trägt Devavrata den Namen Bhishma. König Santanu war unermesslich erfreut über das großmütige Verhalten seines Sohns und verlieh ihm die Gabe, den Zeitpunkt seines Todes nach seinem eigenen Willen zu bestimmen. Er sagte: „Mögen die Götter dich beschützen! Der Tod soll nie zu dir kommen, solange du leben möchtest.“ Was für eine erhabene Seele! Dieses prächtige Beispiel ist einmalig in der Geschichte. Niemand hat in so jungen Jahren aus Pflichtgefühl solch ein großes Opfer gebracht, wie Bhishma. Bhishmas Kindespflicht und Frömmigkeit könnten mit der von Lord Rama verglichen werden.

Bhishma war seinen Prinzipien treu. Er war absolut frei von Egoismus. Er war eine Verkörperung von Selbstverleugnung und Selbstaufopferung. Seine Kraft und Ausdauer und seine Geduld in schwierigen Lebenslagen waren beispiellos. Er war unvergleichlich in seiner Tapferkeit und in seinem Mut. Alle Männer verehrten ihn. Alle Kshatriya, die Krieger und der Adel, erwiesen ihm ihre Ehrerbietung. Er war ein mächtiger Yogi und Weiser. Er lebte über dem Körperbewusstsein und ruhte in seiner Glückseligkeit. Der ist der Grund, warum er friedlich und gelassen war, obwohl er am ganzen Körper von scharfen Pfeilen durchbohrt war. Liegend auf einem Bett aus scharfen Pfeilen, das sich so weich wie ein Bett aus Blumen für ihn anfühlte, gab er König Yudhishthira wundervolle Darlegungen über politische, philosophische, religiöse, soziale und moralische Themen.

Hast du jemals von jemanden, außer von Bhishma, gehört, der in der Lage war, vornehme und erhabene Reden auf seinem Sterbebett zu halten? Bhishma lebte sein Leben für andere. Er lebte, um zu dienen und andere auf ihrem spirituellen Weg zu unterstützen. Das edle Leben, welches Bhishma durch seine starke Willenskraft führte, sollte alle die anspornen, die seine Darlegungen in der Santi Parva (Mahabharata, indisches Epos) studieren. Bhishma starb bereits vor langer, langer Zeit. Aber seine Stimme in der Santi Parva und sein ideales und erhabenes Leben, ermuntern heute noch schlummernde Gemüter zur Askese und Meditation. Ruhm für Bhishma, dessen vorbildliches Leben im Brahmacharya, unsere Herzen und unseren Verstand sogar heute noch zu den Höhen der göttlichen Glorie führen.


Abschnitt III: Die Technik der sexuellen Sublimation

14 Unterdrückung und Sublimation

In der Praxis von Brahmacharya ist es erwünscht, die sexuelle Lust zu beseitigen, ohne sie zu unterdrücken. Das Unterdrücken führt nicht zur Entwurzelung der sexuellen Begierde. Du wirst niemals frei sein, wenn du diese Begierde unterdrückst. Der unterdrückte sexuelle Wunsch wird dich immer wieder heraufordern, er wird dir feuchte Träume (Pollutionen, nächtliche Orgasmen), Nervosität und Unruhe bescheren. Die Verdrängung oder Unterdrückung des sexuellen Wunsches wird dir nicht helfen. Wird die Sinneslust unterdrückt oder wird der Wille schwach, nimmt die Leidenschaftslosigkeit ab oder lässt die Meditation bzw. die spirituelle Praxis infolge einer Erkrankung nach, dann kehrt die Leidenschaft, sobald sich dazu die Gelegenheit bietet, mit doppelter Kraft zurück.

Versuche nicht, vor den Frauen davon zu laufen. Dann wird Maya, die Illusion dich verfolgen. Versuche, das Selbst (Gott) in allen Formen zu sehen und wiederhole häufig das Mantra „Om Ek Sat-Chit-Ananda Atma“. Erinnere dich, dass der Atman, die Seele, geschlechtslos ist. Geistige Wiederholung dieses Mantras gibt dir Stärke. Unwissende Leute wenden unkluge Methoden an, um die sinnlichen Wünsche zu beseitigen. Sie verfehlen oft das Ziel. Einige Unwissende amputieren sogar ihr Geschlechtsorgan. Sie denken, dass die Sinneslust durch solch ein Verfahren beseitigt werden kann. Was für eine unsinnige Tat! Die Lust sitzt im Verstand. Wenn der Verstand besiegt ist, was können die Geschlechtsorgane dann noch für einen Schaden anrichten? Einige schlucken Tonnen von Nux Vomica (Brechnuss, giftige Pflanze), um ihre sexuelle Begierde zu bekämpfen. Sie verfehlen das Bestreben, im Brahmacharya zentriert zu sein. Der Zustand ihres Verstandes bleibt derselbe, obwohl sie durch die Einnahme von Nux Vomica impotent werden.

Was gewünscht wird, ist eine vernünftige Kontrolle der Sinne. Den Wünschen sollte nicht erlaubt werden, sich in den sinnlichen Spurrillen auszutoben. Es sollte ihnen nicht erlaubt werden, uns rücksichtslos in die Tümpel der Weltlichkeit hinabzustoßen, wie ein stürmisches Pferd, das den Reiter davonträgt, wohin es mag. Brahmacharya bedeutet Kontrolle, aber nicht Unterdrückung der sexuellen Wünsche. Der Verstand sollte durch Meditation, Japa (Mantrameditation), Kirtan (Mantrasingen) und Gebet gereinigt werden. Wenn der Geist mit erhabenen göttlichen Gedanken, durch Meditation, Japa, Gebet und dem Studium der heiligen Schriften, erfüllt ist, dann werden die sexuellen Wünsche allmählich entkräftet und abklingen. Der Verstand wird ausgedünnt.


14.1 Von sexueller Energie zu spiritueller Energie

Die sexuelle Energie muss durch die Praxis von Japa (Mantrameditation), Gebet, Yogaübungen, Pranayama (Yogaatmung), Meditation und durch das Studium heiliger Schriften, in spirituelle Energie (Ojas Shakti) umgewandelt werden. Du musst Hingabe entwickeln und einen brennenden Wunsch nach Befreiung in dir verspüren. Du musst ständig auf den reinen, unsterblichen, geschlechtslosen, körperlosen und wunschlosen Atman (Seele) meditieren. Nur dann wird der sexuelle Wunsch vernichtet. Der Vorgang der Umwandlung sexueller Energie in spirituelle Energie wird in der westlichen Psychologie als Sublimation bezeichnet. Sublimation ist keine Verdrängung oder Unterdrückung, sondern ein positiver, dynamischer Umwandlungsprozess. Es ist ein Prozess der Kontrolle und Konservierung der sexuellen Energie, um sie in höhere Kanäle zu leiten und um sie schließlich in spirituelle Energie umzuwandeln. Die materielle Energie wird in spirituelle Energie umgewandelt, gerade so wie Hitze in Licht und in Elektrizität umgewandelt wird. Genau so wie eine chemische Substanz durch Verdampfen und anschließendes Kondensieren gereinigt wird, so wird auch die sexuelle Energie durch die spirituelle Praxis gereinigt und in göttliche Energie umgewandelt.

Ojas ist spirituelle Energie, die im Gehirn gespeichert wird. Durch erhabene Gedanken über das Selbst und den Atman, durch Meditation, Japa, Beten und Pranayama kann die sexuelle Energie in Ojas Shakti verwandelt und im Gehirn gespeichert werden. Diese aufgespeicherte Energie kann für göttliche Betrachtungen und spirituelle Fortschritte verwendet werden. Zorn und Muskelenergie können ebenso in Ojas umgewandelt werden. Ein Mann, der einen großen Betrag von Ojas in seinem Gehirn gespeichert hat, kann immense Geistesarbeit leisten. Er ist sehr intelligent, hat glänzende Augen und eine magnetische Aura in seinem Gesicht. Er kann Leute beeinflussen, indem er nur einige Wörter spricht. Eine kurze Rede von ihm, kann einen enormen Eindruck bei den Zuhörern hinterlassen. Seine Rede ist ergreifend. Er hat eine mitreißende und beeindruckende Persönlichkeit. Sri Sankara (indischer Advaita-Philosoph), ein Akhanda Brahmachari (ein Brahmachari, der 12 Jahre keinen Tropfen Samen abgegeben hat), bewirkte Wunder durch seine Energie von Ojas. Er eroberte die Welt und hielt dank seiner Ojas-Energie in unterschiedlichen Teilen Indiens kontroverse und erhitzte Debatten mit Gelehrten. Ein Yogi richtet seine Aufmerksamkeit immer auf die Ansammlung dieser göttlichen Energie durch unversehrte Keuschheit. Im Yoga werden diese Menschen Oordhvaretas genannt. Ein Oordhvareta Yogi ist jemand, der seine Samenenergie als Ojas Shakti im Gehirn gespeichert hat. Jetzt hat der Samen keine Möglichkeit mehr, durch sexuelle Erregung abwärts zu fließen. (Anmerkung des Übersetzers: An dieser Aussage habe ich so meine Zweifel, wenn ich bedenke, dass selbst einige hoch entwickelte Yogis, die bestimmt schon eine Menge Ojas in ihrem Gehirn gespeichert hatten, wieder abgestürzt sind. Ende Anmerkung.)


14.2 Das Geheimnis der sexuellen Sublimation

Entsprechend der Yoga-Wissenschaft existiert der Same in einer subtilen Form überall im ganzen Körper. Es ist in einem subtilen Zustand in allen Zellen des Körpers zu finden. Es wird unter dem Einfluss der sexuellen Begierde bzw. der sexuellen Betätigung dem Körper entzogen und den Geschlechtsorganen in Form von Samen zur Verfügung gestellt. Ein Oordhvareta Yogi, ein Yogi, der seine Samenenergie als Ojas Shakti (spirituelle Energie) im Gehirn gespeichert hat, wandelt seinen Samen durch seine yogische Kraft, durch die Reinheit seiner Gedanken, seiner Worte und Taten, nur in Ojas um und hat damit die Kontrolle über die Samenerzeugung der Hoden. Dies ist ein großes Geheimnis. Allopathen (Schulmediziner) glauben, dass bei einem Oordhvareta Yogi, die Bildung des Samens immerzu weiter geht und die Samenflüssigkeit vom Blut aufgenommen wird. Aber dieses ist ein Irrtum. Sie verstehen die inneren yogischen Geheimnisse nicht. Sie tappen im Dunkeln. Ihre Sichtweise wird durch ihre grobe (materielle) Sicht getrübt. Der Yogi aber dringt durch das yogische Auge der Weisheit in die subtile Natur der Dinge ein. Der Yogi erhält die Kontrolle über der Astralnatur des Samens und verhindert dadurch die Erzeugung des Samens selbst. Der Körper eines Mannes, der ein wirklicher Oordhvaretas ist, hat den Geruch eines Lotos.

Anmerkung des Übersetzers:

Bevor ich mit dem Text weiter mache, möchte ich ein paar Worte über den indischen Yogi und Heiligen Zipruanna aus Swami Muktanandas Buch „Spiel des Bewusstseins“ einfließen lassen. Muktananda schreibt über Zipruanna: „Ich besuchte einen anderen großen Heiligen, den ich kannte. Er hieß Zipruanna und war ein großer Siddha (Weiser). Er hatte die Angewohnheit, unbekleidet herumzugehen, und er verbrachte seine Zeit damit, ziellos durch die Gassen des Dorfes Nasirabad zu streifen. Er wurde von allen als Heiliger verehrt und von jung und alt mit „Anna“ angeredet. Er wohnte normalerweise dort, wo keine Menschen waren, in verfallenen Häusern und Hütten fern der Dorfbewohner. Er hatte einen sehr hohen Zustand im Yoga erreicht. Er war hellsichtig und wusste um vergangene und zukünftige Ereignisse. Sein Körper war vom Feuer des Yoga so rein gebrannt, dass ihn kein Schmutz mehr berührte. Er hatte seinen Körper in einen so hohen Zustand erhoben, dass ich ihn bewunderte. Das innere Selbst der Yogis ist frei von jedem Makel, und selbst der Körper Zipruannas hatte diese makellose Reinheit. Als ich ihn zum ersten Mal besuchte, entleerte er gerade seinen Darm in einer Ecke, und als ich mich näherte, rieb er seinen ganzen Körper mit dem Kot ein. Ich setzte mich ziemlich nahe zu ihm und stellte fest, dass von ihm ein süßer Duft ausging – er roch überhaupt nicht schlecht. Als ich ihn das nächste Mal besuchte, saß er auf einem Abfallhaufen. Selbst dann berührte ihn der Schmutz nicht. Ich hatte nicht den Mut, nahe hinzugehen, also blieb ich in einiger Entfernung stehen. Nach kurzer Zeit kam er von dem Abfallhaufen herunter. Ich wusch seine Füße. Ein Duft wie Ashtagandha (Granatapfel) strömte von seinem Körper aus.“

Ende Anmerkung Übersetzer.

Ein Mann, der kein Brahmachari ist, in dem grober Samen gebildet wird, riecht dagegen mitunter wie ein Ziegenbock. Der Samen verdorrt bei denen, die ernsthaft Pranayama (Atemübungen) praktizieren und die Samenenergie steigt zum Gehirn hinauf. Es wird als Ojas Shakti oder geistige Energie gespeichert und kommt als Nektar (Amrita) zurück. Der Prozess der sexuellen Sublimation ist sehr kompliziert. Er erfordert eine konstante und langwierige spirituelle Praxis und vollkommene Disziplin. Der Yogi, der vollkommene Sublimation erzielt hat, hat vollkommene Kontrolle über seine Sinneslust. Die komplette Sublimation wird durch konstante Meditation auf Atman und durch Selbstverwirklichung erzielt. Der Yogi, der das höchste Samadhi (Nirvikalpa) erreicht hat, in dem die unbewussten Wünsche erloschen sind, kann als ein vollkommener Oordhvareta betrachtet werden, der die komplette sexuelle Sublimation verwirklicht hat. Es ist nicht zu befürchten, dass er einen Absturz erleiden könnte. Er befindet sich in perfekter Sicherheit und ist vollkommen frei von Unreinheiten. Sein Zustand ist ein sehr hoher Zustand. Nur eine mikroskopische Minderheit der Menschheit hat diesen erhabenen Zustand jemals erreicht. Sankara, Dattatreya, Jnana Deva von Alandi und andere erreichten dieses Stadium.

Es gibt eine Sekte, die sich „Dhiryaretas“ nennt. Das sind Yogis, die für jeden lüsternen Gedanken ein Opfer darbringen und die sich sofort, nachdem sie dies bemerkt haben, wieder dem Brahmacharya zuwenden. Solch eine Person kann, wenn sie ein strenges Zölibat über zwölf Jahre ausübt, übernatürliche Kräfte erwerben. Medha Nadi oder Buddhi Nadi wird in ihm gebildet. (Der Medha Nadi ist ein Energiekanal, der laut Kirpal Singh, nach sieben Jahren Enthaltsamkeit zu wachsen beginnt. Dadurch gewinnt man die Kapazität in tiefere spirituelle Wahrheiten einzudringen (infinityfoundation). Buddhi Nadi (Buddhi = Intelligenz) ist dann wohl die intellektuelle Ausprägung davon.) Dies bedeutet, dass sein Gedächtnis, so lange er lebt, über eine große Kapazität und Merkfähigkeit verfügt, die es ihm ermöglicht, alles zu lernen. Durch Befolgung von Brahmacharya im Gedanken, Worten und in der Tat, während einer Periode von zwölf Jahren, wird einem sogar der Anblick Gottes geschenkt, wenn man danach strebt. Er ist in der Lage, selbst die schwierigsten Probleme zu lösen. Aber diese Art der Befolgung sollte möglichst vor dem zweiunddreißigsten oder vierunddreißigsten Lebensjahr beginnen.

Der Yogi, der sich durch eine konstante spirituelle Praxis, ununterbrochene Meditation, Pranayama (Atemübungen) und Erforschung des Atman (Seele), die Praxis von Sama (Geisteskontrolle), von Dama (Sinneskontrolle), von Yama (5 Enthaltungen: Nichtverletzen, Ehrlichkeit, Nichtstehlen, Brahmacharya und Unbestechlichkeit) und von Niyama (5 Verhaltensregeln: Reinheit, Genügsamkeit, Disziplin, Selbsterforschung und Hinwendung zu Gott) diszipliniert hat, ist auch sicher, obgleich er noch nicht das Stadium der vollkommenen Sublimation erreicht hat. Frauen haben auf ihn keine erotische Anziehung mehr. Er hat diese Gedanken abgelegt.


14.3 Vollkommene Sublimation ist schwierig, aber nicht unmöglich

Der Prozess der sexuellen Sublimation ist sehr schwierig, und dennoch ist er für jeden, der höhere spirituelle Ziele anstrebt, unbedingt erforderlich. Es ist die wichtigste Qualifikation für den Yogaschüler, egal ob er den Weg des Karma-Yoga (Spiritualisierung des täglichen Lebens), des Bhakti-Yoga (Hingabe an Gott), des Raja-Yoga (klassischer Yogaweg, Beherrschung des Geistes) oder von Jnana-Yoga (Yoga des Wissens, Streben nach der Erkenntnis „Ich bin Brahman“ oder „Ich bin Er“, Stichworte: Vedanta, Ramana Maharshi, Selbsterforschung), beschreitet. Die Sublimation ist eine grundlegende Vorbedingung für jeden Yogaschüler. Besitzt man diese Qualifikation, dann folgen alle weiteren Erfolge und heften sich ihm an. Alle guten Qualitäten stellen sich dann von selbst ein. Du solltest dieses Ziel unbedingt erreichen. Bestimmt wirst du dieses Ziel in zukünftigen Geburten erreichen. Aber warum versuchst du nicht, es bereits in diesem Leben zu verwirklichen?

Die vollkommene Auflösung aller sexuellen Wunsche ist das ultimative spirituelle Ideal. Nur die vollkommenen Sublimation schenkt dir Freiheit. Aber die Verwirklichung vollkommener Sublimation braucht Zeit. Sie erfordert für einige Zeit einen konsequenten Kampf mit Geduld und Ausdauer. Auch Familienväter sollten sich um das oben genannte Ideal bemühen und versuchen, es stufenweise zu verwirklichen. Ist der Zustand der vollkommenen Sublimation erreicht, wird Reinheit in Gedanken, im Wort und in der Tat einkehren. Dann wird kein sexueller Gedanke mehr in den Verstand eindringen. Durch konstante Selbsterforschung und Brahma Bhavana (Konzentration auf Brahman), löst sich der Verstand allmählich von den lüsternen Gedanken. Du musst nicht nur die sexuellen Begierden und Impulse, sondern auch die erotische Anziehungskraft besiegen. Denke an das Leid, das die Ehe durch die unterschiedlichsten Verstrickungen und Verpflichtungen mit sich bringt. Sieh ein, dass sexuelles Vergnügen falsch, wertlos, illusorisch und die Ursache vieler Leiden ist. Überzeuge den Verstand von den Vorteilen des Glücks, der Lebensfreude und dem Reichtum des intellektuellen Schaffens, die ein spirituelles Leben mit sich bringen.

Lass den Geist erkennen, dass ein erhabenes, langes Leben, Ausdruck des unsterblichen Atman ist. Wenn er beständig diese Suggestionen vernimmt, lässt er langsam ab von seinen alten Gewohnheiten. Die erotische Attraktion wird langsam abklingen. Nur dann findet sexuelle Sublimation statt. Nur so kannst du zum Oordhvareta werden, zum Yogi, der seine sexuelle Energie vollkommen zum Gehirn leitet. Es gibt zwei Arten von Kräften im Geist, nämlich feindliche und freundliche. Leidenschaft ist eine feindliche Kraft, die dich nach unten zieht. Reine Gedanken sind vorteilhafte Kräfte, die dich zum Göttlichen führen. Entwickle folglich reine Gedanken, um vollkommenes Glück und oberstes brahmisches (göttliches) Wissen zu erlangen. Dann werden die Leidenschaften von selbst verschwinden. Die sexuelle Sublimation ist in greifbarer Nähe, wenn du sie erreichen möchtest.

Der Weg ist ziemlich klar, geradlinig und einfach, wenn du ihn verstehst und wenn du ihn mit Geduld, Ausdauer, Beharrlichkeit und einem starkem Willen beschreitest, wenn du die Sinnesorgane disziplinierst, rechtes Benehmen, rechtes Denken, rechten Handeln, regelmäßige Meditation, Willenskraft, Autosuggestion und Selbstergründung nach der Frage „Wer bin ich?“, praktizierst. Atman, die Seele, ist geschlechtslos. Atman ist unveränderlich. Kann es irgendeine Spur der Sinneslust oder der Verunreinigung im ewig reinen Atman geben? Glorie jenen Yogis die vollkommene sexuelle Sublimation erreicht haben und in der wahren Natur ihres Seins ruhen! Mögen wir alle vollkommenes Zölibat durch die Praxis von Sama (Geisteskontrolle), Dama (Sinneskontrolle), Viveka (Unterscheidungskraft), Vichara (Selbsterforschung), Vairagya (Leidenschaftslosigkeit), Pranayama (Yogaatmung), Japa (Mantrameditation) und Dhyana (Meditation) erreichen, das Ziel unseres Lebens! Möge der Bewohner unserer Herzen uns geistige Stärke gewähren, um die Sinnesorgane und den Verstand zu kontrollieren! Mögen wir alle vollendete Oordhvareta Yogis wie Sankara und Jnana Dev werden! Möge ihr Segen uns Mut, Kraft und Zuversicht schenken!


14.4 Umwandlung des Samens in spirituelle Energie?

Tabelle 1

DrüseProzent
Hoden und Nebenhoden5
Samenleiterampullen?
Samenbläschen45 – 80
Prostata10 – 30
Cowpersche Drüsen2 – 5
Littré Drüsen?

Tabelle 2 – Zusammensetzung des Seminalplasmas

Menge: 2-6ml
pH-Wert: 7-8 (leicht alkalischer Puffer)

Samenblasensekret:
75% des Volumens, alkalisches fructosereiches Sekret (1,5-6,5mg/ml Fructose), Phosphorylcholin, Ascorbinsäure

Das Sekret der Samenbläschen steuert das meiste Volumen, ca. 50–70%, des Ejakulats bei. Sie dient der Verflüssigung des Ejakulats und enthält Fruktose (Fruchtzucker) und andere Stoffe die der Ernährung der Samenzellen dient, außerdem große Mengen an Prostaglandinen und Fibrinogen. Die Prostaglandine tragen zur Befruchtung bei, in dem sie die Gebärmutterschleimhaut empfänglicher für die befruchtete Eizelle machen, und möglicherweise in dem sie die glatte Muskulatur in der Gebärmutterwand zu peristaltischen Bewegungen anregen, die die Spermien in Richtung Eierstöcke bringen. Außerdem verhindern sie Infektionen im männlichen Geschlechtstrakt

Prostatasekret:
20%-25% des Volumens, Biogene Amine (Spermidin, Spermin), Zitronensäure, Cholesterin, Phospholipide, Proteasen zur Verflüssigung des Ejakulats (Fibrinolysin, Fibrinogenase)

Weitere Bestandteile:
Phosphat und Bikarbonat als Puffer, Prostaglandine, Hyaluronidase, Zelldetritus aus Sertolizellen, Zellen aus Vorstufen der Spermiogenese, Lymphozyten.
Das männliche Ejakulat wird von folgenden 6 Drüsen gebildet:
1. Hoden und Nebenhoden (Testosteron, die Spermien werden im Hoden produziert und im Nebenhoden gelagert)
2. Samenleiterampulle (habe keine weiteren Informationen gefunden)
3. Samenbläschen
4. Vorsteherdrüse (Prostata)
5. Cowpersche Drüse (Vorsekret des Spermas, Neutralisierung von Harnresten und saurem Scheidenmilieu)
6. Littré Drüsen (bilden zusammen mit den Cowperschen Drüsen den „Lusttropfen“


Anmerkung des Übersetzers:

Die obige Darstellung zeigt zunächst einmal die anatomische Anordnung der 6 Drüsen, die an der Produktion des männlichen Ejakulats beteiligt sind, und welchen Anteil sie zum Ejakulat beitragen. Aus Tabelle 2 kann man ersehen, dass das Ejakulat fast zu 95 Prozent aus dem Samenblasensekret (75 %) und dem Prostatasekret (20 %) besteht. Die reifen Spermien, die ja für die Befruchtung der weiblichen Eizelle zuständig sind, und die im Nebenhoden aufbewahrt werden, stellen nur einen sehr geringen Teil des Ejakulats dar. Nun wird von Swami Sivananda die Behauptung aufgestellt, dass der Samen in Ojas-Shakti, also in spirituelle Energie umgewandelt wird. Er stellt sich dieses wie folgt vor:

Entsprechend der Yoga-Wissenschaft existiert der Same (Spermien) in einer subtilen Form überall im ganzen Körper. Es ist in einem subtilen Zustand in allen Zellen des Körpers zu finden. Es wird unter dem Einfluss der sexuellen Begierde bzw. der sexuellen Betätigung dem Körper entzogen und den Geschlechtsorganen in Form von Samen zur Verfügung gestellt. Genau so wie Zucker im Zuckerrohr, Butter in der Milch, so ist auch der Samen im ganzen Körper vorhanden. Gerade so wie die Buttermilch dünnflüssig wird, nachdem man ihr den Butteranteil entzogen hat, so wird auch der Samen verdünnt, wenn man ihn verschwendet. Um so mehr der Samen verschwendet wird, um so schwächer wird der Mann. Das heißt: Der Verlust des Samens bringt den Tod; das Bewahrung des Samens schenkt das Leben. Der Same beherbergt die wahre Vitalität der Männer. Es ist der versteckte Schatz im Mann.

Diese vitale Samenflüssigkeit diffundiert durch den männlichen Körper, macht ihn männlich, stark, tapfer und heroisch. Wird er vergeudet, macht es den Mann unmännlich, labil und physisch schwach, anfällig für sexuelle Reize, verleiht ihm ein bemitleidenswertes Nervensystem, viele Krankheiten und letzten Endes den Tod. Die zwei Hoden sind mit der eigenartigen Eigenschaft der Aufnahme des Samens aus dem Blut (aus den Zellen) ausgestattet. So sammeln die Zellen des Hodens Tropfen für Tropfen des Samens aus dem Blut. Wann immer der Samen bewahrt wird, wird er vom Körper wieder resorbiert. Also wieder vom Blut (den Zellen) aufgenommen. Es geht zurück in den Blutkreislauf, bildet ein leistungsfähiges Gehirn, starke Nerven und ein muskulöses Gewebe.

Anmerkung des Übersetzers:

Der Samen wird nicht aus dem Blut aufgenommen. Hier irrt Swami Sivananda. Aber das konnte er 1934, als dieses Buch geschrieben wurde, wohl auch nicht wissen. Der Samen (Spermien) entsteht durch die Spermatogenese. Die Urkeimzellen, die die geschlechtliche Fortpflanzung erst ermöglichen, wandern vom primären Ektoderm ausgehend, in der dritten Schwangerschaftswoche, entlang der Dottersackwand zum Dottergang und in die Wand des Enddarms, um bis zur vierten bis sechsten Woche zur Genitalleiste (Gonaden = Hoden bzw. Gebärmutter) zu gelangen.

Urkeimzellen

Wie werden Keimzellen (pränatal – vor der Geburt – resp. postnatal – nach der Geburt) gebildet? Keimzellen (Geschlechtszellen, Gameten, Spermien) entstehen aus Urkeimzellen. Diese Urkeimzellen wiederum werden im Verlaufe der Embryogenese (von der Befruchtung bis zur Organentwicklung, beim Menschen ist die Embryogenese nach 8 Enwicklungswochen beendet.) von den Körperzellen ausgesondert und in einem speziellen Organ, der Keimdrüse (Keimstock, Gonade), gelagert, wo sie sich prä- (vorgeburtlich) und insbesondere postnatal (nachgeburtlich) zu funktionsfähigen Keimzellen (Spermien, Eizellen) weiterentwickeln. Urkeimzellen sind ab etwa der dritten Woche post conceptionem (nach der Empfängnis) in der Dottersackwand nachweisbar.

Mein Netdoktor meint: Ausgehend von einer Stammzellen-Teilung während der Embryonalentwicklung werden bis zur Pubertät Vorstufen der Spermien (Spermatogonien) gebildet. Mit Eintritt der Pubertät werden durch Teilung und Differenzierung dieser Vorstufen schließlich die reifen Spermien (Spermatozoen) entwickelt. Die Bildung der Spermien wird das ganze Leben lang fortgesetzt, kann aber im Alter oder nach schweren Krankheiten unterbrochen sein. Auch verschiedene Substanzen/Gifte können die Spermienentwicklung unterdrücken.

Und jetzt noch ein wenig fachchinesisch. Es erklärt den Vorgang, wie die Urkeimzellen zwischen der 4. und 6. Woche der Schwangerschaft vom Dottergang zur Genitalleiste (Hoden, Gebärmutter) wandern: Durch die kraniokaudale Krümmung und die laterale Abfaltung des Embryos begünstigt, wandern die Urkeimzellen zwischen der vierten und sechsten Woche wieder zurück in den Embryo. Sie bewegen sich entlang der Dottersackwand zum Dottergang und in die Wand des Enddarms. Nach der Durchquerung des dorsalen Mesenteriums treffen sie in der Genitalleiste ein. Während ihrer Wanderung, aber auch noch in der Genitalleiste, vermehren sich die Urkeimzellen durch mitotische Teilungen. Dieser Vorgang ist auf der Seite über den Ursprung der Keimzelle und über die Genitalleiste auch bildlich dargestellt.

Bei der Geburt enthalten die Eierstöcke der Frau etwa 1 bis 2 Millionen weibliche Keimzellen (Eizellen); in der Pubertät sind davon nur noch 400.000-500.000 vorhanden. Nur 400-500 werden bis zum Eisprung heranreifen, eine jeden Monat, bis zur Menopause. Alle anderen degenerieren in verschiedenen Entwicklungsstadien.

Ende Der Anmerkung.

Der Samen verdorrt bei denen, die ernsthaft Pranayama (Atemübungen) praktizieren und die Samenenergie steigt zum Gehirn hinauf. Es wird als Ojas Shakti oder geistige Energie gespeichert und kommt als Nektar (Amrita) zurück. Für Frauen gilt ähnliches. Hier übernehmen allerdings die Eierstöcke die Aufnahme der Eizellen aus dem Blut.

Dann stelle ich mir allerdings die Frage, wie verhält es sich eigentlich mit dem Samenbläschensekret, das ja selber keine Spermien enthält, sondern zur Verflüssigung des Ejakulats, zur Ernährung der Samenzellen und für andere Aufgaben vorgesehen ist, und welches immerhin 75 % des Ejakulats ausmacht. Wird das Samenbläschensekret etwa auch in Ojas-Shakti umgewandelt, obwohl es keine Samenzellen (Spermien) enthält oder wird es doch regelmäßig mittels Pollutionen ausgestoßen? Die gleiche Frage betrifft natürlich das Prostata-Sekret (immerhin 20 % des Ejakulats) und die restlichen Drüsensekrete (Cowperschen Drüse, Samenleiterampulle, Samenbläschen und Littredrüsen) die ebenfalls keine Samenzellen enthalten.

Darum stelle ich mir die Frage, ob die Erzeugung spiritueller Energie nicht eher eine Frage der sexuellen Energie, also eines elektrischen Potentials ist, nämlich genau jenes elektrischen Potentials, welches beim Orgasmus die Muskelreflexe auslöst und für die biochemischen Reaktionen verantwortlich ist, die den sexuellen Rausch (Orgasmus) auslösen, als eine Umwandlung des Samens. Abschnitt 14.4 ist nicht aus dem Buch Swami Sivanandas, sondern beruht auf Überlegungen des Übersetzers.

Ende Anmerkung Übersetzer.

Nachträgliche Anmerkung zur Sublimation:

In dem Text „The physiological value of continence“ schreibt Dr. Raymond W. Bernard:

Sowohl der Samen als auch das Gehirn bestehen größtenteils aus phosphorisierten Fetten oder Phospholipiden, zu deren Klasse Lecithin zählt. Lecithin ist eine Substanz, von großer Bedeutung für das Nervengewebe. Dass der Samen Substanzen von großem physiologischen Wert enthält, speziell in Bezug auf die Ernährung des Nervensystems, zeigt die chemische Analyse. Sie zeigt, dass der Samen sehr reich an Lecithin, Cholesterin und Phosphor ist, die wichtigsten Bestandteile der Nervenzellen und des Gehirngewebes. Daraus folgt, dass der Entzug dieser Substanzen aus dem Blutkreislauf durch den Samenerguss (freiwillig oder unfreiwillig), einen negativen Effekt auf die Ernährung von Nerven und Gehirn hat und zu Funktionsstörungen führen kann. Solche biochemischen Betrachtungen unterstützen die Ansicht, dass der Verlust der Samenflüssigkeit eine verminderte Versorgung von Nerven und Gehirn zur Folge hat. Geschieht dies übertrieben, so kann es zu nervlichen und psychischen Störungen kommen. Die bemerkenswerte Ähnlichkeit in der chemischen Zusammensetzung zwischen dem Samen und dem zentrale Nervensystem deutet auf eine Beziehung zwischen ihnen hin. Ältere Physiologen sind von dieser Tatsache überzeugt.

Diese Überlegungen deuten darauf hin, dass jeder Verlust von Lipoiden durch Samenerguss, entweder durch Koitus, Masturbation oder nächtlichen Samenverlust, auf Kosten des Gehirns geht. Dieser Effekt ist besonders in der Kindheit und in den Reifejahren (in der Jugend) schädlich, wenn sich das Gehirn noch im Wachstumsprozess befindet. Chakraberty schreibt über die negativen Auswirkungen des Samenverlustes auf das Gehirn: „Der Verlust der Konzentration an Lecithin und Phosphaten führt zu einer schweren Belastung des Nervensystems, denn sie sind die wichtigsten Komponenten in der Struktur des Gehirns.“

Enthaltsamkeit führt zu einer besseren Versorgung von Lecithin, Cholesterin und Phosphaten im Blut und damit im Gehirn. Brown-Sequard hat gezeigt, dass testikuläre Sekrete (Spermien) die Vitalität von Nerven und Gehirn verbessern. Chakraberty bemerkt, dass das Essen von getrockneten Hoden eine stimulierende Wirkung auf das zentrale Nervensystem hat. Hoden sind reich an Lecithin, Cholesterin und Phosphor. Dies sind auch wichtige Bestandteile des Nervensystems und Gehirns. Allerdings besteht nicht die Notwendigkeit getrocknete Hoden zu essen, weil jeder Mann in der Lage ist, seine kostbaren Sexualsekrete zu bewahren und zu resorbieren. Laut Fischer, können die Keimdrüsen (Hoden) als ein Reservoir an Lipoiden betrachtet werden, die sie über die Freisetzung ins Blut an das Gehirn und das Nervensystem weiterleiten. Umgekehrt können die Lipoide infolge sexueller Aktivität (Samenerguss) dem Blut und damit auch indirekt dem Gehirn entzogen werden.

Es kann kein angemessenes Verständnis über die Sexualität aufkommen, ohne das Verständnis der chemischen Zusammensetzung des Samens und der Spermien. Wenn verstanden wird, dass der Samen und die Spermien eine hohe Konzentration von Phospholipiden enthält, die sehr wichtig für die Ernährung und das Funktionieren des Nervensystems sind, dann wird klar, dass der Entzug dieser Substanzen durch den Samenerguss einen negativen Effekt auf die Ernährung von Nerven und Gehirn hat. Dies kann die Ursache für Neurasthenie (Nervenschwäche) und anderen Nerven- und Geistesstörungen sein. Diese Überlegungen bilden die Grundlage für eine neue Neurologie und Psychiatrie.

An diesem Beispiel wird deutlich, worum es bei der Kundalini in Wirklichkeit geht. Es geht nämlich um die Aufnahme von Substanzen der Sexualdrüsen (Lecithin, Cholesterin und Phosphor) die dann über den Blutkreislauf dem Gehirn zur Verfügung gestellt werden. Deshalb ist die Annahme, dass es eine göttliche Kundalini-Energie im Basis-Chakra gibt, die zunächst wie eine zusammengerollte Schlange schläft, dann aber durch spirituelle Praktiken geweckt wird und beginnt, über die Wirbelsäule zum Kronen-Chakra aufzusteigen, eher symbolisch zu verstehen. Dies ist traditionell dadurch bedingt, dass die Menschen, die die Veden schrieben, einerseits sehr religiös waren und diesen Dingen einen göttlichen Ursprung zuschrieben und dass sie andererseits kaum etwas von physiologischen Abläufen wussten. Somit ruhte also die göttliche Kundalini im Basis-Chakra. Und das Kronen-Chakra, auch Scheitel-Chakra genannt, war gewissermaßen die direkte Verbindung zu Gott. Viele sehen die Kundalini auch als göttliche Prana-Energie. In Wirklichkeit aber sind es Sexualsekrete, die über den Blutstrom zum Nervensystem und Gehirn transportiert werden. Das Kronen-Chakra ist deshalb nichts anderes als eine religiöse Interpretation der seligmachenden Wirkung, die die Sexualsekrete auf das Gehirn bzw. auf den Menschen haben.

Ende der Anmerkung.


14.5 Der Vorgang der sexuellen Sublimierung

Yogis gehen im allgemeinen davon aus, dass der verwirklichte Yogi keinerlei Pollutionen mehr hat. An diese Stelle möchte ich einmal Swami Sivanandas Vorstellung über die Sublimation wiedergeben. In seinem Text behauptet Swami Sivananda, dass die Samenproduktion eines Urdhvareto Yogi vollkommen zum Stillstand kommt. Ich habe da so meine Zweifel. Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass die Vitamine, Mineralien, Proteine, Spurenelemente, Hormone, etc., die sonst beim Orgasmus vergeudet werden, über die Blutbahn den Nerven und dem Gehirn zur Verfügung gestellt werden. Welche Theorie ist die richtige? Sehen wir uns einmal Swami Sivanandas Vorstellungen an:
Wenn die Sexualenergie durch reine Gedanken in spirituelle Energie umgeformt wird, heißt das in der westlichen Psychologie sexuelle Sublimierung. So wie eine chemische Substanz sublimiert oder gereinigt wird, wenn sie durch Erhitzen in Dampf umgewandelt wird, der sich wieder verfestigt, so wird auch die Sexualenergie gereinigt und durch spirituelles Sadhana und die Pflege erhabener und erhebender Gedanken an das Selbst oder den Atman in göttliche Energie umgewandelt.

Sublimierung ist keine Frage von Unterdrückung oder Verdrängung, sondern es ist ein positiver und dynamischer Umformungsvorgang. Die materielle Energie wird umgewandelt in spirituelle Energie, so wie Hitze in Licht und Elektrizität umgewandelt wird. Wenn die Fortpflanzungsenergie kontrolliert, umgeformt und sublimiert wird, wirst Du ungeheure Gehirnkraft, Ojas, erwerben. Ojas ist spirituelle Energie, die im Gehirn gespeichert wird. Durch erhabene Gedanken, Meditation, Japa, Gottesverehrung und Pranayama kann die Sexualenergie in Ojas Shakti umgewandelt werden. So wie Öl im Docht hochsteigt und mit gleißendem Licht brennt, genauso fließt Virya, die Geschlechtsenergie, durch die Praxis von Yoga Sadhana nach oben und wird in Tejas oder Ojas umgewandelt. Dieses Ojas ist für Dich sehr hilfreich für lange, tiefe Meditation. Es wird im Gehirn gespeichert. Es hilft der Kontemplation. Selbst im fortgeschrittenen Alter ist es von Nutzen. Du wirst ein gutes Gedächtnis haben. Du kannst Bücher schreiben und ungeheure Gehirnarbeit leisten.

Ein Urdhvareto Yogi ist ein Mensch, dessen Geschlechtsenergie nach oben zum Gehirn fließt, als Ojas Shakti gespeichert wird und für die Zwecke der Kontemplation in der Praxis von Dhyana Verwendung findet. Er verwandelt die Geschlechtsenergie in Ojas. Das ist ein großes Geheimnis.

Allopathen (Schulmediziner) meinen, dass selbst in einem Urdhvareto Yogi die Samenbildung ununterbrochen weitergeht, und dass die Flüssigkeit wieder ins Blut aufgenommen wird. Das ist ein Irrtum. Sie verstehen nicht die inneren yogischen Geheimnisse und Mysterien. Sie sind in der Dunkelheit. Ihre Sicht bezieht sich nur auf die grobstofflichen Dinge des Universums. Der Yogi dringt in die subtile verborgene Natur der Dinge durch yogische Sicht und die innere Sicht der Weisheit ein. Der Yogi erlangt Kontrolle über die Astralnatur der Geschlechtsenergie und verhindert dadurch die Bildung der Flüssigkeit an sich.

Der Körper eines Menschen, der wirklich ein Urdhvaretas ist, riecht nach Rosen. Ein Mensch, der kein Brahmachari ist, und in dem sich der grobstoffliche Samen bildet, kann andererseits den Geruch eines Ziegenbocks haben.
Der Vorgang der sexuellen Sublimierung ist sehr schwierig, und doch ist sie überaus notwendig für den Aspiranten am spirituellen Weg. Sie ist die wichtigste Voraussetzung für den Sadhaka sowohl am Weg des Karma Yoga, Upasana, Raja Yoga oder Vedanta. Sie muss um jeden Preis erreicht werden. Der Mensch, in dem der Sexualgedanke tief verwurzelt ist, kann nie davon träumen, Vedanta zu verstehen und Brahman zu verwirklichen, nicht einmal in hunderttausend Geburten. Die Wahrheit kann nicht sein, wo Leidenschaft ist.
Quelle: Brahmacharya


15. Heiraten oder nicht heiraten?

15.1 Ist ein Zölibat möglich?

Es ist natürlich auch für einen Mann, der mitten im Leben steht und damit den verschiedensten Versuchungen und Zerstreuungen unterliegt, möglich, das Zölibat zu praktizieren. Früher haben dies viele Männer praktiziert. Aber auch in der heutigen Zeit praktizieren es noch viele Männer. Ein diszipliniertes Leben, eine gesunde Ernährung, das Studium heiliger Schriften, Satsanga (das Zusammensein mit Weisen), Japa (Mantrameditation), Dhyana (Meditation), Pranayama (Atemübungen), tägliche Selbstergründung (Wer bin ich?), Selbstanalyse und Selbstkorrektur, Sadachara (spirituelle Lebensführung), die Praxis von Yama (5 Enthaltungen: Nichtverletzen, Ehrlichkeit, Nichtstehlen, Brahmacharya und Unbestechlichkeit) und Niyama (5 Verhaltensregeln: Reinheit, Genügsamkeit, Disziplin, Selbsterforschung und Hingabe an Gott) physisches, verbales und geistiges Tapas (Askese), in Übereinstimmung mit dem 17. Kapitel der Bhagavad Gita (Verschiedene Arten des Glaubens.), alles dies wird uns dem Ziel näher bringen.

Die Menschen haben ein unregelmäßiges, unredliches, maßloses, unreligiöses und undiszipliniertes Leben. Folglich leiden sie und verlieren das Ziels des Lebens aus den Augen. Gerade so, wie der Elefant, der sich Sand auf seinem eigenen Kopf wirft, so bereiten sich die Menschen, durch ihre Ignoranz und Unwissenheit selber Schwierigkeiten und Sorgen in ihren Köpfen. Die, die Brahmacharya praktizieren, beklagen sich im Allgemeinen darüber, dass sie sich infolge der Enthaltsamkeit geistig ermattet fühlen. Dies ist aber nur eine Täuschung des Verstandes. Du bekommst manchmal einen Pseudohunger, wenn du an einem reich gedeckten Tisch sitzt, aber eigentlich keinen wirklichen Appetit hast und vorher auch eigentlich nichts essen wolltest. So gibt es auch eine falsche geistige Ermattung. Wenn du Brahmacharya praktizierst, musst du über riesige mentale Stärke verfügen. Du wirst nicht immer imstande sein, darüber zu verfügen. Aber du wirst diese Stärke entwickeln, sobald du sie benötigst, genauso wie ein Ringkämpfer seine körperliche Stärke in der Arena entwickelt, obwohl er sich im normalen Leben, wie ein normaler Mann empfindet.

Enthaltsamkeit ist nicht ungesund. Es bewahrt die Energie. Es gibt unermessliche Stärke und Frieden. Sexuelle Hingabe dagegen führt zu moralischen und spirituellem Bankrott, zu vorzeitigen Tod und zum Verlust der Fähigkeiten, der Talente und der Kapazitäten. Die Praxis des Zölibats ist nicht mit irgendeiner Gefahr oder irgendeiner Krankheit oder einem anderen unerwünschten Nebeneffekten verbunden, wie man es gelegentlich von den westlichen Psychologen zu hören bekommt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Das Zölibat wird sehr viele Krankheiten heilen. Die westlichen Mediziner und Psychologen besitzen kein praktisches Wissen über das Zölibat. Sie haben den falschen, unbegründeten Verdacht, die unbefriedigte sexuelle Energie, würde sich in den verschiedenen Formen psychischer Erkrankungen bemerkbar machen. Dabei ist es genau umgekehrt. Erst der permanente Abfluss von sexueller Energie, vermindert die Gesamtenergiebilanz des Menschen dramatisch und hat psychische und somatische Erkrankungen zur Folge. Sexuelle Ausschweifungen haben Eifersucht, Hass, Zorn, Leid und Depression zur Folge.

Umgekehrt ist ein wenig Selbstbeherrschung oder ein wenig Enthaltsamkeit ein ideales Stärkungsmittel. Es schenkt innere Stärke und inneren Frieden. Es stärkt den Verstand und die Nerven. Es hilft, die physische und geistige Energie zu bewahren. Es vergrößert das Gedächtnis, die Willenskraft und die Intelligenz. Es verleiht enorme Kraft und Vitalität. Es stärkt die körperliche Verfassung, erfrischt die Zellen und das Gewebe, regt die Verdauung an und schenkt Energie, um die Schwierigkeiten im täglichen Leben zu meistern. Die Tugenden von Ausdauer und Tapferkeit entwickeln sich mit einem Leben in Keuschheit. Ein vollkommener Brahmachary kann die Welt bewegen, die Wellen des Ozeans stoppen, so wie Jesus es konnte, er kann Berge fortblasen, und er kann die Natur und die fünf Elemente wie der Yogi Jnana Dev beherrschen. Es gibt nichts in den drei Welten (physikalische, astrale, kausale Welt), was er nicht erreichen könnte. Alle übernatürlichen Kräfte liegen ihm zu Füßen.


15.2 Ein dummes Argument der Epikureer (Genussmenschen)

Einige ignorante Menschen sagen: „Es ist nicht recht, die Leidenschaften zu zähmen. Wir sollten nicht gegen die Natur angehen. Warum hat Gott junge hübsche Frauen geschaffen? Seine Schöpfung muss doch einen Sinn haben. Wir sollten uns daran erfreuen und uns fleißig fortpflanzen. Wir sollten Nachkommen zeugen, damit unser Stammbaum erhalten bleibt. Wenn alle Leute Sannyasins (Entsagende) werden und in die Wäldern gehen, was würde dann aus dieser Welt werden? Dann würde unsere Rasse irgendwann aussterben. Wenn wir die Leidenschaften kontrollieren, werden wir krank. Wir müssen viele Kinder zeugen. Es gibt Glück im Haus, wenn wir viele Kinder haben. Das Glück einer Ehe kann nicht mit Worten beschrieben werden, so sagen die Leute. Kinder sind ihr Ein-und-Alles im Leben. Ich mag kein Vairagya (Leidenschaftslosigkeit), kein Tyaga (Entsagung), kein Sannyasa (Gelübde der Entsagung) und kein Nivritti (Weg der Entsagung).“ Dies ist ihre simple Philosophie. Sie sind direkte Nachkommen von Charvaka, dem Gründer der materialistischen Schule der Philosophie, und von Virochana, dem vedantischen Anführer der Dämonen, der die Philosophie der Fleischeslust vertritt. Sie sind Anhänger der epikureischen1 Gedankenschule, die die Lust in den Mittelpunkt des Lebens stellte. Konsum ist das Ziel ihres Lebens. Dieser gedankenlose Konsum hat eine große Anhängerschaft. Sie sind Freunde Satans. Ihre Philosophie ist bedauernswert! Wenn sie ihren Besitz, ihre Frau und ihre Kinder verlieren, wenn sie an einer unheilbaren Krankheit leiden, sagen sie: „O Gott, befreie mich von dieser schrecklichen Krankheit. Vergib mir meine Sünden. Ich bin ein großer Sünder.“ Aber vorher verschwenden sie keinen Gedanken an Gott.

Anmerkung Übersetzer:

1Ich stelle mir gerade die Frage, ob Swami Sivananda hier nicht den Epikureismus mit dem Hedonismus verwechselt, denn Epikur ging es nicht um den Konsum von oberflächlicher sinnlicher Lust, sondern um Genüsse, die durch Erkenntnis, Gleichmut und Selbstdisziplin für eine heitere Seelenruhe sorgen. Im Hedonismus dagegen steht die Lust für materielle und sinnliche Genüsse im Vordergrund, die mit einer egoistischen Lebenseinstellung verbunden sind.

Ende Anmerkung.

Die Leidenschaft sollte um jeden Preis kontrolliert werden. Nicht eine einzige Krankheit entsteht, wenn die Leidenschaften kontrolliert werden. Ganz im Gegenteil erhältst du durch die Sinneskontrolle, unermessliche Energie, Freude und Frieden. Es gibt wirkungsvolle Methoden, die Leidenschaften zu kontrollieren. Man sollte sich dem Atman (Seele) zuwenden, wenn man seine Begierden besiegen möchte. Genau so wie ein Fisch gegen den Strom schwimmt, so solltest auch du gegen die sinnlichen Ströme angehen. Nur dann kannst du Selbstverwirklichung erreichen. Leidenschaft ist eine sehr unangenehme Eigenschaft. Sie sollte kontrolliert werden, wenn du das Glück des Atman genießen möchtest. Sexuelles Vergnügen ist in Wirklichkeit kein Vergnügen. Es ist eine geistige Täuschung. Es ist mit Gefahren, Schmerzen, Furcht, Anstrengung und Ekel verbunden. Wenn du Yoga oder die Wissenschaft von Atman kennst, kannst du die entsetzlichen Krankheiten, die durch die Leidenschaften entstehen, leicht kontrollieren. Gott wünscht, dass du das Glück von Atman genießt, das durch den Verzicht auf weltliche Vergnügen erlangt werden kann. Die schönen Frauen und der Reichtum sind die Instrumente der Maya, der Illusion, um dich zu täuschen und in ihre Netze zu verstricken. Wenn du also ein weltlich orientierter Mensch mit niedriger Gesinnung und niederen Wünschen bleiben möchtest, dann kannst du natürlich so handeln. Du hast die Freiheit zu wählen.

Du kannst 350 Frauen heiraten und viele Kinder zeugen. Niemand wird dich kontrollieren. Aber du wirst bald feststellen, dass dieses Leben dir keine Zufriedenheit geben kann, weil alle Dinge in Zeit, Raum und in ihren Ursachen voneinander abhängen. Es gibt Tod, Krankheit, Alter, Sorgen, Ärger, Ängste, Furcht, Verluste, Enttäuschung, Misserfolge, Hitze, Kälte, Schlangebisse, Skorpionstiche, Erdbeben und Unfälle. Du wirst nicht eine ruhige Minute finden. Wenn dein Verstand mit Leidenschaften und Unreinheiten besetzt ist, wird dein Verständnis bewölkt und dein Intellekt verliert an Leistungskraft. Dann bist du nicht mehr in der Lage, die illusorische Natur des Universums und das ewige Glück des Atman zu erkennen. Die Leidenschaft kann effektiv geprüft werden. Es gibt wirksame Methoden. Nach dem Sieg über deine Leidenschaften genießt du inneres Glück durch Atman. Nicht alle Männer können Sannyasins (Mönche) werden. Sie haben verschiedene Bindungen und Verpflichtungen. Sie sind in ihren Leidenschaften gefangen und können daher nicht ihr Heim verlassen. Sie sind an ihre Frauen, ihre Kinder und ihr Vermögen gebunden. Hast du jemals in den Chroniken der Weltgeschichte gelesen, dass alle Männer Sannyasins wurden? Das ist unmöglich. Warum glaubst du dann an die absurde Idee, die Weltbevölkerung könnte schrumpfen, wenn einige Sannyasins sich zur Meditation in die Waldeinsamkeit, in die Klöster oder in die Höhlen des Himalaya zurückziehen? Dieses ist ein scharfsinniger Trick deines Verstandes, um deine unsinnigen Argumente und deine sinnlichen Begierden zu unterstützen, die die sexuelle Befriedigung als eine Lebensnotwendigkeit betrachtet.

Dieses zeigt deine Unwissenheit und verdeutlicht deine leidenschaftliche Natur. Rege dich nicht über diese Welt auf. Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten. Gott ist allmächtig. Und selbst wenn diese Welt vollständig evakuiert ist, selbst wenn sich alle Leute in die Wälder zurückziehen, wird Gott mit einem bloßen Augenzwinkern Millionen neue Menschen erschaffen, um wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Darüber solltest du dir keine Gedanken machen. Finde lieber Methoden um deine Leidenschaften zu besiegen. Wir stehen heute vor dem Problem der Überbevölkerung und nicht vor dem Problem einer abnehmenden Bevölkerungsdichte. Außerdem haben die meisten Yogis, die sich in die Einsamkeit einer Himalayahöhle, in ein Kloster, in die Wüste oder in einen Wald zurückziehen, um dort zu sich und zu Gott zu finden, ihre familiären Pflichten bereits hinter sich gebracht. Nicht jeder möchte sich ehelich binden. Besonders ein Yogaschüler sollte sich von den ehelichen Fesseln fern halten. Für den Yogaschüler bedeutet Heirat ein Fluch. Für einen Mann mit einer lüsternen Einstellung, ist es extrem schwierig, seine sinnliche Leidenschaften abzulegen, weil sie eine Art Gitter der schützenden Wölbung seiner moralischen Rücksichtslosigkeit ist. Darum ist die Heirat für die große Mehrheit der Menschheit sinnvoller, die für ein Leben in absoluter Selbstbeherrschung noch nicht bereit sind. Von ihnen wird die Ehe als ein Sakrament betrachtet. Aber sie sollte nicht als eine Lizenz zur Genusssucht betrachtet werden.

Nicht jeder, der geboren wird, möchte sich binden. Die Heirat bedeutet, sein Leben in einer gewissen Weise zu ordnen. Aber heute hat die Ehe in der Gesellschaft einiges von der moralischen Haltung verloren, die sie einst besaß. Dort, wo es keine Leidenschaften im Herzen gibt, wo der Wunsch nach Gott vorhanden ist, wo es ein spirituelles Streben gibt, ist eine Ehe nicht unbedingt erforderlich. Ein junger Mann, der sein Leben nach diesen Zielen ausrichtet, kann das Leben eines Naishthik Brahmacharis führen, eines Brahmachari, der das Brahmacharya bereits seit seiner Kindheit praktiziert. Eltern sollten ihre Kinder nicht zur Heirat zwingen. Sie sollten das spirituelle Interesse ihrer Kinder nicht unterbinden. Viele junge Männer, in denen es ein spirituelles Erwachen gibt, schreiben zu mir in bemitleidenswerten Wörtern: „Lieber Swamiji, mein Herz schlägt für höhere spirituelle Dinge. Ich habe für weltliche Dinge kein Interesse. Der materielle Leben interessiert mich nicht. Ich bin bereits in den Maschen einer Heirat verwickelt. Meine Eltern zwingen mich, gegen meinen Willen zu heiraten. Eigentlich müsste ich dem Willen meiner Eltern folgen. Sie bedrohten mich auf unterschiedlichste Weise. Nun weine ich. Was soll ich jetzt tun?“

Jungen, die kein Wissen über diese Welt und dieses Lebens haben, werden mit 8 oder 10 Jahren verheiratet. Wir sehen Kinder, die Kinder zeugen. Die Mütter sind Kindermütter. Ein junger Mann mit 18 Jahren hat 3 Kinder. Was für ein schrecklicher Zustand! Frühe Heiraten führen zu einem frühen Verlust des Samens. Das führt zu körperlichem und geistigem Abbau und zum frühen Tod. Sie leben alle sehr kurz. Häufiges Gebären zerstört außerdem die Gesundheit der Frauen und bringt eine Menge anderer Nachteile mit sich. Wir haben in Indien verschiedene Gewohnheiten vom Westen, in Bezug auf Kleidung und Mode übernommen. Dadurch sind wir zu gemeinen Nachahmern verkommen. Aber im Westen heiraten die Menschen erst, wenn sie in der Lage sind, eine Familie ordentlich zu versorgen. Sie haben mehr Selbstbestimmung. Sie sichern sich zuerst eine annehmbare berufliche Position, verdienen Geld, sparen etwas und denken dann über eine Heirat nach. Wenn sie nicht genügend Geld verdienen, bleiben sie mitunter ihr Leben lang Junggesellen. Sie möchten keine Bettler in die Welt setzen, wie dies in Indien geschieht. Wer dieses menschliche Leid verstanden hat, möchte kein Kind mehr in die Welt setzen.


15.3 Die Natur der Liebe in der Ehe

Die Liebe zwischen Eheleuten ist vor allem körperlich, egoistisch und scheinheilig. Sie ist nicht konstant. Sie ist von einer kurzlebigen Natur und wird von sinnlichen Leidenschaften und sexueller Begierde getragen. Sie ist mit niedrigeren Gefühlen verbunden, mit einer lieblosen Natur. Und sie ist sehr begrenzt. Aber göttliche Liebe ist endlos, rein, erfüllend und ewig. Hier gibt es keine Scheidung. In der Wirklichkeit gibt es vielfach keine innere Verbindung zwischen Eheleuten. Prinzessin Savitri und Prinz Satyavan aus der Mahabharata (indisches Epos), sowie der gebildete aber gelähmte Weise und Gelehrte Atri und seine Frau Anasuya, aus dem Ramayana, die sich aufopferungsvoll um ihn kümmerte, sind sehr, sehr selten in diesen Tagen. Viele Eheleute sind nur aus egoistischen Gründen miteinander vereint. Selbst das Lächeln ist oft nicht echt. Was bleibt, sind die praktischen Dinge des Lebens und die körperliche Liebe.

Wenn es keine Vereinigung zweier Herzen gibt, gibt es immer wieder Reibereien und Trennungen, misstrauische Blicke und Streitereien. Wenn der Ehemann seine Frau nicht ins Kino führt, gibt es Streit. Kann man dies Liebe nennen? Es ist vielmehr ein kommerzielles Geschäft. Wegen der Sinneslust haben die Männer ihren Stolz, ihre Unabhängigkeit und Würde verloren. Sie werden zu Sklaven der Frauen. Was für ein bemitleidenswertes Schauspiel! Der Schlüssel liegt bei der Frau. Aber für einen bestimmten Geldbetrag zeigt sie Entgegenkommen. Und dennoch beteuert er, unter Selbsttäuschung und der Berauschtheit seiner Sinne, was er für eine süße und liebevolle Frau hat: „Sie ist wirklich anbetungswürdig, sie ist eine Göttin!“ In der käuflichen Liebe kann es kein wirkliches Glück zwischen dem Liebhaber und seiner Geliebten geben. Liegt der Ehemann im sterben, nimmt die Ehefrau das Sparbuch und geht damit ruhig zum Haus ihrer Mutter. Wenn der Ehemann seinen Job verliert, ist sie böse mit ihm, beschimpft ihn und verweigert ihm ihre Liebe. Das ist egoistische Liebe. Es gibt keine wirkliche Zuneigung. So gibt es immer nur Streit, Kämpfe und Ruhelosigkeit in der Ehe. Ehemann und Ehefrau sind nicht wirklich vereint. Sie ziehen sich gegenseitig runter und führen eine freudlose und trostlose Existenz.

Leidenschaft ist keine Liebe. Es ist ein animalischer Instinkt, sinnliche Liebe, körperliche Liebe. Verliert die Frau ihre Schönheit, dann lässt der Ehemann sich scheiden und heiratet eine zweite Frau. Diese Sachlage charakterisiert die Welt. Ein Ehemann liebt seine Frau nicht um ihrer Selbst willen, sondern um seines eigenen Selbst willen. Er ist egoistisch. Er erwartet sinnliches Vergnügen von ihr. Wenn eine Krankheit ihre Schönheit zerstört, endet seine Liebe zu ihr. Wenn die Frau stirbt, ertrinkt der Ehemann in Sorgen. Aber nicht wegen des Verlustes seiner liebevollen Partnerin, sondern weil er jetzt kein sexuelles Vergnügen mehr von ihr bekommt. Wenn deine Frau jung und schön ist, bewunderst du ihr lockiges Haar, ihre rosigen Wangen, ihre feine Nase, ihre glänzende Haut und ihre strahlenden Zähne. Wenn sie ihre Schönheit aber wegen irgendeiner chronisch unheilbaren Krankheit verliert, dann wendest du dich anderen Frauen zu. Hättest du deine Frau aber mit dem Bewusstsein geheiratet, das alles göttlich ist, hättest du verstanden, dass das Selbst in dir und in deiner Frau dasselbe ist, dann wäre deine Liebe für sie rein, selbstlos, dauerhaft und unzerstörbar. Genau so wie du alten Kandiszucker oder alten Reis liebst, die erst mit einem gewissen Alter ihr Aroma entfalten, so würdest du auch deine Frau immer mehr lieben, wenn sie älter wird. Das Wissen über Gott verstärkt die Liebe und vereint sie für immer.

Körperliche Liebe ist animalisch. Liebe des Körpers oder der Haut sind nur eine Leidenschaft. Sie ist nur eine überspannte sexuelle Leidenschaft. Sie ist grob und sinnlich. Die Leidenschaft für das Fleisch oder den Körper ist keine reine oder wirkliche Liebe. Es ist nur eine sexuelle Verhaftung, eine Verliebtheit, die von der Unwissenheit getragen wird. Du frönst deinen sexuellen Leidenschaften und tötest dabei deine Seele. Sogar berühmte Popstars zeigen ihren Fans eine Zeit lang ihre Liebe im Überfluss, ihr süßes Lächeln und ihre honigsüßen Worte. Sie tun es so lange, wie sie damit Geld verdienen können. Kannst du dies Liebe und wirkliches Glück nennen? Erkläre es mir aufrichtig. Du wirst Klugheit, Diplomatie, Gerissenheit, Unehrlichkeit und Scheinheiligkeit finden. Es wirst kein Element der Aufopferung in dieser Liebe zu finden sein.


15.4 Mönch oder Familienvater?

Für leidenschaftliche Männer, die ihre Sinneslust nicht kontrollieren können, ist es besser, ein Leben als Familienvater zu führen. Wird jemand mit entsprechenden spirituellen Eigenschaften, mit einer angeborenen Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit, wie die Yogis Sankara oder Sadasiva Brahman geboren, so wird er kein Familienvater. Er wird bereits als Kind nach den Regeln des Brahmacharya leben. Die Srutis (indische Offenbarungen) unterstützen das. Sie sagen: „Verzichte von dem Tag an auf die Welt, an dem du leidenschaftslos wirst“. Bei einigen behindert eine Heirat den spirituellen Fortschritt; anderen hilft sie. Für den Sanskrit Dichter Raja Bhartrihari, der „Hundert Gedichte über die Liebe und über die Entsagung“ schrieb, war es eine Behinderung. Für den heiligen Dichter und reichen Kaufmann Tukaram, der während einer großen Hungersnot seinen Besitz an Hungernde verschenkte, dadurch verarmte, seine Familie verließ und in Tempeln lebte, war es eine Hilfe. Tukaram erreichte langfristig das gleiche Ziel. Man sollte allerdings versuchen, den kürzesten Weg zu finden.

Ein Leben im Zölibat ist hundertmal besser als das Leben eines Ehemannes. Ich glaube an das Zölibat, weil es die versteckte Energie im Mann entfaltet. Brahmacharya ist die Schnellstraße zur Gottesverwirklichung; Heirat ist der gewundene Weg. Der erste Weg ist dem letzteren auf alle Fälle vorzuziehen. Manch einer bevorzugt aber den zweiten Weg, um seine Leidenschaften zu reduzieren. Natürlich ist es auch dem Verheirateten möglich, Selbstverwirklichung zu erlangen, obwohl er die Last einer Familie auf seinen Schultern trägt. Der Heilige Tukaram war zweimal verheiratet und hatte Kinder. Er erreichte sein letztes Ziel, das Reich Gottes, in einem Vimana (Raumfahrzeug). Wenn du bereit bist, ein einfaches Leben zu führen, treu und ehrlich, und wenn dein Partner fromm ist und dich in allen Angelegenheiten unterstützt, dann ist gegen eine Heirat nichts einzuwenden. Fühlt sich aber jemand nicht vom Eheleben angezogen, dann sollte er nicht heiraten.

Wenn du striktes Zölibat leben möchtest, dann solltest du nicht heiraten. Tricks dich nicht selber aus, indem du sagst: „Ich praktiziere das Zölibat nach der Ehe.“ Am Ende wirst du dann womöglich das Zölibat doch nicht beachten. Du solltest es aber als deine Lebensaufgabe betrachten, dich selbst in Gott zu verwirklichen. Hast du nicht schon ausreichend sexuelle Erfahrungen gesammelt? Sexualität und Schlemmerei gehören zu den animalischen Trieben des Menschen. Sollten wir uns nicht davon lösen und spirituelle Ziele anstreben? Warum verbrennst du den edlen Sandelholzbaum, um daraus Holzkohle zu machen? Unser Leben ist sehr kostbar. Darum beneiden uns sogar die Götter. Ist das Leben einmal verloren, dann ist auch die Chance vertan, seine eigene Göttlichkeit zu verwirklichen. Sinnliches Vergnügen ist verlockend. Solange eine Person nicht das Objekt der Begierde besitzt, solange ist er davon verzaubert. Befindet sich dieses Objekt aber in seinem Besitz, schon hat er sich darin verheddert. Der Junggeselle denkt tagein, tagaus, an eine Heirat. Aber erotisches Vergnügen wird ihm keine Zufriedenheit schenken. Es verschlimmert und intensiviert nur seine Wünsche und macht den Geist, durch die Verstrickung in die Leidenschaft, noch ruheloser und begieriger. Irgendwie hat er das Gefühl, in Gefangenschaft zu sein. Dies ist ein Gaukelspiel der Maya, der Illusion, der Täuschung. Die Welt ist voller Versuchungen.

Du kannst durch weltliche Objekte kein Glück erlangen. Es ist nur materialistisches Gift. Außerdem ist die Heirat eine lebenslängliche Gefangenschaft. Es ist die größte Knechtschaft auf der Erde. Der Junggeselle, der einst frei war, liegt im Joch. Seine Hände und Füße liegen in Ketten. Dies ist die Erfahrung vieler verheirateter Leute. überlege dir also sehr genau, was du möchtest. Ein Entkommen ist nach der Heirat kaum noch möglich. Erkenne den Glanz eines spirituellen Pfades und die großen Schwierigkeiten, Probleme, Sorgen und Mühen, die eine Heirat mit sich bringt. Darum intensiviere deine Leidenschaftslosigkeit. Du hast ein Geburtsrecht auf göttliches Bewusstsein. Eine Heirat ist ein scharfer Einschnitt im Leben eines Menschen. Folglich sei mit dem Frieden vermählt. Die Leidenschaftslosigkeit sei dein ehrenwerter Sohn, die Unterscheidungskraft, deine großartige Tochter. Iss die köstliche Frucht der göttlichen Weisheit, die dir ein langes und glückliches Leben beschert. Wenn du kannst, dann heirate nicht. Ein Entweichen ist nach der Heirat nicht mehr möglich. Eine Heirat hat sehr angenehme Seiten, sie bringt aber auch viele Verpflichtungen mit sich. Was aber taten Buddha, Pattinattu Swami, Bhartrihari und Gopichand? Hatten sie nicht ein angenehmes und friedliches Leben?

Die Lust ist der größte Feind auf Erden. Sie verschlingt einen Mann. Nach dem Geschlechtsakt folgt die Depression. Dein Intellekt ist dann nicht mehr so leistungsfähig. Wegen des permanenten Samenverlustes, leidest du schon bald unter Krankheiten, Depressionen, Schwächegefühl und dem Verlust deiner Vitalität. Folglich wirst du einen frühen Tod erleiden. Darum rate ich dir, praktiziere ein lebenslanges Zölibat. Befreie dich selbst aus deinem Elend, von deinen Sorgen und Beschwerden. Dort, wo Licht ist, kann kein Schatten sein. Dort, wo sinnliches Vergnügen herrscht, kann nicht das Glück des Atman (Seele) sein. Weltliche Menschen wollen beides zugleich, sinnliches Vergnügen und das Glück des Atman. Das ist aber absolut unmöglich. Sie wollen nicht auf das sinnliche Vergnügen verzichten. Sie besitzen keine Leidenschaftslosigkeit in ihrem Herzen. Weltliche Männer glauben, dass sie glücklich sind, wenn sie einige Ingwerkekse, etwas Geld und eine Frau besitzen. Alle weltlichen Vergnügungen sehen am Anfang wie Nektar aus, aber werden am Ende zu Gift. Ist man erst einmal verheiratet, dann kann es sehr schwer sein, sich von den Fesseln der sinnlichen Verhaftung zu lösen. Sei furchtlos. Löse dich von diesen Illusionen, löse dich von deinen sinnlichen Verhaftungen. Kontrolliere deine Wünsche und deinen Verstand. Dann wirst du allmählich Wunschlosigkeit entwickeln und ein perfekter Brahmachari sein.


15.5 Der Akhanda Brahmachari

Ein Akhanda Brahmachari, ist ein Brahmachari, der 12 Jahre keinen Tropfen Samen abgegeben hat. Praktizierst du über 12 Jahre ununterbrochen Brahmacharya, dann erfährst du, ohne weitere spirituelle Praktiken Erleuchtung. Die Samenenergie ist ein starke Shakti (kosmische Kraft, Kundalini). Der Samen ist Brahman (Gott) selbst. Ein Brahmachari, der über zwölf Jahre das Zölibat praktiziert, erreicht Nirvikalpa (Erleuchtung) in dem Moment, indem er das Mahavakya (vier wichtige vedantische Sätze) hört: „Tat Tvam Asi“ (Das bist du), weil sein Verstand dann extrem rein, stark und einpünktig ist.

Mahavakya

Vier Sätze der Upanishaden, die die höchste vedantische Wahrheit oder die Identität von individueller Seele (Atman) und absoluter Seele (Brahman) ausdrücken:

1. Prajnanam Brahma – Bewusstsein ist Brahman
2. Aham Brahmasmi – Ich bin Brahman
3. Tat Tvam Asi – DAS bist du
4. Ayam Atma Brahma – Dieses Selbst ist Brahman

Ein Akhanda Brahmachari, der während einer Periode von zwölf Jahren nicht einen Tropfen Samen vergeudet, erreicht ohne weitere Bemühungen Samadhi. Prana (Atmung) und Verstand sind unter seiner vollkommenen Kontrolle. Akhanda Brahmacharya wird ebenfalls als Bala Brahmacharya bezeichnet. Ein Akhanda Brahmachari hat eine starke Konzentrationskraft, Erinnerungskraft und Unterscheidungskraft. Er braucht keine intellektuelle Reflexion (Nachdenken) und keine tiefe Meditation zu üben. Selbst wenn er das Mahavakya nur einmal hört, erfährt er sofort Selbstverwirklichung. Sein Intellekt ist rein und sein Verständnis ist extrem klar. Akhanda Brahmacharins sind sehr, sehr selten; aber es gibt einige. Du kannst ebenfalls ein Akhanda Brahmachari werden, wenn du es ernsthaft versuchst. Du musst sehr sorgfältig auf Gegenreaktionen achten. Die Sinne werden einige Monate oder vielleicht auch ein oder zwei Jahre lang rebellieren, wenn du nicht aufmerksam und vorsichtig bist. Sie rebellieren und leisten Widerstand, wenn sich die Gelegenheit bietet. Schließlich wurde die Sexualität meist über Jahrzehnte in Richtung sexueller Befriedigung konditioniert. Einige Leute, die ein oder zwei Jahre lang Brahmacharya praktizieren, begehen den Fehler, dass sie unachtsam werden, und vergeuden am Ende wieder ihre ganze Energie. Verfilzte Haare und das Auftragen von Asche auf der Stirn und dem Körper, wie es von Yogis praktiziert wird, kennzeichnen keinen Akhanda Brahmachari. Der Brahmachari, der den Körper und die Sinnesorgane kontrolliert, dabei aber ständig sexuelle Gedanken in seinem Kopf hat, hat das Ziel noch nicht erreicht. Er sollte seinen Weg weiter fortsetzen. Dann verschwinden auch die sinnlichen Gedanken.


16. Der Umgang mit dem anderen Geschlecht

Sei nicht mit jedem gleich zu vertraut. Vertrautheit erzeugt Verachtung. Habe nicht zu viele Freunde. Buhle als Sannyasin (Mönch) nicht um Freundschaften mit Frauen und halte ein wenig Distanz, wenn du nicht frei von lüsternen Gedanken bist. Es könnte sonst dein Untergang sein. Vergiss niemals, aus „Freunde“ werden mitunter die ärgsten Feinde. Verkehre möglichst nicht mit Mitgliedern des anderen Geschlechts. Maya, die Illusion, arbeitet sehr unterschwellig, so dass dir dein Sturz gar nicht bewusst wird. Die subtilen sexuelle Begierden können sich mitunter ohne Vorankündigung urplötzlich einstellen. Erst begehst du Ehebruch, und danach bereust du es. Dann löst sich dein Charakter und dein guter Ruf in Luft auf. Ein schlechter Ruf kann schlimme Folgen haben. Ehebruch bedeutet eine tiefe Verletzung des Partners. Es gibt keine Buße, die dieses Tat ungeschehen machen könnte. Pass also auf, sei vorsichtig. Bhagavan Dattatreya, eine hinduistische Gottheit, der die drei Aspekte des Brahma (Schöpfung), des Vishnu (Erhaltung) und des Shiva (Zerstörung) in sich vereint, hat die Frau mit einer brennenden Grube aus Feuer und den Mann mit einem Topf Büffelbutter verglichen. Wenn die Büffelbutter mit dem Feuer in Berührung kommt, verbrennt sie. Folglich ist es besser, solche Feuerspiele zu vermeiden. übernachtest du in einer öffentlichen Wohlfahrtseinrichtung, und in einem benachbarten Raum übernachtet eine alleinstehende Frau, dann übernachte woanders. Du weißt sonst nicht, was geschehen wird. Es ist ratsam, die Gefahrenzone rechtzeitig zu verlassen, gleichwohl wie stark du durch die Praxis von Tapas (Askese) und Meditation sein magst. Setze dich nicht der Versuchung aus.

Prüfe deine spirituelle Stärke und Reinheit nicht, wenn du ein Anfänger auf dem spirituellen Weg bist. Begib dich nicht in schlechte Gesellschaft, wenn du ein spiritueller Anfänger bist, um zu zeigen, dass du den Mut hast, der Sünde und Unreinheit entgegen zu treten. Es ist ein gravierender Fehler. Sonst wirst du in eine Gefahr laufen. Du wirst einen schnellen Absturz erleben. Ein kleines Feuer kann sehr leicht gelöscht werden. Sogar Yogis, die große Fortschritte im Yoga gemacht haben, sollten sehr achtsam sein. Sie sollten Frauen möglichst meiden. Sie sollten nicht so töricht sein, zu glauben, sie seien bereits große Yogameister. Ein großer Heiliger erlebte einmal einen Absturz. Er lebte mit Frauen zusammen und bildete Schülerinnen aus, denen er erlaubte, seine Beine zu massieren. Da die sexuelle Energie nicht vollständig sublimiert war, und die Sinneslust immer noch in einer subtilen Form in seinem Verstand lauerte, wurde er ein Opfer seiner Leidenschaften. Er verlor sein Ansehen. Der sexuelle Wunsch war immer noch bei ihm vorhanden und als eine passende Gelegenheit kam, hatte er nicht die Stärke und Willenskraft, der Versuchung zu widerstehen. Eine andere große Seele, die von seinen Schülern als ein Avatar angesehen wurde, wurde ein Yoga Bhrashta, ein vom Yoga gefallener. Er vertrieb seine Zeit mit Frauen und verübte einen Fehltritt. Er wurde ein Opfer seiner Lust. Was für ein trauriges Unglück! Yogis klettern unter großen Mühen die Sprossen des Yoga empor. Sie können aber sehr schnell wieder abstürzen, wenn sie leichtsinnig, unachtsam oder überheblich sind.


16.1 Die Gefahren einer ungezügelten Phantasie

Die Anwesenheit einer Frau, oder die Erinnerung an eine Frau, sorgen normalerweise beim Einsiedler, der diese Welt zur spirituellen Läuterung verlassen hat, für sinnliche Gedanken und berauben ihn um die Früchte seiner Entbehrungen. Es ist sehr schwer, das Vorhandensein der subtilen Sinneslust im Verstand von anderen, besonders bei einem spirituellen Einsiedler zu erkennen, aber der Blick, die Stimme, die Gesten, der Gang und das Verhalten können einen Anhaltspunkt geben. Bedenke, wie Yogi Bhartrihari weinend während seiner spirituellen Praxis zu Gott flehte: „O mein Gott! Ich verließ meine Frau, mein Heim. Ich lebe von Blättern, Früchten und Wurzeln. Die Erde ist mein Sofa. Der blaue Himmel ist mein Baldachin. Die Unterkunft ist meine Bekleidung. Aber die Leidenschaft hat mich nicht verlassen.“ So ist die Energie der Leidenschaft.

Einfügung vom Übersetzer.

Die Heilige Julia Eustochium
Eustochium, Julia, Heilige, um 368 nach Christus in Rom aus altadeligem Geschlecht, † 28.9. 420 nach Christus in Bethlehem. Eustochium wurde von ihrer Mutter, der heiligen Paula, und deren Freundin Marcella fromm erzogen. Sie fasste früh den Entschluss, jungfräulich zu leben, und wurde darin bestärkt durch den Heiligen Hieronymus, der während seines Aufenthalts in Rom (382-385 n.Chr.) in ihrem Haus wohnte und für sie seine Abhandlung »De virginitate« schrieb. Als Hieronymus 385 nach Antiochia (heute: Antakya in der Türkei) reiste, folgte ihm dorthin etwas später Paula mit ihrer Tochter Eustochium.

Unter seiner Einwirkung hatten die beiden beschlossen, ihre vornehme Umgebung in der Weltstadt des Westens ganz zu verlassen und in der Nähe der heiligen Stätten (Bethlehem), wo der Herr gelebt und gelitten hatte, ihre Tage zu beschließen. Mit Hieronymus unternahmen sie 385/86 eine Pilgerfahrt in das Heilige Land und nach Ägypten, wo sie die Einsiedler der nitrischen Wüste aufsuchten. Paula und ihre Tochter Eustochium ließen sich für dauernd in Bethlehem nieder und lebten dort in regem Umgang mit ihrem geistlichen Berater Hieronymus. Paula gründete außer mehreren Pilgerhospizen ein Mönchs- und drei Nonnenklöster, von denen sie eines leitete. Als ihre Mutter 404 nach Christus starb, übernahm Eustochium die Leitung der drei Nonnenklöster. Sie wird als Heilige verehrt. Ihr Fest ist der 28. September.

Der Heilige Hieronymus
Der Heilige Hieronymus (347 n. Chr. – 30. September 420 n.Chr.) wurde in Stridon (heute Kroatien) geboren, studierte in Mailand und Rom Grammatik, Rhetorik und Philosophie und setzte sein Studium in Trier fort, wo er das Klosterleben kennen lernte, dann in Aquileia (Norditalien), wo er sich 373 n.Chr. dem asketischen Bund „Chor der Seligen“ anschloss. Eine Wallfahrt ins Heilige Land führte ihn für fünf Jahre zu Einsiedlern in die Wüste Chalkis bei Aleppo, dem heutigen Halab in Syrien.

35 Jahre lang wirkte der Heilige Hieronymus zurückgezogen als Mönch, aber mit intensiver schriftstellerischer Tätigkeit. Er wurde zu einem der bedeutendsten Theologen aller Zeiten, oft in seiner Gelehrsamkeit mit Augustinus verglichen; seiner Briefe an diesen sind erhalten. Auf Hieronymus zurück geht die Unterscheidung der Mönche in Anachoreten – das sind die urchristlichen Asketen, die sich aus allen menschlichen Bindungen lösen, um allein in Askese und Gebet zu leben – und Eremiten – das sind jene, die gemeinsam in einer Mönchssiedlung leben und gewisse Regeln befolgen.

Jerome (Hieronymus, bürgerlicher Name: Eusebius Sophronius Hieronymus, franz.: Jerome, Kirchenlehrer, Heiliger) schreibt über die jungfräuliche Heilige Eustochium, über ihren Kampf mit der Enthaltsamkeit und die Energie der Sinneslust: „Wie oft stellte ich mir in der Wüste, in dieser unermesslichen Einsamkeit, die durch die Hitze der Sonne verbrannte, in einem schrecklichen Kloster lebend vor, an den Wonnen Roms teilzuhaben! Aber ich war allein. Meine Glieder wurden durch einen erbärmlichen Sack bedeckt und meine Haut war so schwarz wie die der Äthiopier (Ostafrika). Täglich weinte und stöhnte ich. Und wenn mich widerwillig der Schlaf überkam, lag mein magerer Körper auf der bloßen Erde. Gar nicht zu sprechen erst von meiner Ernährung und den Getränken in der Wüste. Auch Invaliden haben keine Getränke, aber sie haben kaltes Wasser. Da ich mich aus Furcht vor der Hölle selbst zu diesem Gefängnis, zu deren Gesellschaft Skorpione und wilden Tieren gehören, verurteilt hatte, hatte ich häufig die Phantasie, mitten unter einer Gruppe Mädchen zu sein. Mein Gesicht war blass vom Fasten und in meinem Verstand entflammte das Feuer der Sinneslust, welches bereits tot zu sein schien.“ So ist die Energie der Sinneslust.

Ende Einfügung Übersetzer.

Der Verstand ist der Same der Welt. Es ist der Verstand, der diese Welt gestaltet. Die Welt existiert hauptsächlich innerhalb deines Verstandes. Die Bilder der Objekte werden von deinem Verstand entworfen. Der Verstand erzeugt Wünsche und Phantasien, wenn er diese Objekte nicht erhalten kann und richtet damit großen Schaden an. Sind deine Gedanken aber vollständig auf Gott gerichtet, dann stirbt die Verhaftung an alle sinnlichen Objekte. Lebten die Yogis meist in den Wäldern, in den Höhlen des Himalaya oder in Klöstern, so lebten Jesus und Mohammed zur Kontemplation und um zu fasten für längere Zeit in der Wüste. Auch die ersten moslemischen Sufis und frühchristlichen Mönche lebten meist in der Wüste. Die jüdischen Rabbiner werden niemals müde, die Bedeutung dessen zu unterstreichen, dass ihnen die Zehn Gebote und die Tora am Berge Sinai in der öden Wüste geschenkt wurden.


16.2 Der verbotenen Früchte Gottes für den Yogi

Gott unterwirft dem spirituellen Aspiranten einige Versuchungen, um seine spirituelle Stärke zu prüfen. Er gibt ihm aber auch die Stärke, diese Versuchungen zu besiegen. Die stärkste Versuchung in der Welt ist die Sinneslust. Alle Heiligen haben diesen Versuchungen widerstanden. Sogar Buddha wurde auf seine geistige Reinheit geprüft. Er musste Versuchungen jeder Art widerstehen. Und zwar nicht nur als er Erleuchtung unter dem Bodhibaum in Gaya fand. Der Satan versuchte Jesus auf verschiedene Weise. Die Leidenschaft ist sehr stark. Viele können ihr nicht widerstehen. Man muss sehr acht geben. Der Yogaschüler muss einen sehr hohen Standard an geistiger Reinheit entwickeln. Dann alleine wird er in der Lage sein, solche Prüfungen zu bestehen. Gott versetzt den Yogi in sehr ungünstige Umfelder, um ihn zu prüfen. Sie werden z. B. von jungen Mädchen versucht. Ist der Yogi zu Ruhm gekommen, dann hat er oft Kontakt mit normalen Menschen. Frauen fangen an, sie anzubeten. Sie werden zu ihren Schülerinnen. Dann müssen die Yogis sehr achtsam sein, um keine Fehler zu begehen. Solche Abstürze gab es leider schon viele. Yogis sollten unauffällig leben und sich den normalen Leuten anpassen. Obwohl sich der Weise Visvamitra in den Veden strengen Entbehrungen unterzog, wurde er durch seine unruhigen Sinne davongetragen, als er zufällig auf eine himmlische Nymphe stieß, die ihm vom Kriegsgott Indra gesandt wurde, um seine Askese zu stören. Wenn selbst Visvamitra, der von Blättern, Luft und Wasser lebte, Opfer der Sinneslust wurde, wie erst mag dann das Leben weltlich gesinnter Menschen sein, die über ein reiches Nahrungsangebot verfügen? Bevor sie ihre Leidenschaften kontrollieren, schwimmt das Vindhyagebirge (Gebirgszug in Nordindien) auf den Ozean und Feuer brennt abwärts.

Der sexuelle Instinkt ist sehr stark. Der sexuelle Drang ist beeindruckend. Er kann sich selbst in den hintersten Regionen des Verstandes verstecken und dich überfallen. Bist du einmal nicht aufmerksam, dann greift er dich mit doppelter Kraft an. Visvamitra wurde ein Opfer der Nymphe Menaka, einer himmlischen Tänzerin aus dem Palast des Kriegsgottes Indra. Ein anderer großer Rishi (Weiser) wurde ein Opfer der Nymphe Rambha. Die Asparas sind Nymphen aus der hinduistischen Mythologie. Unter allen Nymphen nehmen Rambha, Urvashi, Menaka und Tilottama eine besondere Stellung ein. Diese vier Nymphen werden von Indra wiederholt zu den Menschen auf der Erde gesandt, um Weise, die mit ihrer Enthaltsamkeit und ihrem Streben nach spiritueller Perfektion eine Gefahr für Indras oder anderer Götter Vormachtstellung zu werden drohen, zu verführen, und sie von ihrem Weg abzubringen. Der Gelehrte Jaimini (2./3. Jh. n.Chr.), der Verfasser der Mimansa-Sutren, die sich mit vedischen Opferritualen beschäftigt, wurde durch die unaufrichtige Masa versucht. Ein anderer mächtiger Weiser wurde durch den Anblick des Paarungsverhaltens von Fischen ermuntert. Ein Yogaschüler wurde gar von der Frau seines Gurus mitgerissen. Viele Yogis sind sich dieser geheimen Bedrängnis, dieses heimtückischen Feindes, nicht bewusst. Sie denken, dass sie sicher und rein sind. Werden sie aber versucht, dann werden sie zu hoffnungslosen Opfern. Darum bleibe lieber alleine, meditiere und beseitige dieses Verlangen.

Geld und Frauen glänzen heller als Gott für einen unwissenden, leidenschaftlichen Mann. Maya, die Illusion ist sehr stark. Adam verfiel wegen eines unachtsamen Augenblicks der Versuchung. Die verbotene Frucht sah in den Augen der Menschen immer schon sehr verführerisch aus. Eine Säule sieht wie eine himmlische Göttin aus und veranlasst dich, in Ehrfurcht vor ihr zu verneigen. Die Ketten aus Gold können zerschnitten werden, aber nicht die seidenen Maschen der Illusion. Ein einzelner unachtsamer Moment reicht aus, das ganze Schmuckkästchen der Perlen der guten Vorsätze, in den dunklen Abgrund der Leidenschaften und der Sinneslust zu stoßen. Verschiebt man Moos in einem Blumenk?bel ein wenig, so hat es schon nach einem winzig kleinen Moment seine Ausgangsposition wieder eingenommen. So ähnlich wickelt die Illusion selbst den Klügsten ein, wenn er auch nur eine Minute unachtsam ist. Darum ist stete Wachsamkeit auf dem spirituellen Pfad erforderlich. Ein Sprichwort sagt: „Zwischen Glas und Lippe gibt’s manche Klippe.“ Bevor du anfängst, die Frucht der Weisheit zu essen, hat der Affe der Täuschung (Maya) sie dir schon aus der Hand geschnappt. Selbst wenn du sie schluckst, kann sie dir im Halse stecken bleiben. Darum solltest du wachsam und vorsichtig sein, bis du die höchste Erkenntnis erlangt hast. Du solltest deine spirituelle Praxis, nicht unter der falschen Annahme beenden, dass du das Ziel bereits erreicht hast.

Der, der in Abgeschiedenheit lebt, ist Versuchungen und Gefahren stärker ausgesetzt. Er muss sehr vorsichtig und aufmerksam sein. Der Verstand wird versuchen, ihn zu verführen, da es niemanden gibt, der ihn zur Besinnung ermahnt. Alle unterdrückten und verdrängten Gedanken warten nur auf eine Gelegenheit, um mit doppelter Kraft anzugreifen. Er ist wie ein Mann, der sich mit einem Tiger, einer Schlange und einem Bären in einem Käfig befindet. Die Feinde Wut, Sinneslust und Geldgier werden listig versuchen, dich zu besiegen. Wenn du den spirituellen Weg allein beschreitest, dann werden sie versuchen, dich zu überfallen, so wie der Dieb den einsamen Reisenden im dichten Wald überfällt. Darum lebe lieber in der Gesellschaft von Weisen. So kannst du dich nicht verirren.


17. Stoppe das lüsterne Schauen

Ein Mann, der das Rauchen und das Trinken aufgegeben hatte, wollte Brahmacharya praktizieren, obwohl er verheiratet war. Seine Frau hatte nichts dagegen einzuwenden, aber er selbst hatte einige Mühe damit. Besonders schwer fiel es ihm, seine Blicke zu kontrollieren. „Die Straße ist mein Hauptfeind“, sagte er vor kurzem zu mir. Das heißt, dass der Blick von hübschen Frauen angezogen wird. Ein anderer Yogaschüler sagte: „Während ich Pranayama (Atemübungen), Japa (Mantrameditation) und Meditation übte, war mein Verstand rein, selbst wenn ich halbnackte junge Frauen sah. Aber als ich die Praxis nachließ, war ich nicht in der Lage, mein Schauen zu kontrollieren. Dann wurde mein Blick magisch von hübschen Frauen und den erotischen Bildern in den Straßen angezogen. Der Strand und die Einkaufsstraßen sind meine Feinde.“ Die, die Brahmacharya üben, sollten ihre Blicke kontrollieren. Dieser Impuls kann sonst zu einer Gefahr werden, da er die Neugier und die sexuellen Wünsche anregt. Durch lüsterne Blicke erwachen subtile Begierden. Das Betrachten einer hübschen Frau verursacht den Wunsch, mit ihr zu sprechen. Die Unterhaltung mit einer hübschen Frau verursacht den Wunsch, sie zu berühren. Vielleicht hast du unreine Gedanken und wirst zum Opfer deiner Lust. Darum betrachte keine Frau mit lüsternen Blicken. Sprich mit ihr nicht über intime Dinge. Sei nicht zu vertraut.


17.1 Kümmere dich um das Gefühl hinter den Blicken

Es hat keinen Nachteil, wenn man einen schönen Gegenstand betrachtet; aber du musst ein göttliches Gefühl entwickeln. Du solltest glauben, dass alles eine Erscheinungsform Gottes ist. Reinige deine Gedanken und Gefühle. Reinheit ist Brahman, Reinheit ist Gott. Sei eine Verkörperung der Reinheit. Wiederhole geistig das Mantra: „Reinheit, Reinheit. Ich bin Reinheit, ich bin Reinheit“ und versuche diesen unvergleichlichen Zustand der Reinheit zu erreichen. Du hast keinen lüsternen Blick, wenn du deine Mutter oder deine Schwester siehst, obwohl sie hübsch, gut gekleidet und mit Blumen geschmückt sind. Du betrachtest sie mit Zuneigung und Liebe. In deinem Kopf sind keine lustvollen Gedanken. Du solltest solche reinen Gedanken auch entwickeln, wenn du andere Frauen betrachtest. Gibt es Unreinheiten hinter deinen Blicken, dann gleicht dies einem Ehebruch. Eine Frau mit lüsternem Herzen zu betrachten, gleicht einem sexuellem Vergnügen. Es ist eine Art Geschlechtsverkehr. Dies ist der Grund, warum Jesus sagte: „Wenn du eine Frau mit lüsternem Blick betrachtest, hast du bereits Ehebruch in deinem Herzen begangen.“

Du wirst keinen Schaden haben, wenn du eine Frau mit tugendhaftem Blick betrachtest. Wenn du eine junge Dame betrachtest, dann solltest du denken: „Ich verneige mich vor dir, O Mutter“. Betrachte sie als eine Erscheinung der Göttin Kali. Wer hat diesen hübschen Körper geschaffen? Dahinter gibt es einen allmächtigen, alles durchdringenden und barmherzigen Schöpfer. Der Körper aber besitzt nur eine vorübergehende Schönheit. Gott der Schöpfer ist ewige Schönheit. Er ist die Verkörperung der wahren Schönheit. Er ist die Urquelle der Schönheit. Erkenne seine Schönheit durch Meditation. Du solltest Gefühle der Hingabe, der Bewunderung und der Ehrfurcht entwickeln, wenn du auf den Schöpfer dieser Schönheiten schaust. So kommst du nicht in Versuchung. Studierst du die Vedanta, die wichtigste Schrift der indischen Philosophie, dann weißt du: „Alles ist das Selbst (Gott). Die Namen und Formen der äußeren Dinge sind nur Illusionen. Sie haben keine unabhängige Existenz neben dem Selbst.“ Wie sollten die Weisen von einst, den Frauen das Wissen über Atman (Seele) vermitteln, wenn sie die Frauen nicht anschauten? Viele Frauen betrachteten es außerdem als eine Ehre, einem Yogi zu dienen. Die Maxime, betrachte kein Bild von einer Frau, gilt für leidenschaftliche Männer, die keine Selbstkontrolle besitzen. Der Weise Yajnavalkya lehrte seiner Frau Maitreyi das Wissen über Atman. Die Tochter von König Janasruti diente dem Weisen Raikva. Raikva war ein Naishthik Brahmachari, ein Brahmachari, der das Brahmacharya bereits seit seiner Kindheit praktizierte.

Sogar der befreite Weise, richtet seine Augen aus Gewohnheit auf die Objekte. Er betrachtet das Innere der Frau als Ausdruck des Atman. Er empfindet kein sinnliches Verlangen. Der weltliche Mann dagegen betrachtet das äußere der Frau und entwickelt lustvolle Gedanken. Er denkt nicht an den Atman, der hinter der äußeren Schönheit ist. Der normale Mann fühlt sich von der Schönheit der Frau angezogen. Das ist der Unterschied zwischen einem weltlich orientierten Mann und einem Weisen. Bei einem Weisen gibt es keine Voreingenommenheit und keine sinnlichen Gedanken, wenn er eine Frau betrachtet. Der Weise bewundert die Schönheit einer Frau genau so, wie die Schönheit einer Rose, die Schönheit des Meeres, der Sterne oder die Schönheit einer Landschaft. Denke daran, dass die Schönheit einer Frau zur Schönheit der Natur gehört, einer Natur, die Ausdruck Gottes ist. Wann immer du eine Frau siehst, stelle dir die Frage: „Wer ist der Schöpfer dieser hübschen Frau?“ Und sofort stellt sich Bewunderung, Demut und Hingabe bei dir ein. Wirfst du aber lüsterne Blicke auf die Frau, dann beginnt es in dir zu brodeln. Du begehst Ehebruch im Herzen. Lüsterne Gedanken haben Knechtschaft und Elend zur Folge.

Die Schönheit in den Gesichtern der Frauen, ist die Schönheit Gottes. In dieser Weise solltest du sie bewundern. Dann wirst du keinen Schaden nehmen. Frauen sind ein Symbol der Schönheit. Sie sind ein Symbol der Stärke. Sie sprechen zu dir in der Sprache des Schweigens: „Ich bin eine Repräsentantin der Adi Sakti, der göttlichen Energie. Sieh Gott in mir. Sieh die göttliche Mutter Kali in mir. Verwirkliche Gott durch mich. Bete Gott als Verkörperung der Schönheit an. Verehre ihn als Verkörperung der Energie. Erkenne seine Allmacht.“ Denke immer und immer wieder daran, dass die Schönheit eines Gesichtes, die Schönheit Gottes ist. Göttliche Gefühle sollten in dir aufsteigen, wenn du in das hübsche Gesicht einer Frau blickst. Studiere das zehnte Kapitel der Bhagavad Gita, Vibhuti Yoga (Der erhabene Schatz des Absoluten), immer und immer wieder.


17.2 Wie man unreine Gedanken beseitigt

Unreine Gedanken, die beim Anblick einer Frau entstehen, verschwinden allmählich, wenn deine Reinheit durch regelmäßiges Japa und Meditation wächst. Es dauert einige Zeit, bis die alten lüsternen Eindrücke im Unterbewusstsein beseitigt sind und sich ein neues Bewusstsein gebildet hat. Dann steigen allmählich reine Gedanken auf. Richte deinen Blick auf Gott. Versuche immer wieder, die Frauen als Göttinnen zu betrachten, dich von der sexuellen Vorstellung zu lösen und nicht im Körperlichen zu verhaften. Wann immer sich lüsterne Gedanken einstellen, dann denke daran, dass selbst die hübscheste Frau nur aus Fleisch, Knochen, Urin, Schweiß und Fäkalien besteht. Dieses verursacht Abscheu und Leidenschaftslosigkeit. Dann wirst du nie wieder einen unkeuschen Blick auf eine Frau richten. Frauen, die ebenfalls das Brahmacharya praktizieren, sollten in ähnlicher Weise vorgehen.

Du solltest nicht nur Abscheu entwickeln, sondern dich auch von der sexuellen Verhaftung befreien. Bist du nicht extrem erschrocken, wenn eine Kobra direkt auf dich zukommt? Die gleiche Einstellung solltest du besitzen, wenn lüsterne Gedanken in deinen Verstand eindringen. Dann nur wird die sexuelle Anziehung allmählich nachlassen. Selbst auferlegte Bußen sollen helfen, sich lüsternen Gedanken hinzugeben. Verzichte auf das Abendessen, wenn du dich lüsternen Gedanken hingegeben hast. Mache zwanzig Japas (Mantrameditation) mehr auf der Mala (Gebetskette). Trage einen Lendenschurz oder ein Langoti (eine Art Tanga) um Buße zu tun. Betrachte eine Frau nicht mit lüsternem Auge. Wenn sie alt ist, betrachte sie als deine Mutter. Wenn sie jung ist, als deine Schwester. Und wenn sie sehr jung, als dein Kind. Du kannst das Gefühl entwickeln, das alle Frauen deine Mütter und Schwestern sind. Befolge eisern diese Praxis. Wenn du auf der Straße gehst, dann schaue nicht wie ein Affe hierhin und dorthin. Gehe in dich gekehrt mit würdigen Schritten durch die Straße, in der Haltung eines Guru. Dies wird es dir erleichtern, nicht gegen die Gebote des Brahmacharya zu verstoßen.

O Kind von unsterblichem Wesen! Du bist lange Zeit mit lüsternen Augen durch die Welt gegangen. Kultiviere dein Urteilsvermögen und lerne die Kunst der Unterscheidung. So gewinnst du ein großmütiges Sehvermögen. Dann wird dir die ganze Welt als eine Masse kristallisierten Glücks erscheinen. Dann wirst du kein Übel und keine Hässlichkeit finden. Es ist nicht zu leugnen, dass die Sinneslust die mächtigste Kraft ist, die man überwinden sollte. Äußerlich kannst du sagen: „Ich sehe die Frau als meine Mutter, ich betrachte sie als meine Schwester.“ Aber selbst wenn du dich bemühst, alle guten Vorsätze zu beachten, so spielt dir dein Geist doch immer wieder einen Streich. Es zieht ihn immer wieder in die falsche Richtung. Immer wieder schleichen sich sinnliche Wünsche und Gedanken in den Verstand. Sie sind fast ebenso schlimm wie die Tat. Solltest du einmal auf die Probe gestellt werden, dann wirst du vielleicht hoffnungslos versagen, da du keine Kontrolle über deine Sinne hast.

Es gibt nichts, was der Yogi nicht erreichen könnte, wenn er seinen Verstand kontrolliert. Je größer die Schwierigkeit, desto größer ist der Glanz des Erfolges. Versuche es immer wieder. Betrachte die Frau nicht als Sexualobjekt. Wenn du dazu nicht in der Lage bist, und die Frauen weiterhin mit lüsternem Blicken betrachtest, dann stelle dir in deiner Phantasie das Bild einer Leiche, eines Skeletts oder einer verrunzelten, kranken und alten Frau vor und behalte es solange in deinem Gedächtnis, bis du mit Ekel erfüllt bist. Dieses wird dir ermöglichen, deine Leidenschaften zu überwinden. Gleichzeitig nimm Zuflucht zu den Lotosfüßen der Göttin Devi, die alle anderen Göttinnen in sich vereint. Bete zu ihr und bitte sie um die Stärke, den Versuchungen der Leidenschaft zu widerstehen und sie zu besiegen. Durch eine aufmerksame und konstante spirituelle Praxis, wird es dir gelingen, allmählich Fortschritte zu erzielen.

Anmerkung des Übersetzers:

Die Betrachtung der Frau als Leiche oder Skelett, sowie als alte, verrunzelte und kranke Frau, geht vermutlich auf Buddha zurück. Buddha ersann insgesamt 40 Meditationsmethoden, wobei sich zehn Meditationsmethoden auf die Unreinheiten des Körpers bezogen. Detailliert kann man dies im Tipitaka, dem Pali Kanon des Theravāda-Buddhismus, unter „Der Weg zur Erlösung“ nachlesen.

Ende Anmerkung Übersetzer.


18. Ernährung und Sexualität

Die Ernährung spielt beim Brahmacharya eine wichtige Rolle. Eine reine und gesunde Ernährung hat einen reinen Geist zur Folge. Verschiedene Arten der Ernährung haben unterschiedliche Auswirkungen auf dem Verstand. Es gibt bestimmte Arten der Nahrung, die den Verstand und den Körper sehr stark machen. Darum ist es sehr wichtig, dass wir reine und natürliche Nahrung zu uns nehmen. Die Ernährung und das Brahmacharya stehen in sehr enger Verbindung. Schenkt man einer gesunden Ernährung die rechte Aufmerksamkeit, so kann dies das Zölibat erleichtern. Der Einfluss der Nahrungsmittel auf die Gehirnzellen, das Gefühl und die Leidenschaften ist bemerkenswert. Es gibt unterschiedliche Bereiche im Gehirn. Jede Nahrung erzeugt in jedem Bereich des Gehirns seine eigene Wirkung und einen Einfluss auf den gesamten Körper. Eine Praline hat eine aphrodisierende Wirkung. Sie stimuliert die Fortpflanzungsorgane. Knoblauch, Zwiebeln, Fleisch, Fisch, Eier und scharfe Gewürze regen ebenfalls die Leidenschaften an.

Es ist bezeichnend, wie ruhig und friedlich Elefanten und Kühe sind, die nur vom Gras leben. Tiger und andere fleischfressende Tiere sind dagegen sehr wild und unruhig. (Anmerkung des Übersetzers: Löwen und Tiger schlafen 16 bis 20 Stunden am Tag. Ende Anmerkung.) Dein Instinkt und deine innere Stimme werden dir helfen, die Nahrungsmittel auszuwählen, die für das Brahmacharya förderlich sind. Setzt man sich mit der gesunden Ernährung ein wenig auseinander, so weiß man nach einiger Zeit, welche Lebensmittel das Brahmacharya unterstützen und welche eher die Leidenschaften entfachen. Dabei kann man sich auch von erfahrenen Personen beraten lassen.


18.1 Gesunde Lebensmittel

Cheru (gekochter weißer Reis mit Büffelbutter, Zucker und Milch), Havis Annam (gekochter weißer Reis nur mit Büffelbutter), Milch, Weizen, Gerste, Brot, Büffelbutter, Butter, getrockneter Ingwer, grüne Sojabohnen, Kartoffeln, Datteln, Bananen, Quark, Mandeln und Früchte sind gesunde Lebensmittel. Diese Lebensmittel sind für Yogaschüler sehr hilfreich. Milch ist eine vollkommene Nahrung. Sie enthält die unterschiedlichsten nahrhaften Bestandteile in sehr ausgewogenen Anteilen. Früchte sind sehr gute Energielieferanten. Bananen, Trauben, Orangen, Äpfel, Granatäpfel und Mangos sind gesund und nahrhaft. Trockene Früchte wie Trauben, Rosinen, Datteln und Feigen, süße frische Früchte wie Bananen, Mangos, Breiäpfel (Sapotilla-Äpfel oder Manilafrucht), Melonen, Zitronen (Limetten), Ananas, Äpfel, Holzäpfel (Wildäpfel, Stammform des Kulturapfels), süße Granatäpfel, Zucker und Süßigkeiten, Honig, Sago, Pfeilwurz (Mehl), Milch, Butter und Büffelbutter, zartes Kokosnusswasser, Kokosnuss, Mandeln, Pistazien, Erbsen, Hirse, Gerste, Mais, Weizen, Reis des roten Paddys (ungeschälter Reis), dessen Kleie nur teilweise entfernt wurde, gut riechender Reis mit süßem Geschmack, alle Zubereitungen von irgendwelchen Getreidekörnern (Müsli) und weißer Kürbis sind reine Lebensmittel, die dem Aufrechterhalten des Brahmacharya dienen.


18.2 Lebensmittel, die der Yogi meiden sollte

Vor allem stark gewürzte Gerichte, wie heiße Currygerichte mit Gemüse, Fleisch und Reis, Chutney (eine würzige süß-saure Soße, häufig werden Mango, Tomaten oder Zwiebeln als Hauptzutaten verwendet), Paprika, Fleisch, Fisch, Eier, Tabak, Alkohol, saure Lebensmittel (Brathering, Mixed Pickles), Öle jeder Art, Knoblauch, Zwiebeln, bittere Lebensmittel, saurer Quark, veraltete Lebensmittel, Säuren (Essig, Zitronensaft), Schleimhäute zusammenziehende Lebensmittel (saure Früchtetees, Soda mit Zitronensaft), scharfe oder gebratene Lebensmittel, überreife und unausgereifte Früchte, schweres Gemüse und Salz sind für den Brahmachari nicht zu empfehlen. Zwiebeln und Knoblauch sind schlimmer als Fleisch. Salz ist der schlimmste Feind. Zu viel Salz regt die Leidenschaft an. Viele Lebensmittel enthalten Salz. Selbst wenn du keinen Salz nimmst, holt der Körper sich das notwendige Salz von anderen Lebensmitteln. Der Verzicht auf Salz hilft dir, deinen Gaumen zu kontrollieren. Dadurch kannst du auch besser deinen Verstand und deine Sinne kontrollieren.

Alle Arten Erbsen und Bohnen, frisch und gekocht, Urdbohne (Linsenbohne), Kichererbse, Pferdebohne (Ackerbohne), gekeimtes Getreide (Weizen, Dinkel, Karmut), Senf, alle Sorten Paprika, Asant (Gewürz, wegen seines Geruchs auch Teufelsdreck genannt), Linsen, Auberginen, Okra (Gemüse), Gurken, Malabar Spinat (Basellaceae, weiß und rot), Bambusspossen, Papaya (Melonen), Moringabaum, alle Arten von Kürbissen, auch weißer Kürbis und Schlangenkürbis, Rettich, Lauch, Pilze aller Arten, in öl oder in Büffelbutter gebratene Lebensmittel, Essiggurken aller Art, gebratener Reis, Sesamsamen, Tee, Kaffee und Kakao sollten gemieden werden. Weiter sollten alle Arten von Gemüse, Blätter, Wurzeln, Früchte und Nahrungsmittel, die Blähungen oder Verdauungsbeschwerden, Leid, Schmerz, Verstopfung oder andere Krankheiten hervorrufen, vermieden werden. Ebenfalls abzuraten ist von Gebäckzutaten (Füllungen, Zuckergüssen, Desserts), von Nahrungsmitteln, die trocken und brennend, bitter, scharf, sauer, salzig, und heiß sind. Von Tabak sowie Nahrungsmitteln und Getränken, die Alkohol oder narkotische Drogen wie Opium oder Haschisch enthalten. Lebensmittel, die verjährt sind, die übermäßig der Kälte ausgesetzt waren, sowie aufgewärmte Speisen, die ihren natürlichen Geschmack und Geruch, ihre natürliche Farbe oder Form verloren haben, sollte man nicht essen. Essensreste, die bereits von anderen Personen, Tieren, Vögeln oder Insekten gegessen wurden, die staubig sind, die Haare, Stroh oder anderen Abfall enthalten, sowie die Milch des Büffels, der Ziege oder der Schafe sollten vermieden werden. Zitronesaft, Steinsalz, Ingwer und weißer Pfeffer sollte nur in Maßen benutzt werden.


18.3 Maßhalten bei der Ernährung

Der Magen sollte zur Hälfte mit gesunden Lebensmitteln gefüllt werden. Ein Viertel sollte mit reinem Wasser gefüllt werden. Das letzte Viertel sollte frei bleiben. Brahmacharins sollten diese Regel streng beachten. Sie sollten besonders abends wenig Essen und den Magen nicht überlasten. Man bedenke, dass in den Klöstern bereits um 10.30 zu Mittag gegessen wird. Nach 12 Uhr mittags sollten die Mönche den ganzen Tag nichts mehr essen. Gegen 17 Uhr gibt es eventuell noch einen Saft zu trinken. Ein Vielfraß kann nur davon träumen, ein Brahmachari zu werden. Die Kontrolle des Gaumens ist eine notwendige Voraussetzung, die Sinneslust zu kontrollieren, wenn man das Gelübde des Brahmacharya beachten möchte. Zuerst muss der Gaumen kontrolliert werden. Dann wird es leicht, die Leidenschaft zu kontrollieren. Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Gaumen und den Geschlechtsorganen.

Der Gaumen ist das Organ des Wissens. Er wird getragen vom reinen Teil des Urelements Wassers. Das Zeugungsorgan dagegen ist ein Organ der Tätigkeit. Es wird getragen vom belebenden Teil des Urelements Wasser. Sie sind verschwisterte Organe, die derselben Quelle entspringen. Wenn der Gaumen mit anregender Nahrung stimuliert wird, werden auch die Geschlechtsorgane angeregt. Darum sollte bei der Ernährung eine bewusste Auswahl und Begrenzung getroffen werden. Die Nahrung eines Brahmachari sollte einfach, schonend, ungewürzt und nicht anregend sein. Das Maßhalten bei der Ernährung ist sehr wichtig. Den Magen zu überfüllen ist in hohem Grade gesundheitsschädlich. Besonders der Verzehr von Früchten ist sehr vorteilhaft. Man sollte nur Essen, wenn man wirklich Hunger hat. Der Magen neigt mitunter dazu, dich zu überlisten. Dann hast du das Gefühl, du hättest Hunger. Setzt du dich dann aber hin, um etwas zu essen, hast du keinen Appetit mehr. Das Fasten kann ein sehr nützlicher Helfer bei einer gesunden Ernährung und bei der Praktizierung von Brahmacharya sein. Du solltest das Fasten nicht ignorieren und dich einmal damit auseinander setzen.


18.4 Das Fasten – eine reinigende Übung

Das Fasten kontrolliert die Leidenschaft. Es beseitigt die sexuelle Erregung, beruhigt die Emotionen und kontrolliert die Sinne. Leidenschaftliche junge Männer und Frauen sollten gelegentlich Zuflucht zum Fasten nehmen. Es erweist sich als sehr vorteilhaft. Das Fasten ist eine gute Bußübung. Es reinigt den Verstand und vernichtet sehr viele Sünden. Die Shastras, die heiligen Schriften, schreiben Chandrayana Vrata (Vrata = Gelübde), Krichara Vrata, Ekadasi Vrata und Pradosha Vrata für die Reinigung des Verstandes vor. Chandrayana Vrata ist eine Essensregel, die mit fünfzehn Bissen Nahrung am Tage des Vollmondes beginnt. Von da an soll das Essen tagtäglich bis zum Neumond um einen Bissen verringert, ab dem Neumond täglich wieder um einen Bissen vermehrt werden, bis die fünfzehn Bissen zum Vollmond wieder erreicht sind. Unter dem Ekadasi Vrata versteht man das Fasten am Ekadasi-Tag: Das ist der 11. Tag nach Vollmond und der 11. Tag nach Neumond. An diesen Tagen sollten man sich nur von Obst und Milch ernähren. Das Pradosha Vrata ist die Anrufung Shivas mit der Bitte um Erfolg in allen Unternehmungen und die Erfüllung aller Herzenswünsche, in der Abenddämmerung des 13. Tages jeder Mondhälfte. Auch am Pradosha-Tag sollte man fasten.

Das Fasten kontrolliert den Gaumen, den großen Feind der Enthaltsamkeit. Wenn du fastest, dann erlaube dem Verstand nicht, an köstliche Gerichte zu denken, weil du sonst keinen Erfolg beim Fasten haben wirst. Das Fasten regeneriert die Atemwege, den Kreislauf, das Verdauungssystem und die Harnwege. Es scheidet alle Verunreinigungen, Harnsäuren und Gifte des Körpers aus. So wie unreines Gold durch Schmelzen gereinigt wird, so wird der unreine Verstand durch Fasten gereinigt. Junge und robuste Brahmacharins sollten fasten, wenn sie von der Leidenschaft bedrängt werden. Du kannst während des Fastens sehr gut meditieren, da der Verstand ruhig und gelassen ist. Du solltest die Fastenperiode für eine konsequente Meditation nutzen, da die Sinne sehr ruhig sind. Du solltest alle Sinne zurückziehen und den Verstand auf Gott richten. Bete zu Gott und bitte ihn um seine Führung, dass er deinen Weg mit seinem Licht erleuchte. Bitte in Andacht: „O Gott! Mögest du mich erleuchten. Führe mich, schütze mich. Ich bin dein, mein Gott!“ Du wirst Reinheit, Licht, Stärke und Wissen erhalten. Das Fasten ist eine der 10 religiösen Vorschriften des Yoga. Vermeide übertriebenes Fasten. Es erzeugt Schwäche. Benutze deinen gesunden Menschenverstand. Die, die nicht in der Lage sind, einen ganzen Tag zu fasten, sollten neun oder zwölf Stunden lang fasten. Abends oder Nachts können sie dann Milch und Früchte zu sich nehmen.

Während des Fastens haben die Verdauungsorgane wie der Magen, die Leber und die Bauchspeicheldrüse Ruhe. Schlemmerer und unermüdliche Esser erlauben diesen Organen nicht, wenigstens einmal für ein paar Minuten zu ruhen. Folglich sind diese Organe häufiger krank. Diabetes (gestörte Insulinproduktion), Verdauungsstörungen und Hepatitis (Leberentzündungen) haben ihre Ursachen in der Überfettung. Neunzig Prozent aller Menschen essen mehr, als der Körper eigentlich braucht. Das Überessen ist zu ihrer Gewohnheit geworden. Das hat sehr viele Krankheiten zur Folge. Gelegentliches Fasten ist sehr sinnvoll, um eine gute Gesundheit zu erhalten, die inneren Organe zu entlasten und Brahmacharya zu praktizieren. Krankheiten, die von den Medizinern mitunter als unheilbar eingestuft wurden, wurden oft durch Fasten kuriert. Das Fasten erzeugt Willensenergie und Ausdauer. Manu, das hinduistische Gesetzbuch, betrachtet das Fasten als Hilfsmittel, um sich von den fünf Todsünden (Gier, Hass, Nichtwissen, Stolz und Neid) zu befreien.

Es ist besser, während des Fastens, entsprechend der Temperatur und Neigung, eine große Menge kaltes oder lauwarmes Wasser zu trinken. Es spült die Nieren, entfernt das Gift und alle Verunreinigungen des Körpers. Du kannst dem Wasser auch einen halben Teelöffel Backpulver (Natron, Soda Bicarbonat) hinzufügen. Natron wirkt entgiftend. Die, die zwei oder drei Tage fasten, sollten ihr Fasten nicht durch eine feste Nahrung unterbrechen. Sie sollten einen Fruchtsaft nehmen, entweder Orangensaft oder Granatapfelsaft. Sie sollten den Saft in kleinen Schlücken trinken. Das Reinigen des Darmes bringt alle Giftstoffe, die sich seit Jahren im Darm abgelagert haben, nach außen. Ein reiner Darm nimmt dann die Vitamine und Mineralien wesentlich besser auf. Beginne am Anfang an einem Tag zu fasten. Dann erhöhe langsam die Anzahl der Tage, entsprechend deiner inneren Stärke. Es kann sein, dass du am Anfang eine leichte Schwäche fühlst. Der erste Tag kann sehr ermüdend sein. Am zweiten oder dritten Tag fühlst du dich sehr glücklich. Der Körper fühlt sich sehr leicht an.

Während des Fastens fällt das geistige Arbeiten dir leichter. Die, die häufiger fasten, haben ihre Freude daran. Am ersten Tag möchte der Verstand dich auf vielfältige Art verleiten, etwas zu essen. Bleibe standhaft und trotze der Versuchung. Praktiziere während des Fastens mehr Japa (Mantrameditation) mit dem Gayatri-Mantra oder einem anderen Mantra. Fasten ist eher ein geistiges als ein körperliches Handeln. Du solltest das Fasten für höhere spirituelle Zwecke nutzen. Richte deine Gedanken auf Gott und denke über den Sinn des Lebens nach. Stelle dir die Fragen „Wer bin ich?“ und „Was ist Atman (Seele) oder Brahman (Gott)?“ Was sind die Mittel und Wege, um Gott zu erreichen? Seid ohne Furcht und Sorgen und ruht in der Reinheit für immer und ewig. Meine lieben Brüder! Haben dich diese Zeilen zum Fasten ermutigt? Dann beginne sofort damit. Friede euch allen!


19. Feuchte Träume und Samenverlust

Viele junge Männer sind mit feuchten Träumen (nächtliche Orgasmen, Pollutionen) und unfreiwilligem Samenverlust ohne Orgasmus (Spermatorrhoe) konfrontiert. Zu Spermatorrhoe kommt es bei Menschen, die statt natürlicher Nahrung Nüsse, Cerealien (Müsli, Frucht- und Müsliriegel, Extrudaten (Snack- oder Frühstückserzeugnisse aus Maisgrieß, Maismehl, Reis-, Hafer-, Hirse-, Roggen-, Weizenmehl und Kartoffelstärke, z. B. Erdnussflips, Kleieflips), Loops, Crisps und Cornflakes), Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Salz, Tee, Kaffee und alkoholische Getränke zu sich nehmen und die rauchen. Die erste Wirkung dieser Reizmittel besteht darin, dass der Mann seine Geschlechtskraft überschätzt, da er aufgeputscht ist. Das führt zu übertriebenem Sexualverkehr oder zu Masturbation (Selbstbefriedigung), mit dem Ergebnis, dass die Organe geschwächt werden. Anfangs treten Pollutionen durch wollüstige Träume und Erektionen auf; doch mit der fortschreitenden Schwächung kommt es auch beim Urinieren und beim Stuhlgang zur ungewollten Samenabgabe. Infolge der unnatürlichen Reiznahrung hat sich Spermatorrhoe entwickelt. Aus all dem ist zu ersehen, wie wichtig eine natürliche Ernährung für das Geschlechtsleben des Mannes ist.

Die Spermatorrhoe, diese entsetzliche Krankheit, hat viele brillante Jugendliche unglücklich gemacht, die einst gute Schüler waren und denen sonst eine glänzende akademische Laufbahn bevorgestanden hätte. Diese schreckliche Krankheit hat vielen Schülern und auch Erwachsenen die Vitalität geraubt, sie ausgelaugt und sie körperlich, moralisch und geistig zu Grunde gerichtet. Sie hat das Wachstum vieler junger Leute gehemmt und sie zu unwissenden und lasterhaften Menschen werden lassen. Diese bemitleidenswerte Krankheit hat die Hoffnungen vieler junger Männer vereitelt und Verzweiflung, Trübsinn, eine zerrüttete Gesundheit und eine ruinierte seelische Verfassung hinterlassen. Ich erhalte zahlreiche Briefe mit mitleiderregenden Geschichten von ausschweifenden und verlorenen Jugendlichen. Die kulturelle Entwicklung besteht in der Zunahme von billiger pornographischer und erotischer Literatur und von obszönen Filmen, die zum seelischen und gesundheitlichen Ruin der fehlgeleiteten Jugend beitragen. Der Verlust der lebenswichtigen Energie erzeugt große Angst. Der Körper wird schwach, das Gedächtnis lässt nach, das Gesicht verliert an Ausstrahlung und der junge Mann ist irgendwann nicht mehr in der Lage, seinen bemitleidenswerten Zustand zu beenden. Aber es gibt keinen Anlass zum Verzweifeln. Wenn du die Tipps der folgenden Seiten beachtest, entwickelst du eine vernünftige Haltung zum Leben, führst ein diszipliniertes, spirituelles Leben und erreichst schließlich höchstes Glück.


19.1 Normale und krankhafte Pollution

Spermatorrhoe ist eine ungewollte Samenabgabe. Der Patient führt den Samen zusammen mit dem Urin während der Harnentleerung ab. Wenn es gelegentlich zu einer ungewollten Samenabgabe kommt, dann brauchst man nicht weiter beunruhigt zu sein. Die ungewollte Samenabgabe kann auf eine erhöhte Körperwärme, auf den Druck der gefüllten Därme oder auf eine gefüllte Blase zurück zu führen sein, die auf die Prostata bzw. auf die Samenbläschen drückt. Dieses sind keine krankhaften Zustände. Nächtliche Orgasmen, Pollutionen und feuchte Träume sind synonyme Bezeichnungen. In einigen Fällen findet auch tagsüber ein Samenerguss statt. Ein Orgasmus kann auch in körperlichen Extremsituationen auftreten, verursacht etwa durch exzessives Beten oder Hungern, extreme körperliche Betätigung (Leistungssport), bei körperlichen Schmerzen (auch außerhalb sexuell betonter Sado/Maso-Praktiken), in massiven Angst- oder Bedrohungssituation, oder durch Gewalterlebnisse bei Opfern oder Tätern. Der Orgasmus könnte hierbei die Funktion haben, eine Überreizung des Nervensystems vorzubeugen und emotional aus der überfordernden Situation auszusteigen (Orgasmus).

Es gibt zwei Arten von Pollutionen, nämlich normale und krankhafte. Bei der normalen Pollution findet eine Auffrischung statt. Du solltest über diesen Vorgang nicht weiter besorgt sein, wenn die Samenentleerung nur gelegentlich geschieht. Dies ist ein geringfügiger periodischer Abfluss des Samens, um die Vorratsspeicher, in der das Ejakulat aufbewahrt wird, zu reinigen und vor dem Überlauf zu schützen. Wegen dieses Vorganges braucht man kein schlechtes Gewissen zu haben. Möglicherweise bemerkt man den nächtlichen Orgasmus, der ja im Schlaf geschieht, nicht einmal. Bei krankhaften Pollutionen allerdings, wird der Samenerguss von sexuellen Gedanken begleitet. Depressionen sind die Folge. Es stellen sich Reizbarkeit, Trägheit, Faulheit, und die Unfähigkeit zu arbeiten und sich zu konzentrieren, ein. Gelegentliche Pollutionen dieser Art sind ohne Konsequenz. Aber häufige Pollutionen dieser Art verursachen Depressionen, Erschöpfung, Verdauungsstörungen, Niedergeschlagenheit, Vergesslichkeit, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Augenbrennen, Schläfrigkeit und ein brennenden Empfinden beim Harnlassen und beim Samenfluss. Der Samen wird außerdem dünnflüssig.


19.2 Ursachen und Konsequenzen

Feuchte Träume und ungewollter Samenverlust können die verschiedensten Ursachen haben: Verstopfung, ein überfüllter Magen, Lebensmittel, die zu stark reizen (scharfe Gewürze) oder Gase erzeugen, unreine Gedanken und häufige Selbstbefriedigung aus Unwissenheit und Gewohnheit. Samenverlust, nächtliche Orgasmen, wollüstige Träume und alle anderen Auswirkungen eines unsittlichen Lebenswandels, führen zum Unglücklichsein, wenn sie nicht durch eine verantwortungsbewusste Medizin erkannt wird. Aber die Medizin kann dem Patienten keine dauerhafte Heilung bescheren. Ein Patient kann eine vorübergehende Erleichterung erfahren, wenn er eine Medizin nimmt. Selbst westliche Ärzte sagen, dass solch eine Medizin keine dauerhafte Heilung bewirken kann. Von dem Moment an, wo die Medizin wieder abgesetzt wird, treten die alten Leiden wieder auf.

In einigen Fällen wird der Patient durch den Gebrauch von Medikamenten sogar impotent. Die einzig erfolgversprechende und dauerhafte Heilung kann nur durch Yoga erreicht werden. Nasti Yogat Param Balam (Keine Kraft ist größer als Yoga.) Die unterschiedlichen Methoden, die in diesem Buch beschrieben werden, führen zum Erfolg, wenn du sie regelmäßig praktizierst. Lass dich nicht durch die bombastischen Anzeigen beirren, die von den Wunderdoktoren und Scharlatanen veröffentlicht werden. Führe ein einfaches natürliches Leben. Und bald wird es dir wieder gut gehen. Gib dein Geld nicht für so genannte Wundermedizin oder irgendwelche Besonderheiten aus. Sie sind wertlos. Die Wunderdoktoren versuchen nur die Leichtgläubigen und Unwissenden auszunutzen. Gehe nicht zu solchen Ärzten. Trachte danach, dein eigener Arzt zu sein. Bemühe dich darum, die Naturgesetze, die Grundregeln der Hygiene und Gesundheit zu verstehen. Verstoße nicht gegen die Gesetze der Gesundheit.


19.3 Masturbation und Zorn

Vermeide alle Arten von Selbstbefriedigung. Sie berauben dich deiner lebenswichtigen Energien. Hinterher fühlst du dich wie ein toter Mann oder wie ein ausgepresstes Zuckerrohr. Der Samen ist in der Tat ein unbezahlbarer Schatz. Vergeude ihn nicht für eine momentane Erregung und Sinneslust. Beende sofort diese schlechten Gewohnheiten. Du wirst dich sonst nur selber ruinieren, wenn du diese Praxis weiter fortsetzt. Öffne deine Augen. Wache auf. Werde weise. Meide schlechte Gesellschaft und lerne tugendhaft zu sein. Bis heute warst du blind und unwissend, in der Dunkelheit gefangen. Du hattest keine Ahnung von den unheilvollen Auswirkungen der Masturbation (masturbieren = selbstbefriedigen). Du verlierst dein Sehvermögen. Deine Sehkraft wird getrübt. Du bekommst zerrüttete Nerven. Richte deine Aufmerksamkeit nicht immer wieder auf die Sexualorgane. Berühre sie nicht immer wieder mit den Händen. Dieses wird nur immer wieder deine Leidenschaften erwecken. Hast du eine Erektion, dann praktiziere Mula Bandha (Zusammenziehen des Schließmuskels) und Uddiyana Bandha (Bauchverschluss).

Unter Mula Bandha versteht man das Zusammenziehen der Anusschließmuskeln. Es zieht das Prana nach oben und öffnet den Sushumna, den feinstoffliches Energiekanal in der Wirbelsäule. Uddiyana Bandha besteht aus einem Einsaugen des unteren Bauchs. Dazu atme vollständig aus und presse auch das letzte bisschen Luft aus deinen Lungen. Nun stütze deine Hände auf deine leicht gebeugten Knie, die Arme sind gerade und ziehe den Unterbauch mehrmals ein. Uddhiyana Bandha hilft, das Prana in die Sushumna zu bringen und das Prana in der Sushumna über das Manipura Chakra (Solarplexus, Sonnengeflecht, Sitz der Emotionen) hinaus nach oben fließen zu lassen. Wiederhole mehrmals aufmerksam das Mantra „OM“. Denke an die Reinheit. Mache zwanzig Atemübungen. Und die lüsterne Wolke wird sich bald verzogen haben. Sexuelle Ausschweifungen und Zornesausbrüche sind eng miteinander verwandt. Beendet man die sexuellen Ausschweifungen, dann legen sich allmählich auch die Wutausbrüche. Ist der Verstand ruhig und ausgeglichen, dann hast du eine wundervolle Gesundheit, Kraft und Potenz. Durch den Zorn wird die Energie nur unnötig verbraucht und die Zellen und das Gewebe mit krankhaften Giftstoffen belastet. Das wird verschiedene Arten von Unpässlichkeiten zur Folge haben. Das Blut wird heiß und dünnflüssig. Das kann nächtliche Pollutionen zur Folge haben. Verschiedene Arten von nervösen Krankheiten sind auf den Verlust der Samenenergie zurückzuführen. Es ist häufig die Ursache von Wut und Zorn.


19.4 Eine gesunde Ernährung und Verdauung

Die meisten Krankheiten haben ihren Ursprung in der Völlerei. Darum achte auf eine maßvolle Ernährung. Vermeide vor allem späte Abendessen. Die Abendmahlzeit sollte leicht verdaulich sein und zwischen 18 und 19 Uhr eingenommen werden. Wenn möglich, nimm Abends nur Milch und Früchte zu dir. Nach dem Sonnenuntergang sollte man möglichst keine feste oder flüssige Nahrung mehr zu sich nehmen. Wenn du Milch trinkst, mische etwas Ingwer (Gewürz) unter. Oder koche etwas frisch zerdrücktes Ingwer mit Milch, bevor du sie trinkst. Iss möglichst kein Chutney (eine würzige süß-saure Soße), kein Knoblauch, keine Zwiebel und keine scharfen Gewürze. Heißer Curry, Chili (scharfe Paprika) und Chutney machen den Samen wässrig und führen häufig zu feuchten Träumen. Iss milde, beruhigende, nicht reizende, einfache Nahrung. Gib das Rauchen und den Alkohol auf. Trink weder schwarzen Tee noch Kaffee. Iss weder Fleisch noch Fisch. Hast du nachts den Drang zur Harnentleerung, dann stehe sofort auf, um die Blase zu leeren. Eine gefüllte Blase kann eine Ursache für feuchte Träume sein. Darum sollte man, bevor man zu Bett geht, die Blase entleeren. Bei einer Verstopfung und gefüllten Därmen, findet ein Druck auf die Samenbläschen statt, die sich zwischen der Blase und dem Darm befinden und in denen sich etwa 45 bis 80 % des Ejakulats befindet. Dadurch kann es zu einer Pollution kommen.

Einer Verstopfung kann mit einer Darmspülung am wirkungsvollsten begegnet werden. Der Gebrauch von Abführmitteln ist bei einer Verstopfung nicht zu empfehlen, da es Hitze im Körper erzeugt. Hitze begünstigt ebenfalls Pollutionen. Darum ignoriere nicht das Drängen der Natur, wenn der Körper sich entleeren möchte. Sind Würmer im Darm, dann entferne sie durch eine Wurmkur, einem Abführmittel oder durch Rizinusöl. Dies hält die Därme gesund. Manchmal geschehen Pollutionen auch durch einen Überfluss an Wärme im Körper. Dieses kann durch langes Gehen oder Reisen geschehen, durch das Essen großer Mengen Konfekts oder durch den Genuss von Chili und Salz. Verzichte auf Tee, Kaffee, Chili und nimm nur wenig Bonbons und Zucker zu dir. Vermeide leckere Gerichte, Soßen, Käsetörtchen, kleine Toasts oder kleine Pastetchen (die besonders in Großbritannien und den USA als Vorspeise oder als Ende einer Hauptmahlzeit statt der sonst üblichen Käseplatte gereicht werden) und Gebäck. Faste gelegentlich, sagen wir einmal wöchentlich. Trinke am Fastentag nicht einmal Wasser. Und fahre nicht zu viel Fahrrad. Kaue häufig Stücke der gelben Arura (Terminalia chebula, Myrobalanenbaum). Kommt es nachts häufiger zu Pollutionen, dann solltest du zwei zerdrückte Campfer (Campherbaum, auch Campherlorbeer genannt, Cinnamomum camphora, die Früchte sind erbsengroß, oval und schwarz) in einer Schale Milch auflösen und sie nachts gelegentlich nehmen. Trink davon die eine Hälfte in der Nacht und die andere Hälfte am frühen Morgen.


19.5 Stehe morgens um 4 Uhr auf

Nächtliche Pollutionen treten im Allgemeinen im vierten Viertel der Nacht auf. Die, die es gewohnt sind, zwischen 3 und 4 Uhr morgens aufzustehen, und die, die ihren Tag mit Japa (Mantrameditation) und Meditation beginnen, können daher kein Opfer von nächtlichen Pollutionen werden. Mache es dir zur Angewohnheit, jeden Morgen um 4 Uhr aufzustehen. Schlafe möglichst auf einer rauen Unterlage. Benutze am besten raue Matten. Schlafe auf der linken Seite. Erlaube dem Sonnen-Nadi, Pingala, während der Nacht durch das rechte Nasenloch zu atmen. In medizinisch bedingten Fällen, schlafe bis zur Genesung auf dem Rücken. Es gibt auf jeder Seite der Wirbelsäule einen Energiekanal. Der linke wird als Ida bezeichnet und der rechte als Pingala. Diese sind zwei der drei wichtigsten Energiekanäle (Nadis), subtile Kanäle, die das Prana (Lebensenergie) leiten. Im Ida Nadi bewegt sich die Mondenergie, im Pingala Nadi die Sonnenenergie. Ida (Mondenergie) ist kühlend, Pingala (Sonnenenergie) ist erhitzend. Ida fließt durch das linke Nasenloch und Pingala durch das rechte Nasenloch. Der Mond (Ida, links) hat die Natur des Tamas (Trägheit oder Faulheit) und die Sonne (Pingala, rechts) die Natur von Rajas (Leidenschaft oder Aktivität). Gift hat Eigenschaften der Sonne und Nektar solche des Mondes.

Der Atem fließt 1-2 Stunden lang überwiegend durch das rechte Nasenloch. Dann ist Pingala Nadi (Sonne, Leidenschaft) aktiv. Anschließend fließt der Atem 1-2 Stunden lang überwiegend durch das linke Nasenloch. Dann ist Ida Nadi (Mond, Trägheit) aktiv. Man ist emsig mit weltlichen Dingen beschäftigt, wenn das Prana durch Ida und Pingala fließt. Wenn die Sushumna (Zentralkanal in der Wirbelsäule) aktiv wird, ist man wie tot für die Welt und tritt in Samadhi (Überbewusstsein) ein. Ein Yogi gibt sein Bestes, um das Prana in der Sushumna, die auch als das zentrale Brahman Nadi bekannt ist, zum Fließen zu bringen. Bist du verheiratetet, dann schlafe in einem getrennten Raum. Du solltest deiner Frau niemals erlauben, nachts deine Beine zu massieren. Das wäre eine unvorsichtige Praxis. Um den Samen zu schützen, ist es unerlässlich, die Geschlechtsteile nachts zu bekleiden. So vermeidet man nächtliche Samenergüsse und den Wachstum der Hoden. Darum trage immer ein Langoti (eine Art Tanga) oder ein Kaupin (Lendenschurz). So bekommst du keine Blasenentzündung oder eine Hodenerkrankung. Dies hilft dir, das Brahmacharya aufrecht zu erhalten. Lege dich mit einem nassen Lendenschurz ins Bett, wenn die Krankheit sehr unangenehm ist. Die Feuchtigkeit saugt die Gifte aus dem Körper. Es ist für den Brahmachari sinnvoll, hölzerne Sandalen zu tragen. Dadurch wird der Samen konserviert, das Sehvermögen gefördert, das Leben verlängert und die Heiligkeit und der Glanz werden erhöht.


19.6 Nimm Zuflucht zum Namen Gottes

Sobald du morgens aufgestanden bist, praktiziere für eine oder zwei Stunden Japa (Mantrameditation) und Meditation. Mache dies auch, bevor du um 22 Uhr Abends schlafen gehst. Dies ist eine gute Reinigungsübung. Dieses wird den Verstand und die Nerven stärken. Es bewirkt die beste Heilung. Wiederhole das Mantra: „Punarmamaitu Indriyam“ (Stelle meine verlorene Stärke wieder her.). Bete am frühen Morgen vor Sonnenaufgang zur Sonne: „Oh Gott, Suryanarayana, Auge der Welt, Auge der universellen Seele, gib mir Gesundheit, Stärke, Kraft und Lebensenergie.“ Wiederhole diese Mantras und Anrufungen der Sonne bei Sonnenaufgang früh am Morgen. Du wirst gesund, stark und vital sein und sehr gut sehen.

Gebet zu Gott

Oh anbetungswürdiger, mitleidiger Gott. Gegrüßt seiest Du. Gib’ mir innere Kraft, Versuchungen zu widerstehen. Lass dieses Ego, das härter ist als Granit oder Diamanten, schmelzen und in Dir aufgehen. Lass mich immer Dein auserwählter Spielgefährte sein in Deinem wundervollen Spiel des Universums. Lass mich Dein geheimnisvolles Spiel verstehen. Mache mich immer zu einem Kanal Deiner Liebe zu allen Deinen Kindern. Benutze meinen Körper, meine Sinne und meinen Geist als Instrumente für Dein ungehindertes Spiel. Oh heimliche Liebe! Oh unvergängliche Schönheit! Lass meine Seele friedvoll in Dir ruhen in alle Ewigkeit.

Oh Licht der Lichter! Oh Strahlender! Ich lebe für Dich. Ich sehe Dich im Lächeln der Kinder, in den Tränen der Betrübten, in meinen Gedanken und Gefühlen, im Morgentau des Himalaya und in den Strahlen der Sonne. Mein Zimmer ist erfüllt von Deiner süßen Gegenwart. Ich nehme Deine gütige Gnade mit meiner täglichen Nahrung zu mir. Ich koste Deine strahlende Liebe mit meinen täglichen Getränken. Du bist ein Ozean voll Liebe und Mitleid. Lass meine Liebe zu Dir eine stürmische Flamme werden. Nimm jedes Übel von mir. Erfülle mein Herz mit Reinheit, Güte, Liebe und höchsten Tugenden. Mache mich unsterblich.

Oh Gott! Enthülle mir Deine bezaubernde Form. Lass mich Deine lebendige Gegenwart spüren. Erfülle mein Herz mit Liebe. Lass mich in Dir aufgehen. Lass mich auf dem Pfad der Rechtschaffenheit wandeln. Reinige meinen Geist von allen schlechten Gedanken. Hilf mir, meinen Geist auf Deine Lotusfüße zu richten. Umarme mich und mache mich rein. Lehre mich, in die Stille zu gehen und Deine Herrlichkeit zu genießen. Erleuchte meinen Geist mit dem Licht wahrer Erkenntnis. Bringe mein versteinertes Herz zum Schmelzen und lasse es Dir zufließen.


19.7 Heilung bei Krankheiten

Bei schwereren Erkrankungen dauert die Heilung mindestens einen bis sechs Monate, entsprechend der schwere der Krankheit. Ist die Krankheit langjährig, kann die Heilung länger dauern. Die Natur arbeitet langsam, aber sicher. Wann immer du durch sinnliche Gedanken verfolgt wirst, solltest du versuchen, sie durch heilige Gedanken zu ersetzen. Beachte die Krankheit einfach nicht. Ignoriere sie. Leugne sie. Denke und meditiere über das reine Selbst. Suche dir eine Beschäftigung, die dich ausfüllt. Gib dem Verstand keine Gelegenheit, sich mit der Krankheit zu beschäftigen. So sollte man alle Krankheiten behandeln. Singe Gottes Namen auf verschiedene Art und Weise oder lies ein wenig in den heiligen Schriften. Hilf selbstlos anderen Menschen. Jogge in der frischen Luft. Schwimme im See. Schreibe dein persönliches Mantra eine Stunde lang in dein Notizbuch.

Reinige deinen Verstand, indem du Hingabe zu Gott kultivierst. Praktiziere Japa und meditiere. Lies religiöse Bücher. Bete zu Gott und beachte das Brahmacharya. Halte dich nicht unnötigerweise mit Frauen auf. Sieh‘ in allen Frauen die heilige Mutter. Richte deine Aufmerksamkeit auf das Selbst: „Ich bin Dein, mein Herr. Alles ist Dein. Dein Wille geschehe.“ Vermeide Kinos, Romane, Zeitungen, schlechte Gesellschaft, oberflächliche Gespräche. Sei nicht eitel und schaue nicht unentwegt in den Spiegel. Benutze keine Parfüms und verzichte auf extravagante Mode. Vermeide Tanz- und Musikveranstaltungen. Schaue keinen Tieren bei der Paarung zu. Vermeide Faulheit, Trägheit und Bequemlichkeit. Überwinde die Denkfaulheit und beschäftige den Verstand mit nützlicher Arbeit. Halte den Verstand mit den großen Geheimnisse des Brahmacharya beschäftigt. Führe ein diszipliniertes Leben und denke nicht zu viel über deine Krankheit nach. Dann wird sie bald verschwinden. Wenn sich schlechte Gedanken einschleichen, dann wiederhole den Namen Gottes und bete zu ihm. Schließlich ist die Gnade Gottes, seine helfende Hand, die sicherste Heilung von allen Krankheiten. Vertraue auf Gott. Ergebe dich in Liebe der Reinheit und Frömmigkeit. Pflege erhabene Gedanken und lies in den heiligen Schriften. Und nichts wird dir Kummer bereiten.

Bald wird deine Krankheit verschwunden sein. Sei darum nicht ängstlich, besorgt und deprimiert. Deprimierende Gedanken sind gefährlich. Die Sorge belastet dich nur noch mehr. Brüte nicht zu sehr über Vergangenes. Ändere deinen Blickwinkel. Meditiere über die Vorteile des Zölibats. Denke über das Leben der Akhanda Brahmacharins, wie Hanuman, Bhishma und anderer nach, die während einer Periode von zwölf Jahren nicht einen Tropfen Samen vergeudet haben. Denke über die Nachteile eines sinnlichen Lebens nach, an den Verlust der Gesundheit, das Schamgefühl, die Krankheiten und den frühen Tod. Entwickle Unterscheidungsvermögen. Du bist ein Kind Gottes im Universum. Das Glück ist in dir. Es gibt in Wahrheit kein Körnchen Vergnügen in sinnlichen Objekten. Identifiziere dich nicht mit deinem Körper, identifiziere dich mit Gott. Wenn dein Verstand rein und gesund ist, wird auch dein Körper rein und gesund sein. Darum vergiss die Vergangenheit und nimm Zuflucht zu einem neuem Leben der Keuschheit und der Spiritualität, der Liebe zu Gott und dem Streben nach einem göttlichen Leben. Lerne Geschmack am göttlichen Leben zu finden. Intensiviere deine spirituelle Praxis. Und du wirst zu einem vollständig geänderten und gesegneten Menschen.


20. Voraussetzungen für ein erfolgreiches Brahmacharya

Du wirst beim Brahmacharya keinen Erfolg haben, wenn du nicht die Rahmenbedingungen beachtest. Du solltest auf deine Ernährung und die Gesellschaft achten, in der du verkehrst. Eine schlechte Gesellschaft verseucht den Verstand mit unreinen Gedanken. Entferne dich schleunigst von diesen weltlich gesinnten Menschen. Entferne dich aus der hektischen Stadt, aus der aufgeregten Welt. Die, die immer nur über weltliche Angelegenheiten reden, werden dich sonst verunreinigen. Dein Verstand wird zaudern und zu wandern beginnen. Lies keine erotischen Geschichten oder Romane. Besuche kein Kino und kein Theater. Pflege keinen Umgang mit falschen Freunden. Was du benötigst, ist eine komplette Veränderung deines Blickwinkels, deiner Einstellung gegenüber dem anderen Geschlecht. Erblicke in jeder Frau die göttliche Mutter und betrachte jede Frau als deine eigene Mutter.


20.1 Die Kontrolle des Gaumens

Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen der sexuellen Selbstkontrolle und der Kontrolle des Gaumens. Derjenige, der den Gaumen kontrolliert, hat damit bereits alle anderen Sinne kontrolliert. Köstliche und belebende Nahrung regt die Zeugungsorgane an. Verzichte auf Fleisch, Fisch, Kaffee, schwarzem Tee, Alkohol und auf das Rauchen. Fleisch kann aus dir einen Wissenschaftler, aber keinen Philosophen, keinen Weisen, machen. Fleisch regt die Leidenschaften an. Salz und Tamarinde (auch indische Dattel oder Sauerdattel genannt, erinnert an Zitronensaft) sollte man möglichst meiden. Salz erregt die Leidenschaften, die Sinne und die Emotionen. Der Verzicht auf Salz beruhigt den Verstand und die Nerven. Dies hilft bei der Meditation. Zu Beginn wird dir der Verzicht auf Salz vielleicht noch schwer fallen. Später solltest die vollkommen salzlos leben. Probiere es einmal sechs Monate lang. So wirst du die wahre Natur des Seins schnell verwirklichen. Alles, was von dir erwartet wird, ist das aufrichtige und ernsthafte Bemühen. Möge Sri Krishna dir Mut und Kraft geben, den spirituellen Weg zu beschreiten, um das Ziel des Lebens zu erreichen! Überlaste deinen Magen nachts nicht. Das Abendessen sollte sehr leicht sein. Ein halber Liter Milch und einige Früchte sind ein gutes Abendessen. Für das Brahmacharya und zur Kontrolle des Gaumens, nimm morgens einige Basilikum-Blätter und abends einige Blätter des Niembaums. Beginne mit einem Blatt und erhöhe sie bis auf zehn. Nimm jeden Tag eins mehr. Nimm einige Monate lang jeden Tag 10 Blätter. Dann kannst du es auf zwanzig Blätter am Tag erhöhen. Das ist sehr gut.


20.2 Meide schlechte Gesellschaft

Obszöne Bilder, vulgäre Worte und erotische Literatur, regen die Leidenschaften an und erwecken niedrige, unerwünschte Empfindungen. Dagegen erzeugt der Anblick eines Bildes von Krishna, Rama oder Jesus und das Hören eines erhabenen Liedes von Surdas (indischer Poet und Musiker, 1479 – 1581), Tulasidas (indischer Heiliger und Dichter, 1532-1623) und Thyagaraja (indischer Musiker, 1767 – 1847) edle Gefühle und aufrichtige Hingabe im Herzen, göttliche Wonneschauer, Freudentränen und Gottesliebe und erhebt den Geist augenblicklich zur Vereinigung mit Gott. Erkennst du den Unterschied? In welchem Zustand bist du, wenn du an einem Ballspiel oder an einer Tanzparty teilnimmst oder wenn du einen Kriminalroman liest? In was für einen Geisteszustand bist du dagegen, wenn du an einem Treffen mit Swami Jayendrapuriji Maharaj von Benares teilnimmst, wenn du bei Rishikesh an den Sandbänken des Ganges an einem abgelegenen Platz bist, oder wenn du die, die Seele beflügelnden, klassischen Upanishaden studierst? Erkenne den Gegensatz in deinem geistigen Zustand.

Erinnere dich daran, mein Freund, dass es nichts gibt, was die Seele so sehr verdirbt, wie eine schlechte Gesellschaft. Yogis sollten schlechte Gesellschaft unbedingt meiden. Sie sollten nicht den Geschichten über die Frauen, über den luxuriösen Lebenswandel der Reichen, über scharfe Gerichte, Autos, Politik, seidene Kleidung, Blumen, Parfüms usw. zuhören, weil der Verstand sonst in die falsche Richtung gelenkt wird. Er fängt sonst an, die Weisen der reichen Leute nachzuahmen. Wünsche und Erwartungen werden geweckt. Das Kino erweckt falsche Hoffnungen. Am liebsten möchtest du jeden Tag ins Kino gehen. Deine Augen möchten halbnackte Frauen und viele bunte Farben sehen, und deine Ohren möchten sich an der Musik berauschen. In jungen Mädchen und Jungen wird die Leidenschaft geweckt, wenn die Schauspieler in den Filmen sich umarmen und küssen. Die, die sich spirituell entwickeln möchten, sollten das Kino meiden. Sie sollten selbst die so genannten religiösen Filme nicht ansehen. Sie sind nicht wirklich religiös. Es ist ein Trick, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Welches spirituelle Format besitzen die Schauspieler? Nur spirituelle Menschen können eindrucksvolle Geschichten mit einer guten Moral darstellen, die den Geist der Zuschauer inspiriert.

Du solltest nicht mehr zu diesen aufregenden Filmen gehen, wenn du es dir zur Gewohnheit gemacht hast. Meide diese ordinären, sinnlichen Szenen, wo immer sie auch zu sehen sind. Vermeide es, Bilder von nackten Frauen zu betrachten. Dieses weckt nur die Leidenschaften und führt zum Verlust des Samens. Das solltest du unbedingt vermeiden. Das Lesen von erotischen Romanen ist eine andere schlechte Angewohnheit. Die, die gerne erotische Romane lesen, verbringen jede freie Minute damit. Sie wollen ihre Nerven mit diesem sensationell prickelndem Gefühl erfreuen. Das Lesen erotischer Romane füllt den Geist mit niedrigen, lüsternen Gedanken und erweckt die Leidenschaft. Es ist ein großer Feind des Friedens. Viele Leute betreiben Wanderbüchereien, um Romane gegen ein kleines Entgeld zu verleihen. Sie wissen gar nicht, wie viel Schaden sie dem Land zufügen. Es wäre besser, sie würden ihren Lebensunterhalt auf andere Weise verdienen. Sie verderben die Moral der jungen Leute, durch die Verteilung dieser wertlosen Romane, die nur die Leidenschaften anregen. Die ganze Atmosphäre dieser Romane ist verunreinigend. Strenge Bestrafung erwartet sie im Yama Loka, dem Königreich des Todes, aus welchem sie wiedergeboren werden.

Lies keine erotischen Romane. Sie verderben den Charakter. Erotische Romane sind die Ketten der westlichen Zivilisation, die ihre ahnungslosen Opfer in den glitzernden Fesseln der Leidenschaft gefangen hält. Lies nicht jene Zeitschriften, die die niederen Instinkte anregen. Auch unmoralische Lieder hinterlassen einen negativen Eindruck. Begib dich nicht an Orte, an denen solche Lieder gesungen werden. Bemühe dich, dich von Orten fern zu halten, die die sexuellen Wünsche anregen. Lass deine Phantasie nicht durch erotische Romane, lüsterne Gespräche oder durch eine schlechte Gesellschaft verunreinigen. Verkehre nicht mit denen, die deinen Geist mit erotischen Irritationen vergiften. Pflege Umgang mit spirituell fortgeschrittenen Menschen und lies nur Bücher, die deinen spirituellen Fortschritt begünstigen. Stellt sich die Sinneslust ein, dann versuche nicht, sie nieder zu ringen. Das beste ist, sie einfach zu ignorieren. Das muss man natürlich erst einmal lernen. Wirst du aber von der Leidenschaft bedrängt und beherrscht du diese Technik noch nicht, dann hole dir bei jemandem Hilfe, der diese Technik beherrscht. Gehst du in die Einsamkeit, dann wird der Verstand dich quälen und dich mit sinnlichen Gedanken nieder werfen. Du wirst dein Gleichgewicht verlieren. Sei vorsichtig. Die sinnlichen Gedanken werden aber mit ein wenig Wachsamkeit von dir weichen.


20.3 Beobachte die Gedanken

Durch schlechte Gedanken werden die Sinne angeregt. Ist das ein Wunder? Weil dir das sehr oft passiert, ist es dir schon zur Gewohnheit geworden. Du hast diesen wichtigen Punkt wegen deiner Unachtsamkeit einfach ignoriert. Der Verstand ist eine große elektrische Batterie, er ist ein großer Dynamo, ein Elektrizitätswerk. Die Nerven sind die isolierten Leitungen, die den elektrischen Strom als Nervenimpuls zu den verschiedenen Organen, dem Gewebe, und zu den Händen, Beinen und Füßen übermitteln. Infolge einer Schwingung des psychischen Pranas, der psychischen Lebensenergie, einer Schwingung des Unterbewusstseins, ergibt sich eine Schwingung in den Gedanken. Diese Schwingung der Gedanken wird mit Lichtgeschwindigkeit über die Nerven an die Organe übermittelt. Die Eindrücke und Wünsche des Unterbewusstseins, drücken sich im physischen Körper als Lust und Verlangen aus. Der Verstand eines undisziplinierten und leidenschaftlichen Menschen beeinflusst seine Zeugungsorgane. Der fortgeschrittene Yogi wird nicht mehr von seinem Unterbewusstsein beherrscht.

Ein aufmerksamer Brahmachari sollte seine Gedanken immer sehr sorgfältig beobachten. Er sollte in seinem Geist nicht einen schlechten Gedanken passieren lassen. Wenn sein Verstand auf die Meditation konzentriert ist, dann ist dort kein Raum für einen schlechten Gedanken. Selbst wenn ein schlechter Gedanke die Falltür des Verstandes überwunden hat, sollte man ihm nicht erlauben, von einem Besitz zu ergreifen. Wird man allerdings zum Opfer dieses Gedankens, dann reagiert augenblicklich der Körper darauf. Die Sinne und das Nervensystem entwickeln ein brennendes Verlangen. Der schlechte Gedanke sollte wie eine Knospe geknickt werden, indem man göttliche Gedanken entwickelt. Es sollte ihm nicht erlaubt werden, sich auszubreiten. Wenn dein Wille stark ist, kannst du den schlechten Gedanken augenblicklich vertreiben. Pranayama (Atemübungen), intensives Beten, Unterscheidungskraft, das Nachsinnen über den Atman (Seele), Meditation über Gott, und das Beisammensein mit Weisen, können die schlechten Gedanken im Keim ersticken.

Die innere Auseinandersetzung wird dir am Anfang vielleicht noch schwer fallen. Aber wenn du im Laufe der Zeit immer reiner und reiner wirst, wenn deine Willensenergie sich allmählich entwickelt, und sich Fortschritte in der Meditation einstellen, dann wird sich auch die rechte Einstellung zum körperlichen und mentalen Brahmacharya entwickeln. Erkenne die Macht der Gedanken und nutze sie in deinem Sinne. Sei ein wachsamer Beobachter deiner Gedanken. Bändige sie, bevor sie von dir Besitz ergreifen. Es ist unser Verstand, der unser Handeln lenkt. Ein Wunsch entsteht in deinem Verstand und dann denkst du darüber nach, wie du diesen Wunsch befriedigen kannst. Du beginnst zu Handeln. Die Überlegungen des Verstandes werden in die Tat umgesetzt. Zuerst entsteht ein Gedanke, ein Wunsch, eine Vorstellung und dann folgt die Handlung. Darum erlaube dem sexuellen Gedanken nicht, in deinen Verstand einzudringen. Das, was vom Verstand gedacht wird, wird durch die Zunge ausgesprochen. Die Zunge spricht das Verlangen der Zeugungsorgane aus. Der ist der Grund, warum in den Veden gesagt wird: „Lass meinen Verstand erhabene Dinge denken.“ Entwickle erhabene göttliche Gedanken. Dann werden die alten sexuellen Gedanken und Gewohnheiten allmählich verschwinden.


20.4 Satsanga, das Zusammentreffen mit Weisen

Unter Satsanga versteht man das Zusammensein mit Weisen, Heiligen, Yogis, Sannyasins (der Welt Entsagende) und Mahatmas (Großen Seelen). Das Zusammensein mit solchen Menschen ist unbeschreiblich. Die Glorie und die Energie solcher Zusammenkünfte wurde verschiedentlich in der Bhagavata (18.000 Verse, auf 12 Bücher aufgeteilt), im Ramayana (indisches Nationalepos, auf Gott Rama bezogen) und in anderen Heiligen Schriften beschrieben. Sogar ein kurzes Beisammensein mit solchen weisen Menschen kann ausreichen, die alten lasterhaften Eindrücke des Unterbewusstseins der weltlich gesinnten Menschen zu verändern. Die magnetische Aura, die spirituellen Schwingungen und die leistungsfähigen Gedankenströme dieser entwickelten Menschen bewirken einen enormen Einfluss auf den Verstand ihrer Zuhörer.

Der persönliche Kontakt mit Mahatmas sollte von jedem als ein Segen betrachtet werden. Einem Heiligen zu dienen, reinigt den Verstand von leidenschaftlichen Männern sehr schnell. Das Satsanga erhöht den Verstand zu segensreichen Höhen. So wie ein Streichholz große Bündel Baumwolle in Sekunden entflammen kann, so kann das Zusammensein mit Heiligen, die Unwissenheit, die negativen Eindrücke des Unterbewusstseins, die Leidenschaften und die Sünde innerhalb kurzer Zeit auslöschen. Dies ist der Grund, warum der Philosoph Sankara (auch Shankaracharya genannt), der die Philosophie des Advaita Vedanta systematisierte, und andere, in so hohem Grade in allen ihren Büchern von Satsanga sprachen.Wenn ein Satsanga an deinem Wohnort nicht möglich ist, dann kannst du Pilgerreisen nach Rishikesh, Benares, Nasik, Prayag und Haridwar unternehmen. Das Lesen der Bücher, die von verwirklichten Personen geschrieben wurden, ist mit einem Satsanga gleichwertig. Satsanga kann eine erfolgreiche Hilfe sein, brennende Leidenschaftslosigkeit und den Wunsch nach Befreiung zu entwickeln.


20.5 Kultiviere Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit

Man sollte versuchen, Unterscheidungskraft zwischen dem göttlichem Selbst und dem unreinen Körper zu entwickeln. Der Yogi sollte die Nachteile der Sexualität erkennen, speziell den Energieverlust, die Schwächung des Nervensystems, die Krankheiten, das vorzeitige Altern, die sexuelle Verhaftung und anderes Unheil, das damit verbunden ist. Er sollte sich immer und immer wieder daran erinnern, dass der Körper einer Frau aus Fleisch und Blut, aus Knochen und Exkrementen, aus Urin, Eiter und Schleim besteht. Diese Idee sollte er sich in seinen Verstand einhämmern. Der Yogi sollte an den reinen unsterblichen Atman denken und den Glanz des spirituellen Lebens, an das Erreichen der Unsterblichkeit, des ewigen Glücks und des höchsten Friedens. Allmählich wird dann die erotische Leidenschaft beim Betrachten einer Frau verschwinden, egal wie attraktiv sie ist. Der Verstand hat sich dann abgewöhnt, beim Anblick einer Frau, erotische Phantasien zu entwickeln. Weibliche Brahmacharinis sollten die gleiche Praxis anwenden, um innere Reinheit zu erlangen.

Jemand, der Unterscheidungskraft besitzt, merkt keinen Unterschied zwischen einem Mann und einer Frau. Die gleichen Elemente, Leidenschaft, Zorn, Habsucht und Verhaftung, sind sowohl im Mann als auch in der Frau vorhanden. Nur ein lüsterner Mann, der mit brennender Leidenschaft erfüllt ist, meint eingebildete Unterschiede zu erkennen. Die Unterschiede sind aber nur mentale Einbildungen. Nichts in dieser Welt kann dich reizen, wenn du Unterscheidungskraft entwickelt hast, wenn du deine Sinne überwindest und wenn du die unwirklichen sinnlichen Genüsse und die flüchtigen Vergnügungen dieser Welt als Gift erkennst. Frauen und weltliche Dinge haben auf dich keine Anziehung mehr. Die Lust wird nicht imstande sein, von dir Besitz zu nehmen. Du wirst ewigen Frieden und endloses Glück besitzen.

Erinnere dich immer daran: „Durch die Gnade Gottes, werde ich jeden Tag reiner und reiner. Das Vergnügen kommt, aber nicht um zu bleiben. Der sterbliche Körper ist nur aus Lehm. Alles wird vergehen. Brahmacharya ist der einzige Weg zu Gott.“ Yogis sollten Bhartriharis (indischer Poet) „Vairagya Satakam“ und andere Arbeiten über Vairagya (Leidenschaftslosigkeit) studieren. Dieses entwickelt Leidenschaftslosigkeit im Verstand. Die Erinnerung an den Tod und den Schmerz der Wiedergeburt wird euch dabei helfen. Es sei daran erinnert, dass genau aus diesem Grunde, einige buddhistische Mönche, einen Totenschädel bei sich haben. Ein Philosoph hielt den Totenschädel einer Frau in den Händen und fing an zu philosophieren: „O Schädel! Noch vor einiger Zeit, da begehrte ich dich, mit deiner glänzenden Haut und deinen rosigen Wangen. Wo ist jetzt dein Charm? Wo sind deine Honiglippen, deine Lotusaugen geblieben?“ Darum entwickelte er intensive Leidenschaftslosigkeit. Wenn du den menschlichen Körper analysierst und ein Bild aus Fleisch und Knochen in deinem Bewusstsein verankerst, dann wird dir der Körper einer Frau nicht mehr begehrlich erscheinen. Versuche es einmal mit dieser Methode.

Die Erinnerung an den toten Körper einer Frau wird die Leidenschaftslosigkeit in dir erwecken. Der Körper besteht aus vielen Unreinheiten. Und am Ende wird er wieder zu Asche. Wenn du dich daran erinnerst, beginnt in dir die Leidenschaftslosigkeit zu wachsen. Die erotische Anziehung der Frauen auf dich wird allmählich nachlassen. Wenn du eine hübsche Frau siehst, dann stelle dir vor, wie sie aussieht, wenn sie alt und hässlich ist. Das wird die Leidenschaftslosigkeit festigen. Erinnere dich an den Schmerz der Wiedergeburt, an die Unwirklichkeit der Objekte und an die Knechtschaft, die eine Ehe mit sich bringt. Wähle die Methode, die dir am besten gefällt. Setze dich hin und denke ruhig und ehrlich darüber nach, welche Schönheit wirklich in einer Frau aus Fleisch und Blut, Nerven, Fett, Mark und Knochen zu finden ist. Wo bleibt die Schönheit der gleichen Frau, wenn sie alt wird? Betrachte dir den Zustand der Augen und des Körpers einer Frau, wenn sie sieben Tage lang krank war! Was ist aus ihrer Schönheit geworden? So schnell kann die Schönheit verfallen. Wo bleibt ihre Schönheit, wenn sie eine Woche lang nicht gebadet hat? Der Geruch ist entsetzlich. Schau dir die senile alte Frau von 85 Jahren an, wie sie mit müden Augen, eingefallenen Wangen und faltiger Haut in der Ecke sitzt. Analysiere ihren menschlichen Körper und erkenne ihre wahre Natur.

Frauen sind die größte Ursache für die Verwirrung des Mannes. Sie sind die Flammen der männlichen Laster. Sie sind die lodernden Flammen, die den Mann wie trockenes Stroh verbrennen. Die reizende junge Frau ist wie eine giftige Droge, die durch ihre lüsterne Verführung das Leben der Männer zerstört. Ohne den Verzicht auf die Frauen, wirst du niemals das ewige Glück des Brahman erreichen. Die Körper der attraktiven jungen Frauen, die so viel von unwissenden Männern gehätschelt werden, werden zum Friedhof getragen, nachdem sie ihre Lebensenergie verloren haben. Maden und Würmer werden ihren Körper zerfressen. Ohne Brahmacharya wird es keine Selbstverwirklichung geben.


20.6 Eine Klarstellung

Die Frauen sollten keinesfalls beleidigt sein, wenn sie diese Zeilen lesen. Ich habe nur die Lehren der Philosophen Sankaracharya und Dattatreya wiedergegeben. Ich habe großen Respekt und Bewunderung für die Frauen. Ich möchte beide Geschlechter auf die Kraft des Brahmacharya und auf die Nachteile der Lust hinweisen. Brahmacharya sollte von den Männern und von den Frauen geübt werden. Das bloße Verurteilen der Sinneslust ist nicht ausreichend, um den Verstand von sexuellen Begierden zu entwöhnen. An diesen Punkt sollte man sich erinnern. Die Sinneslust ist sehr stark, hinterlistig und eindrucksvoll. Die Sinneslust ist durch Personen mit schwachem Willen nicht kontrollierbar. Man sollte die Tricks der Maya, der Illusion, durchschauen, mit der sie versucht, dich in den Schlingen ihres Netzes einzufangen. Eine Frau sollte den Charme eines Mannes berücksichtigen, der sie verführen möchte, und ein Mann sollte den Charme einer Frau berücksichtigen, die ihn verführen möchte. Ein Mann besitzt sehr viel Charme, um eine Frau zu verführen. Der Mann versucht die Frau durch seine Kleidung, seine Schlipse, seine tiefen Verbeugungen, durch sein Lächeln, seine Zuneigung, seine flüchtigen Gesten und Blicke, seine blumigen Worte, durch seine Frisur und auf andere Weise zu beeindrucken.

Die Sinneslust ist eine starke Kraft. Es ist sehr schwierig, sich davon zu befreien. Der ist der Grund warum die Shastras (Bücher des Wissens) und die Heiligen die Frauen tadeln. Sie wollen bei den Männern Sachlichkeit und Unterscheidungsvermögen entwickeln, um sie von lüsternen Tendenzen und ihrem draufgängerischen Verhalten abzuhalten. Sri Sankara, Sri Dattatreya, Sri Rama, Sri Tulasidas, haben die Frauen nicht aus Hass, aus Voreingenommenheit oder aus Ablehnung kritisiert, sondern aus Mitgefühl, um die Menschen aus dem Sumpf des Rades von Tod und Wiedergeburt zu befreien. Ihre Kritik an den Frauen, beinhaltete ebenso die Kritik an den Männern. Ihre Kritik hat das Ziel, den Verstand der weltlich gesinnten Menschen, durch die Erzeugung von Abscheu, vom sexuell orientierten Verhalten abzuhalten. Dieses ist von einigen missverstanden worden. Die gleichen Schriften und Heiligen, die die Frauen kritisierten, lobten sie im gleichen Maße. Sie sagten: „Frauen sollten verehrt werden. Sie sind Ardhanginis, Ehefrauen, die andere Hälfte des Mannes. Sie sind die Verkörperung der Shakti, der Energie Lord Shivas. Nur die, die Frauen ehren, können Wohlstand erlangen.“ Darum ihr Frauen, versucht das Herz der Schriften und die Worte der Heiligen zu verstehen und weise zu werden.

Der Verstand junger Leute ist häufig mit unreinem Eindrücken und sinnlichen Erwartungen durchtränkt, infolge falschen Umgangs und den negativen Einflüssen der modernen Zivilisation. Sogar die Gesellschaft einer Frau oder das Gespräch über eine Frau, kann genügen, den Verstand in eine schädliche Richtung zu lenken. Darum versuche ich, im Verstand der Brahmacharins ein geistiges Bild zu platzieren, dass sie vor den erotischen Versuchungen beschützt. Wenn ich sage, dass eine Frau nur ein lederner Sack ist, so heißt das nicht, dass ich die Frauen verachte. Es geschieht, um Leidenschaftslosigkeit zu entwickeln. In Wirklichkeit sollte eine Frau als Mutter Shakti verehrt werden. Sie ist die Mutter, Erzeugerin und Ernährerin des Universums. Sie sollte verehrt werden. In Indien wird die Religion vor allen Dingen durch die aufopferungsvolle Hingabe der Frauen gepflegt und erhalten. Hingabe ist eine fundamentale Eigenschaft hinduistischer Frauen. Hasse die Lust, aber nicht die Frauen. Am Anfang, bis du die Leidenschaftslosigkeit und die Unterscheidungskraft erworben hast, solltest du die Gesellschaft der Frau wie Gift behandeln. Wenn du die Unterscheidungskraft und die Leidenschaftslosigkeit erreichst, dann kann die Sinneslust keinen Einfluss auf dich nehmen. Du wirst sehen und erkennen: „Sarvam Khalvidam Brahma. (Alles ist Brahman).“ Die sexuelle Verhaftung wird verschwinden. Und irgendwann wirst du eins mit Gott.


20.7 Ein Gelübde ist eine große Hilfe

Das Gelübde des Zölibats gibt dir einen sicheren Schutz gegen Versuchungen. Es ist eine starke Waffe gegen die Sinneslust. Praktizierst du nicht das Gelübde des Zölibats, dann wird der Verstand dich jederzeit reizen. Du wirst keine Stärke besitzen, der Versuchung zu widerstehen und du wirst ein sicheres Opfer der Versuchung. Der, der schwach und unmännlich ist, hat Angst vor dem Zölibat. Er flüchtet sich in viele Ausreden und sagt: „Warum sollte ich das Gelübde ablegen? Mein Wille ist stark und kraftvoll, ich kann jeder Versuchung widerstehen. Ich lebe züchtig und verehre Gott.“ Er wird es langfristig bereuen, weil er langfristig keine Kontrolle über seine Sinne hat. In diesem Mann, der vorgibt, auf den subtilen Wunsch nach Lüsternheit verzichtet zu haben, lauert sie weiterhin in den Ecken seines Unterbewusstseins. Seine Beteuerungen sind nichts als unglaubwürdige Ausreden. Du solltest rechtes Verständnis, Urteilsvermögen und Sachlichkeit entwickeln, denn nur das Zölibat ist dauerhaft und beständig. Wenn deine Entsagung nicht das Resultat deines Unterscheidungsvermögens und deiner sachlichen Überlegungen ist, dann wird der Verstand einfach die Gelegenheit abwarten, bis sich die Gelegenheit ergibt, in die alten lüsternen Gewohnheiten zurückzufallen.

Fühlst du dich nicht so stark, dann übe das Zölibat für einen Monat und versuche es auf drei Monate auszudehnen. Du wirst in dieser Zeit an Stärke zunehmen. Dann kannst du versuchen, das Zölibat auf sechs Monate auszudehnen. Allmählich wirst du in der Lage sein, das Gelübde auf ein, zwei oder drei Jahre auszudehnen. Schlafe getrennt, übe fleißig Japa (Mantrameditation), Kirtan (das Singen religiöser Lieder) und meditiere täglich. Dann wird die Lust an der Sinnlichkeit langsam vergehen. Du wirst Freiheit und unbeschreibliche Freude erfahren. Solltest du verheiratet sein, dann wäre es schön, wenn du diesen Weg gemeinsam mit deinem Lebenspartner beschreitest. O Mohan, du hast ein unverzeihliches Verbrechen begangen, als du das Gelübde des Zölibats gebrochen hast. Wie kann es Religion oder Spiritualität geben, wenn es Leidenschaft gibt? Du bist ein alter Mann. Warum wiederholst du so schamlos dieses alte unwürdige Verhalten mit der Ausrede: „Gelegenheit macht Liebe.“ Niemand möchte deine Ausreden hören. Du solltest deine Leidenschaften bändigen, wann immer die Sinne sich regen. Möge Shiva dir die Stärke geben, diesen entsetzlichen Feind zu kontrollieren, damit du deine spirituelle Praxis fortsetzen kannst.


20.8 Willenskontrolle und Autosuggestion

Wenn du deinen Geist rein machen kannst, stark und unwiderstehlich, indem du die Wünsche beseitigst, indem du Freude und Leid ausrottest, indem du Geduld und Gleichmut übst, stirbt die Leidenschaft. Der Wille ist ein großer Feind der Leidenschaften. Die Sinneslust hat ihren Ursprung in der Unwissenheit und den fehlenden Vorsätzen. Nachsicht und Unachtsamkeit verstärkt sie. Wenn du dich entschlossen von der Leidenschaft abwendest, verschwindet sie und stirbt. Setze dich allein in deinen Meditationsraum und schließe deine Augen. Wiederhole langsam immer und immer wieder folgende Formeln. Lass den Geist mit der Bedeutung der Formeln verschmelzen. Tränke den Verstand und den Intellekt mit diesen Ideen. Dein vollständiger Körper, dein Blut, deine Knochen, deine Nerven und Zellen sollten mit den folgenden Ideen im Gleichklang schwingen:

Ich bin ReinheitOm Om Om
Ich bin der sexlose AtmanOm Om Om
Es gibt weder Lust noch sexuelle Wünsche im AtmanOm Om Om
Lust ist geistige Unreinheit. Ich bin Zeuge dieser UnreinheitOm Om Om
Ich löse mich vom materiellen BewusstseinOm Om Om
Mein Wille ist rein, stark und unwiderstehlichOm Om Om
Ich bin vollkommen im geistigen und physischen Brahmacharya gefestigtOm Om Om
Ich fühle in mir die ReinheitOm Om Om

Du kannst auch nachts meditieren. Meditiere am Anfang nur 10 Minuten. Dann erhöhe die Zeit langsam auf eine halbe Stunde. Behalte diese Einstellung auch während der Arbeit bei. Schreibe in großer Schrift sechs mal „Om Reinheit“ auf einem Blatt Papier und stecke das Papier in deine Hosentasche. Lies dir die Worte so oft am Tage durch, wie du kannst. Hänge solch einen Zettel auch in deinem Haus auf. Vergegenwärtige dir die Worte „Om Reinheit“ deutlich in deinem Verstand. Erinnere dich mehrmals täglich an die Heiligen Brahmacharins. Denke über die vielfältigen Vorteile des Lebens im Brahmacharya, und über die vielfältigen Nachteile und Übel eines unreinen Lebens, nach. Hör nicht auf zu praktizieren. Übe regelmäßig. Allmählich wirst du reiner und reiner und schließlich wirst du ein Oordhvareta Yogi, ein Yogi, der die Samenenergie im Gehirn gespeichert hat. Sei geduldig. Dein tägliches Gebet könnte lauten: „Durch die Gnade Gottes, geht es mir jeden Tag besser und besser.“ Das ist Autosuggestion, eine sehr effektive Methode.


20.9 Ändere den Blickwinkel

Der Mann sollte die Frau als Mutter, Shakti (weibliche Energie), oder Atman betrachten. Die Frau sollte den Mann als Vater, als Shiva, oder ebenfalls als Atman betrachten. Es reicht nicht, wenn der Mann die Frau als Schwester betrachtet. Das könnte misslingen. Betrachtet der Mann die Frau als Schwester und die Frau, den Mann, als Bruder, so wird dies nicht ausreichen, die sexuelle Anziehung und die Unreinheit in den Gedanken vollkommen abzulegen. Die schwesterlichen Gefühle zu einer Frau haben schon viele Männer getäuscht und betrogen. Reine Liebe kann jederzeit in Leidenschaft entarten, wenn man unvorsichtig und unachtsam ist. Das Gefühl, von einer Kobra angegriffen zu werden, verlangt vom Yogi höchste Konzentration. Nach dem Gefühl, von einer Kobra bedroht zu werden, erfordert das Gefühl, die Frau als Mutter zu betrachten, vom Mann die höchste Aufmerksamkeit. Betrachtet man die Frau dagegen als Atman (Seele), dann ist die Gefahr nicht so groß, dass die Leidenschaften erwachen. Mit sich selbst ringende Yogis können dieses besser verwirklichen, als trockene Philosophen.

Die Kultivierung der Gefühle ist sehr schwierig. Du kannst das Gefühl, dass alle Frauen deine Mütter und Schwestern sind, hundertmal verfehlen. Aber auch wenn du das Ziel mitunter verfehlst, verfolge deswegen trotzdem weiter hartnäckig deine Praxis. Diese Abgrenzung wird dich schließlich zum Erfolg führen. Du musst die alten Ansichten zerstören und neue Ansichten kultivieren. Dennoch musst du es tun, wenn du Unsterblichkeit und ewiges Glück erreichen möchtest. Du hast Erfolg, wenn du dein Ziel konsequent verfolgst und über eine eiserne Entschlossenheit verfügst. Die Einstellung wird sich Schritt für Schritt, durch eine konstante Praxis, festigen. Bald wird sich diese Einstellung etabliert haben. Dann bist du in Sicherheit. Der Mann und die Frau sollten Selbstanalyse machen. Sie sollten das rechte Wissen über die Art und Weise, wie Sinneslust funktioniert, und über die Gefühle, die die Leidenschaften entfachen, besitzen. Nur die Kontrolle der Lust führt zum Erfolg.

Aber der Verstand wird immer wieder versuchen, innerlich Unheil anzurichten. Er kann sehr diplomatisch sein. Es ist sehr schwierig, seine Überlegungen und seine geheimen Untergrundoperationen zu durchschauen. Es verlangt einen subtilen Intellekt und eine sehr sorgfältige Selbstbeobachtung. Wann immer ein erotisches Bild in deinem Kopf entsteht, wiederhole geistig das Mantra: „Om Durga Devyai Namah“ (Om. Ehre der erleuchteten Göttin Durga) und mache eine geistige Verbeugung vor der göttlichen Mutter Durga. Langsam aber sicher werden die alten Gedanken verschwinden. Wann immer du eine Frau siehst, übe diese Einstellung und wiederhole geistig das Mantra. Dann wird dein Blick rein. Alle Frauen sind Erscheinungsformen der Weltmutter. Vernichte die Idee, dass eine Frau ein Gegenstand der Lust ist, und ersetze sie durch die Idee, dass sie ein Gegenstand der Anbetung und der Verkörperung der göttlichen Mutter Durga oder Kali ist.

Ändere deine Einstellung, ändere deine geistige Haltung. Und du wirst den Himmel auf Erden erleben. Der Wunsch nach Brahmacharya wird sich in dir weiter festigen. Dieses ist ein wichtiger Schritt, um ein aufrechter Brahmachari zu werden. Siehe den Atman (Seele) in allen Frauen. Konzentriere dich nicht auf äußere Namen und Formen, sondern auf die göttliche Essenz, die dahinter steht, auf das immer währende Sat-Chit-Ananda (Sein, Wissen und Glückseligkeit). Alle äußeren Namen und Formen sind unreal. Sie sind so unwirklich wie Schatten, wie eine Fata Morgana und das Blau des Himmels. Für den Wissenschaftler ist die Frau nur eine Ansammlung von Protonen, Neutronen und Elektronen. Für einen Vaiseshika (indisches Philosophiesystem) stellt sie sich als eine Ansammlung von Atomen, als Dualität (Atman – Brahman) und in unterschiedlichen Substanzen (Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther, Zeit, Raum, Seele und psychisches Organ) dar. Der Tiger betrachtet sie als gute Mahlzeit. Für einen Ehemann ist sie ein Objekt der sinnlichen Begierde, und für ein schreiendes Kind ist sie eine liebevolle Mutter, die Milch, Bonbons und Liebe schenkt. Für eine eifersüchtige Schwägerin oder Schwiegermutter ist sie eine Feindin. Für einen leidenschaftslosen Yogi, ist sie eine Kombination aus Fleisch, Knochen, Urin, Fäkalien, Eiter, Schweiß, Blut und Schleim. Und für einen voll erblühten Jnani (Yogi des Wissens) ist sie das göttliche Sat-Chit-Ananda.

Die Leidenschaften entstehen, wenn du an den Körper einer Frau denkst. Bist du in der Gesellschaft von Frauen, dann denke an das eine unsterbliche reine Selbst des Atman, das im Körper der Frau zu finden ist. Das sexuelle Begehren wird langsam verschwinden und mit ihr die Leidenschaft. Dieses ist die stärkste Methode, die Leidenschaft und die sexuelle Fixierung auszurotten. Wiederhole geistig das Mantra: „Sat Chit Ananda“. Dieses führt zur Vernichtung der Sinneslust und zur vedantischen Erkenntnis der Einheit mit Gott. Es gibt weder Sex noch sexuelle Wünsche in Brahman (Gott). Brahman ist ewig rein. Denke konstant an den sexlosen Atman und du erlangst Festigkeit im Brahmacharya. Dieses ist die erfolgversprechendste Methode. Dieses ist die beste Art der spirituellen Praxis für die, die die Technik der Unterscheidung beherrschen. Aber nur fortgeschrittene Jnana-Yogis (Jnana = Wissen) sind in der Lage, allein durch Brahma Vichara (Unterscheidungskraft) die Leidenschaften zu besiegen. Für die beträchtliche Mehrheit der spirituellen Menschen, ist eine kombinierte Methode angemessen und empfehlenswert. Wenn die Feinde sehr stark sind, dann wird eine kombinierte Methode aus Schlagstöcken, Pistolen, Schrotflinten, Maschinengewehren, Unterseebooten, Torpedos, Bomben und giftigen Gasen die Feinde besiegen. So ist ebenso, bei der Vernichtung der Leidenschaft, eine kombinierte Methode absolut notwendig.


21. Hatha Yoga ist die Lösung

Die regelmäßige Praxis von Yoga- und Atemübungen hilft beträchtlich bei der Bemühung, den sexuellen Impuls zu kontrollieren. Der Schulterstand und Kopfstand helfen dir, zu einem Oordhvaretas, zu einem Yogi, der seine Samenenergie als Ojas Shakti (spirituelle Energie) im Gehirn gespeichert hat, zu werden. Sie werden auch als umgekehrte Haltungen bezeichnet. Sie sind von Yogis entwickelt worden, die uns ermuntern wollten, selber Oordhvaretas zu werden. LotussitzDurch Atemübungen werden die groben Schwingungen des Verstandes immer mehr verfeinert. Dadurch wird der Verstand in die Lage versetzt, immer besser zu differenzieren und neue Einsichten zu gewinnen, die ein grober Verstand nicht erkennen kann. Dadurch übt er eine bessere Kontrolle über sexuelle Reize aus. Wenn dich also ein lüsterner Gedanke stört, dann praktiziere den Lotussitz (Padmasana, Bild links), den halben Lotussitz (Siddhasana) oder den Schneidersitz und mache einige Atemübungen. Und der lüsterne Gedanke wird dich bald wieder verlassen.


21.1 Siddhasana (halber Lotussitz)

SiddhasanaDer halbe Lotussitz wird von den Yogis für die Praxis des Brahmacharya sehr empfohlen. Er hilft dem Yogi, seine Leidenschaften und seine nächtlichen Orgasmen (Pollutionen) besser zu kontrollieren. Der halbe Lotussitz ist besonders für die Praktizierung von Japa (Mantrameditation) und Meditation zu empfehlen. Lege die linke Ferse so nahe wie möglich an den Anus / Beckenboden. Dann lege den rechten Fuß auf den linken Unterschenkel, so dass sich die Fußknöchel gegenseitig berühren. Die rechte Ferse liegt dabei am Schambein an. Halte den Körper, den Hals und den Kopf gerade. Du kannst die linke Hand auf das linke Knie und die rechte Hand auf das rechte Knie mit den Handflächen nach oben legen, wobei der Zeigefinger den mittleren Teil des Daumens oder die Daumenspitze berührt (Chinmudra). Schließe die Augen. Beginne mit einer halbe Stunde und verlängere langsam die Zeit bis auf drei Stunden. Gelingt es dir, den halben Lotussitz 3 Stunden lang zu praktizieren, dann sagt man, du beherrscht ihn vollkommen.


21.2 Sirhasana, der Kopfstand

Kopfstand.jpgSirshasana, der Kopfstand, ist der König der Yogaübungen. Die Vorteile, die von dieser Yogaübung abgeleitet werden, sind unvorhersehbar und unbeschreibbar. Dieses gilt besonders für das Stoppen der nächtlichen Pollutionen. Der Kopfstand hilft, den Samen in Richtung zum Gehirn zu leiten, damit er in Ojas Shakti, geistige Energie, umgewandelt werden kann. Lege eine gefaltete Decke auf die Erde. Knie dich mit beiden Unterschenkeln auf die Decke und setze dich auf deine Unterschenkel. Dann verschränke deine beiden Hände, wie beim Falten zum Gebet und lege deine gefalteten Hände vor dir auf die Decke. Stütze dich dabei auf deine Unterarme und halte die gefalteten Hände vertikal. Die Hände sollen beim Kopfstand am Hinterkopf anliegen und den Hinterkopf stützen. Dann stelle die Oberseite deines Kopfes zwischen beide Hände. Nun hebe langsam, aber ohne irgendeinen Ruck deine Beine an, bis sie vertikal stehen. Übe am Anfang an einer Wand oder bitte einen Freund um Hilfe. Nach einiger Übung wird es dir gelingen, das Gleichgewicht zu halten. Solange du den Kopfstand übst, atme nur durch die Nase. Wenn du den Kopfstand beendest, dann senke langsam wieder die Beine. Unregelmäßiges Atemanhalten, Ausatmen und Einatmen führt zu Schwankungen. Übe den Kopfstand möglichst nicht mit vollem Magen. Viele chronische, unheilbare Krankheiten des Magens, des Darms, der Lungen, des Herzens, der Nieren, der Harnwege, der Ohren und der Augen werden durch die regelmäßige Praxis des Kopfstandes geheilt. Fangen die Beine an zu torkeln, dann halte für einen kurzen Moment die Luft an.


21.3 Sarvangasana, der Schulterstand

schulter.jpgDer Schulterstand ist eine wichtige Yogaübung, der dir in der Praxis von Brahmacharya behilflich sein kann. Die Verdauung, der Kreislauf und das Nervensystem werden in einer geheimnisvollen Weise durch den Schulterstand beeinflusst. Dieses ist keine übertriebene Verherrlichung oder eine Lobrede, meine lieben Freunde! Übt den Schulterstand und spürt den heilsamen Einfluss am eigenen Körper. Dieses ist das beste Hilfsmittel gegen feuchte Träume und viele andere Krankheiten. Es ergibt ein gesundes Funkeln in den Augen, einen einzigartigen Glanz, Charme, Schönheit und eine magnetische Aura in deinem Gesicht. Breite eine Decke auf dem Fußboden aus. Lege dich flach auf den Rücken und hebe langsam den Rumpf, die Hüften und die Beine an. Unterstütze dabei auf beiden Seiten den Rücken mit den Händen. Das ganze Gewicht des Körpers ruht nun auf den Schultern und den Ellbogen (Unterarmen). Halte die Beine gerade. Presse das Kinn fest gegen die Brust und atme langsam durch die Nase. Beginne mit fünf Minuten und versuche den Schulterstand so lange zu üben, wie du kannst.


21.4 Matsyasana, der Fisch

Der Fisch sollte nach dem Schulterstand geübt werden. Es lindert die Steifheit des Nackens und alle Verkrampfungen der Halsregion, die eventuell durch den Schulterstand verursacht werden. Dies ist eine natürliche Massage für die verkrampften Muskeln des Halses und der Schultern. Weiter garantiert es dem Yogaübenden, dass er den maximalen Erfolg aus dem Schulterstand erlangen kann.

Yoga-Asana Fisch

Setze dich im Lotussitz auf eine Decke, indem Sie den rechten Fuß über dem linken Oberschenkel und den linken Fuß über dem rechten Oberschenkel legst (manche üben den Fisch auch ohne Lotussitz – Bild oben). Dann lege dich flach auf den Rücken. Hebe den Rücken an und strecke den Kopf so weit zurück in den Nacken bis die Kopfoberseite (Fontanelle) auf der einen, und der Hintern auf der anderen Seite, auf dem Fußboden ruhen. Der Rumpf bildet dabei gewissermaßen eine Brücke. Für den Anfänger ist es sinnvoll, wenn er die Hände dabei neben den Körper legt und sich auf den Unterarmen abstützt. Fortgeschrittene legen die Hände auf die Oberschenkel oder ergreifen die Zehen. Du wirst den Rücken dabei gut zurück biegen. Die Yogaübung „Fisch“ beseitigt viele Krankheiten. Sie ist sehr nützlich für die allgemeine Gesundheit.

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Fisch aus dem Lotussitz


21.5 Padangushthasana, die Zehenspitzenstellung

Die Zehenspitzenstellung sollte nur geübt werden, wenn die Kniegelenke gesund sind, und wenn sich die Stellung in den Knien angenehm anfühlt. Hocke dich dazu hin und stütze dich dabei mit beiden Händen auf dem Fußboden ab. Dann richte die linke (rechte) Ferse aufwärts, so dass der linke Fuß nur noch auf den Zehen steht. Nun platziere die linke Ferse in die Mitte des Perineums, das ist der Raum zwischen dem Anus (Po) und dem Geschlechtsorgan. Dann verlagere das vollständige Gewicht des Körpers auf die Zehen des linken Fußes, insbesondere auf die linke große Zehe, indem du dich gewissermaßen auf die Ferse setzt. Nun lege den rechten Fuß in der Nähe des linken Knies auf den linken Oberschenkel.

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Zehenspitzenstellung

Dann nimm die Hände vom Fußboden, hebe die Arme an und halte sie weit auseinander, damit du mit den Armen balancieren kannst. Mache erst weiter, wenn Du in dieser Stellung sicher bist. Es kann sein, dass du diese Stellung einige Tage oder Wochen üben musst, bevor du weiter gehen kannst. Wenn es dir schwer fällt, diese Übung freihändig auszuüben, dann halte dich anfangs irgendwo fest oder stütze dich an einer Wand ab. Beherrscht du das Gleichgewicht, dann stütze die Hände in die Hüften. Dies ist eine mögliche Endstellung. Du kannst aber auch die Hände vor der Brust zusammenlegen, Handinnenfläche an Handinnenfläche (wie bei Albrecht Dürers „Betende Hände“), oder die Arme gestreckt über den Kopf halten und die Hände in eben beschriebener Weise aneinander legen.

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Geschlechtsorgane des Mannes

manngenital1 Harnblase
2 Urethra, pars prostatica
3 Ductus ejaculatorius
4 Prostata
5 Urethra, pars membranacea
6 Urethra, pars spongiosa

Der perineale Raum ist etwa vier Zoll (10 cm) breit. Oberhalb des Perineums liegt der Veerya Nadi, der Samenkanal, durch den u.a. der Samen aus dem (Neben-)Hoden transportiert wird. (Wenn man sich die beiden oberen Bilder anschaut, so kann er eigentlich nur den Punkt in der Prostata gemeint haben, in dem die beiden Samenleiter und die Urethra, die Harnröhre, zusammentreffen. Das ist genau derselbe Punkt, den Taoisten wie Mantak Chia als den „Millionen-Dollar-Punkt“ bezeichnen.) Indem man dieses Nadi mit der Ferse zusammenpresst, kann man den Samenabfluss kontrollieren. Eine unveränderliche Praxis dieser Yogaübung vermeidet feuchte Träume, ungewollten Sperma-Abluss (Spermatorrhoe) und macht dich zu einen Oordhvareta Yogi, dessen Samenenergie vollkommen zum Gehirn fließt. Eine Kombination von Asanas (Yogaübungen) wie Kopfstand, Schulterstand und Siddhasana (halber Lotussitz) ist zum Aufrechterhalten des Brahmacharya sehr förderlich. Jede Übung hat ihre speziellen Wirkungen. Siddhasana wirkt auf die Hoden und die Samenzellen und verhindert die Entwicklung des Samens. Der Kopfstand und der Schulterstand helfen dem Samen, zum Gehirn zu fließen. Die Zehenspitzenstellung wirkt speziell auf den Samenleiter.


21.6 Anweisungen für die Yogapraxis

Körperliche Tätigkeiten entziehen uns die Lebensenergie, das Prana. Yogaübungen dagegen bringen es zurück. Yogaübungen wirken nicht nur physisch, sondern auch spirituell. Sie helfen langfristig, die Sinne, den Verstand und den Körper zu kontrollieren und den Körper, die Nerven und die Muskeln zu reinigen. Übst du Liegestützen und Klimmzüge fünfhundertmal am Tag, und machst du das fünf Jahre lang, dann wirst du in keinster Weise irgendeine spirituelle Erfahrung produzieren. Normale körperliche Übungen entwickeln nur die Muskeln des Körpers. Du kannst zwar durch körperliche Übungen einen athletischen Körper, den Körper eines Bodybuilders bekommen. Aber Yogaübungen beeinflussen sowohl die körperliche als auch die spirituelle Entwicklung. Legt eine Decke oder Yogamatte auf den Fußboden und praktiziert dort die Yogaübungen. Wenn ihr den Kopfstand macht, dann legt ein dünnes Kissen unter den Kopf. Trage ein Langoti (eine Art Tanga) oder ein Kaupin (Lendetuch), wenn du Asanas (Yogaübungen) praktizierst. Trage während der Yogaübungen möglichst keine Brille und nicht zu viel Kleidung. Diejenigen, die den Kopfstand längere Zeit praktizieren, sollten nach der Beendigung der Übung etwas leichtes Essen oder etwas Milch trinken. Mache möglichst täglich deine Yogaübungen. Die, die üben, bleiben gesund und profitieren allmählich von den spirituellen Fortschritten. Regelmäßigkeit in der Praxis ist absolut erforderlich, wenn man den maximalen Nutzen der Übungen erzielen möchte. Vielfach üben die Leute am Anfang mit großer Begeisterung zwei Monate lang und verlieren dann die Lust. Das ist eine falsche Einstellung.

Yogaübungen sollten möglichst mit leerem oder leichtem Magen getan werden, also etwa drei Stunden nach einer Mahlzeit. Es ist vorteilhaft, wenn du sowohl Japa (Mantrameditation) als auch Pranayama (Atemübungen) praktizierst. Dann genießt du die Vorteile beider Übungen. Yogaübungen können an den Sandbänken der Flüsse, an luftigen Plätzen und am Strand der offenen See praktiziert werden. Selbstverständlich kann man Yoga auch zu Hause üben. Der Raum sollte sauber und gut belüftet sein. Am Anfang der Praxis, mache jede Yogaübung nur eine oder zwei Minuten lang. Dann erhöhe langsam die Zeit, solange du kannst. Vermeide zu viel Anstrengungen, wenn du die Yogaübungen machst. Du solltest die Yogaübungen mit Freude und Heiterkeit praktizieren. Ich habe euch einige Yogaübungen gezeigt, die für das Aufrechterhalten von Brahmacharya sehr nützlich sind. Ausführliche Anweisungen für fast neunzig Yogaübungen, findest du in meinem Buch „Yoga Asanas“ (Englisch). Ich empfehle: Kostenlose Onlinebücher von Swami Sivananda in Deutsch.


21.7 Mula Bandha (Zusammenziehen des Schließmuskels)

Die Hatha-Yoga-Bücher sagen, dass man sich beim Mula Bandha auf den Anus, den Schließmuskel konzentrieren soll. Das ist korrekt. Das Zusammenziehen der Enddarmöffnung ist Mula Bandha, wie es von den Anfängern beim Hatha Yoga aufgefasst wird. Mula Bandha ist ein Zusammenziehen des Damms, dem „Sitz“ des Kundalini Muladhara Chakras (Wurzelchakra). Es ist der Bereich zwischen dem Enddarm und den Geschlechtsorganen, der zusammengezogen werden soll. Mula Bandha ist leicht differenziert bei Frauen und Männern. Bei Frauen ist es mehr die Damm- bzw. die Scheidenmuskulatur. Bei den Männern ist es jener PC-Muskel (Pubococcygeus, Schambein-Steißbein-Muskel oder Beckenbodenmuskel) zwischen Anus und den Genitalien. Diese Muskeln sind leicht zu spüren, wenn man uriniert, währenddessen den Urinstrahl stoppt und anschließend wieder löst. Beim Zusammenziehen der Anusschließmuskeln wird das Prana nach oben gepresst und man öffnet den Sushumna (feinstofflicher Nadi = Haupt-Energiekanal in der Wirbelsäule). Dies kann beim Atem-Anhalten gemacht werden, bei vielen Pranayamas (Atemübungen) und auch beim Einatmen.

Ausführung

Mula BandhaIm aufrechten Sitz, wird die untere (linke Ferse) fest gegen den Damm, zwischen dem Schließmuskel und den Geschlechtsorganen, dieser Bereich wird Perineum genannt, und die obere (rechte) Ferse gegen den Geschlechtsbereich (im Bereich der Schambehaarung, also oberhalb des Penis) gedrückt. (Man setzt sich gewissermaßen mit dem Perineum auf die linke Ferse und legt dann die rechten Ferse an den Unterleib, oberhalb des Penis. Früher meditierten die Yogis sehr lange und diese Yogahaltung sollte gewissermaßen das Brahmacharya symbolisieren, da die beiden Fersen symbolisch die Sexualität einsperrten). Lege die Handflächen auf die Knie. Lenke die Wahrnehmung auf den Damm/Vaginalbereich (Beckenbodenmuskel). Kontrahiere diesen Bereich, indem du den Mastdarm nach innen und nach oben ziehst und dann wieder löst. Bei dieser Kontraktion bewegt sich der Damm mit. Mit wachsender Achtsamkeit und Kontrolle jedoch vermindert sich die Kontraktion oder hört sogar auf. Das Ziel dieser Übung liegt darin, einen einzigen Punkt der Bewegung gegen die Fersen zu fühlen. Verharre so lange, wie du bequem den Atem anhalten kannst.

Wirkungen

Mula Bandha hat ernorme körperliche, mentale und spirituelle Wirkungen. Die Beckennerven, das Urogenital- und das Ausscheidungssystem werden angeregt. Die innere Peristaltik (Muskeltätigkeit von Magen und Darm) wird stimuliert und löst Verstopfung und Hämorrhoiden. Hilfreich ist die Übung bei Rissen oder Geschwüren in der Analgegend. Bei Entzündung der Prostata, in einigen Fällen von Hypertrophie (Vergrößerung eines Organs oder Gewebes durch Vergrößerung der Zellen) der Prostata und bei chronischer Beckenentzündung. Die Ausstrahlung der freigesetzten Energie geht bis in das Gehirn und in das endokrine System (Gesamtheit aller hormonbildenden Organe und Zellen) hinein. Daher ist die Übung auch hilfreich bei Asthma, Bronchitis und Arthritis (Gelenkerkrankungen). Depressionen werden gelindert. Das Apana Vaju, die Energie, die für die Ausscheidung von Kot und Urin verantwortlich ist, hat die natürliche Tendenz abwärts zu fließen. Durch die Praxis von Mula Bandha, wird das Apana Vayu gezwungen, sich durch das Zusammenziehen des Schließmuskels, aufwärts zu bewegen. Mula Bandha ist eine Yogaübung, die dem Yogi hilft, das Apana und die sexuelle Energie aufwärts fließen zu lassen. Der Yogi sitzt im Siddhasana (halber Lotussitz) und lässt das Apana und die sexuelle Energie durch die Kontraktion des Schließmuskels und durch Kumbhaka (Atemanhalten), aufwärts fließen. Bei längerer Praxis wird der abwärts fließende Samenfluss kontrolliert und der Samen in Ojas Shakti (geistige Energie) umgewandelt. Dieses Bandha verhindert feuchte Träume und hilft das Brahmacharya aufrecht zu erhalten.

Kritik an der modernen Praxis

Solch eine vorteilhafte Yogaübung, die von den Weisen und Yogis von einst vorgeschrieben wurde, wird heute mitunter durch unerfahrene und unwissende Yogis falsch angewendet. Sie unterrichten diese Yogaübung, aus egoistischen Zwecken, um ein bequemes Leben zu haben. Sie betreiben prunkvolle Werbung, dass die Leute die lebenswichtige Samenflüssigkeit für lange Zeit behalten können und in dieser Zeit intensiven sexuellen Genuss haben können (taoistische Sexualpraktiken). Sie unterrichten das Mula Bandha für reiche Familienväter. Einige der getäuschten Familienväter werden durch solche falschen Aussagen, dieser yogischen Scharlatane, deren Ziel Geldverdienen für ein bequemes Leben ist, angelockt. Sie verlieren ihre Vitalität und ruinieren ihre Gesundheit in kürzester Zeit. Durch unüberlegte Praxis dieser Yogaübung, wird das Apana, die Ausscheidungsenergie, durcheinander gebracht. Daraus resultieren verschiedene Krankheiten wie Koliken (krampfartige Schmerzen), Verstopfung und Hämorrhoiden.

Anmerkung des Übersetzers:

Der taoistischen Philosophie zufolge, hat die Kontraktion, das Zusammenziehen, des PC-Muskels folgende Wirkung: Wie bekannt ist, umgibt der PC-Muskel die Prostata, die der Samen während des Orgasmus‘ passieren muss. Es wird behauptet, dass man dann, wenn man während der Kontraktionsphase, also in der Zeit, in der sich während eines Orgasmus‘, die Prostata unwillkürlich zusammenzieht, um die Prostataflüssigkeit, dem Ejakulat beizumischen, zusammenpresst (indem man also die PC-Muskeln anspannt), dann könne man es vermeiden, von der Kontraktionsphase in den Samenerguss zu schliddern. Man könne also den berüchtigten „Point of no return“ vermeiden. Es wird gesagt, man solle den Orgasmus verhindern und statt dessen die sexuelle Energie, bevor es zur Ejakulation kommt, zum Gehirn hinauf zu leiten, um mehrere Ganzkörperorgasmen (multiple Orgasmen) zu erlangen. Weiter wird behauptet, dass man dann, sollte es zur Ejakulation kommen, die sexuelle Energie dadurch bewahren könne, indem man mit dem Fingerverschluss, bei dem man mittels des Zeige-, Mittel- und Ring-Fingers der stärkeren Hand, kräftig auf den „Millionen-Dollar-Punkt“, das ist der Punkt direkt unter der Prostata, dort wo die Harnröhre die Prostata verlässt, drückt. Angeblich soll nun die sexuelle Energie nicht mehr verloren gehen. In Wirklichkeit findet aber ein ganz normaler Orgasmus statt, nur das das Ejakulat (Samen), wegen des Druckes der drei Finger auf den „Punkt der Millionen Goldstücke“, bei der der Samenleiter und der Harnleiter, die in der Prostata zusammenlaufen, versperrt werden, nicht, wie bei einem normalen Orgasmus, durch die Harnröhre entweicht, sondern wie bei der Injakulation in die Harnblase gelangt. Es wird also keineswegs die sexuelle Energie erhalten.

Kommt es aber nicht zum Orgasmus, indem man die Spasmen, die unwillkürlichen Kontraktionen der Prostata, mittels des Anspannens des PC-Muskels unter Kontrolle bringt, und gleichzeitig die sexuelle Energie, mittels wiederholter Kontraktionen des PC-Muskels, zum Gehirn hinauf leitet, so soll man ein wenig abwarten, bis sich die sexuelle Erregung ein wenig gesenkt hat. Ist das Erregungsniveau ein wenig gesunken, so soll man die Erregung wieder bis an den Punkt des nächsten Höhepunktes steigern, der nun ein höheres Energieniveau als beim ersten Höhepunkt (den man vermeiden sollte) hat. In diesem Sinne solle man weiter verfahren, so dass sich die sexuelle Energie zu immer neueren Gipfelpunkten hinaufschwingt, ohne dass es zum Orgasmus kommt. Beim multiplen Orgasmen verläuft die Erregungskurve, wie eine sich zeitlich steigernde Welle der sexuellen Energie, die einen „Höhepunkt“ erreicht und dann, anstatt zu kippen und in sich zusammenzustürzen (in den Orgasmus zu fallen), in eine höhere Welle übergeht, um auf einen noch höheren Gipfelpunkt hinaufgetragen zu werden.

Die Idee ist also, dem Punkt, an dem die Ejakulation unvermeidlich wird, so nah wie möglich zu kommen, ohne in die Ejakulation abzurutschen. So soll man den Geschlechtsverkehr schließlich beenden, ohne es zum Orgasmus kommen zu lassen. Dadurch soll die sexuelle Energie den ganzen Körper durchströmen und mit sexueller Energie bereichern. Im Prinzip entspricht dieses der tantrischen Technik. Die Zwischenhöhepunkte werden gewissermaßen als multiple Orgasmen ohne Ejakulation betrachtet, obwohl ja eigentlich kein Orgasmus stattfindet, sondern ganz bewusst der Orgasmus vermieden wird. Darum halte ich es für falsch, von multiplen Orgasmen zu sprechen. Der springende Punkt sowohl an der taoistischen, als auch an der tantrischen Philosophie ist allerdings, dass eigentlich niemand die Disziplin besitzt, diese Techniken über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. Möchte man seine sexuellen Energien nämlich für das spirituelles Wachstum nutzen, so müsste man diese Techniken so lange praktizieren, bis die sexuelle Verhaftung von einem abfällt. Das aber kann durchaus einige Jahre dauern.

Wollte man also taoistische oder tantrische Sexualpraktiken anwenden, so müsste man schon fast über eine übermenschliche Disziplin verfügen. Die Realität sieht wohl eher so aus, dass man es vielleicht einige Male schafft, den Orgasmus zu vermeiden, aber dass am Ende doch wieder die Sinneslust siegt und die sexuelle Energie vergeudet wird. So tritt man am Ende auf der Stelle und bewegt sich spirituell keinen Millimeter weiter. Darum halte ich sowohl die taoistischen als auch die tantrischen Sexualpraktiken für ungeeignete Methoden, um spirituelle Fortschritte zu erzielen. Die einzig wirksamen Tantra-Techniken praktizieren für mich die Tantra-Linien, die wie die Gelugpa-Schule, der auch der Dalai Lama angehört, von vornherein auf jegliche Sexualpraktiken verzichten und das Zölibat praktizieren. Um einmal zu sehen, dass die taoistischen und die tantrischen Techniken im Grunde genommen identisch sind, sollen die Tantra-Techniken aus Oshos Buch „Tantrische Liebeskunst“ dargestellt werden:

Osho beschreibt die Tantra-Praxis wie folgt: „Euer (gewöhnlicher) Geschlechtsverkehr unterscheidet sich grundsätzlich von dem der Tantriker. Ihr schlaft mit jemandem, um euch zu erleichtern. Es ist mehr oder minder so, als ob ihr einen Niesreiz spürt und einmal kräftig niest. Dadurch wird die Energie ausgestoßen und ihr fühlt euch erleichtert, aber das ist das Gegenteil von Kreativität, es ist ein Akt der Vernichtung. Das hat seine guten Seiten, es ist eine Art Entspannungstherapie. Der Geschlechtsakt der Tantriker ist diesem Verhalten grundsätzlich und absolut entgegengesetzt. Er dient nicht euer Erleichterung, er gibt euch keine Gelegenheit, eure Energie loszuwerden, sondern es geht darum, im Liebesakt zu bleiben, ohne zu ejakulieren, ohne Energie auszustoßen. Man soll vollkommen verschmelzen und immer in der Anfangsphase bleiben, nicht zum Höhepunkt kommen. Das gibt dem ganzen eine völlig andere und grundverschiedene Qualität. Versucht, diese beiden Dinge zu verstehen. Es gibt zwei Arten von Orgasmen. Die eine Art kennt ihr: ihr gelangt zu einem Höhepunkt der Erregung, an dem es nicht mehr weitergeht, das ist das Ende. Die Erregung wird auf eine derartige Spitze getrieben, dass der Akt unfreiwillig wird; die Energie fährt in euch hinein und entlädt sich. Dann seid ihr erleichtert, von einer Last befreit; ihr entspannt euch und flüchtet euch in eure Traumwelt zurück. Sex wird als Beruhigungsmittel benutzt.

Zu einem Gipfel der Erregung zu kommen ist eine Art, den Orgasmus zu erfahren. Das Schwergewicht der tantrischen Lehre liegt aber auf der anderen Art. Die erste Art von Orgasmus kann man einen Gipfel-Orgasmus nennen und die tantrische Art einen Tal-Orgasmus. Dabei kommt man nicht zu einem Gipfel der Erregung, sondern gleitet ins tiefste Tal der Entspannung. Bei beiden Arten wird die sexuelle Erregung der Anfangsphase benutzt. Deshalb sagte ich, dass beide Arten sich am Anfang genau gleichen, aber das Ende ist völlig verschieden. Die anfängliche Erregung wird auf zwei völlig verschiedene Arten benutzt: entweder erklimmt man damit den Gipfel seiner Leidenschaft oder fällt ins tiefste Tal der Entspannung. Bei der ersten Art muss die Erregung immer mehr gesteigert werden, man muss dazu beitragen, dass sie immer intensiver dem Höhepunkt entgegenstrebt. Bei der zweiten Art ist man nur beim Vorspiel erregt. Sobald der Mann in die Frau eingedrungen ist, entspannen sich beide. Sie bewegen sich überhaupt nicht mehr und gehen völlig in der Umarmung auf. Und nur, wenn einer von beiden spürt, dass die Erektion nachlässt, bewegen sie sich ein wenig, um das Feuer wieder zu entfachen; dann sinken sie wieder in einen Zustand vollkommener Entspannung.

Diese Art von tiefer, zärtlicher Vereinigung kann stundenlang dauern, ohne dass es zum Samenerguss kommt. Danach fallen beide in einen tiefen Schlaf. Das nennt man einen Tal-Orgasmus. Nach einem tantrischen Liebesakt seid ihr mit Energie aufgeladen, ihr seid lebendiger und frischer als je zuvor. Und dieser ekstatische Zustand kann stundenlang, ja tagelang anhalten. Das hängt davon ab, wie sehr ihr darin aufgegangen seid. Wenn ihr tief in diese Art Sex hineingehen könnt, wird euch früher oder später klar, dass ein Samenerguss reine Energieverschwendung ist. Man braucht nicht zu ejakulieren, es sei denn, man will ein Kind zeugen. Nach einem tantrischen Sex-Erlebnis seid ihr den ganzen nächsten Tag zutiefst entspannt, selbst viele Tage lang fühlt ihr euch ruhig und gelassen, in euch selbst zentriert. aus: „Tantrische Liebeskunst“ (Seite 208) von Osho.

Ende Anmerkung Übersetzer.

Diese unwissenden Yogis haben dem Yoga im Ansehen der Öffentlichkeit großen Schaden zugefügt. Anstatt dass sie diese nützliche Yogaübung zum Erreichen des Brahmacharya empfehlen, haben diese irregeführten Seelen, die Leidenschaften der Familienväter entfacht. Sie haben die Wissenschaft des Yoga und die Yogis verunglimpft. Sie argumentieren: „Wir müssen uns den modernen Zeiten anpassen. Die Leute wollen das. Sie lieben solche Übungen. Solche Übungen werden gefordert. Sie sind glücklicher, wenn sie diese Übungen praktizieren dürfen.“ Eine wundervolle Philosophie, in der Tat! Dies ist die Philosophie der Genussmenschen und Charvakas, die in der Sinneslust den Sinn ihres Lebens sehen. Ihr ignoranten Leute, öffnet eure Augen. Erwacht aus eurem Tiefschlaf und aus eurer Unwissenheit. Vertraut nicht den süßen Worten und den unanständigen Demonstrationen dieser yogischen Scharlatane und Pseudo-Gurus. Sie werden euch ruinieren. Enthaltet euch solcher Praktiken und bewahrt eure Lebensenergie. Verwandelt sie durch Japa (Mantrameditation), Kirtan (Singen religiöser Lieder), Pranayama (Atemübungen) und Vichara (Selbsterforschung) in spirituelle Energie. Führt ein frommes Leben. Das Leben ist für einen höheren Zweck bestimmt. Es ist bestimmt, um Selbstverwirklichung zu finden.

Ihr unwissenden Yogis. Führt die Menschen nicht auf den falschen Weg. Erweist euch als würdige Nachfolger der verehrungswürdigen Weisen der Vergangenheit. Opfert diese edle Yogaübung nicht den niederen Trieben. Seid vorbildlich. Habt edle Ziele und erweist euch eines Yogi als würdig. Sonst werden die vernünftigen und kultivierten Leute euch auslachen, wenn ihr solche Ansichten verbreitet. Zeigt den Leuten, wie man Brahmacharya praktiziert. Sei ein wahrhafter Yogi. Dann werden die Leute dich und deine selbstlose Arbeit schätzen.

Vorsichtsregeln und Gegenanzeigen

Schwangere sollten das Halten von Mula Bandha nicht übertreiben: Sind die Muskeln des Beckenbodens zu fest und damit unnachgiebig geworden, wird der Vorgang der Geburt enorm erschwert, da das Kind nicht losgelassen werden kann. Mula Bandha sollte nicht während akuter Entzündungen im kleinen Becken gehalten werden. (Den oberen Teil der Beckenhöhle bezeichnet man als das „große Becken“, den unteren Anteil, der von den Scham- und Sitzbeinen gebildet wird, wird als „kleines Becken“ bezeichnet. Im kleinen Becken liegen der Mastdarm, die Harnblase und alle inneren Geschlechtsorgane.) Da es bei der Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur zu einem starken Zug der Bänder auf das Steißbein kommt, sollte es einige Zeit nicht geübt werden, nachdem man sich das Steißbein geprellt oder gebrochen hat. Mula Bandha


21.8 Jalandhara Bandha (Kinnverschluss)

Jalandhara BandhaJalandhara Bandha ist der Kinnverschluss und somit das energetische Gegenstück zum Mula Bandha (Verschließen des Schließmuskels). Während letztere das Entweichen der Energie aus der Körperunterhälfte verhindert, vermag Jalandhara Bandha dies für die obere Körperhälfte zu leisten. Atme zunächst ein und halte dann den Atem an. Dann verschließe der Hals, indem du das Kinn fest gegen die Brust drückst. Der Kinnverschluss wird ausgeführt, indem man das Kinn zum Brustbein senkt und damit den Hals zusammenzieht. Dadurch wird der Nacken stark gedehnt. Achte darauf, dabei die Wirbelsäule weiterhin gerade zu halten. Der Kinnverschluss stimuliert auch die drei Nerven, die von der Halswirbelsäule ausgehen und das Zwerchfell beherrschen. Es wird am meisten eingesetzt bei einigen Umkehrstellungen wie Schulterstand, Kopfstand usw.

Zugeordnete Drüse: Schilddrüse

Die Schilddrüse spielt eine wichtige Rolle beim Wachstum des Skeletts und der inneren Organe. Sie sorgt für den Ausgleich zwischen dem körperlichen und geistigen Wachstum und reguliert den Stoffwechsel und damit die Art und Weise sowie die Geschwindigkeit, in der wir unsere Nahrung in Energie umwandeln und diese Energie verbrauchen. Darüber hinaus regelt sie den Jodstoffwechsel sowie den Kalkhaushalt in Blut und Gewebe. Im Hals-Chakra finden wir das Zentrum der menschlichen Ausdrucksfähigkeit, Kommunikation und Inspiration. Es stellt eine wichtige Verbindung zwischen Denken und Fühlen, zwischen unseren Impulsen und den Reaktionen darauf. Jalandhara Bandha


21.9 Uddiyana Bandha (Bauchverschluss)

Uddiyana-Bandha heißt wörtlich hinauffliegen und bezeichnet das Ein- und Hochziehen des Nabels. Dies bewirkt eine entsprechende Bewegung in den Bauchmuskeln und erzeugt einen Hohlraum unter dem Brustkorb. Die Ausführung geschieht, indem man bei leerer Lunge, nachdem man vollkommen ausgeatmet hat, die Bauchdecke so weit wie möglich in Richtung Wirbelsäule ein und hochzieht. Wenn man mit Visualisierung arbeitet, kann man sich einen Faden vorstellen, der vom Nabel ausgehend, die Wirbelsäule hoch wandert. Dies alles verlangt langes und intensives Arbeiten und benötigt oft Jahre um die Dynamik richtig zu spüren. Uddiyana-Bandha soll den großen Vogel Prana zwingen, durch Sushumna-Nadi, den Hauptenergiekanal für den Strom der Nervenenergie, empor zu fliegen. Man sagt, dass Uddiyana-Bandha das Beste aller Bandhas sei. Es heißt, dass dieses Bandha der Löwe sei, der den Elefanten namens Tod besiegt. Man sollte es nur während Bahya Kumbhaka (Atemanhalten nach dem Ausatmen) üben. Wird es während Antara Kumbhaka (Atemanhalten nach dem Einatmen) ausgeführt, werden Herz und Zwerchfell zu stark angestrengt und die Augen schwellen an.

Uddiyana Bandha

Uddiyana-Bandha im Sitzen

Im aufrechten Sitz, die Wirbelsäule ist aufrecht und die Knie berühren den Boden. Lege die Handflächen auf die Knie. Atme aus und leere die Lungen so weit wie möglich. Halte den Atem nach dem Ausatmen an. Hebe die Schultern und gib damit der Wirbelsäule eine weitere Dehnung. Drücke die Handflächen kräftig gegen die Knie, strecke die Ellbogen. Nimm spontan Jalandhara-Bandha (Kinnverschluss) ein und presse das Kinn gegen die Brust. Kontrahiere die Bauchmuskeln nach innen und oben. Halte den Bauchverschluss mit angehaltenem Atem so lange wie möglich, ohne dich zu überfordern. Löse den Bauchverschluss, beuge die Ellbogen und senke die Schultern. Hebe den Kopf, atme noch ein wenig mehr aus und erst dann langsam ein.

Uddiyana-Bandha

Uddiyana-Bandha im Stehen

Stehe aufrecht, die Füße etwa einen halben Meter auseinander. Atme tief durch die Nase ein. Beuge dich aus der Taille nach vorn und atme alle Luft durch den Mund aus. Versuche, die Lungen so weit wie möglich zu leeren. Halte die Wirbelsäule gerade und beuge ein wenig die Knie. Lege die Handflächen auf die Oberschenkel, direkt über den Knien, so dass die Knie das Gewicht des Oberkörpers tragen. Die Finger zeigen nach unten oder zueinander. Stelle sicher, dass die Arme gestreckt sind. In dieser Haltung wird sich der Bauchbereich automatisch zusammenziehen. Ziehe den Bauch nach oben und nach innen zur Wirbelsäule. Leichter ist Uddiyana-Bandha im Stehen auszuführen. Es sollte aber nur mit leerem Magen und Gedärmen geübt werden! Auf der physiologischen Ebene massiert, kräftigt und reinigt Uddiyana die Bauchorgane und macht sie stark und gesund. Durch das Einziehen des Leibes in den Brustkorb stellt es auch die Elastizität der Lunge wieder her und massiert das Herz. Das Zwerchfell wird immer wieder nach oben und nach unten gepresst, wobei auf beiden Seiten Druck entsteht. Durch diese Spannung in den verschiedenen Verdauungsorganen, Leber und Magen im unteren und mittleren Bereich, Herz und Lunge im oberen Bereich, entsteht nach loslassen der Kontraktion eine bessere Durchblutung der genannten Organe. Es heißt dass Uddiyana Bandha die Jugendlichkeit zurück bringt.

Zugeordnete Drüse: Bauchspeicheldrüse

Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Verarbeitung und Verdauung der Nahrung. Sie schüttet das Hormon Insulin aus, das für das Blutzuckergleichgewicht und den Kohlehydratstoffwechsel von ausschlaggebender Bedeutung ist. Die von der Bauchspeicheldrüse abgesonderten Enzyme sind für den Fett- und Proteinstoffwechsel wichtig. Das Solar-Plexus-Chakra ist unser Kraftzentrum. Es ist jener Bereich von dem aus unsere emotionale Energie nach außen dringt. Unsere zwischenmenschlichen Beziehungen, Sympathien und Antipathien sowie die Fähigkeit, dauerhafte emotionale Verbindungen einzugehen, werden weitgehend von diesem Zentrum aus gesteuert. Es ist der Sitz der Persönlichkeit. Es ist der Ort, an dem er seine gesellschaftliche Identifikation findet und die durch persönliche Kraft, Leistungswillen und Machtstreben, oder auch durch Anpassung an die gesellschaftlichen Normen zu bestätigen sucht.

Wirkungen

Uddiyana Bandha ist ein Allheilmittel bei vielen Bauch- und Magenerkrankungen, z. B. Verstopfung, Verdauungsstörungen, Würmern und Diabetes, vorausgesetzt, alle diese Störungen sind nicht chronisch. Das Verdauungsfeuer wird angeregt, die Bauchorgane werden massiert und belebt. Die Adrenalindrüsen werden harmonisiert, wodurch Trägheit und Lethargie verschwinden. Angst und Anspannungen lösen sich auf. Der Blutkreislauf im ganzen Rumpf wird angeregt und alle inneren Organe werden gekräftigt. Uddiyana-Bandha ist eine sehr gute Übung, um das Zwerchfell bewusst wahrzunehmen. In der aktiven Phase, in der der Bauch nach innen und oben gezogen wird, werden die Muskelfasern des Zwerchfells und der oberflächlichen Bauchmuskulatur (besonders des queren Bauchmuskels) gestärkt.

Vorsichtsregeln und Gegenanzeigen

Uddiyana-Bandha ist bei allen akuten entzündlichen Prozessen im Körper, insbesondere jedoch im Bereich des Rumpfes (Magen- oder Darmentzündungen oder Geschwüre, Leberentzündungen und –Schwellungen, Entzündungen der Bauchspeicheldrüse usw.) verboten, ebenso bei schwerem Asthma, schwerer Bronchitis, stark erhöhtem Blutdruck, in der Schwangerschaft und längere Zeit nach Operationen (weil sich die Narben verziehen könnten) und bei Brüchen im Bauchraum (Hernien). Vorsicht ist bei leichten Störungen des Kreislaufs und der Verdauung geboten, außerdem bei der Tendenz zu einer starken Regelblutung und beim Tragen älterer, t-förmigen Verhütungsspiralen. Menschen mit großen Operationsnarben sollen sehr achtsam auf Reaktionen dieser Narben sein, da Schmerzen auftreten können, wenn Verwachsungen des Narbengewebes vorliegen.

Bandhas – Techniken für die Wirksamkeit und Sicherheit von Asana und Pranayama
Die Bandhas und ihre Wirkungen


21.10 Nauli Kriya (Darmreinigung)

Uddiyana BandhaUddiyana Bandha

Nauli ist eines der Kriyas (Reinigungsübungen) aus dem Yoga. Die Übung soll den Dünndarm reinigen, Verdauungsprobleme beseitigen und basiert auf einer Massage der inneren Bauchorgane durch die kreisförmige Bewegung der Bauchmuskulatur.

Uddiyana Bandha, die Bauchkontraktion, kann sowohl im Sitzen als auch im Stehen geübt werden.

Nauli

Nauli aber wird im Allgemeinen im Stehen geübt. Stelle die Beine etwa einen Fuß breit auseinander, beuge den Rücken vor und lege deine Hände auf die Oberschenkel. Dann praktiziere Uddiyana Bandha, die Bauchkontraktion. Nun drücke die Bauchmuskeln als zentralen Bauchmuskelwulst nach vorne und schiebe diesen Wulst nach rechts und nach links.

Zu Beginn der Übung sollten die mittleren Bauchmuskeln entspannt und nur die rechten und linken Bauchmuskeln angespannt sein. Die Muskeln sollten in der Mitte einer vertikalen Linie verlaufen. Praktiziere die Übung so lange, wie du sie bequem ausüben kannst. Übe sie am Anfang ein paar Tage lang, bis du sie vollkommen beherrscht. Nach etwas Praxis solltest du die rechten Bauchmuskeln anspannen und die linke Seite entspannt lassen. Dann verlaufen alle Muskeln auf der linken Seite in einer vertikalen Linie. Dann spanne die linken Bauchmuskeln an und lasse die rechten Bauchmuskeln entspannt.

Durch diese stufenweise Praxis, lernst du es, die Muskeln in der Mitte und auf der linken und rechten Seite des Bauches anzuspannen. Jetzt kommt die Krönung von Nauli Kriya. Spanne die Muskeln in der Mitte des Bauches an und lass sie dann langsam zur rechten Seite und dann zur linken Seite wandern. Lass sie sich mehrmals von rechts nach links bewegen und anschließend mehrmals von links nach rechts. Du solltest die Muskeln langsam in einer kreisförmigen Bewegung von rechts nach links oder von links nach rechts rotieren lassen. Du wirst nicht ausreichend von dieser Übung profitieren, wenn du sie nicht langsam und sorgfältig ausübst. Anfänger werden bei den ersten Versuchen einen geringfügigen Schmerz im Bauch verspüren. Sie brauchen keine Angst zu haben. Der Schmerz wird nach zwei oder drei Tagen regelmäßiger Übung verschwinden.

NauliNauliNauli
Nauli: Wie Uddhiyana Bandha anfangen. Dann gerade Bauchmuskeln als zentrale Bauchmuskelwulst nach vorne drücken. Abwechselnd nach rechts und nach links schieben.


21.11 Maha Mudra (Großes Siegel)

Das Sanskrit Wort Maha bedeutet groß. Das Maha Mudra ist ein großes Mudra im Sinne seiner großen Wirkung! Setze dich beim Maha Mudra auf dem Fußboden mit dem Anus (Po) auf deine linke Ferse. Das linke Bein ist dabei nach hinten gestreckt. Strecke das rechte Bein nach vorne vor deinen Körper. Nun beuge dich nach vorne und ergreife mit beiden Händen die Zehen des rechten Fußes. Atme ein, halte die Luft an und presse das Kinn fest gegen die Brust. Richte nun deine ganze Aufmerksamkeit auf das „Dritte Auge“, auf den Punkt zwischen den Augenbrauen, und halte die Stellung so lange wie du kannst.

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Maha Mudra
Dann wiederhole die Übung, indem du die rechte Ferse unter den Anus setzt und das linke Bein nach vorn ausstreckst. Nun ergreife mit beiden Händen das linke Bein, presse das Kinn wieder fest gegen die Brust, richte die Aufmerksamkeit wieder auf das dritte Auge und halte die Stellung so lange, wie du kannst. Danach setze dich hin, strecke beide Beine nach vorne, beuge dich nach vorne und ergreife mit beiden Händen beide Füße (sitzende Vorwärtsbeuge). Du solltest die Übungen, mit den drei verschiedenen Positionen, insgesamt drei mal wiederholen.


21.12 Yoga Mudra, das Siegel des Yoga

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Yoga Mudra
Yoga Mudra (auch als Yoga Mudrasana, Yoga Mudrasan, Yoga Mudra Asana, Yoga Mudra Asan bezeichnet) bedeutet „Symbol des Yoga“ bzw. „Siegel des Yoga“. Diese Yogaübung gilt in besonderem Maße als Symbol für die Vereinigung der individuelle Seele mit der Kosmischen Seele und damit für „Yoga“ im Sinne von „Vereinigung“. Alle Asanas (Yogaübungen) sind letztlich Hingabe und Verehrung an das Kosmische, das auch als Gott, kosmische Intelligenz, Schöpfer aller Dinge, kosmische Energie, höhere Wirklichkeit oder göttliche Mutter bezeichnet wird. Auf der physischen Ebene ist Yoga Mudra sehr gut für die Flexibilität von Hüften und Wirbelsäule und ist eine gute Übung für die Verdauungsorgane. Längere Zeit in Yoga Mudra führt zur Erfahrung tiefen geistigen Friedens. Yoga Mudra kann immer vor und/oder nach Meditation und Pranayama geübt werden.

Lotussitz
Lotussitz
Halber Lotussitz
Halber Lotussitz

Setze dich in den Lotussitz (Anfänger sollten vielleicht den halben Lotussitz bevorzugen – weitere Meditationshaltungen hier). Lege die Handflächen auf die Fersen. Atme langsam aus und beuge den Oberkörper so weit nach vorne, bis die Stirn den Fußboden berührt. Wenn du die Haltung für längere Zeit beibehältst, kannst du ganz normal ein- und ausatmen. Verweilst du aber nur kurze Zeit in dieser Stellung, dann halte den Atem so lange an, bis du den Kopf wieder anhebst und in deine Ausgangsstellung zurückkommst. Dann atme wieder ein. Anstatt die Hände auf die Fersen zu legen, kannst sie auch hinter den Rücken legen und das linke Handgelenk mit der rechten Hand festhalten. Das Yoga Mudra ist nützlich, um Brahmacharya aufrecht zu erhalten. Es verringert übermäßiges Fett im Bauch und entfernt alle Störungen des Magens und der Därme. Verstopfungen werden beseitigt und das Verdauungsfeuer geschürt. Der Appetit und die Verdauung werden dadurch verbessert. Wenn du die Haltung nicht über eine längere Zeit halten kannst (1 bis 2 Minuten), dann wiederhole die Übung mehrmals. Lege zwischen den Übungen eine kleine Pause ein.


21.13 Anuloma Viloma (Wechselatmung)

Setze dich zur Wechselatmung mit leerem Magen in deinem Meditationsraum in den Lotussitz oder in den halben Lotussitz und schließe deine Augen. Verschließe mit dem rechten Daumen das rechte Nasenloch und atme 4 Sekunden die Luft durch das linke Nasenloch ein. Fülle die Lungen etwa zu 3/4. Dann verschließe mit dem rechten Ringfinger und dem kleinen Finger der rechten Hand das linke Nasenloch und halte den Atem etwa 4 Sekunden lang an. Dann nimm den rechten Daumen vom rechten Nasenloch, die beiden anderen Finger bleiben aber auf dem linken Nasenloch, und atme langsam 8 Sekunden lang durch das rechte Nasenloch aus und dann wieder 4 Sekunden lang ein. Dann lege den rechten Daumen wieder auf das rechte Nasenloch und halte die Luft wieder 4 Sekunden lang an. Nun nimm die beiden Finger vom linken Nasenloch und atme 8 Sekunden lang aus und wieder 4 Sekunden lang ein und verschließe das linke Nasenloch wieder mit den beiden Fingern der rechten Hand (kleiner Finger, Ringfinger).

Dieser Prozess stellt einen Atemzyklus dar. Wiederhole diese Übung 20 mal am Morgen und 20 mal am Abend. Langsam und behutsam erhöhe die Zeit, in der du den Atem anhältst und die Anzahl der Atemübungen. Wenn du Fortschritte in der Praxis gemacht hast, kannst du drei oder vier Sitzungen am Tag machen und jedes mal achtzig Pranayamas üben. übe mindestens 3 bis 8 Runden. Du kannst die Atemübungen bis auf 20 oder 30 Minuten steigern, wenn Du willst. Beginne mit dem Verhältnis Einatmen : Anhalten : Ausatmen mit 4:4:8. Steigere es langsam auf 4:8:8, dann auf 4:12:8, schließlich 4:16:8. Auf die Frage ob es gefährlich ist Atemübungen ohne die Hilfe eines Gurus zu praktizieren antwortet Swami Sivananda: Zögere nicht. Warte nicht darauf, einen Guru zu finden, der an Deiner Seite sitzt und nach Dir schaut. Wenn Du ernsthaft, regelmäßig und systematisch bist und den Regeln und Anweisungen dieses Buches sehr sorgfältig folgst, wird es keinerlei Schwierigkeiten geben.


21.14 Bhastrika (Blasebalg)

In Sanskrit bedeutet Bhastrika Blasebalg. Das charakteristische Merkmal von Bhastrika ist die rasche Folge von forcierten Ein- und Ausatmungen. So wie ein Schmied seinen Blasebalg rasch auf und ab bewegt, so solltest auch du deinen Atem rasch rein und raus bewegen. Setze dich für den Blasebalg aufrecht in den Lotussitz und schließe den Mund. Anfänger wählen den halben Lotussitz oder den Schneidersitz. Atme zwanzig Mal schnell wie ein Blasebalg durch die Nase ein und aus. Spanne dafür rhythmisch deine Bauchmuskeln an und entspanne sie wieder. Man sollte mit dem Ausstoßen des Atmens beginnen. Dann sollte das Ein- und Ausatmen in schneller Reihenfolge erfolgen. Hat man die erforderliche Zahl von Ausatmungen erreicht, sagen wir einmal zwanzig für eine Runde, dann sollte der letzten Ausatmung eine tiefe Einatmung folgen. Nun halte die Luft so lange an, wie es dir bequem erscheint, und dann atme sehr, sehr langsam wieder aus. Dann ist eine Runde Bhastrika beendet. Mach eine kleine Pause und lass eine zweite Runde folgen. Mache drei Runden am Morgen und drei Runden am Abend. Dies ist eine sehr nützliche Übung für Brahmacharins. Du kannst die Übung auch im Stehen ausüben.


21.15 Tipps zu Atemübungen

Bade nicht unmittelbar nach Atemübungen. Sondern ruhe dich zunächst einmal eine halbe Stunde aus. Mache im Sommer morgens nur einmal Atemübungen. Atme stets langsam ein und aus. Vermeide beim Einatmen jedes Geräusch. Vermeide auch beim Bhastrika (Blasebalg) jedes gewaltsame Geräusch. Atme nur durch die Nase. Ein Anfänger sollte einige Tage lang nur die Einatmung und die Ausatmung üben, ohne den Atem anzuhalten. Du musst das Einatmen, das Ausatmen und das Atemanhalten so praktizieren, dass du zu keiner Zeit ein Gefühl von Atemnot oder Unannehmlichkeit empfindest. Du solltest die Ausatmung nicht unnötigerweise verlängern. Wenn du die Zeit der Ausatmung verlängerst, dann ist die folgende Einatmung beschleunigt und der Rhythmus wird unterbrochen. Erhöhe allmählich die Periode des Atemanhaltens. Halte den Atem in der ersten Woche für 4 Sekunden, in der zweiten Woche für 8 Sekunden, in der dritten Woche für 12 Sekunden an und fahre fort, bis du in der Lage bist, den Atem so lange an zuhalten, wie du kannst. Wiederhole während der Atemübung geistig das Mantra „Om“, das Gayatri-Mantra oder irgendein anderes Mantra. Kultiviere Barmherzigkeit, Frieden, Nachsichtigkeit, Toleranz mit der Einatmung und verjage Arroganz, Egoismus, Stolz, Zorn und Lust mit der Ausatmung. Wenn du einatmest, dann stelle dir vor, dass du Energie von einer göttlichen Quelle einatmest, kosmisches Prana, und dass dein ganzer Körper vom Kopf bis zu den Zehen mit frischer Energie gesättigt wird. Mache keine Atemübungen, wenn du ernsthaft krank bist.


21.16 Vajroli Mudra (Aufsaugen des Samens mit dem Penis)

Dies ist eine wichtige Yogaübung im Hatha Yoga. Du musst hart arbeiten, um vollen Erfolg in dieser Yogaübung zu erhalten. Es gibt nur sehr wenige Leute, die Experten in dieser Übung sind. Der Yogaschüler saugt zuerst Wasser durch einen silbernen Schlauch, ein besonders angefertigter Katheter (Röhrchen), der etwa 12 Zoll (30 Zentimeter) in die Harnröhre eingeführt wird, durch den Penis ein. Nach einiger Übung saugen sie Milch, dann Öl und dann Honig ein. Zum Schluss saugen sie Quecksilber (kann Quecksilber nicht zu Vergiftungserscheinungen führen?) mit ihrem Penis ein. Später sind sie in der Lage, diese Flüssigkeiten direkt durch die Harnröhre, ohne die Hilfe eines Schlauches, aufzusaugen. Diese Übung ist für das Aufrechterhalten eines vollkommenem Brahmacharya von enormer Bedeutung. Am ersten Tag solltest du den Katheter nur etwa einen Zoll (2,5 cm) in die Harnröhre einführen, am zweite Tag zwei Zoll, am dritten Tag drei Zoll, und so weiter. Du solltest so lange üben, bis du in der Lage bist, zwölf Zoll (30 cm) des Katheters in die Harnröhre zu schieben. Raja Bhartrihari, ein indischer Sanskritdichter des 7. Jahrhunderts, war in dieser Yogaübung sehr geschickt.

Der Yogi, der diese Yogaübung beherrscht, kann nicht einen Tropfen Samen verlieren. Selbst wenn er einen Orgasmus hatte, kann er den Samen durch diese Übung wieder aufsaugen (Anmerkung Übersetzer: Irrtum – Er saugt nämlich das Ejakulat, das aus einer Mischung von mehreren Drüsenflüssigkeiten besteht, – siehe: Das männliche Sperma – in die Blase ein und transportiert sie nicht zurück in die Drüsen). Der Yogi, der in der Lage ist, seinen Samen aufwärts zu ziehen und ihn zu konservieren, besiegt den Tod (Anmerkung Übersetzer: Butter bleib bei die Fische – oder wie sagt man?). Ein guter Geruch entströmt seinem Körper. Der ehemalige Trailinga Swami von Benares war ein Experte im Vairoli Mudra, also im Aufsaugen seines eigenen Ejakulats. Sri Swami Kuvalayanandaji von Lonavala unterrichtete diese Übung. Die Praxis von Mula Bandha (Zusammenziehen der Schließmuskeln), von Uddiyana Bandha (Bauchverschluss), von Maha Mudra (Großes Siegel), von Asanas (Yogaübungen) und Pranayamas (Atemübungen) ermöglichen es einem, Vajroli zu verstehen und Erfolg in seiner Praxis zu erhalten. Dieses sollte allerdings unter der Anleitung eines Gurus geschehen.

Der Sinn der Vajroli Mudra besteht darin, Perfektion im Brahmacharya zu erlangen. Wenn der Yogaschüler dieses Mudra übt, lenkt er seine Aufmerksamkeit unbewusst zum Sexualzentrum. Dadurch aber könnte der Erfolg der Übung gefährdet werden. Darum ist strenges Brahmacharya für diese Übung absolut erforderlich. Daher solltest du bei der Ausführung dieser Übung, weder an eine Frau, noch an den Sexualverkehr, denken. Da viele Ehemänner denken, dass Vajroli Mudra gut für die Geburtenkontrolle ist, haben sie den verstärkten Wunsch, dieses Mudra zu üben. Es ist alles nur eine Torheit und Täuschung. Sie haben den Sinn dieser wichtigen Yogaübung nicht richtig verstanden. Dein Motiv, das Vajroli Mudra zu lernen, sollte rein sein. Du solltest von der Idee der Selbstverwirklichung und vom absoluten Brahmacharya geleitet sein. Strebe die sexuelle Sublimation an. Du solltest die Energie, die du durch diese Yogaübung gewinnst, nicht missbrauchen. Analysiere und hinterfrage deine Motive sorgfältig. Es lauern sehr viele Versuchungen und Gefahren auf dem yogischen Weg. Vorsicht und göttliche Liebe auf deinem spirituellen Weg!

Anmerkung des Übersetzers: Swami Sivananda hält das Vairoli Mudra für solch eine bedeutende Yogaübung, weil er das männliche Sperma mit Ojas Shakti gleich setzt. Das Sperma setzt sich aber aus insgesamt sechs unterschiedlichen Drüsensekreten zusammen. So könnten die Spermien also gar nicht zum Nebenhoden zurückwandern, wo sie normalerweise aufbewahrt werden, weil sie sich mittlerweile mit den anderen Drüsensekreten vermischt haben. Außerdem werden sie durch die Vajroli-Praxis in die Harnblase eingesogen. Boris Sacharow, der über eine mindestens 42jährige Yogapraxis verfügt, zählt in seinem Buch „Kriya Yoga“ sowohl das Vairoli Madra, als auch das Khechara Mudra (Verlängerung der Zunge), das Viparitakarani Mudra (man legt sich auf den Rücken, hebt die Beine dabei vertikal an und stützt dabei das Gesäß mit den Händen und Ellbogen – und das täglich 3 Stunden lang) und das Trataka Mudra (Schauen in die Sonne) zu den falsch verstandenen Auswüchsen einer falsch verstandenen Yogalehre. Und ich fürchte, er hat recht. Einige Yogis benutzen das Vajroli Mudra auch zu Showzwecken. Zunächst saugen sie Öl mit dem Penis ein und pumpen dann wie ein Feuer speiender Drache das Öl wieder durch die Harnröhre heraus und zünden es dabei an. Es würde mich gar nicht wundern, wenn es dabei schon den einen oder anderen leicht gegrillten Penis gegeben hat.


22. Einige veranschaulichende Geschichten

22.1 Die Energie der Sinneslust

Einst hielt Sri Vedavyasa inmitten seiner Schüler seinen Vedanta Unterricht. Im Rahmen eines Vortrags, erwähnte er, dass junge Brahmacharins acht geben sollten und nicht mit jungen Damen verkehren sollten, da sie sonst, trotz ihrer Wachsamkeit und Umsicht, leicht ein Opfer ihrer Sinneslust werden könnten. Einer seiner Schüler, Jaimini, der Autor der Purva-Mimamsa, einer Schrift, die sich mit den vedischen Opferritualen beschäftigt, war ein wenig vorlaut und sagte: „Guruji Maharaj! Deine Behauptung ist falsch. Keine Frau kann mich erregen. Ich bin fest im Brahmacharya verankert.“ Der Lehrer Vyasa sagte: „Jaimini, du wird es bald wissen. Ich gehe nach Benares und komme innerhalb von drei Monaten zurück. Sei vorsichtig und lass dich nicht vom Stolz beherrschen.“

Sri Vyasa, nahm, durch seine yogische Kraft, die Form eines schönen jungen Mädchens an, mit durchdringenden Augen, einem bezauberndem Gesicht und bekleidet mit einem dünnen seidenen Kleid. Die junge Frau stand im Sonnenuntergang unter einem Baum. Die Wolken zogen sich zusammen und es begann zu regnen. Durch einen Zufall stand Jaimini plötzlich neben ihr unter dem Baum. Er sah das Mädchen, hatte Mitleid mit ihr und sprach: „Oh, junge Frau, wenn sie möchten, können sie mit in meinen Ashram kommen und dort bleiben, bis es aufgehört hat zu regnen. Ich werde ihnen Schutz geben.“ Die junge Frau fragte: „Leben sie allein oder leben sie mit einer Frau zusammen?“ Jaimini antwortete: „Ich lebe ganz alleine dort. Aber ich bin ein perfekter Brahmachari. Die Lust kann mir nichts anhaben. Ich betrachte Männer und Frauen als heilige Wesen. Sie können bei mir übernachten.“ Die junge Frau aber wendete ein: „Es ist nicht recht, für ein jungfräuliches Mädchen, mit einem Brahmachari allein die Nacht zu verbringen.“ Aber Jaimini sagte: „Junge Frau, haben sie keine Angst. Ich verspreche ihnen, ein perfekter Brahmachari zu sein.“ Dann stimmte sie zu und verbrachte die Nacht in seinem Ashram.

Die junge Frau schlief im Haus und Jaimini legte sich vor dem Haus nieder. Mitten in der Nacht, fühlte Jaimini plötzlich, wie die Sinneslust in seinen Verstand eindrang. Eine sexuelle Begierde entstand in ihm. Als er die junge Frau am Baum getroffen hatte, war er noch absolut rein. Nun aber klopfte er an die Tür und sagte: „Draußen ist es sehr stürmisch. Ich kann die kalten Windböen nicht ertragen. Ich möchte gerne im Haus schlafen.“ Dann öffnete sie die Tür und Jaimini schlief im Haus. Aber diesmal, als er der jungen Frau so nahe war und den Klang ihrer Armreifen vernahm, erwachte seine sexuelle Begierde ein wenig intensiver und leidenschaftlicher. Er näherte sich ihr und umarmte sie. Sofort nahm Sri Vyasa seine ursprüngliche Gestalt mit seinem langen Bart an und sagte: „Mein lieber Jaimini, wo ist nun die Stärke deines Brahmacharya? Hast du das Zölibat wirklich perfekt verinnerlicht? Was hast du geantwortet, als ich über dieses Thema unterrichtete?“ Jaimini senkte beschämt seinen Kopf und sagte: „Guruji! Ich redete unüberlegt. Ich bitte um Verzeihung.“ Dieses Beispiel zeigt, dass selbst große Menschen durch den Einfluss der aufbegehrenden sinnlichen Lust verleitet werden. Brahmacharins sollten sehr vorsichtig sein.


22.2 Sokrates und seine Schüler

Einer der Schüler von Sokrates fragte: „Mein ehrwürdiger Meister, wie oft sollte ein verheirateter Mann mit seiner Frau schlafen.“ Sokrates antwortete: „Nur einmal in seinem Leben.“ Darauf antwortete der Schüler: „Oh, mein Gott! Das ist für einen weltlichen Mann absolut unmöglich. Die Leidenschaften sind schrecklich und unangenehm. und die Welt ist voller Versuchungen. Familienväter haben nicht die Kraft, diesen Versuchungen zu widerstehen. Dagegen lehnen sich die Sinne auf. Sie sind sehr stark. Der Verstand ist erfüllt mit Leidenschaften. Du bist ein Philosoph und Yogi und verstehst es, diese Leidenschaften zu kontrollieren. Wir bitten dich, sei so freundlich und beschreibe uns einen einfachen Weg, es dir gleich zu tun.“ Darauf antwortete Sokrates: „Ein Familienvater sollte nur einmal im Jahr mit seiner Frau intim sein.“ Der Schüler antwortet: „O ehrwürdiger Sokrates, dies ist auch eine zu harte Prüfung für sie. Du solltest ihnen einen leichteren Weg vorschreiben.“ Sokrates antwortete: „Gut, mein lieber Schüler, einmal im Monat. Dies ist angemessen. Es ist ziemlich einfach. Ich denke, dass du nun zufrieden bist.“ Der Schüler antwortete: „Dies ist auch unmöglich, mein verehrter Meister. Familienväter sind sehr wankelmütig. Ihr Verstand ist voll von sexuellen Wünschen und Begierden. Sie können es nicht einmal für einen einzigen Tag ohne sexuellen Verkehr aushalten. Du hast keine Vorstellung von ihrer Mentalität.“

Darauf erwiderte Sokrates: „Gut beobachtet, mein liebes Kind. Nun tue folgendes. Gehe zu einem Friedhof. Kaufe einen Sarg und ein Leinentuch für die Leiche und grabe von Hand ein Grab. Jetzt kannst du dich so oft selber befriedigen, wie du möchtest. Dies ist mein abschließender Rat für dich.“ Dieser letzte Rat durchbohrte das Herz des Schülers. Er fühlte es sehr heftig. Er dachte ernsthaft darüber nach und verstand plötzlich den Wert und den Sinn von Brahmacharya. Von nun an betrieb er seine spirituelle Praxis mit der notwendigen Ernsthaftigkeit. Er praktizierte das lebenslange Gelübde des Zölibats. Er wurde zum Oordhvareta Yogi, zu einem Yogi, der seine Samenenergie vollkommen in spirituelle Energie umwandelt, und hatte Selbstverwirklichung. Er wurde einer von Sokrates‘ Lieblingsschülern.


22.3 Desires never dies – Wünsche sterben nie

Es lebte einmal der weise König Yayati. Er genoss für volle tausend Jahre alle Vergnügen, die ein König seiner Position haben konnte. Als das Alter ihn angriff, er aber immer noch den Wunsch hatte, seine königlichen Vergnügen für weitere Jahre zu genießen, fragte er jeden seiner Söhne, einen nach dem anderen, ob sie ihm etwas von seinem Alter abnehmen und ihm dafür etwas von ihrer Jugend abgeben würden. Er versicherte seinen Söhnen, dass er ihnen nach eintausend Jahren ihre Jugend zurück geben und sie wieder gegen sein Alter eintauschen werde. Aber nicht einer seiner Söhne war bereit, das Angebot anzunehmen, ausgenommen sein jüngster Sohn Puru. Puru sagte mit aller Bescheidenheit, dass er bereit sei, den Wunsch seines Vaters zu erfüllen. Dementsprechend gab er seinem Vater seine Jugend und bekam im Gegenzug vom Vater das hohe Alter und infolge dessen auch seine Gebrechlichkeit. König Yayati war außerordentlich erfreut über seine neue Jugend und fing wieder an, sich sinnlichen Vergnügungen hinzugeben. Er erfüllte sich alle seine Wünsche und vergeudete dabei alle seine Energien, ohne dabei allerdings die Gebote der Religion zu verletzen. Er war dabei sehr glücklich. Nur ein Gedanke besorgte ihn. Und das war der Gedanke, dass die tausend Jahre bald zu einem Ende gehen würden.

Als die tausend Jahre vorüber waren, ging er zu seinem Sohn Puru und sprach zu ihm: „Mein Sohn. Ich habe mit deiner Jugend alle meine Wünsche ohne Begrenzung auf meine Energien genossen. Aber die Wünsche sterben niemals. Sie werden niemals durch Schwäche und Nachgiebigkeit gesättigt. Durch Nachsicht lodern sie wie ein Feuer auf, in welches man Öl gegossen hat. Wenn man allein nach irdischen Gütern strebt, nach Reichtum, Sinnlichkeit, Ruhm und Ehre, so hat man immer das Gefühl, nie genug zu bekommen. Folglich sollte der Wunsch nach Genuss vermieden werden. Das Verlangen nach Genüssen, das schwer abzulegen ist, ist eine unverzeihliche Schwäche des Menschen. Dieses Verlangen abzulegen, ist wahres Glück. Tausend Jahre lang hatte ich die Möglichkeit, alle Vergnügungen kennen zu lernen. Mein Verlangen aber, hat dadurch nicht abgenommen, sondern täglich zugenommen. Folglich sollte ich mich von meinem Verlangen befreien. Ich sollte mich bemühen, wunschlos und friedlich zu werden, mich zurückziehen, und mich auf Brahman (Gott) konzentrieren.“ Nachdem er das gesagt hatte, gab er Puru seine Jugend zurück, setzte Puru auf den Thron und zog sich in den Wald zurück, um das Leben eines Asketen zu führen.


22.4 Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit

Der Poet Vemana wurde 1820 in einem kleinen Dorf im Bezirk von Godavari in Andhra Desa geboren. Er hatte einen Bruder namens Anu Verna Reddy. Seine Eltern, die der Bauernkaste angehörten und sehr vermögend waren, zogen fort, als er noch ein kleiner Junge war. Vemana wurde zur Grundschule geschickt. Aber er war nicht in der Lage, weiterhin die Schule zu besuchen. So kam er in schlechte Gesellschaft und wurde ein Rowdy. Aber er war sehr attraktiv und aktiv. Trotzdem mochten sein Bruder und dessen Frau Narasamma Vemana sehr gerne. Im Alter von fünfzehn, wurde Vemana zum Lüstling. Er gab viel Geld für Frauen aus. Trotzdem war er sehr beliebt. Sein Bruder und dessen Frau wollten Vemana wieder auf den rechten Weg bringen. Sie gaben ihm kein Geld mehr. Deshalb stahl Vemana eines nachts den Schmuck seiner Schwägerin und gab ihn einer Prostituierten. Als seine Schwägerin den Diebstahl bemerkte, fragte sie Vemana: „Wo ist mein Schmuck?“ Vemana antwortete: „Da du mir kein Geld gabst, nahm ich ihn und gab ihn meiner Geliebten.“ Seine Schwägerin Narasamma sagte nicht ein Wort. Sie informierte auch ihren Ehemann nicht über den Verlust des Schmucks. Sie mochte Vemana immer noch sehr gerne. Aber sie verschloss fortan ihren Schmuck in den Safe.

Die Prostituierte drängte Vemana, noch mehr Geld oder Schmuck zu bringen. Mitten in der Nacht wachte Vemana auf und versuchte, einige der Schmuckstücke vom Hals seiner Schwägerin zu stehlen. Sie trug nur das heilige Mangala Sutra, welches sie seit ihrer Heirat um ihren Hals getragen hatte. Ihren anderen Schmuck hatte sie in den Safe gelegt. Als er versuchte, den Schmuck zu stehlen, wachte Narasamma auf, hielt ihn an der Hand fest und fragte ihn, warum er um Mitternacht zu ihr ins Schlafzimmer käme. Er antwortete in verwegener Weise: „Meine Geliebte bat mich, ihr noch mehr Schmuck zu bringen. Darum kam ich, um ihn zu holen.“ Narasamma bat ihn, ihr Schlafzimmer sofort zu verlassen. Dann fing Vemana an zu weinen und fiel zu ihren Füßen. Narasamma aber betete zu Gott, er möge Vemana Unterscheidungskraft schenken und aus ihm eine reine, tugendhafte Seele machen. Dann versprach sie, Vemana ein Schmuckstück zu geben, sofern er strikt ihre Anweisungen befolgen würde. Vemana gab ihr sein Ehrenwort. Narasamma sagte: „Vemana! Bitte die Frau, sich nackt vor dir zu stellen. Dann soll sie sich mit dem Rücken zu dir drehen. Dann bitte sie, sich nach vorne zu beugen und den Schmuck aus deinen Händen zu nehmen, indem sie ihre Hände durch ihre Schenkel führt.“ Vemana versprach ihr dies zu tun und legte einen Eid auf die Göttin Kali ab.

Vemana fuhr direkt zum Haus der Prostituierten und bat sie, den Schmuck so entgegen zu nehmen, wie seine Schwägerin ihn gebeten hatte. Während die Prostituierte sich vorbeugte, sah er sehr deutlich die intimen Stellen seiner Geliebten. Plötzlich erwachte in ihm die Leidenschaftslosigkeit. Er trat den Rückzug zu seinem Haus an. Den Schmuck hielt er immer noch in seiner Hand. Er sagte: „Meine liebe Schwägerin! Danke für deine freundliche Hilfe. Nun bin ich ein veränderter Mensch. Es gibt kein wirkliches Glück auf dieser Welt. Es ist alles nur ein Spiel der Maya, eine Täuschung, eine Illusion. Ich werde jetzt das wahre Glück suchen.“ Er verließ das Haus, ging zum Kali-Tempel und setzte sich vor das Bild der Göttin Kali. So geschah es eines Tages, dass ein Mann namens Abhiramayya im Tempel zur Göttin Kali um eine göttliche Vision betete. Eines Nachts erschien sie in seinem Traum und sagte: „Komme Morgen um Mitternacht. Dann will ich dir erscheinen.“ Aber der unglückliche Kali-Verehrer konnte am nächsten Tag nicht kommen. Als Kali kam, war aber Vemana dort. Kali bat Vemana, er möge ihr einen Wunsch nennen. Vemana sagte: „O Mutter! Gib mir Brahma-Jnana, das Wissen über Gott.“ Dann weihte Mutter Kali ihn in die Geheimnisse des Brahma-Jnana ein. Von diesem Tag an, wurde Vemana ein tugendhafter Mann mit großer Hingabe, yogischer Stärke und Wissen.

Im Folge seiner Wanderungen, kam Vemana nach Cuddapah im Bundesstaat Andhra Pradesh in Südostindien. Er lebte in der Nähe von Cuddapah in einem Wald. Dort pflanzte er verschiedene früchtetragende Bäume wie Melonen und Gurken. Die Gurken waren alle mit Gold gefüllt. Mit diesem Gold errichtete Vemana einen Tempel bei Sri Sailam. Noch heute enthält dieser Tempel das berühmte Jyotirlingam von Mallikarjuna. (Jyotirlingams, ein konisches Symbol Shivas, welches oft als Phallus dargestellt wird, sind die heiligsten Shiva-Tempel Indiens. Es existieren genau 12 Jyotirlingas, die sich über ganz Indien verteilen.) Es ist ein berühmter Pilgerort.

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Weißer Jyotirlingam

Eines Tages kamen einige Diebe, um die goldenen Gurken zu rauben. Aber sie wurden, infolge der yogischen Kräfte Vemanas bewusstlos. Einst betrat Vemana um Mitternacht die Hütte eines armen Brahmanen, um auf seinem Bett zu schlafen. Während der Nacht hatte er das Gefühl, auf die Toilette zu müssen. Aber die Natur war schneller. Der Teil des Bettes, der verunreinigt war, wandelte sich in Gold. Vemana starb 1865 in Katarupalli im Bezirk Cuddapah. Er schrieb einige Bücher auf Telugu (indische Sprache) über Yoga.


22.5 Schönheit liegt im Auge des Betrachters

Es gab in den alten Zeiten einen König, der Muktachuda genannt wurde. Er regierte das Königreich von Dasarna. Er hatte zwei Söhne, Hemachuda und Manichuda. Sie waren beide sehr ansehnlich und tugendhaft und besaßen ein vorbildliches Benehmen. Sie waren auch in den Künsten sehr bewandert. Sie gingen beide mit Begleitern und Waffen für die Jagd zum Berg Sahya. Sie schossen viele Tiger und wilde Tiere. Doch plötzlich tobte ein schrecklicher Sandsturm und eine unermessliche Dunkelheit brach herein. Man konnte nicht einmal seinen Nebenmann erkennen. Hemachuda schaffte es irgendwie, die Einsiedlerei eines Weisen zu erreichen, in der viele Obstbäume standen. Er sah in dem Ashram eine schöne Jungfrau. Er fragte die junge Frau: „Wer bist du? Wer ist dein Vater? Warum bist du so alleine hier? Woher hast du so viel Mut?“ Sie antwortete höflich: „Willkommen, O Prinz! Nimm Platz und ruhe dich ein bisschen aus. Du siehst etwas müde aus. Sei so freundlich und nimm etwas von diesen Früchten und Nüssen. Ich werde dir meine Geschichte erzählen.“ Der Prinz aß von den Früchten und Nüssen und ruhte sich eine Weile aus.

Dann fing die junge Frau an zu erzählen: „O Prinz! Höre meine Geschichte mit der rechten Aufmerksamkeit. Ich bin das Patenkind des Weisen Vyaghrapada, der von allem verehrt wird, der die Welt durch seine Askese erobert und Selbstverwirklichung erreicht hat. Mein Name ist Hemalekha. Vidyutprabha, eine himmlische Nymphe von unvergleichlicher Schönheit, kam eines Tages zum Fluss Veena um zu baden. Sushena, der König von Vengas, kam ebenfalls. Sushena war von der bezaubernden Schönheit Vidyutprabha’s sehr fasziniert. Die himmlische Nymphe war ebenso von der attraktiven Erscheinung König Sushena’s fasziniert. Sushena bekundete seine Liebe zu Vidyutprabha. Sie erwiderte sie. Der König verbrachte einige Zeit mit ihr. Danach kehrte er in seine Hauptstadt zurück. Bald gebar Vidyutprabha ein Kind. Sie ging zu ihrem Ehemann Da sie aber Angst vor ihm hatte, nahm sie das Kind nicht mit. Ich bin dieses Kind. Der Weise Vyaghrapada kam für seine Waschungen täglich zum Fluss. Er sah mich und hatte Mitleid mit mir. Er kümmerte sich um mich, wie eine Mutter. Ich betrachte ihn als meinen Vater und begegne ihm mit Ehrerbietung. Durch seine Anmut bin ich furchtlos geworden. Mein Vater wird bald zurückkehren. Warte bitte einen Moment. Erweise ihm deinen Respekt und empfange seinen Segen.“ Die intelligente junge Frau verstand das Herz des Prinzen und sagte: „O Prinz! Sei nicht entmutigt. Deine Wünsche werden mehr als zufrieden gestellt. Mein Vater wird dir einen Wunsch erfüllen.“

Unmittelbar darauf kam der Weise Vyaghrapada mit Blumen für den Gottesdienst zurück. Der Prinz stand auf und warf sich vor dem Weisen nieder. Der Weise verstand, dass der Prinz in die junge Frau verliebt war. Er gab Hemalekha zur Heirat mit dem Prinzen frei. Der Prinz ging mit ihr in seine Stadt zurück. Sein Vater war sehr erfreut. Er richtete die Hochzeit mit Prunk und Pracht aus. Der Prinz liebte Hemalekha sehr und verbrachte viel Zeit mit ihr. Aber er beobachtete, dass ihr sinnliche Vergnügungen nichts bedeuteten. Eines Tages fragte er sie: „O liebe Hemalekha, was ist los mit dir? Ich fühle mich sehr zu dir hingezogen. Warum erwiderst du meine Liebe nicht? Du bist so leidenschaftslos und nichts scheint dich umstimmen zu können. Wie kann ich genießen, wenn du solch eine Einstellung hast? Du sitzt immer nur mit geschlossenen Augen da, wie einer Statue. Du lachst, spielst und scherzt nicht mit mir. Sei bitte so nett und erkläre mir dein Verhalten. Sei bitte ehrlich.“ Hemalekha antwortete respektvoll: „O Prinz! Höre mich. Was ist Liebe? Was ist Abneigung? Auf diese Fragen habe ich keine klare Antwort. Ich denke sehr viel darüber nach. Ich bin bisher noch zu keiner endgültigen Entscheidung gekommen. Hilf mir bitte, eine Lösung zu finden.“ Hemachuda (der Prinz) antwortete mit einem Lächeln: „Es ist wahr, dass Frauen einen unschuldigen Verstand besitzen. Selbst Tiere verstehen, was Zuneigung und Abneigung ist. Wir sehen, dass sie angenehme Dinge mögen und unangenehme ablehnen. Schönheit bereitet uns Vergnügen. Hässlichkeit bereitet uns Schmerz. Warum verschwendest du deine Zeit mit solchen Fragen?“

Hemalekha antwortete: „Es ist wahr, dass Frauen nicht so oft über solche Dinge nachdenken. Ist es also nicht deine Aufgabe, meine Zweifel auszuräumen? Würdest du also dein Licht auf mich werfen, dann würde ich bestimmt aufhören zu zweifeln und mich von dir angezogen fühlen, mein Prinz. Du sagtest, dass Zuneigung und Abneigung oder Liebe und Hass aus Vergnügen und Schmerz entstehen. Das gleiche Objekt kann uns Vergnügen und Schmerz bereiten, je nachdem, zu welcher Zeit, unter welchen Umständen und in welcher Umgebung man ihn antrifft. Feuer ist im Winter ein Vergnügen, im Sommer eine Qual. Dasselbe Feuer bereitet Vergnügen in kalten Ländern und Qual in warmen Ländern. Feuer hat also unter unterschiedlichen Umständen unterschiedliche Qualitäten. Ähnlich verhält es sich mit Reichtum, Frau, Mutter, Kind und anderen Dingen. Sie verursachen Freude und Kummer. Warum ist dein Vater, Muktachuda, trotz seines unermesslichen Reichtums, trotz seiner Söhne und seiner Frau immer so traurig? Andere, die all das nicht besitzen, sind sehr glücklich. Weltliches Glück ist mit Elend, Schmerz, Furcht und Angst gemischt. Es kann nicht als wirkliches Glück betrachtet werden. Das Elend ist persönlich und unpersönlich, intern und extern. Das externe Elend wird durch die äußeren Erkrankungen des Körpers verursacht. Das innere Elend zeigt sich im nimmermüden Strom der Wünsche. Die Wünsche stehen in Verbindung mit dem Verstand. Aus diesem Grund ist das innere Leid größer als das äußere. Es ist der Same für alles Leid.

Die ganze Welt ist in diesem inneren Elend ertrunken. Der Baum des Elends trägt Wünsche als nie versagenden Samen. Sogar Indra und andere Götter wurden durch diese Wunsche genötigt. Sie wurden Tag und Nacht von ihnen beeinflusst. Wenn es keine Wünsche gibt, dann kann allmählich Frieden einkehren. Im Menschen ist, inmitten von Tausenden von unbefriedigten Wünschen, nur sehr wenig Zufriedenheit anzutreffen. Dieser Zustand kann nicht als Glück bezeichnet werden. Und wenn du sagst, dass du glücklich bist, wenn du meine körperliche Schönheit betrachtest, ist dieses Glück genau so illusorisch, wie das Umarmen einer hübschen Frau in einem Traum. Hemalekha erzählte weiter: „Ein schöner Prinz hatte eine sehr attraktive Frau. Er war sehr von ihr angetan. Sie aber, war in den Diener des Prinzen verliebt. Sie betrog den Prinzen hinterlistig. Der Diener mischte eine berauschende Droge in den Wein, der dem Prinzen gegeben wurde. Dann schickte er dem Prinzen ein hässliches Dienstmädchen. Er selbst amüsierte sich mit der Frau des Prinzen. Der Prinz dachte in seiner Berauschtheit: „Ich bin sehr glücklich. Ich habe die hübscheste Frau der Welt.“ Viele Tage vergingen auf diese Weise.

Eines Tages vergaß der Diener, das Narkotikum in den Wein zu tun. Außerdem trank der Prinz an diesem Tag nicht so viel. Er rief die Frau, als er ein Opfer seiner Leidenschaften wurde. Dann aber bemerkte er, dass die Dienstmagd kam. Er fragte sie, wo seine geliebte Frau sei? Zuerst schwieg sie. Dann aber bedrohte der Prinz sie mit dem Schwert. Er sagte, er werde sie töten, wenn sie nicht die ganze Wahrheit sage. Sie erklärte ihm alles und zeigte ihm den Platz, wo seine schöne Frau mit dem Diener war. Der Prinz sagte: „Was für ein Narr war ich. Ich habe mich selbst erniedrigt, indem ich trank. Wer auch immer eine Frau zu sehr liebt, ist verachtenswert. So wie ein Vogel nicht auf einen bestimmten Baum fixiert ist, so ist auch eine Frau nicht auf einen Mann fixiert. Sie hat einen unbeständigen, unsteten Verstand. Ich habe ein Biest bekommen. Außerdem habe ich meine Unterscheidungskraft verloren. Ich hielt meine Frau für wertvoller, als mein eigenes Leben. Ein Mann, der einer Frau zugetan und ihr ergeben ist, ist in der Tat ein wahrhaftiger Esel. Frauen schwinden dahin, wie der herbstliche Himmel. Bis heute verstehe ich die Natur der Frauen nicht. Sie verlässt mich, der ich mich immer so zuverlässig um sie gekümmert habe und geht zu dem Diener. Sie täuschte mir, wie eine dramatische Schauspielerin, Liebe vor. Ich wurde betrogen. Dabei ist der Diener äußerst unattraktiv. Was mag sie bloß an ihm finden? Der Prinz war von allem angeekelt. Er verließ das Königreich und ging in den Wald.“

Hemalekha fuhr fort: „Schönheit ist nur eine geistige Schöpfung. Schönheit ist eine Geistesgeburt. Gerade so wie du Schönheit in mir erblickst, finden andere sogar mehr Charme in hässlichen Frauen. Sieht ein Mann eine Frau, so wird ihr Spiegelbild im Geiste eines Mannes abgebildet. Wenn ein Mann ständig an die Schönheit einer Frau denkt, dann werden auch die Leidenschaften angeregt. Der Mann, in dem die Wünsche erwacht sind, erfährt sinnliches Begehren, während der, dessen Wünsche nicht angeregt sind, nicht an hübschen Frauen interessiert ist. Die Ursache, für das Erwecken der Leidenschaften, ist das konstante Denken über die Schönheit der Frauen. Jungen und Asketen denken nicht daran. Demzufolge haben sie keinen Wunsch nach sinnlichen Vergnügen. Die, die Vergnügen an der Gesellschaft einer bestimmten Frau haben, erzeugen in ihrem Verstand ein Bild von der Schönheit der Frau, egal ob sie schön oder hässlich ist. Sie übertragen ihre Vorstellung von Schönheit auf die Frau. Ein leidenschaftlicher Mann ist in seiner Verliebtheit blind. Er empfindet selbst die hässlichste Frau als hübsch. Auch Amor wird oft mit verbundenen Augen gemalt. Der leidenschaftliche Mann findet die Schönheit der himmlischen Nymphe Rambha selbst in der hässlichsten Frau.

„Die Menschen sind in die Schönheit des Körpers vernarrt. Sie vergessen dabei, dass er aus Fleisch und Blut, Nerven, Haut, Knochen, Haaren, Galle, Schleim, Urin und Exkrementen besteht! Wie können solche Menschen, die so sehr am körperlichen Vergnügen orientiert sind, sich den Würmern überlegen fühlen? O Prinz, du findest meinen Körper so attraktiv. Jetzt analysiere einmal meinen Körper, Teil für Teil, und denke darüber nach. Alle Dinge, die wir essen, werden in Kot umgewandelt. Wo sind also all die Dinge, die so lieblich, entzückend und lustvoll sind?“ Hemachuda hörte den nektargleichen Äußerungen Hemalekha’s mit großer Aufmerksamkeit und Interesse zu. Er entwickelte Leidenschaftslosigkeit und Unterscheidungsvermögen, meditierte über den alles durchdringenden, reinen und unsterblichen Atman und wurde ein Jivanmukta, ein befreiter Weiser. Manichuda lernte die Wahrheit von seinem Bruder, Muktachuda von seinem Sohn, und seine Frau von ihrer Schwiegertochter. Die Minister und Bürger dieser Stadt wurden weise. Sogar die Vögel dieser Stadt, zwitscherten weise von den Dächern. Der weise Vamadeva und andere beobachteten, dass alle in dieser Stadt, einschließlich der Tiere und Vögel, lernten und weise wurden. Darum wurde die Stadt Vidyanagar (heute Hampi) in Südwestindien, Stadt der Weisheit, genannt.

Hampi liegt mitten in Indien im Staat Karnataka und war vor ungefähr 800 Jahren die Hauptstadt des hinduistischen Königreichs Vijayanagar und angeblich von ca. 1 Millionen Menschen bewohnt. Durch einen Einfall muslimischer Soldaten wurde die Stadt nach mehreren Kriegen dem Erdboden gleich gemacht. Die Bewohner flüchteten, und der Legende nach soll ein portugiesischer Reisender an seinen König berichtet haben, „hier leben nur noch Tiger“. Heute sind der Haupttempel und die zuführende Hampi-Bazaar-Straße wieder von Einheimischen und Händlern aus anderen Bundesstaaten belebt. In einem Gebiet von 30 km² sind überall kleine Tempel und hinduistische Statuen verstreut. Die Kulturdenkmäler sind in eine außergewöhnliche Felsenlandschaft eingebettet, die von fruchtbaren Bananenplantagen und Reisfeldern durchschnitten ist. Die Region lebt vom Fluss (Viannagara oder Tunghabhadra), der die paradiesisch anmutende Landschaft im natürlichen Flusslauf begrünt.


22.6 Körperliche Schönheit ist keine Schönheit

Einst, als ein junger Prinz auf der Jagd war, sah er auf den Sandbank eines Flusses, eine schöne Prinzessin. Die Prinzessin hatte Interesse an der Philosophie gefunden. Sie hatte einige vedantische Bücher studiert und praktizierte tiefe Meditation auf Atman. Der Prinz näherte sich ihr und wünschte sie zu heiraten. Sie aber lehnte ab. Der Prinz bat sie immer und immer wieder. Schließlich erklärte sie ihm: „Besuche mich bitte in 10 Tagen. Dann werde ich dich heiraten.“ Der Prinz war auch ein Vedantaschüler, aber er besaß keine Leidenschaftslosigkeit. Er verbrachte schlaflose Nächte und am Morgen des zehnten Tages fuhr er sehnsüchtig zum Palast der Prinzessin. Die junge Prinzessin aber hatte bereits einen Plan ersonnen, einer Heirat zu entkommen. Sie hatte 10 Tage lang ein Abführmittel aus Krotonöl (Krebsblume) genommen. Den Durchfall dieser 10 Tage hatte sie in 10 separaten Nachttöpfen gesammelt, die sie alle fein säuberlich in einem großen Raum aufbewahrte. Die Nachttöpfe bedeckte sie mit hübschen seidenen Kleidern. Dann schaute sie auf ihre Haut und ihre Knochen. Ihre Augen waren eingefallen und sie legte sich auf das Bett.

Der Prinz kam, um sie mit großer Freude zu treffen. Die Dienstmagd führte den Prinzen in den Raum, in dem die Prinzessin lag. Der Prinz aber konnte sie nicht erkennen. Er fragte das Dienstmädchen: „Wo ist die hübsche junge Frau? Das ist nicht die Frau, die ich vor 10 Tagen traf!“ Aber die Prinzessin antwortete: „Lieber Prinz, ich bin dieselbe Frau, die du vor 10 Tagen getroffen hast. Ich habe sorgfältig meine Schönheit im jenem Raum dort aufbewahrt. Sei so freundlich und geh mit mir, um die gesammelte Schönheit zu bewundern. Komm mit mir. Ich werde sie dir zeigen.“ Sie ging zusammen mit dem Prinzen in den Raum, entfernt die seidenen Kleider, und fragte den Prinzen, ob er ihre Schönheit bewundern wollte. Sie fügte hinzu: „Dies ist die Schönheit meiner Haut und meines Fleisches.“ Der Prinz war fassungslos. Er sprach nicht ein Wort zu ihr. Er warf sich zu ihren Füßen und betrachtete sie als seine Mutter. Er warf seine fürstlichen Gewänder fort und zog sich in die Wälder zurück. Nun war sein Herz mit intensiver Leidenschaftslosigkeit erfüllt. Er suchte den Schutz eines Weisen, der ihm Anweisungen erteilte, praktizierte Meditation und erreichte schließlich Selbstverwirklichung.


22.7Wie kontrolliert man die Lust?

Der Verstand ist wie ein Geist. Er ist immer rastlos. Einst hatte ein brahmanischer Gelehrter durch Mantrameditation die Kontrolle über seinen Geist erlangt. Der Geist sagte zum Gelehrten: „Ich kann jede Arbeit für dich in einer Minute erledigen, denn ich besitze übernatürliche Kräfte. Du kannst mir jederzeit die verschiedensten Arbeiten auftragen. Wenn du mich aber nur für eine Sekunde ohne Arbeit lässt, dann verschlinge ich dich sofort.“ Der Brahmane stimmte zu. Der Geist grub einen Graben, pflügte die Felder und erledigte verschiedene Arbeiten in kurzer Zeit. Für weitere Arbeiten aber war der Geist nicht mehr erforderlich. Der Geist drohte ihm: „Es gibt keine Arbeit mehr für mich. Ich werde dich verschlingen.“ Der Brahmane war ein wenig verwirrt. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er ging zu seinem Guru und erklärte ihm seine Situation. Sein Lehrer sagte zu ihm: „Benutze deinen gesunden Menschenverstand. Lasse einen großen, starken, hölzernen Pfosten vor deinem Haus anbringen, trage Rizinusöl, Wachs und andere schmierige Substanzen auf dem Pfahl und bitte den Geist, den Pfahl den ganzen Tag hinauf und hinab zu klettern.“ Der Brahmane tat, was ihm sein Guru sagte und kontrollierte damit den Geist ohne irgendwelche Schwierigkeiten. Der Geist war ihm hilflos ausgeliefert. Genau so solltest du den Verstand beschäftigt halten, damit er sich nicht permanent mit sinnlichen Gedanken beschäftigt: Japa, Meditation, Selbsterforschung, Nächstenliebe, Kirtan (Mantrasingen), Beten und so weiter. Du musst ihn vollkommen beschäftigt halten. Nur dann kann er vollkommen kontrolliert werden. Nur dann schleichen sich keine schlechten Gedanken ein. Dann bist du sowohl im psychischen wie auch im physischen Brahmacharya gefestigt. Hat man erst einmal psychisches und physisches Brahmacharya verwirklicht, dann kann man etwas lockerer an die Sache herangehen, da der Verstand nicht mehr das Bedürfnis hat abzuschweifen. Dann fühlt er sich nämlich am wohlsten, wenn er Einpünktigkeit praktiziert.


22.8 Ausgewählte Worte

Yajnavalkya (bedeutender klassischer Yogatext): Brahmacharya heißt enthaltsam leben von allen Arten des Geschlechtsverkehrs, sowie von jeglichem sexuellen Genuss, an allen Plätzen und unter allen Umständen, physikalisch, geistlich und verbal.

Daksha Smriti (die Smriti sind spätere Erklärungsversuche der Veden)
:1. An eine Frau oder ihr Bild zu denken
2. eine Frau oder ihr Bild zu loben
3. etwas mit einer Frau oder ihrem Bild zu unternehmen
4. flüchtig auf eine Frau oder ihr Bild zu blicken
5. geheim mit einer Frau zu reden
6. an sündhaftes Tun mit einer Frau zu denken
7. das Besprechen sinnlichen Tuns und
8. das Ausüben sinnlichen Tuns

– mit dem Ergebnis des Samenverlustes – sind die acht Eigenschaften des Geschlechtsverkehrs. Brahmacharya ist allen diesen acht Tätigkeiten entgegengesetzt.

Mahabharata (hinduistisches Epos): Wisse, dass es in dieser Welt nichts gibt, das nicht durch einen Yogi erreicht werden kann, der von der Geburt bis zum Tod ein vollkommenes Zölibat praktiziert hat. Der eine, erlangt das Wissen der vier Veden und der andere, erlangt das perfekte Zölibat der Veden. Der zweite ist dem ersten, der das Zölibat anstrebt, überlegen.

Shankaracharya (Vedanta-Philosoph): Brahmacharya oder fleckenlose Keuschheit ist die beste aller Bußen. Ein Brahmachari solch fleckenloser Keuschheit ist kein menschliches Wesen, sondern in der Tat ein Gott. Für einen Brahmachari, der seinen Samen mit großen Bemühungen bewahrt, gibt es in der Welt nichts unerreichbares. Durch das Vermeiden des Samenverlustes, wird jemand so wie ich.

Chhandogya Upanishad (philosophische Schrift): Jenen Yogis, die die Welt Gottes durch Keuschheit finden, gehört dieses himmlische Land. Ihnen gehört die Welt des Friedens.

Buddha: Ein kluger Mann sollte die Heirat meiden, als ob sie eine Grube glühender Kohle wäre. Vom Kontakt kommt die Empfindung, von der Empfindung kommt die Lust, von der Lust kommt das Anhaften. Indem man sich von dieser Verhaftung löst, wird die Seele von allem sündhaften Dasein befreit.

Narada (altindischer Weiser): Die sexuellen Neigungen, obwohl sie anfangs wie kleine Wellen sind, erlangen die Dimensionen eines Meeres, wenn man in schlechter Gesellschaft ist.

Krishna: Die Sinneslust zerstört das Leben, den Glanz, die Stärke, die Vitalität, das Gedächtnis, den Reichtum, den Ruhm, die Heiligkeit und die Hingabe zu Gott.

Siva Samhita (Quellentext des Hatha Yoga): Der Tod wird beschleunigt, indem man seinen Samen verausgabt. Das Leben wird verlängert, indem man ihn bewahrt. Es gibt keinen Zweifel, dass Leute vorzeitig sterben, indem sie ihren Samen verausgaben. Dieses wissend, sollte der Yogi seinen Samen bewahren und im Zölibat leben.

Atreya (indischer Philosoph): Vorsicht in der Diät ist vom dreifachen Wert, aber Enthaltsamkeit vom sexuellen Verkehr ist vom vierfachen Wert. Der Sanyassin (Mönch) hatte und hat die Regel, niemals nach einer Frau zu sehen.

Manu (Gesetzbuch des Hinduismus): Lass einen Brahmanen keine nackte Frau sehen.


Abschnitt IV. Ein Symposium

23. Kommentar von Swami Chidananda

8. Spirituelle Anweisung: Bewahre die lebenswichtige Kraft, den männlichen Samen, sehr sehr sorgfältig. Der Same ist Ausdruck Gottes, göttliche Kraft. Der Same ist Energie, er ist die Quelle des Lebens, der Gedanken und der Intelligenz. Brahmacharya ist die dritte der fünf Verhaltensregeln in den Yoga-Sutras von Maharshi Patanjali. Brahmacharya wird in praktisch allen Heiligen Schrift der Veden, der Bhagavata, des Ramayana und in allen Puranas erwähnt. Es ist ebenso in allen Yogas enthalten, im Bhakti Yoga, im Jnana Yoga, im Hatha Yoga und im Raja Yoga. In der hinduistischen Tradition sind drei grundlegende Regeln für die Praxis der spirituellen Entwicklung festgelegt. Sie sind Nichtverletzen, Ehrlichkeit und Keuschheit. „Wenn du höchste Glückseligkeit wünschst, dann gib den Wunsch nach sinnlichen Genüssen auf, und wie Nektar werden die dreifachen Tugenden der Keuschheit, des Nichtverletzens und der Ehrlichkeit dich mit Seligkeit erfüllen.“ Durch die Jahrhunderte bestimmte diese Lehre das Streben nach höherer Spiritualität.

Im Rahmen des christlichen Glaubens, der durch Jesus von Nazareth gelehrt wurde, sind Glaube, Hoffnung und Nächstenliebe die Kardinaltugenden. Innerhalb des Christentums sind die Mönchsorden eine christliche klösterliche Tradition. In dieser klösterlichen Tradition sind drei Gelübde unentbehrlich. Dies sind Armut, Keuschheit und Gehorsam. Es ist das Gelübde der Mönche. Es ist das Gelübde der Mönche und Priester in den Priesterseminaren, als auch das Gelübde der Nonnen in den Nonnenklöstern. Es bestand auch in der vorchristlichen Zeit, für die mystischen Orakel von Delphi in Griechenland. Nur keusche Priesterinnen waren qualifiziert, in Trance den Willen Gottes zu erbitten, der dann von den Oberpriestern interpretiert wurde. Diese keuschen Priesterinnen hatten ihr Leben Gott und ihrer Aufgabe gewidmet. Man war davon überzeugt, dass Gott seinen heiligen Willen, nur solchen Jungfrauen mit reinem Geist und reinem Herzen offenbaren würde. Sie wurden die unberührten Jungfrauen von Delphi genannt. So begann die Tradition des Brahmacharya, der Keuschheit, der Selbstkontrolle, der sexuellen Reinheit, nicht erst im Christentum, es gab sie bereits innerhalb der Tradition des Judentums.

Anmerkungen des Übersetzers:

Zölibatäre Juden

Die bekanntesten zölibatären Juden des Alten Testaments waren Josua (1.230 v.Chr.), der Sohn Nuns, der Moses diente und später sein Nachfolger wurde, der biblischen Prophet Elija (Elias), der im 9. Jahrhundert vor Christus lebte und als Vater des monastischen (mönchischen) Lebens betrachtet wird und Gideon (zwischen 1.230 und 1.000 v.Chr.), der Israel aus der Hand der Medianiter rettete.

Bereits in der religiösen Überzeugung und dem Glaubensleben des Judentums nahm Elija einen außerordentlichen Platz ein, so dass das Auftreten Johannes des Täufers und Jesu selbst die Erinnerung an Elija, der wiederkommen sollte, lebendig werden ließen. Elija wurde selbst als Vorläufer oder Begleiter des Messias oder selbst als messianische Gestalt erwartet. Elija gilt als alttestamentliches Urbild des monastischen (mönchischen) Lebens. „Monastisch“ sei hier in seinem ursprünglichen Sinn verstanden, als „einsam mit Gott“, oder „für Gott allein“. In Elija, dem geheimnisvollen Fremdling, ohne Haus und Familie, erkannten bereits die Wüstenväter diejenigen Eigenschaften, die den Monachus (Mönchen) ausmachen.

Die bekanntesten zölibatären Juden des Neuen Testaments waren zunächst einmal Jesus Christus der Erlöser. Weitere zölibatäre Juden waren Johannes der Täufer, der als Asket in der Wüste lebte, sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährte und eine Schar Anhänger um sich gesammelte hatte. Er taufte Jesus und wurde später ins Gefängnis gesperrt und enthauptet. Auch die Apostel Paulus und Johannes lebten zölibatär.


Priester im alten Testament

In den alttestamentlichen Büchern Exodus (2. Buch Mose) und Levitikus (3. Buch Mose) ist die Rede von Reinheitsvorschriften. Bei bestimmten Festlichkeiten und heiligen Handlungen übten die Juden sexuelle Enthaltsamkeit, aber auch Enthaltsamkeit von der Arbeit, von Speisen usw. Vor Christus breitete sich die jüdische Essenerbewegung (die Frommen) aus. Die Essener sagten sich vom Tempel und seinem Opferdienst los. Sie lebten meist ehelos in Klostergemeinschaften zusammen und mussten sich vielen Reinheitsvorschriften unterziehen. Voll Eifer in einem Leben des Gebetes, der Enthaltsamkeit und der Arbeit erwarteten sie die nahe Ankunft des Messias.

Die Essener


Jesus und die Essener

 

Heute ist es unter Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Theologie eine allgemein akzeptierte Tatsache, dass Jesus Christus der Gemeinschaft der Nazarener angehörte, welche ein Zweig der Essener Glaubensgemeinschaft war (aus diesem Grunde müsste sein Beiname „Jesus von Nazareth“ korrigiert werden zur wohl richtigeren Bezeichnung „Jesus der Nazarener“, da zudem keinerlei Hinweise gefunden werden können, dass ein Dorf namens Nazareth in Jesus‘ Tagen existierte). 1974 wurden in den Höhlen der Quaratania-Bergen über dem Toten Meer Pergamenthandschriften und Papyrusrollen entdeckt, welche nachweisliche Überreste einer großen Schriftensammlung dieser religiösen Gemeinschaft der Essener sind. Obwohl die Schriften bis heute noch nicht vollständig übersetzt und ausgewertet worden sind, kann man eine große Ähnlichkeit zwischen der Lehre der Essener und der Lehre Jesu finden. Besonders interessant ist, dass sich die meisten der Jesus Christus in der Bergpredigt zugeschriebenen Seligpreisungen schon in diesen Schriftrollen vom Toten Meer finden, welche teilweise schon mehrere Generationen vor Jesus Leben verfasst worden sind! Hier stellt sich die Frage nach dem Ursprung dieser Lehren. Lassen sie sich noch weiter zurückführen als bis zur Glaubensgemeinschaft der Essener?

War Jesus also einer der ersten jüdischen Mönche (Yogis)?

yoga-vidya journal


Priester im Heidentum

Ebenso ist uns die Weihe der Ehelosigkeit heidnischer Priester bekannt, sowie ihre freiwillige Entmannung als Ausdruck der Götzenhuldigung und ihres priesterlichen Götzenkultes:

»Damit sie nicht durch Geschlechtsverkehr befleckt würden, sondern reine und heilige Mittler zwischen den Menschen und dem Gott oder der Göttin sein könnten, haben sich viele heidnische Priester entmannt. Kultische Entmannung findet sich z. B. in Babylonien, im Libanon, in Phönizien, auf Cypern, in Syrien, beim Artemiskult in Ephesus, im Osiriskult in Ägypten, im phrygischen Kybele-Attiskult, der sich im Morgen- und Abendland weit verbreitete. . . «

 


Zölibat im Judentum – Jesus Sirach
Das Buch Jesus Sirachist ein Buch der Weisheitsliteratur, das ungefähr 180 v.Chr. von dem in Jerusalemlebenden Juden Jesus ben Eleazar ben Sira auf hebräisch verfasst wurde. Obwohl das Buch nicht in den jüdischen Kanon aufgenommen wurde, wird es im Talmudzitiert, was die Hochschätzung des Buches durch die Rabbiner bezeugt. Es ist Teil der Septuaginta, der altgriechischen Übersetzung des hebräischen Alten Testaments und die älteste durchgehende Bibelübersetzung überhaupt, und wird von Katholiken und orthodoxen Christen, jedoch nicht von Protestanten und den meisten freikirchlichen Christen, als Teil der Bibel angesehen. Jesus Sirachschreibt u.a.:

Jesus Sirach 23, 16-18 : 16Zwei Gruppen von Menschen häufen die Sünden, drei ziehen den Zorn herbei: Leidenschaftliche Begierde, sie brennt wie Feuer und erlischt nicht, bis sie sich verzehrt hat; der Mensch, der am eigenen Leib Unzucht treibt und nicht aufhört, bis das Feuer verglüht; 17der Wollüstige, dem jedes Brot süß schmeckt, der nicht aufhört, bis er tot ist; 18der Mensch, der Ehebruch treibt auf seinem Lager, der bei sich denkt: Wer sieht mich?

An diesem Beispiel kann man sehr gut erkennen, wie die Heiligen Schriften oftmals durch den Zufall entstehen. Hätte man die Weisheiten des Jesus Sirach mit in den jüdischen Kanon aufgenommen, dann sähe der Talmud und wahrscheinlich auch die Bibel heute anders aus. Dann wäre die Enthaltsamkeit ein selbstverständlicher Bestandteil dieser heiligen Schriften. Es wäre also interessant, zu erfahren, warum man diese Weisheiten nicht mit in den jüdischen Kanon aufgenommen hat.


Spiritualität und Sexualität im Judentum

Frage: Sie stammen aus einer weit zurückreichenden chassidischen Tradition (einer osteuropäischen orthodoxen Gruppe), und daher wollte ich mit Ihnen darüber sprechen, wie Sexualität im traditionellen Judentum gesehen wird. Was ist Ihrer Meinung nach die allgemeine jüdische Sichtweise von Sexualität?

Rabbi Schlachter-Shalomi: Im Judentum wird vom Moment der Eheschließung an „Ja“ zur Sexualität gesagt, nachdem es so viele Jahre lang „Nein“ dazu geheißen hatte. Die Hochzeit heißt „Kedushin“, aus der Wurzel „kadosh“, und das bedeutet heilig. Wenn der Ring gereicht wird, sagen sie: „Harai, at mekudeshet“, was bedeutet: „Du bist angetraut.“ Es herrscht also eine ganz besondere Einstellung dazu.

Frage: Können Sie mehr darüber sagen, was in der Jeschiwa (in den Tagesschulen oder den orthodoxen jüdischen Schulen) gelernt wird?

Rabbi Schlachter-Shalomi: Als ich etwa zwölf war, studierte ich den Talmud, und es gab Fragen, die damit zu tun hatten, ob der Geschlechtsakt vollzogen werden soll oder nicht. Das war eines der Dinge, die wir im Talmud studierten, also beschäftigten wir uns damit. Dieses Material wurde nicht versteckt, aber andererseits durften wir nichts dergleichen tun, Sie verstehen, was ich meine? Es gibt zum Beispiel eine sehr klare orthodoxe Lehre, die besagt, dass der Penis durch die Beschneidung heilig geworden ist und vor der Ehe nicht berührt werden darf.

Frage: Weil er Gott geweiht ist?

Rabbi Schlachter-Shalomi: Das war der Ausgangspunkt. Denn er wurde mit dem Zeichen des Bündnisses versehen. Und traditionellerweise durfte vor der Ehe natürlich nichts geschehen, und Masturbation wurde als Sünde betrachtet. Frage: Gab es jemals Rabbis, die im Zölibat lebten?

Rabbi Schlachter-Shalomi: Es gab einige, und sie wurden schief angesehen.

Frage: Gab es welche, die Schüler hatten, obwohl sie im Zölibat lebten?

Rabbi Schlachter-Shalomi: Nein, es gab nicht so viele Menschen in dieser Situation. Sie waren irgendwie suspekt. Vor langer Zeit, in den Zeiten des Talmud, gab es einen Rabbi, der von Feuer umgeben war, wenn er die Torah las; es hieß, es war so, als ob Engel um ihn herum wären. Er hieß Ben Azzai. Ben Azzai sagte: „Ich möchte nicht heiraten, denn meine Seele sehnt sich nach der Torah“, was soviel hieß wie: Ich habe keinen Platz für eine Beziehung. Aber im großen und ganzen runzelte man die Stirn darüber. Zum Beispiel wenn jemand Kinder unterrichten wollte, ließ man es nicht zu, wenn er unverheiratet war.

Rabbi Schlachter-Shalomi: Es steht in den Rollen vom Toten Meer geschrieben, dass es eine jüdische Sekte abseits der anderen gab, wo das Zölibat praktiziert wurde und man sich anscheinend nur mittels Adoption fortpflanzte. Man kann bei Philo und Josephus darüber lesen.

Frage: Was geschah mit ihnen?

Rabbi Schlachter-Shalomi: Wir wissen nicht genau, was mit ihnen passierte, denn sie mussten fliehen, aber es ist ganz klar, dass die frühen Kirchenväter, die in der Wüste lebten, aus dieser jüdischen Gruppe von Mönchen und Eremiten stammten. Sie trugen den Namen „Abba“, Vater. Wenn man die Wüstenväter liest, sieht man, dass sie Abba Poemen, Abba Ephraim und Abba Soundso genannt wurden. Und die Frauen, die großen Mütter dieser Zeit, hießen „Ima“, Mutter.

Frage: Das ist faszinierend. Es gab tatsächlich eine ganze Sekte von asketischen und zölibatären Juden?

Rabbi Schlachter-Shalomi: Ja.
Spiritualität und Sexualität im Judentum

Ende Anmerkung des Übersetzers

Bereits 500 Jahre vor Jesus hatte Buddha die Lehre der Keuschheit als eine notwendige Vorbereitung für die Suche nach Weisheit und Erleuchtung gelehrt. Buddha lebte als junger Prinz mit seiner Frau und seinem Sohn Rahul in einem Palast. Eines Tages verließ er seine Familie und ging als Mönch für 7 Jahre in den Wald. Die Abkehr von der Welt, eine große Entsagung, wurde wundervoll von Edwin Arnold in seinem Buch „Die Leuchte Asiens“, eine poetische Darstellung von Buddhas Leben, beschrieben. Daher ist das Zölibat etwas, dass der Menschheit vor undenklichen Zeit übergeben wurde. Es ist ein Teil des globalen Erbes aus unterschiedlichen Kulturen. Noch weiter zurück, bevor Zarathustra (altiranischer Prophet) und Buddha lebten, verkündeten die Propheten der Upanishaden (hinduistische philosophische Schriften, 700 v. Chr.) die gleichen Lehren. In den Veden (heilige Schriften des Hinduismus – 1200 v. Chr. bis 900 v. Chr.) befragten Indra (Kriegsgott) und Virochana (ein dämonischer Prinz, der sich der Sinneslust verschrieben hatte) einen der drei Hauptgötter Brahma (die anderen Hauptgötter sind Vishnu und Shiva) nach dem Weg zur Erleuchtung. Brahma schickte sie zurück und empfahl ihnen, für einige Jahre Brahmacharya zu praktizieren.

Brahma sagte zu ihnen: „Dann kommt zurück und fragt mich nach dem weiteren Weg. Ich werde euch mein Wissen übermitteln.“ Dann gingen sie, befolgten für einige Jahre das Zölibat und kehrten zu Brahma zurück. Brahma offenbarte ihnen einen weiteren Teil der Wahrheit. Er sagte: „Kehrt zurück und beachtet für weitere Jahre das Zölibat.“ Es ist notwendig, das Konzept zu erfassen, da es über die Reichweite des Verstandes und der Sinne, über Rede und Gedanken hinaus geht. Aber Indra und Virochana waren nicht in der Lage, es zu erfassen. Ein grober Verstand, der sich mit dem Körper, mit den Sinnen identifiziert, der dem Lustprinzip verfallen ist, ist unfähig, über theoretische Konzepte nachzudenken. Ein Verstand, der sich wegen der fortschreitenden Zunahme von unreinen und trägen Gedanken nur grob entwickeln konnte, ist nicht in der Lage, dem Ruf nach einem spirituellen Leben zu folgen. Erst müssen die Unreinheiten beseitigt und der Verstand verfeinert werden. Es sollten keine Grobheiten, keine Wünsche, keine Verhaftungen und keine sinnlichen Begierden mehr vorhanden sein. Eine bestimmte psychische Feinheit des Geistes ist dafür unerlässlich. Dadurch kann der Geist sich zu erhabenen Ideen, Gedanken und Prozessen aufsteigen, er kann Unterscheidungskraft entwickeln und Atman (die Seele) erforschen. Dieser Prozess der Reinigung, das Aufsteigen vom groben zum feinsinnigen, ist das wesentliche Konzept des Brahmacharya.

Der Weise, Rishya Sringa, war ein erfahrener Brahmacharya. Als das ganze Königreich durch eine Dürre von einer Hungersnot bedroht war, war der König tief beunruhigt und die Menschen des Landes waren in großer Furcht und Sorge. Darum rieten einige Weise, man solle diesen heiligen Mann, der das Gelübde des Zölibats abgelegt hatte, in das Königreich, in die königliche Stadt, holen. Dann würden die Himmel sie mit Regen segnen. So baten sie ihn, zu kommen. So wurde der Hunger und der mögliche Hungertod von vielen Menschen abgewendet. Vor langer, langer Zeit hatten die Puranas, die heiligen Schriften der Hindus, die primär der Anbetung der Gottheiten Brahma, Vishnu und Shiva dienen, und das Srimad Bhagavata Mahapurana, ein Text vishnuitischer Prägung, den höchsten Stellenwert für eine Frau, die ein Vorbild der Tugend, der Keuschheit und der Treue zu ihrem Ehemann war. Niemals dachte sie auch nur in Gedanken an einen anderen Mann, selbst nicht in ihren Träumen oder in ihrer Phantasie. Sie war so rein, dass die drei großen kosmischen Gottheiten, der Schöpfer, der Bewahrer und der Zerstörer, Brahma, Vishnu und Shiva ihre Größe anerkennen mussten.

Aber die drei Götter wollten die Frau auf die Probe stellen, um herausfinden, ob sie unter allen Umständen an ihrer Keuschheit festhielt. Sie aber bestand die Probe und erlangte Unsterblichkeit. Sati Anasuya, die Mutter des Trimurti, der göttlichen Dreigestalt (Brahma, Vishnu, Shiva), die alle drei göttlichen Aspekte, das Erzeugende, das Erhaltende und das Zerstörende in sich vereinigt hatte, inkarnierte später als Avatar Sri Dattatreya, eine hinduistische Gottheit, eine Verkörperung der Dreigestalt (Trimurti) Brahmas, Vishnus und Shivas. Er wird dargestellt als eine dreiköpfige männliche Gestalt in safrangelben Asketengewändern. Die große Weltenmutter Sita Janaki, die Königin und Frau des Gottes Rama, wurde durch ihre Tugenden als treue Ehefrau unsterblich. Ebenso die Paare, Maryada Purushottam und Bhagavan Sri Ramachandra sowie Jagan Mata und Sita Janaki. Sie werden von allen, die an den Veden und der vedischen Lebensart interessiert sind, als Ideale für das zweite Lebensstadium (es gibt insgesamt 4 Lebensstadien: 1. Brahmacharya = Schüler, 2. Grihasta = Eheleben, 3. Vanaprastha = die Kinder sind erwachsen, 4. Sannyasin = Mönch), dem Grihastashrama, betrachtet.

14 Jahre lang beachtete Laxmana, der Bruder des Gottes Rama, das Gelübde des Zölibats. Das gab ihm schließlich die Kraft, den Dämonen Indrajit, den unsichtbaren und unverwundbaren Sohn von Ravana, zu besiegen. In der Kulturgeschichte Indiens, erweckt der Name Bhishma’s Ehrfurcht und Bewunderung im Herzen eines jeden, der von ihn gehört und vom Gelübde, das Bhisma auf sich genommen hat, um den Wunsch seines Vaters zu erfüllen. Es ist in die Geschichte als Bhishma-Gelübde eingegangen. Er beachtete lebenslang das Brahmacharya und war einer der unbesiegbarsten Krieger in der Erzählung der Mahabharata, dem bekanntestes indische Epos. Man nimmt an, dass das Mahabharata erstmals zwischen 400 v. Chr. bis 400 n. Chr. niedergeschrieben wurde, aber auf älteren Traditionen beruht. Es umfasst etwa 100.000 Doppelverse. Ebenso ist die Entschlossenheit Bhagirath’s, ein anderer Nachkomme der königlichen Familie, der einst den Ganges vom Himalaya auf die Erde gebracht haben soll, beispiellos in die Geschichte eingegangen. Man spricht von den Bemühungen Bhagirathas!

Wir können diese Tatsachen nicht einfach als Torheiten oder als bedeutungslos beiseite schieben. Dies waren keine normalen Menschen. Es waren überdurchschnittliche, außerordentliche Persönlichkeiten mit großer Weisheit, großer Intuition und überragender Größe, die Selbstverwirklichung erreicht hatten. Heilige wie Vyasa (Autor der Mahabharata/Bhagavad Gita) und Valmiki (Autor des Ramayana), waren keine kindlichen, unvernünftigen Idealisten. Sie waren Brahma-Jnanis, Weise, die fähig waren, die Wirklichkeit des Brahman zu erkennen, und die uns damit unsere Unwissenheit, und unsere Unfähigkeit, Unterscheidungskraft zu entwickeln, demonstrierten. So scheint es wichtig zu sein, dass es nicht nur im Rahmen der vedischen Philosophie, sondern in allen großen Religionen der Welt, heute etwas gibt, das zutiefst wissenschaftlich und sinnvoll erscheint, und deren Einhaltung als äußerst bedeutend angesehen wird. Zarathustra, Sokrates, Jesus und Buddha, propagierten keinen Yogaweg, sondern sie lehrten einen Weg, um die höchste Seligkeit zu erlangen, indem sie das höchste Ziel der menschlichen Liebe, die Vereinigung mit Gott, anstrebten.

Dieses sind Anzeichen für das Konzept zur Bewahrung einer bestimmten dynamischen Energie im menschlichen biologischen Sein und dem Umwandeln dieser Energie während des Lebens. Ich bin hier, Chidananda, sitze und unterhalte mich mit euch, durch die Gnade Swami Sivanandas. Dies ist möglich, weil meine Eltern diesen Körper zeugten, in dem ich zum Zeitpunkt der vorbestimmten Geburt geboren wurde. Ebenso wie die Eltern Buddhas, von Raja Shuddhodana und Mutter Yasodhara ihren Körper auf die Geburt eines göttlichen Kindes vorbereiteten, haben wir die inspirierende Aufgabe, die Lehren unseres großen Meisters, Swami Sivananda, der viele Anhänger hat, der uns eine große Religion, eine Philosophie lehrte, und der einen Yoga-Ashram aufbaute, weiter zu tragen. Brahmacharya ist das Konzept des Bewahrens einer dynamischen biologischen Energie innerhalb des menschlichen Systems um es durch Sublimation in eine höhere und feinere Energie umzuwandeln. Diese veredelte und erhabene physische Energie wird als Ojas-Shakti bezeichnet. Ojas-Shakti bedeutet, das was leuchtet, das was strahlt. Diese intelligente Technik, eine wissenschaftliche Methode des Umwandelns von grober in feiner, von physischer in spiritueller Energie, wurde uns von erleuchteten Heiligen übermittelt.


23.1 Die Aufrechterhaltung der Arten

Durch die Fürsorge der kosmischen Intelligenz, die wir Para-Brahman und der kosmische Energie, die wir Para-Shakti, Adi-Shakti und Maha-Shakti nennen, ist es möglich gewesen, dass sich unterschiedliche Arten von Lebewesen, unterschiedliche Pflanzen und botanisches Leben, entwickeln konnte. Die Aufrechterhaltung der Arten ist das Gesetz des Lebens im gesamten Universum, in jeder Form des Lebens. Sie gilt nicht nur für den Menschen, sondern auch für die Tiere, für die Insekten, die Reptilien, die Fische, aber auch für die botanische Welt. Bei den Blumen gibt es die Bestäubung. Sie ist ein kompliziertes und geheimnisvolles Wunder und ermöglicht die Fortpflanzung der Blume. Diejenigen, die diese wundervolle Wissenschaft studieren, sind erstaunt über diese unbekannte und geheimnisvolle kosmische Intelligenz, die diesen Prozess hervorgebracht hat. Sie sind voller Bewunderung, wenn sie tiefer in die verewigten Prozesse des Lebens eindringen, angefangen beim rudimentären Leben einer Einzellzelle, die sich aufteilt und vervielfacht.

Wie wundervoll, dass selbst ein kleiner, zarter Same fähig ist zu keimen, so dass die Energie sogar die Kraft entwickelt, schweren Erdboden zu durchdringen oder gar einen Felsen zu durchbrechen. Was für ein Wunder! Welch große Kraft! Er spaltet die Erde, die zehn mal härter als sein weicher Sprössling ist, und dringt an die Oberfläche. Wenn zufällig ein keimender Same auf einer Betonterasse abgelegt wurde, dann bricht er sogar durch Ziegelsteine und Zementwände, verdrängt sie, und beginnt zu blühen. Diese Akt der Artenerhaltung und der Fortpflanzung ist überall anzutreffen. Es erfüllt und durchdringt das ganze Universum. Das gesamte Universum ist das Resultat eines ursprünglichen Wunsches nach Vermehrung. „Ich bin eins, kann ich mich vermehren?“ Darum sagen die Veden, dass dort ein unabwägbares, geheimnisvolles Sein existiert. Was dieses geheimnisvolle Sein ist, mag niemand zu sagen. Ein zweites Sein scheint nicht zu bestehen. Wer dieses Sein erfahren hat erkennt, dass Gott allein existiert.

Und in diesem geheimnisvolles Sein, entsprang der Keim einer Idee. Es entstand der Wunsch: „Ich möchte mich vermehren. Ich bin allein. Ich hätte gerne Kinder.“ Das ist der Versuch, die Schöpfungsgeschichte zu erklären. Das Konzept der Fortpflanzung, ist das Herz und der Kern der Existenz. Es wurde aus Brahman geboren und ist überall anzutreffen. In der Bibel wird sie auf verschiedene Weise dargestellt. Gott erschuf den Mann und sagte ihm: „Gehe hin und vermehre dich.“ Und wenn du in den Heiligen Schriften anderer Religionen forscht, dann findest du dort den gleichen Sachverhalt beschrieben. Die kosmische Intelligenz wird als Gott oder Paramatman bezeichnet, als oberste Seele oder Universalgeist und beinhaltet alles, was besteht. Und wenn in einer bestimmten Periode des Lebens eine Entscheidung getroffen wird, dann entspringt sie der Natur nach einem heiligen Akt. Der Atman ist kein Kind, der von Eltern gezeugt wurde. Er ist ein spiritueller Kern, ein Bewusstsein, der das ganze Universum durchdringt. Die Erschaffung neuen Lebens ist eine Akt, bei dem die Ehepartner mit dem Schöpfer Brahman kooperieren. Sie übernehmen einen Teil der Aufgabe Brahmans. Darum ist die Zeugung ein heiliger Akt.


23.2 Die Kraft des Brahmacharya

Es ist die unschätzbare Kraft des Brahmacharya, die Erfolg im Hören und Verstehen des Wortes Gottes, im Betrachten und in der Konzentration auf Gott, gibt. Sie gibt Erfolg in der Praxis der neun Methoden des Bhakti Yoga (dem Weg der liebenden Hingabe an Gott): 1. Sravana (das Hören von Gottes Wort), 2.Kirtana (das Singen oder Sprechen des Namen Gottes), 3. Smarana (das Erinnern an Gott), 4. Archana (das Opfern von Reis oder Blumen), 5. Vandana (Verehrung, Lobpreis), 6. Pada-Sevana (Liebe zu Gott, durch den Dienst am Nächsten), 7. Dasya (liebevolle Hingabe zu Gott als sein Diener), 8. Sakhya (freundschaftliche Liebe) und 9. Atma-Nivedana (Selbsthingabe). Es ermöglicht die erfolgreiche Praxis vom Raja Yoga, dem Königsweg, der die Herrschaft über den Geist anstrebt, und der aus Yama (die 5 Enthaltungen = Nichtverletzen, Nichtstehlen, Ehrlichkeit, Brahmacharya und Unbestechlichkeit), Niyama (5 Verhaltensregel = Reinheit, Zufriedenheit, Disziplin, Selbsterforschung und Hinwendung zu Gott), Asana (Yogaübungen), Pranayama (Atemübungen), Pratyahara (Zurückziehung der Sinne), Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Erleuchtung), besteht.

Die Praxis von Asana (Yogaübungen), Pranayama (Atemübungen), Mudra (Fingeryoga, symbolische Handgesten), Bandha (Energieverschlüsse = Muskelkontraktion die wie eine Sperre wirkt und dazu dient, den Fluss der Lebensenergien zu lenken), Kriya (Atemübungen, Zurückziehen der Sinne, Meditation – auf der Grundlage von Yama und Niyama) führen zu Samadhi (Erleuchtung). Es ist diese Kraft, die Ravindranath Tagore (bengalischer Dichter, Philosoph, Maler, Komponist, Musiker, der 1913 den Nobelpreis für Literatur erhielt), Bhagat Singh (indischer Revolutionär), Mahatma Gandhi, Beethoven, Bach, Albert Schweitzer, Jeanne d’Arc (die Jungfrau von Orléans, französische Nationalheldin) und Mutter Theresa (katholische Nonne albanischer Herkunft, Gründerin des Ordens „Missionarinnen der Nächstenliebe“ und Trägerin des Friedensnobelpreises) zu etwas Besonderem machten. Es ist diese erstaunliche Kraft, die den Weisen Valmiki und viele andere überragenden Menschen der Geschichte hervor brachte. Ihr Geheimnis bestand in der der Bewahrung und Sublimation der sexuellen Energie für einen höheren spirituellen Zweck.

Die lasterhaften Menschen, die diese lebenswichtigen Energien vergeuden, werden zu Nervenbündeln und zu Opfern verschiedener Krankheiten. Sie sind wie der törichte Sohn eines Multimillionärs, der sein Geld für Trinken, Spielen, Autos, Häuser und Land in Deutschland, in der Schweiz, in Italien, für Inseln auf Capri und Monte Carlo ausgibt, um irgendwann bankrott zu gehen und ein Leben als Bettler zu führen. Was auch immer ihm gegeben wurde, es wurde verschwendet. Er erkannte den Wert des Reichtums nicht, und wurde zu erbärmlicher Armut verurteilt. Was für ein bedauernswerter, bemitleidenswerter Zustand! Energie und Stärke sind für alle Prozesse und alle Tätigkeiten erforderlich. Um so intensiver die Aktivität ist, um so größer ist der Energiebedarf. Diesel kann Dieselmotoren antreiben. Benzin dagegen treibt Benzinmotoren an. Weder Diesel noch Benzin können ein Flugzeug zum fliegen bringen. Ein Flugzeug benötigt einen Treibstoff mit einer höheren Oktanzahl. Darum ist eine grobe Energie für körperliche Funktionen ausreichend. Eine feinere Energie ist für die intellektuelle Arbeit, für das Studium der Rechtswissenschaften oder der Kernphysik an der Universität erforderlich. Eine im hohem Grade veredelte und extrem feine Energie ist notwendig, um dich von der normalen Ebene in die göttliche Ebene zu tragen.

Meditation erfordert die feinste Energie. Es ist ein Läuterungsprozess, der dich persönlich mit der göttlichen Realität vertraut macht. Es ist die Stufe des Yoga, die dich zur Erleuchtung führt, in dem der Geist das Bewusstsein seiner vollkommenen Freiheit, Unabhängigkeit und seiner göttlichen Natur erfährt. Vielleicht kannst du dir jetzt vorstellen, wie feinsinnig und veredelt der Geist für diesen Prozess sein muss. Darum muss das grobe Bewusstsein zuerst verfeinert werden. Es ist wie bei der Erzgewinnung. Das Erz enthält Gold, aber es ist noch kein Gold. Es muss erst verfeinert, gesiebt und geschmolzen werden, bis es zu reinem Gold veredelt ist. So muss auch die biologische sexuelle Energie in eine subtile psychische, spirituelle Energie, die Ojas genannt wird, umgewandelt werden.


23.3 Die Aufgaben der Familienväter

Alles Reden über Brahmacharya sollte in uns nicht den Eindruck erwecken, dass die Sexualität in der hinduistischen Religion keinen Platz hätte, und dass das Zölibat die einzige Sache ist, auf der, als die höchste Tugend, beharrt wird. Das wäre ein Fehler, ein Missverständnis. Im Varnashrama Dharma, den vier Lebensstadien des Hinduismus (1. Schüler, 2. Familienvater, 3. Waldasket, 4. Sanyassin), in dem die Richtlinien für das Leben nach dem hinduistischen Glauben formuliert sind, wird das Brahmacharya als vollkommenen sexuelle Enthaltsamkeit, in der physischen, als auch in der mentalen Form, für drei der vier Lebensstadien, verlangt. Im Leben eines Familienvaters, wird die Sexualität als heilig betrachtet. Dafür wurden wohl durchdachte Regeln aufgestellt. Ein großes Abkommen an Ratschlägen, Anleitungen und Hinweisen sind für die zweite Lebensphase, für die Familienväter, erteilt worden, in dem die Sexualität nicht nur ein Recht, sondern als eine heilige Aufgabe betrachtet wird.

Es wird als eine wichtige und heilige Aufgabe betrachtet, Kinder zu zeugen, um für den familiären Nachwuchs und den Fortbestand der Generationen, zu sorgen. Dies wird als eine wichtige Funktion einer lebenslangen Partnerschaft, und als einer der heiligsten Aspekte des menschlichen Lebens, angesehen. Im Lebensstadium der Familie wird die Geburt eines Kindes einerseits als Freude, andererseits aber auch als Opfer betrachtet. Ebenso wie das Essen als ein Opfer betrachtet werden kann, nicht als eine Opfergabe, die man einem äußeren Feuer, sondern als eine Opfergabe, die dem inneren gastrischem Feuer angeboten wird; so wird auch der Zeugungsakt als ein heiliges Opfer angesehen, um die Ehepartner in ihren Kindern zu verewigen. Daraus entwickelte sich eine seriöse, gesetzmäßige Pflicht. Wenn die Eltern diese Pflicht nicht erfüllen, werden in den heiligen Schriften schreckliche Konsequenzen vorausgesagt. Wenn die Eltern keine Nachkommen haben und besonders, wenn sie keine männlichen Nachkommen haben, dann werden sie zur Hölle fahren. Eine spezielle Hölle ist für sie reserviert. Und darum sagen die vedischen Schriften, dass ein Brahmane sich eine andere Frau nehmen darf, wenn seine Frau kein männliches Kind bekommt. Er kann sogar vier Frauen heiraten. Da der männliche Nachwuchs besonders in einem königlichen Haushalt von Bedeutung ist, darf der König mehrere Frauen heiraten. Der Hinduismus hat also keineswegs eine sexualfeindliche Einstellung.

Anmerkung des Übersetzers: Zum einen sollte betont werden, dass die Sexualität in der Ehe ausschließlich zur Zeugung des Nachwuchses vorgesehen ist. Ich meine, dieses geht aus Swami Sivanandas Beitrag „Was bedeutet Brahmacharya in der Ehe?“ etwas deutlicher hervor. Außerdem gefällt es mir nicht so sehr, dass Swami Chidananda nicht weiter auf die Polygamie (Vielweiberei) und auf die Strafen eingeht, die einem Ehepaar drohen, falls sie keinen männlichen Nachwuchs bekommen. Ende Anmerkung.


23.4Brahmacharya in der modernen Gesellschaft

Unter Brahmacharya versteht man, sein Leben in der Art und Weise zu führen, dass man langsam aber sicher das Wissen über Brahman erlangt. In besonderer Weise, ist darunter die Enthaltsamkeit im Sexualleben zu verstehen. Aber dies ist ein unzureichendes Verständnis. Mahatma Gandhi sagte, dass kein Versuch, die sexuelle Leidenschaft unter Kontrolle zu bringen, erfolgreich sein wird, wenn man nicht gleichzeitig versucht, alle anderen Sinne ebenfalls zu kontrollieren. Vollkommenes Brahmacharya und vollkommene sexuelle Reinheit sind nur dann möglich, wenn man Selbstbeherrschung verinnerlicht hat. Du musst deine Ohren unter Kontrolle haben. Du musst deine Augen unter Kontrolle haben. Du musst deine Hände und Füße unter Kontrolle haben. Und du musst auch deine Zunge bzw. deinen Gaumen unter Kontrolle haben. Dann besteht die Möglichkeit, die sexuelle Reinheit zu verwirklichen. Swami Sivanandas Konzept des Brahmacharya beschränkt sich darum nicht nur auf die physische Zurückhaltung, auf die körperlichen Leidenschaften, sonders es schließt das geistige Brahmacharya mit ein. Er sagte: „Du musst sowohl das physische als auch das geistige Brahmacharya verinnerlicht haben, damit selbst im Traum kein sinnlicher Gedanke in deinem Verstand entstehen kann.“

Wie kommt es, dass in der heutigen modernen, materialistischen Gesellschaft die Sexualität solch einen bedeutenden Stellenwert einnimmt? Die Menschen sind von ihr besessen und werden von ihr beherrscht. Dies ist eine menschliche Perversion. Die Upanishaden, die philosophischen Schriften des Hinduismus, sprechen von der Stadt mit den neun Toren, die der geheimnisvolle Aufenthaltsort des Brahman ist. Diese Stadt ist unser Körper. Jede medizinisch bewanderte Person wird dir erklären, dass die Tätigkeit der Körperprozesse durch Anabolismus (Aufbau) und Katabolismus (Abbau) geschieht. Zusammengenommen werden sie als Stoffwechsel bezeichnet. Der Anabolismus ist ein Aufbauprozess, der Katabolismus ist ein Abbauprozess. Der Abbauprozess führt normalerweise zur Ansammlung von Rückständen. Angehäufte Rückstände sind unerwünscht und sie bedrohen, falls sie nicht entfernt werden, die Gesundheit oder gar das Leben des Menschen. Sie müssen also entfernt werden. Der Mensch kann diese Stoffwechselprodukte aufnehmen, indem er isst und trinkt. Weil das Leben Sauerstoff benötigt, atmet der Mensch durch die Nase. Möchtest du dagegen Wissen aufnehmen, dann geschieht das durch sehen, sprechen und hören.

Der Mensch besitzt zwei Ausscheidungsausgänge, durch die er seine Rückstände beseitigt. Die wichtigste Funktion der Ausscheidungsorgane ist die Beseitigung von Kot und Urin, die mit der Geburt beginnt und im Augenblick des Todes endet. Vom ersten Atemzug an, in dem die individuelle Seele in den Körper eintritt, bis zum letzten Atemzug, in dem die individuelle Seele den Körper wieder verlässt, bleibt die Ausscheidungsfunktion erhalten. Auf die gesamte Lebensdauer bezogen, ist dagegen die Fortpflanzungsfunktion nur in einer kurzen Periode erforderlich. Wenn wir die Anweisungen der Veden streng befolgen, beträgt diese Periode etwa ein Zehntel der Lebensdauer. In der restlichen Zeit, morgens, mittags, abends und nachts, wird dieser Ausgang nur zur Harnentleerung benutzt. Man kann sich keinen Architekten vorstellen, der ein Haus oder ein Gebäude entwirft, ohne Entwässerungskanäle für die Küche und das Bad einzuplanen. Andernfalls wird sich der Schmutz im Haus ansammeln, und man ist irgendwann notgedrungen gezwungen, das Haus zu verlassen. Werden die Giftstoffe also nicht vom Körper beseitigt, dann sammeln sie sich an, es kommt zu einer Blutvergiftung und schon bald wird die Person sterben.

Vor langer Zeit, als ich noch ein Student war, erklärte mir jemand, dass die unteren Körperöffnungen hauptsächlich für die Ausscheidung vorhanden sind. Aber anstatt, dass man den Penis als ein Ausscheidungsorgan betrachtet, der nur für eine sehr kurze Zeit als Fortpflanzungsorgan benötigt wird, damit die menschliche Rasse weiter bestehen kann, verleitet uns unsere Phantasie dazu, ihn viel stärker als ein sexuelles Lustorgan zu betrachten, als es seiner natürlichen Funktion eigentlich zugedacht ist. Das führt dazu, dass die Menschen sexbesessen und zu Sklaven ihrer Sexualität werden. Warum ist die Sexualität mit so viel Lust verbunden? Es ist absolut notwendig. Denn wenn es dieses sexuelle Vergnügen nicht geben würde, würde niemand daran denken, Kinder zu zeugen. Ein großes Problem der modernen Gesellschaft, ist allerdings das sexuelle Verhalten der Menschen. Dieses hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vom Schlechtem zum noch Schlechteren entwickelt. Die, die in Kontakt mit der westlichen Gesellschaft gekommen sind wissen, welche Veränderungen dies, besonders im Eheleben, mit sich brachte.

Es kam zu Ehescheidungen ohne Begrenzung, eine Sache, die in der viktorianischen Zeit mit großer Empörung betrachtet wurde. Die Menschen waren empört, wenn ein Mann seine Frau verließ, um mit einer anderen Frau zusammen zu leben, oder wenn eine Frau ihren Ehemann für einen anderen Mann verließ. Es war ein Riesenskandal. Es war eine Schande! Heutzutage ist es die Regel. Spezielle Gerichte sind sogar nur für Scheidungsfälle zuständig. Anmerkung des Übersetzers: Man sollte nicht vergessen, dass das viktorianische Zeitalter, eine Zeit des Umbruchs war, in der natürlich viele traditionelle Werte an Bedeutung verloren. Als Beispiel für die viktorianische Doppelmoral wird oft die ausufernde Prostitution genannt, die scheinbar der oftmals gepriesenen Selbstbeherrschung und ehelichen Treue widersprach. Tatsächlich tendierten viele Männer des Mittelstands dazu, die Heirat bis zum Aufbau einer gewissen finanziellen Sicherheit aufzuschieben und Zuflucht bei Prostituierten – deren tatsächliche Gesamtzahl schwer zu ermitteln ist – zu suchen. Umgekehrt erschien die Prostitution vielen Frauen, hauptsächlich aus der Unterschicht, als Möglichkeit zur Aufbesserung des Einkommens. Ende Anmerkung.

Warum verloren die traditionellen Werte so rapide an Bedeutung? Das Geheimnis liegt darin, mit welchen Augen man das andere Geschlecht betrachtet. Wie sieht ein Mann eine Frau und wie sieht eine Frau einen Mann? Swami Vivekananda, ein Schüler Ramakrishnas, wurde gefragt, was der entscheidende Unterschied zwischen der indischen Gesellschaft und der westlichem Gesellschaft ist. Er hatte Indien kreuz und quer zu Fuß durchwandert und das Leben der indischen Gesellschaft studiert. Er durchwanderte die Dörfer, die Städte und war bei vielen Familien zu Gast. Darum war ihm die indische Gesellschaft sehr vertraut. Er sagte zwei Sachen: „Ein Unterschied besteht in der Beziehung zwischen einem Guru und seinem Schüler. Der zweite Unterschied ist die Stellung der Frau. In der westlichen Gesellschaft, ist die Frau eine Frau (Dame), sie ist Frau so und so. In der westlichen Gesellschaft wird die Frau als Frau betrachtet, während die Frau in der indischen Gesellschaft hauptsächlich als Mutter angesehen wird. Darum wird die indische Ehefrau von allen, außer von ihrem Ehemann, als Mutter betrachtet.

Die allgemeine Anrede für eine Frau in ganz Indien, von Kap Comorin am südlichsten Punkt Indiens, bis zum Himalaja im Norden Indiens, ist Mutter. In der Öffentlichkeit wird sie immer als Mutter angesehen. Wenn ein Ehemann etwas von seiner Frau möchte, ruft er sie nicht mit ihrem Namen, sondern er spricht sie als die Mutter seines Sohns oder als die Mutter seiner Tochter an. Wenn Besucher im Haus sind, stellt er seine Frau als die Mutter seiner Kinder vor. In diesem Punkt unterscheidet sich die indische Gesellschaft also von der westlichen Gesellschaft. Dieses gibt uns einen Hinweis, wie die normale und natürliche Beziehung eines Mannes zu einer Frau aussehen sollte. Ein Mann, der über eine kultivierte Psyche verfügt, wird sich, wenn er eine Frau sieht, sie als ein menschliches Wesen betrachten und dabei keinerlei sinnliche Gedanken hegen. Folglich ist ein Mann für eine Frau entweder ein Bruder, ein Vetter, ein Neffe, ein Onkel, ein Vater oder ein Ehemann und eine Frau ist für einen Mann entweder eine Schwester, eine Cousine, eine Tante, eine Nichte oder eine Mutter.

Wenn aber ein Mann auf eine Frau trifft und das bei ihm sinnliche Gedanken auslöst, dann ist etwas grundlegend falsch in der Einstellung des Mannes gegenüber Frauen. Wenn eine Frau einen Mann sieht und sagt: „Was für ein Mannsbild.“ und dies die einzige Idee ist, die hinsichtlich des anderen Geschlechtes erwähnt wird, dann deutet auch dieses Verhalten auf ein fehlendes Bewusstsein hin. Wie kann solch eine falsche Haltung, der Fehler in der Betrachtung, in der Einstellung, in der Annäherung, im Gefühl, erklärt werden? Der Fehler liegt in der Reduzierung des jeweils anderen Geschlechts auf seine körperlichen Merkmale, auf seine äußere Beschaffenheit. Ein Mensch ist aber nicht nur ein körperliches und biologisches Wesen, er ist ebenfalls ein geistiges, intellektuelles und psychologisches Wesen. Er ist ein lebendiges Lebewesen, das sowohl physisch als auch psychisch existiert. Er hat eine pranische Ebene, wo er Hunger und Durst verspürt und Gefühle von Hitze und Kälte empfindet. Er hat eine psychologische Ebene, auf der sich spontan Gedanken, Erinnerungen, Phantasien, Meinungen, Gefühle, Haltungen und Stimmungen einstellen, über die er keine Kontrolle hat. Und es gibt einen anderen Teil, das sein inneres göttliches Sein verkörpert.

Die unterschiedliche Wahrnehmung auf der psychologischen Ebene einerseits und auf der spirituellen Ebene andererseits, kann durch Selbstbeobachtung, durch bewusste Wahrnehmung und Unterscheidungskraft verfeinert werden. Es ist ein intellektueller Prozess, der logisches Denken, Unterscheidungskraft, Wissbegierigkeit sowie Reflexions- und Wahrnehmungsvermögen erfordert. Dies ist ein Vorgang höherer Natur, ein Vorgang des Intellekts. Beide zusammen bilden das innere psychologische Niveau unseres Seins. In einem verfeinerten Intellekt arbeitet ein Bewusstsein, dass uns vermittelt, was uns als Menschen erlaubt und was uns nicht erlaubt ist. „Wir haben alle eine Kultur geerbt. Wir leben nicht als isolierte Wesen, sondern sind unmittelbar mit unserer Vergangenheit verbunden. Viele unserer Vorstellungen haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit: unsere Ideale, unsere Meinungen, unsere Verhaltensweisen und unsere Ansichten von richtig und falsch. Diese ganze bunte Vielfalt arbeitet in uns. Und so hat jeder ein anderes Bewusstsein davon, was schön oder hässlich, was edel oder verwerflich, was angemessen oder unangemessen, was richtig oder falsch ist, und darüber, was getan werden sollte oder was man lieber unterlassen sollte. Dieses Gefühl von einem Ideal, was richtig und falsch ist, wird als Ethik und Moral bezeichnet. Dies ist ein Handeln, das auf einer spirituellen Ebene stattfindet, die über das intellektuelle Niveau hinausgeht.

Wenn dein Bewusstsein eine bestimmte Verfeinerung erlangt hat, und diese Verfeinerung dein Bewusstsein mit deinem ethischen Niveau, mit deiner ethischen Individualität, in Verbindung bringt, dann findet dein Leben auf einer anderen Ebene statt. Herrscht allerdings noch eine gewisse Grobheit in deinem Bewusstsein und tendiert es gewohnheitsmäßig dazu, sich mit den gröberen Aspekten der menschlichen Persönlichkeit, mit dem physischen Körper, zu identifizieren, dann ist auch die gesamte menschliche Aufmerksamkeit auf den physischen und biologischen Aspekt gerichtet. In erster Linie ist es die biologische Ebene, die diese falschen Vorstellungen in uns weckt. Sie betrachtet das andere Geschlecht hauptsächlich unter einem physischen, sinnlichen Aspekt. Wenn du in dem Bewusstsein verwurzelt bist: „Ich bin dieser physische Körper“, dann betrachtet dein Bewusstsein ebenso alle anderen Menschen mit dem gleichen Bewusstsein. Lebst du in diesem Bewusstsein, und begegnest einer Frau, dann betrachtest du sie in erster Linie unter einem körperlichen Aspekt und reagierst aus einem animalischen, biologischen Empfinden heraus. Das weckt auf physischer Ebene Begehrlichkeiten und macht dich zum Sklave deiner Sinnlichkeit.

Es benötigt darum eine Verfeinerung des Bewusstseins. Du musst dich selbst erziehen. So wie man einen alten, losen Pantoffel abschüttelt und ihn durch einen neuen ersetzt, so solltest du deine alten Gewohnheiten abschütteln und sie durch neue ersetzen. Vor einigen Tausenden von Jahren, als es noch keine intellektuelle Entwicklung, noch keine Evolution gab, lebte eine menschlichen Rasse, die kaum durch eine spirituelle Entwicklung geprägt war. Diese Menschen lebten in einem Zustand von hundertprozentigem Körperbewusstsein, gerade so wie die meisten Tiere. Das Bewusstsein der Tiere ist total auf den Körper reduziert. Und wenn das Bewusstsein des Menschen sich überwiegend auf dem Niveau eines animalischen Bewusstseins befindet, dann ist es weit entfernt vom spirituellen Bewusstsein, und alles Reden über Yoga, über spirituelle Praktiken, über Ekstase und Erleuchtung ist vergebens. Wenn du die Kunst der Rede beherrscht und über gute Ideen verfügst, wird es dir vielleicht gelingen, die Menschen zum Nachdenken zu bewegen. Triffst du aber auf Menschen, die in einem Netz aus einem groben körperlichen Bewusstseins gefangen sind, dann wird es sehr schwer, sie zu überzeugen.

Die Hauptfunktion der unteren Extremitäten ist die Entwässerung, die Reinigung und die Beseitigung der Ausscheidungen. Das ist ihre eigentliche Funktion. Wenn aber diese Funktion, aus Gründen der sinnlichen Lust, beiseite geschoben wird, und die Sexualität in den Vordergrund rückt, weil der Verstand süchtig nach der sexuellen Befriedigung ist, dann verursacht das Probleme. Die kosmische Intelligenz und ihr offenkundiges Gegenstück, die Natur, hat innerhalb aller lebenden Geschöpfe einen biologischen Mechanismus errichtet, der einen Zeitpunkt vorgibt, an dem die Sexualität erwacht. Vorher zeigt sie nur sehr selten ihr Gesicht. In einem Kleinkind und in einem Kind erwacht sie nur äußerst selten. In ihrer Freude am Leben sind sie vollkommen nach außen gewandt. Kinder haben weniger Körperbewusstsein als Erwachsene. In dieser Beziehung haben die Erwachsenen ein gröberes Bewusstsein als Kinder. Folglich gibt es eine ausgeprägte Periode, in der dieses innere Element, dies innere sexuelle Prinzip, nicht empfunden wird. Es ist abwesend. Aber dann, von einem bestimmten Alter an, entwickelt sich allmählich die Sexualität. Zuerst äußert sie sich rein physisch. Verschiedene Symptome stellen sich ein.

Kleine Oberlippenbärte fangen an zu sprießen, die Stimme beginnt sich zu verändern und innerhalb des Körpers entwickelt sich ein erotisches Empfinden, das vorher in dieser Form nicht vorhanden war. Das sind vorpubertäre Veränderungen. Es ist eine Periode, in der der Mensch allmählich in die Pubertät kommt und erwachsen wird. Es ist die empfindlichste Zeit im Leben des Menschen und sie erfordert eine weise Führung, eine gute Atmosphäre, gute Ideen und ein gutes soziales Umfeld. Leider ist vieles in der modernen Welt, sozialschädlich, gefährlich und nicht wünschenswert. Dadurch wirken sehr viele negative Einflüsse auf die Jugendlichen ein. Im alten Indien entzogen sich die Menschen diesen negativen Einflüssen. Sie lebten in einer Gesellschaft, die das individuelle Wachstum, in allen Belangen förderte. Für dieses Lebensstadium entwickelten sie ein Erziehungsmodell, das den Namen Brahmacharya Ashrama trug. In diesem ersten Lebensviertel, lebten sie nicht mehr in der Stadt bei ihren Familien. Dadurch waren sie den negativen Einflüssen, sowie den vielfältigen Versuchungen und Verlockungen der Städte entzogen. Statt dessen lebten sie als Schüler in einer für sie förderlichen, erhebenden und natürlichen Umgebung.

Die Schüler standen mit dem ersten Sonnenstrahl auf, wenn der Wind sanft wehte und die Vögel zu zwitschern begannen. Sie atmeten unverschmutzte Luft, tranken sauberes Wasser und waren von einer herrlich blühenden Pflanzenwelt umgeben. Sie lebten im Haus eines Gurus, bei einem Weisen und seiner Frau, die in den heiligen Schriften bewandert waren. Der Guru und seine Frau führten ein Leben der Mäßigung, der Selbstkontrolle, hatten einen edlen Charakter und innere Reinheit verwirklicht. Die Schüler lebten in einer Familie mit einem vorbildlichen Tagesablauf. Dies war eine sinnvolle Basis, die ein Leben lang Früchte trug. In dieser wundervollen Atmosphäre, gediehen die Schüler hervorragend und sie entwickelten sich zu vorbildlichen Menschen. Sie glänzten durch ihre innere Reinheit, hatten starke, robuste Glieder und einen wohlgeformten Körper. Sie waren Frühaufsteher, machten ihre täglichen Yogaübungen und badeten in den Waldbächen. Im Laufe des Tages erledigten sie allerlei Arbeiten. Sie sammelten Brennholz für den Guru und für die Küche seiner Frau, sie schnitten Gras und sammelten Blätter für den Kuhstall des Gurus und arbeiteten auf dem Feld. Gleichzeitig studierten sie morgens und nachmittags zwei oder drei Stunden und wurden in den Abendstunden vom Guru unterrichtet. So wuchsen sie auf und waren von allen erniedrigenden Einflüssen geschützt.

Dieses Erziehungsmodell ist vollkommen anders, als das heutige Erziehungssystem, in der ein Schüler, eventuell sogar schon vom ersten Schuljahr an, mit ungünstigen Einflüssen zu kämpfen hat. Alles um sie herum, die Leute, der Anblick, der Lärm, der Schmutz, das Umfeld und die schlechten Einflüsse, alles ist negativ. Darum ist es notwendig, seine Stimme zu erheben und die Botschaft des Brahmacharya, der Selbstkontrolle und der Mäßigung, von den Hausdächern zu schreien, damit Reinheit in Gedanken, Worten und Werken wieder in die Seelen der Menschen einziehen kann. Die Menschen sollten alles menschenunwürdige vermeiden und lieber reine und aufbauende Literatur lesen, statt der entwürdigenden Schundromane. Sie sollten Pornofilme und Filme mit Gewalt verherrlichenden Darstellungen meiden. Alle diese negativen Einflüsse haben eine negative innere Entwicklung zur Folge. Schließlich ist der menschliche Verstand eine erstaunliche Kamera. Was auch immer er sieht, prägt sich ihm ein. Er ist wie ein Supercomputer. Man brauchst keine Daten einzugeben, er nimmt sie von selber auf. Die ganze Welt ist seine Quelle und dieser menschliche Computer wird, durch die gesellschaftliche Atmosphäre, wie ein Abfalleimer, mit Schmutz gefüttert. Darum ist es notwendig, den Menschen die rechten Anweisungen zu erteilen, ihnen die Augen zu öffnen. Die Lektion sollte beinhalten, wie man inmitten dieser vergifteten gesellschaftlichen Atmosphäre, von all dem Schmutz unberührt bleibt.

Dafür aber ist eine Neuorientierung des eigenen Bewusstseins erforderlich. Es reicht nicht, die Missstände lediglich aufzuzeigen. Will man die Menschen zu einer Verhaltensänderung motivieren, dann sollte man mit gutem Beispiel voran gehen. Du bist eine Person, die in diesem Universum lebt. Du solltest nicht versuchen, dich aus Verzweiflung in dein inneres Schneckenhaus zurückzuziehen. Es sollte ein Austausch mit anderen Menschen statt finden, andernfalls wirst du innerlich krank. Du wirst neurotisch und egozentrisch. Das ist keine gesunde Sache und sollte vermieden werden. Es sollte einen normalen menschlichen Umgang auf einer freundlichen Basis geben. Solch eine unerschütterliche, gesunde Grundlage kann nur auf einem hohen Niveau des eigenen Bewusstseins Früchte tragen. Wenn das Niveau deines Bewusstseins grob ist, unwissend, körperorientiert, dann bekommst du natürlich Schwierigkeiten, weil du dann auch nur diese Schwingungen bei anderen Menschen wahrnimmst. Du siehst andere, verstehst andere und stellst Beziehungen zu anderen her, die durch dein grobes körperorientiertes Bewusstsein bestimmt sind. Wenn du das ändern möchtest, dann musst du das Niveau deines Bewusstseins auf eine höhere Stufe bringen. Du musst dir darüber klar werden, dass du nicht nur der physische Körper bist, mit geistigen und intellektuellen Fähigkeiten, sondern dass du ebenfalls ein spirituelles Sein besitzt.

Dieser Wechsel in deinem Bewusstsein, sollte entwickelt und gefestigt werden. Dies ist der Schlüssel zum Erfolg im Brahmacharya, die Grundlage aller Errungenschaften. Wenn du dich selbst als einen groben biologischen und physischen Körper empfindest, dann wird deine ganze Beziehung zur äußeren physikalischen Welt nach demselben Muster abgewickelt, und du kannst dir vorstellen, wie das Resultat für dich aussehen wird. Jedes menschliche Wesen wird für dich nur ein grober physischer Körper sein. Diese Vorstellung wird dich Tag und Nacht begleiten. Du wirst besessen sein von einem körperlichen Bewusstsein. Und solange du dich nicht selbst von diesem groben körperlichen Bewusstsein befreit hast, wird dir kein Lesen, kein Weiser, kein Glaube, in irgendeiner Hinsicht weiterhelfen. Du musst den Schlüssel um drehen und plötzlich verändert sich das Niveau. Sobald dieses Niveau überschritten ist, bekommt das Thema Brahmacharya eine ganz neue Bedeutung für dich.

Die Ursache aller Sünden ist das Körperbewusstsein. Wenn du dich vom Körperbewusstsein befreien möchtest, dann beginne auf körperlicher Ebene. Sei fest im Brahmacharya verwurzelt. Brahmacharya führt zur Beherrschung aller anderen Sinne. Selbstbeherrschung, eine gesunde Ernährung, eine gute Gesellschaft, aufbauende Literatur und edle Gedanken fördern dieses Vorhaben. Kommt irgendein negativer Gedanke auf, dann sollte er sofort hinaus geworfen werden. Es sollte ihm nicht erlaubt werden, auch nur für einen kleinen Moment, nicht für den Bruchteil einer Sekunde, zu verbleiben. Diese Art der Selbstbeherrschung, sollte kultiviert, in deinem inneren Sein entwickelt werden. Wenn eine Person versucht, einen exklusiven Club zu betreten, dann muss sie zunächst am Türsteher vorbei. Ist die Person in dem Club unerwünscht, dann wird ihr der Zugang verweigert. Notfalls packt der Türsteher sie am Kragen und wirft sie zur Tür hinaus. Sie erhält keinen Zutritt. Genau so solltest du in deinem Kopf deinen eigenen psychologischen und ethischen Türsteher haben, der allen falschen Gedanken den Zutritt verwehrt. In gleicher Weise gibt es in hoch entwickelten Nahrungsmittel-Fabriken Maschinen, in denen Früchte und Nüsse für den Export ausgewählt werden. Sie laufen über ein Förderband und werden nach unterschiedlichen Größen sortiert. Die Nüsse und Früchte von schlechter Qualität werden aussortiert. Nur die gute Qualität wird weiter verarbeitet.

In der gleichen Weise sollte in deinem Verstand eine Auswahl getroffen werden, die die Ausschussware, die deinem spirituellen und ethischen Idealen widerspricht, automatisch beseitigt, sie hinaus wirft. Brahmacharya bedeutet vollkommene Reinheit, eine differenzierte Betrachtung von Dingen, Menschen und Erfahrungen, eine differenzierte und schonungslose Selbstanalyse. Das führt dazu, dass du dein Bild von dir selber, vielleicht korrigieren musst. Die erste Veränderung sollte also in dir selber stattfinden. In einem sehr wichtigen Teil seiner Lehren über Brahmacharya sagte Swami Sivananda: „Ändere deinen Blickwinkel.“ Das ist eine psychologische Einstellung. Er hat an einigen Beispielen aufgezeigt, wie eine ?nderung des Blickwinkels, zur vollkommenen Veränderung der Sichtweise und des Verhaltens führen kann. Ändert sich die Einstellung, dann verändert sich auch das Verhalten. Wir sollten Gott und uns selbst das Versprechen geben, über ein neues Leben mit einem neuen Bewusstsein nachzudenken. Dies sollte ein inneres Erwachen sein, das ein neues Licht und ein spirituelles Bewusstsein in uns entzündet. Wir sind die Erben einer großen ethischen Tradition, einer großen ethischen Kultur. Wir sollten die lebende Verkörperung dieser großartigen Kultur sein. Wir sollten versuchen, diese ethische Lebensanschauung, diese Lebensart, zu verwirklichen. Gott segne dich, um die Klugheit zu gebrauchen, dieses Erbe anzutreten, das wir aus der Vergangenheit empfangen haben. Meine Gebete sind mit euch. Möget ihr diese edle und erhabene Aufgabe der Selbstkultivierung bis zur Vervollkommnung anstreben.


23.5 Vorteile des Brahmacharya

Brahmacharya ist ein magisches Wort, ein Schlüssel zum Erfolg in allen Bereichen des Lebens. Es ist ein Glanz, der durch jeden Gedanken, jede Rede und durch alle Aktivitäten hindurchscheint. Es ist Tejas (inneres Feuer) und Ojas (spirituelle Energie). Es ist Para Shakti, die höchste Energie und Bhagavati, die Verkörperung der göttlichen Mutter. Es ist dynamische Göttlichkeit, Gott in der Bewegung. Es ist göttliche Kraft. Gott ist in diesem Kosmos, in diesem phänomenalen Prozess, als Brahma, Vishnu und Shiva vorhanden. Er ist in der menschlichen Gesellschaft in Form ihrer jeweiliges Energie vorhanden, als Parvati, Lakshmi und Saraswati, die wir jedes Jahr während der neun Nächte von Navaratri verehren. Im Herbst wird Navaratri gefeiert. Dies ist das Neuntagefest für drei Göttinnen. Die erste Göttin ist Lakshmi, die Spenderin des materiellen Wohlergehens. Die zweite ist Parvati. Sie ist Shivas Frau und wird auch Amma oder Mutter genannt. Als dritte und letzte wird Sarasvati verehrt. Diese Göttin ist für die Weisheit, den Intellekt, die Musik, die Sprache und Poesie und für die Schrift zuständig. Das gleiche kosmische Sein, das sich als Brahma, Vishnu und Shiva offenbart, das ebenso in diesem phänomenalen Universum als die Göttinnen Sarasvati, Lakshmi und Parvati agiert, wohnt in uns als die große Kundalini Shakti. Der wichtigste Aspekte der Kundalini Shakti ist seine Energie, eine kreative Kraft, eine kreative Energie. Man sagt, diese kreative Energie ist Gott in der Bewegung, göttliche Kraft.

Es ist eine Erscheinungsform von Para Shakti, der kosmischen Energie. Die Kontrolle der Sinne verwandelt die grobe physische Kraft in eine feine geistige und spirituelle Kraft. Es entwickelt sich eine intensive spirituelle Sehnsucht, die als Konzentrationskraft für positive Gedanken und zur Meditation genutzt werden kann. Sie kann uns zur Selbstverwirklichung führen. Dies alles und noch mehr kann die Kraft der Enthaltsamkeit für den Menschen tun. Die meisten den großen intellektuellen Genies waren Personen von großen Charakter, großer Selbstkontrolle und Konzentration: Vivekananda, Dayananda Saraswati, Mahatma Gandhi. „Samyam!“ (Selbstkontrolle) sagen die Upanishaden (philosophische Schriften). Der, der seine Sinne nicht beherrschen kann, wird kaum die feineren Energien und spirituelles Wissen erlangen. Die Selbstkontrolle ist nichts für Schwache. Darum betonte Swami Vivekananda die Geistesstärke, die Charakterstärke, die Stärke der Selbstkontrolle, sowie die Stärke des Körpers und des Verstandes.

Die Basis einer durchdringenden Reinheit im Leben, die Reinheit der Gedanken, der Phantasie, der Handlungen und von Brahmacharya ist der Charakter. Hat jemand einen erhabenen Charakter, dann ermöglicht die Stärke seines Charakters es ihm, ein erhabenes Leben zu führen. Die Basis des Charakters ist die Selbstkontrolle. Die Basis der Selbstkontrolle ist ein kluges Leben, das alles vermeidet, was sich negativ auf die Selbstkontrolle auswirkt. Unterscheidungskraft, Selbsterforschung, das Vermeiden von ungünstigen Umgebungen und sinnlichen Versuchungen, helfen dabei. Man sagt: „Diskretion ist besser als Heldenmut.“ Folglich sollte man wissen, wann man tapfer und stark sein sollte und wann man es vermeiden sollte, tollkühn zu sein, und wann man lieber diskret sein sollte. Es gibt ein Sprichwort: „Narren eilen, wo Engel sich fürchten, zu schreiten.“ Darum ist Diskretion besser als Heldenmut. Diese Diskretion, diese Selbstkontrolle, diese einsichtige Lebensweise kann nur aus Wachsamkeit, einer aufmerksamen Wachsamkeit, einer inneren Wachsamkeit, entstehen. Sie bedenkt, wohin man geht, und was geschieht, wenn man diesen Weg beschreitet. Sie bewahrt sich auch die Möglichkeit einer Umkehr, wenn sie erkennt, dass man in die falsche Richtung gegangen ist und geht dann in die richtige Richtung.

Die Basis solch einer Selbstkontrolle sind Grundregeln für das Leben, die nach vielerlei Betrachtung angenommen werden. Die Basis solcher Richtlinien ist das Erstreben eines erhabenen Ideals: „Ich möchte gerne dieses und jenes Ziel erreichen.“ Dieser erhabenen Idealismus kann es ermöglichen, jeden möglichen Sieg zu erringen. Die Grundlage dieses Idealismus ist eine heftige Sehnsucht. Zuerst einmal muss diese Sehnsucht in einem erwachen. Die Grundlage einer erfolgreichen akademischen Laufbahn an der Universität ist die Fähigkeit zu hoher Unterscheidungskraft bei seiner wissenschaftlichen Arbeit. Die Basis einer hohen Unterscheidungskraft ist studieren, studieren und noch einmal studieren. Das Licht zu mitternächtlicher Stunde, sowie das Vermeiden aller kostspieligen und zeitraubenden Aktivitäten, das Vermeiden einer frivolen und hedonistischen Gesellschaft, sind Kennzeichen eines erfolgreichen Studiums. Stattdessen sollte man den Umgang mit positiv gesinnten Menschen pflegen und begeisterte Aufmerksamkeit im Hörsaal zeigen, wenn der Professor seine Vorlesungen hält und fleißig seine Hausaufgaben erledigen. Das bedeutet Unterscheidung.

Die Grundlage eines Studiums, einer wissenschaftlichen Ausbildung gegenüber einer schulischen Ausbildung ist Ernsthaftigkeit. Es muss der Wunsch nach Erfolg vorhanden sein: „Ich möchte die besten Zensuren haben. Ich möchte zu den Besten gehören.“ So wird dieses Drängen, dieser begeisterte Anspruch zu etwas instinktivem. Er ist gesund und richtig. Eifer, Begeisterung, Wissbegierigkeit und Streben sind in hohem Grade lobenswert. Dieses ist ein positives, kreatives und konstruktives Drängen. Dies sollte angestrebt werden. Solch ein Streben kommt vom Verstehen. Man strebt nach etwas, das wertvoll ist. Wenn es lediglich eine äußere Erscheinung ist, der ich nachlaufe, dann mache ich mich zum Narren. Jedes Glitzern, jedes äußere Funkeln, eine flüchtige, angenehme Empfindung, ein kurzer Nervenkitzel, sollte einen beschämen. Jede Nachgiebigkeit ist eine Bankrotterklärung der Weisheit, der Verstandesschärfe und des Mangels an tiefem Nachdenken. Dieses begeisterte Streben entsteht, wenn wir wissen, dass allein das Göttliche die Erfüllung aller Wünsche und Begierden in unserer Suche nach Glück ist. Das ist Ananda, das Glück. Es ist süßer als die Nektarine oder sonst etwas auf der Welt. Es ist die Schönheit der Schönheiten, unvergleichbar! Du entwickelst einen tiefen Glauben in diese Wahrheit, in diese zentrale Erkenntnis, dass allein das Göttliche Erfüllung, das Erreichen des höchsten Glücks, bringen kann.

Wenn du wüsstest, dass der Kontakt mit sinnlichen Sensationen und Vergnügungen nur der Schoß des Schmerzes ist, würdest du ihnen nicht erliegen. Dieses Wissen entsteht durch den Kontakt mit weisen Menschen, durch die Worte eines Gurus oder durch das Studium der heiligen Schriften. Erfolgreiches Svadhyaya, das tägliche Studium der heiligen Schriften, entsteht dort, wo es einen tiefen Glauben gibt. Es kann niemals falsch sein, wenn du tiefes Guru Bhakti praktizierst, wenn du tiefe Liebe für deinen Guru empfindest, absolutes Vertrauen zu den Worten deines Gurus hast. Es ist die rechte Annäherung zum Leben. Darum wird in der Gita gesagt, eine Person ist, was ihr Glaube ist. „Erzähl mir, was er glaubt, und ich werde dir sagen, was er ist. Zeige mir, was er für Freunde hat, und ich werde dir erzählen, was er für eine Person ist.“ Darum entwickle festen Glauben an die Lehren des Gurus und an die heiligen Schriften. Immer wieder wird dein Guru dir sagen, sei überzeugt von der Leere der flüchtigen Namen und Formen. Flüchtige Dinge, die dich anziehen, erscheinen dir real, sie sind es aber nicht. Und sei überzeugt, du wirst weise und aufgeweckt, du wirst entflammt mit Idealismus. Ein großes Verlangen wird sich bei dir einstellen: „Ich möchte das höchste Wesen, die höchste Erfahrung kennen lernen. Ich wünsche Gotterkenntnis, Selbstverwirklichung.“

Wenn dieses Verlangen mit diesem Idealismus von dir Besitz ergreift, kannst du kein planloses, zufälliges und charakterloses Leben führen. Idealismus kann sich nur dort bilden, wo edle und erhabene Leitsätze beachtet werden. Ein moralisches Leben ist die Grundlage für Selbstbeherrschung. Selbstbeherrschung ist die Basis für einen edlen Charakter. Ein edler Charakter ist die Basis von Brahmacharya. Brahmacharya ist die Basis göttlicher Vollkommenheit und der Befreiung vom Leid. Brahmacharya ist die Grundlage eines göttlichen Lebens mit großer Begeisterung und Leidenschaft. Solch ein göttliches Leben ist das Herz von Swami Sivanandas Evangelium, seiner Lehre, seiner Botschaft an die Menschheit. Gott segnen dich, wenn er diese grundlegenden Wahrheiten über dich selbst, über dein Leben, deinen Charakter, dein Verhalten, über die Ideale, die du aus der Vergangenheit geerbt hast und über den erhabenen Weg, den du zukünftig beschreiten wirst. So wird dein kluger und praktischer Weg, den du heute beschreitest, durch das Erbe aus der Vergangenheit gestützt und veredelt. Wenn die Gegenwart klug genutzt wird, kann deine Zukunft eine Sache der Schönheit, der Freude für dich und für andere sein und eine Genugtuung für deine Bemühungen. Mögest du ein glückliches Leben führen. Die Weisen sagten, genieße nicht für eine kurze Zeit, um danach dauerhaft als Nervenbündel ins Krankenhaus eingeliefert zu werden. Aber sie sagten genieße und lebe 100 Jahre. Du kannst das Leben 100 Jahre lang genießen, wenn du klug und gemäßigt lebst.


23.6 Bücher über Brahmacharya

Swami Sivananda hat ein ganzes Buch nur  über Brahmacharya geschrieben. Ein anderer heiliger Mann, der spirituelle Lebensart verbreitete – Charakterbildung, Ethik, Moral, Körperkultur, Gesundheitskultur und mit gleichem Namen – Swami Sivananda aus Amaravati, nahe Nagpur im Maharashtra, hat ebenfalls ein ganzes Buch über Brahmacharya mit dem Titel „Brahmacharya Hechi Jeevan“ (Brahmacharya alone is Real life) geschrieben. Es wurde in Marathi (indoiranisch) geschrieben und wurde in viele Sprachen, in Kanarese (Südindien), Hindi (Nord und Zentralindien) und in Englisch übersetzt. Swami Jagadishananda von der Sri Ramakrishna Mission hat auch ein Buch über Brahmacharya mit dem Titel „The Creative Power of Continence“ geschrieben. Ein anderer Lehrer, der später sehr bekannt wurde und die skandinavischen Länder regelmäßig besuchte, war Sri Swami Narayanananda Saraswati, der seinen Ashram auf der Dehradun Road in Rishikesh hatte, hat auch ein  sachkundiges Buch zum diesem Thema geschrieben (>> Brahmacharya für Jungen und Mädchen).


24. Die überragende Bedeutung des Brahmacharya

24.1 Die vier Ziele des Lebens

von Swami Chidananda

Vier große Werte sind von unseren Vorfahren als Ziele gesetzt worden, die zu erreichen, sich jeder Mensch bemühen sollte. Diese vier großen Ziele werden Purushartha Chathushtaya genannt. (Purushartha Chathushtaya = die vier Ziele des Menschen:

1. Dharma (richtiges Handeln)
2. Artha (Wohlstand)
3. Karma (Wunsch-/Sinneserfüllung)
4. Moksha (Befreiung)

Purushartha bedeutet rechte Anstrengung oder Bemühung. Was sind nun diese vier großen Ziele? Man gab ihnen eine führende Bedeutung, einen wichtigen Platz, in der Ethik und Moral. Das erste Ziel wird Dharma, richtiges Handeln, genannt. Was immer du auch tust, sollte korrekt getan werden. Es sollte das sein, das richtig, das rein, das moralisch und ethisch korrekt ist. Du solltest nichts tun, das dem Gesetz von Ethik und Moral widerspricht. Warum? Weil im ethischen Verhalten dein höchstes Gut liegt. Im ethischen Verhalten liegt dein höchstes Wohlergehen. Wenn deine Gedanken, dein Reden und dein Handeln moralisch und rechtschaffen ist, dann erfolgt daraus Glück. Andernfalls erntest du Bitterkeit. Dies ist ein Gesetzes, das dieses ganze Universum durchdringt. Es ist das Gesetz von Ursache und Wirkung. Dieses Gesetz besagt: „Woran ein Mensch denkt, das bekommt er.“ Dieses Gesetz kann auch in einer anderen Weise verstanden werden, nämlich: „Wie du säest, so wirst du ernten“. Dieses Gesetz von Ursache und Wirkung wird auch als das Gesetz des Karmas oder als Karmaphala (karmische Reaktionen) bezeichnet. Wenn du dich in einer gerechten Sache engagierst, wirst du mit Glück und Seligkeit belohnt. Das Resultat ist dein Wohlergehen, deine Zufriedenheit. Wenn du dieses Gesetz ignorierst oder vernachlässigst und deine Handlungen sind nicht richtig, was geschieht dann?

Du erntest eine Reaktion, die bitter ist, eine Reaktion, die nicht gut für dich, für dein Wohlergehen ist. Anstatt dass du dich um deine göttliche Vervollkommnung bemühst, sitzt du da und verursachst Hindernisse. Du bremst deinen Fortschritt in Richtung auf dieses große Ziel. Du erzeugst dein eigenes Elend. Um das höchste Wohlbefinden im Leben zu erfahren, setzten unsere Vorfahren die Ethik an die erste Stelle. Die Ethik sichert mehr als alles andere, den größten Gewinn für die individuelle Seele. Darum befolge die moralischen und ethischen Werte im Leben. Weiche nie vom ethischen Standard ab. Dann wirst du glücklich sein. Du kannst Schwierigkeiten haben. Die Leute können dir einige Schwierigkeiten bereiten; dennoch wirst du glücklich sein. In deinem Innern wirst du Glück und Frieden finden. Ich sage „innerlich“, weil körperliche Mühen und geistige Schwierigkeiten und Qualen durchaus vorhanden sein können. Die, die du entsprechend deinem Karma erleiden musst. Aber wenn du dich für das rechte Leben engagierst, wird es dir unermessliche Stärke geben. Nimm dir an den Pandavas (eine Fürstenfamilie aus der Mahabharata) ein Beispiel. Was für Schwierigkeiten, Versuchungen, Widerwärtigkeiten und Leiden sie durchmachten mussten!

Dennoch fanden sie innere Zufriedenheit, weil sie nicht vom rechten Weg abwichen. Das gab ihnen innere Stärke. Sie gaben ihren inneren Kampf niemals auf. Sie brachen niemals zusammen. Nichts konnte sie erschüttern. Sie befolgten immer die Tugenden. Darum besiegten die fünf Pandavas, die die Tugenden stets befolgten, die hundert Kauravas, denen es an innerer Stärke mangelte. Darum unterstützt das Dharma, die Lehre der Tugend, die, die das Dharma unterstützen. Und diejenigen, die das Dharma nicht unterstützen, fallen. Darum ist es unsere wichtigste Aufgabe, unser Leben nach ethischen und moralischen Werten auszurichten. Dies sind die ethischen und moralischen Verpflichtungen des Dharma. Nun kommen wir zum zweiten Wert, zu Artha, dem Wohlstand. Du hast den Körper. Du empfindest Hunger und Durst, Hitze und Kälte. Du wünschst dir Nahrung und Kleidung und Schutz vor dem Wetter. Und du wünscht dir andere lebensnotwendige Güter. Für alles dieses, brauchst du Geld. Folglich musst du einen Job haben, einem Geschäft nachgehen oder einen Beruf ausüben. Diesen Aspekt des Lebens ignorierten die Menschen des Altertums keinesfalls. Sie sagten: „Jawohl, dies ist ein unumgänglicher Wert, der aus der Tatsache heraus entsteht, dass du in dieser Welt lebst.“ Sie nannten diesen Wert Artha, den Wohlstand.

Artha ist Geld, der ökonomische Wert. Geld ist unvermeidlich, es ist notwendig. Darum musst du dich bemühen. Aber du solltest dich auf der Grundlage von Dharma, auf der Grundlage der Rechtschaffenheit, darum bemühen. Deine Bemühungen, deinen Lebensunterhalt zu erwerben, sollte nicht unmoralisch, unethisch oder unrecht sein. Das Dharma, das richtige Handeln, sollte die Grundlage deiner Berufstätigkeiten oder deiner Geschäftstätigkeiten sein. Alles, was du im Leben tust, sollte auf Dharma basieren. Dharma sollte die Basis sein. Und nun zum dritten Wert, dem Karma, der Wunsch- und Sinneserfüllung. Jedes Tier, sei es ein Hund, ein Esel, eine Kuh oder ein Büffel, ist zufrieden, wenn es Nahrung, Trinken und einen Platz zum Ausruhen hat. Aber der Mensch ist anders. Er hat viele Sehnsüchte, viele Wünsche und Ansprüche. Der Mensch ist ein psychologisches Lebewesen. Er hat Sehnsüchte, Wünsche, Ehrgeiz und große Pläne. Darum hat das Karma einen Platz unter den vier Lebenszielen bekommen. Der dritte Platz der lebenswichtigen Ziele, gilt den Wünschen des Menschen. Die Tiere haben kaum andere Wünsche. Sie haben nur ihren Instinkt, nach dem sie leben. Sie wünschen sich Nahrung, Trinken und einen Platz zum Ausruhen. Und darum sind sie zufrieden, wenn sie dies gefunden haben. Aber der Mensch ist nicht zufrieden. Er sind die unerfüllte Wünsche, die ihm die Zufriedenheit rauben. Man nennt dies Karma.


24.2 Die Bedeutung des Dharma

Unter Karma versteht man Wünsche jeder Art. Besonders sind damit Wünsche gemeint, die im Gegensatz zu Ethik und Moral stehen und eigentlich vermieden werden sollten. Diese Wünsche sollten nicht weiter beachtet werden und keinen Platz in deinem Leben haben, weil sie deinen Entwicklungsprozess stoppen, deinen Fortschritt, der dich zum Gottesbewusstsein führt. Es sollten nur jene Wünsche in deinem Verstand beherbergt werden, die mit den Regeln der Rechtschaffenheit, mit den Regeln des Dharma, übereinstimmen. Darum ist das Dharma das allumfassende und dauerhafte Fundament für alles menschliche Streben. Auch deine beruflichen und sozialen Tätigkeiten, sollten mit dem Dharma übereinstimmen. Das Dharma sollte deine Gedanken, dein Reden und Handeln leiten. Darum sollte dein ökonomisches und privates Streben, dein äußeres weltliches Leben, vom Dharma beseelt sein. Dann wird es dich zur Zufriedenheit führen. Wird das Dharma missachtet, dann führt das zu Leid. Das ist die einfache Wahrheit.

Ein anderer wichtiger Grund, warum alle Bestrebungen nach weltlichen Dingen vom Dharma getragen sein sollten, ist die Tatsache, dass nur dann dein Leben höchstes Glück erfahren kann. Was ist dieses höchste Glück? Es ist Gottrealisierung, Befreiung, göttliche Vervollkommnung, höchstes spirituelles Bewusstsein, Erleuchtung. Nur dafür sind wir geboren. Das allein macht das Leben lebenswert. Egal wie hoffnungslos das Leben sein mag, wenn du nur dieses eine Ziel hast, göttliches Bewusstsein zu erreichen, dann erhältst du die Stärke, alle Wechselfälle des Lebens zu ertragen und sie zu überwinden. „Ich bin göttlich. Vorübergehend hatte ich es vergessen. Und bis ich göttliches Bewusstsein erreicht habe, ist mein Leben nicht zufriedenstellend.“ Wenn dieses dein Ziel ist, egal was dir geschieht, wird alles andere zweitrangig und weniger wichtig. Wenn dein oberstes Ziel, die Verwirklichung deiner göttlichen Natur ist, dann wird es dein Leben beherrschen, und dich über alles Unglück hinwegtragen. Es gibt dir Stärke und bestimmt die Richtung in der sich dein Leben bewegt. Von diesem Moment an, bewegt sich dein Leben in der von dir bestimmten Richtung. Dieses Leben kann durch kein Unglück berührt werden. Hat man einmal Kraft und Energie gewonnen, dann reitet man triumphierend über alle Höhen und Tiefen des Lebens zum göttlichen Selbst.

Das höchste spirituelle Ziel sollte also darin bestehen, das Leben so lebenswert zu machen, das es eine tiefen Sinn erfüllt. Worin besteht der Sinn des Lebens? Besteht der Sinn des Lebens darin, zu Essen, zu Trinken, zu Schlafen und eines Tages zu Sterben? Sollte das Leben daraus bestehen, ein paar unbedeutende und verrückte Sachen zu machen und dann zu sterben? Am Ende wartet der Tod auf uns. Was ist es, das das Leben sinnvoll macht? Durch dieses Leben, das von Geburt, Kindheit, Alter, Krankheit und Tod gekennzeichnet ist, solltest du ein göttliches, ein spirituelles Element hineintragen. Du bist hier, um göttliches Bewusstsein zu erlangen. Du solltest beschließen: „Ich werde unsterblich. Ich verwirkliche meine unsterbliche Natur. Ich sollte einsehen, dass ich eine unsterbliche, göttliche Seele besitze“. Und du musst dich bis zum äußersten anstrengen, um dieses Ziel zu erreichen. Dieser höchste Wert ist der wichtigste Wert, der dem Leben Tiefe, wahrhafte Bedeutung und Zielstrebigkeit gibt. Er macht das Leben bedeutend, wichtig, heilig und sinnvoll. Darum ist die unsterbliche Seele der wichtigste Wert im Leben. Wenn das göttliche Bewusstsein vorhanden ist, erhältst du die Stärke, alle Schwierigkeiten, alle Spannungen und Belastungen des Lebens zu überwinden.

Das Dharma, die ethischen, moralischen und religiösen Verpflichtungen, ist aus zwei Gründen wichtig. Erstens, wenn du es in deinem weltlichen Leben aus Wohlstand und Karma, in deinem ökonomischen und spirituellen Handeln, praktizierst, führt es zu Glück. Ist es dort nicht vorhanden, dann führt es zu Sorge und Elend. Darum solltest du Dharma praktizieren. Dies ist der Sinn des Dharma. Wenn das Dharma dein Leben ausfüllt, dann führt es dein Leben zur Befreiung, zur Erreichung der höchsten geistigen Werte im Leben. Es befreit dich ein für allemal vom Rad des Lebens und des Todes. Dann gibt es keine Wünsche, keine Sorgen, keine Tränen, kein Wehklagen, keine Schwierigkeiten und keine Probleme mehr. Dann überschreitest du alles Leiden. Du erreichst einen Zustand absoluten Friedens, absoluter Seligkeit, absoluter Freude. Du erreichst höchste Zufriedenheit, wirst furchtlos und frei. Diese höchste Erfahrung, dieses höchste Bestreben, das Parama Purushartha (die vier Bestrebungen des Menschen: Karma, Wohlstand, Dharma, Erleuchtung), verwirklicht göttliches Bewusstsein. So hat Dharma eine direkte Verbindung zur Erleuchtung. Darum mache das Dharma zur Grundlage deines gesamten Lebens. Im Rahmen eines dharmischen Lebens, trägt die spirituelle Praxis schnell Früchte. Wann immer du Japa (Mantrameditation), Gebet, spirituelle Studien oder Meditation praktizierst, wird es sich wie beim Reiben eines trockenen Streichholzes an einer Streichholzschachtel, schnell wie ein spirituelles Feuer ausbreiten.

Dort, wo das Dharma dein Leben belebt und durchdringt, wird die spirituelle Praxis schnell fruchtbar und erzielt Fortschritte. Dieses ist das große Ideal Indiens. Es ist unvermeidlich, sich um die ökonomischen Werte zu bemühen, um die irdischen Belange zufrieden zu stellen. Aber es ist der spirituelle Wert, der das Leben erfolgreich und glücklich macht, der dich von Sorge und Knechtschaft befreit. Und es ist der ethische Wert, der von allen der wichtigste ist, weil er dir ein Leben in Glück und Zufriedenheit garantiert.


24.3 Energieerhaltung im spirituellen Leben

Um die vier Ziele des Menschen (Dharma, Wohlstand, Karma, Befreiung) zu erreichen, benötigen wir Stärke. Wir benötigen Energie. Jede Bemühung, jede Anstrengung, erfordert Stärke und Energie. Die Energie kann nur transformiert werden, wenn sie bewahrt wird. Aber wenn sie vergeudet wird, ist sie für immer verloren. Gerade so, als wenn man ein Haus bauen oder ein Geschäft beginnen möchtest, beginnt man zu sparen. Man spart und legt das Geld z. B. auf einem Festgeldkonto einer Bank an. Und nach 5 oder 10 Jahren, wenn man genug gespart hat, beginnt man mit dem Geschäft oder mit dem Bau des Hauses. Aber wenn du jeden Monat mehr ausgibst, als du verdienst, wenn jeden Monat deine Ausgaben höher als dein Einkommen ist, wie kannst du dann von einem Haus oder einem eigenen Geschäft träumen? Für dieses Verhalten, trägst du allein die Schuld. Du wirst dich hoch verschulden. Deine Situation wird im Laufe der Zeit immer miserabler werden. Genau so sparsam, wie man mit dem Geld umgehen sollte, sollte man mit seinen Energien umgehen. Die Erhaltung der sexuellen Energie, um sie für höhere spirituelle Zwecke zu nutzen, ist das zentrale Prinzip von Brahmacharya.

Was Brahmacharya genannt wird, ist eine kluge Empfehlung unserer Vorfahren, die individuellen spirituellen Bemühungen erfolgreich abzuschließen. Sie kamen zu der Erkenntnis: „Du solltest deine Energie bewahren.“ Denn, wenn du ausreichend Energie bewahrt hast, kannst du alles erreichen, was du erreichen möchtest. Aber wenn du deine Energie verschwenderisch verausgabst, wird es sehr schwierig, höhere spirituelle Ziele zu erreichen. Es wird ein langwieriger, schwerer und fast aussichtsloser Kampf. Darum ist die Bewahrung von Energie das Wesentliche von Brahmacharya. Energie wird in einem Dutzend unterschiedlicher Richtungen vergeudet. Zu viel Unterhaltung, zu viel Sorgen, zu viel Wünsche, bringen Wut, Zorn, Kampf, Streitlust und Esszwang mit sich. Alle diese Dinge rauben uns unsere Energie. Alle Ausschweifungen, alle extremen Gewohnheiten, die Verschwendung der nervösen und emotionalen Energie durch Gedanken des Hasses, des Neids und der Eifersucht und alle gesundheitsschädlichen Gewohnheiten, wie das Rauchen und Trinken, rauben uns unsere Energie. Darum ist die Sinneskontrolle ein unvermeidlicher Teil von Brahmacharya.

Das Arbeiten der Sinne verbraucht ebenfalls Energie. Das sollte klug beachtet werden. Und eine, der am stärksten verfeinerten, am stärksten konzentrierten Energien, ist die sexuelle Energie. Die sexuelle Energie, können wir als die Quintessenz der Energien bezeichnen. Es ist das Energiepotential in einer hochkarätigen Form. Es ist die Quintessenz all dessen, was wir essen, was wir zu uns nehmen. Genauso wie Honig die Quintessenz der Blumen und Butter die Quintessenz von Milch ist. Tausende von Bienen sammeln Nektar von Millionen von Blumen und bringen ihn in einem großen Bienenstock. Und wie durch ein biochemisches Wunder entsteht daraus Honig. Aus vielen Litern Milch entsteht Butter. In der gleichen Weise ist die sexuelle Energie die reinste Form der menschlichen Energie. Wenn die sexuelle Energie klug konserviert wird, dann kann sie in viele andere Formen umgewandelt werden. Wenn du z. B. fleißig studierst und ein brillanter Studierender mit einem wundervollen Gedächtnis werden möchtest, dann kann die sexuelle Energie dir dabei eine große Hilfe sein. Wenn du ein brillanter Chirurg oder ein hervorragender Musiker werden möchtest, kommt die sexuelle Energie dir dabei ebenfalls zur Hilfe. Dieses ist möglich, weil sexuelle Energie, wenn sie bewahrt wird, allmählich in subtilere Energie umgewandelt wird. Selbstverständlich gibt es Yogaprozesse, wie Asanas (Yogaübungen), Pranayama (Atemübungen), Surya-Namaskar (der Sonnengruß – eine Abfolge von 12 Yogahaltungen), hohe Gefühle, erhabene Gefühle und spirituelle Gefühle, die bei der Arbeit der Umwandlung helfen. So geht die Arbeit der Umwandlung weiter und weiter und die verfeinerte Energie wird für höhere intellektuelle Arbeiten, für Forschungen, Erfindungen und Meditationen genutzt. Und darum hat eine kluge Bewahrung dieser lebenswichtigen Energie, immer einen wichtigen Platz in allen Religionen dieser Welt gehabt.


24.4 Die sexuelle Energie

Was ist sexuelle Energie? Sexuelle Energie ist ein Ausdruck Gottes. Es ist der dynamische Ausdruck Brahmans. Es ist Shakti, die weibliche Energie des göttlichen Universums. Wir alle wissen, dass dieses phänomenale Universum Ausdruck der grenzenlosen und unbeschreiblichen kosmischen Energie ist. Wir benennen diese kosmische Energie Para Shakti (Höchste Energie), Maha Shakti (Größte Energie), Maha Maya oder Prakriti (Natur). Milliarden von Universen entstehen und vergehen durch die Aktivität dieser großen kosmischen Energie. Es ist diese kosmische Energie, die die Sonne und die Planeten mit einer unglaublichen Geschwindigkeit auf ihrer Umlaufbahn dahinwirbelt. Es ist die kosmische Energie, die als Schwerkraft, als die Energie der Sonnenstrahlen, als Energie aller großen Planeten und Himmelskörper und als Windenergie in Erscheinung tritt. Manchmal, wenn der Wind besonders wütet, trägt er sogar Hausdächer davon. Es ist die kosmische Energie, die sich manchmal als die Energie des Feuers, der Vulkane, der Wasserfluten, der Erdbeben, der Berge, Flüsse und Meere ausdrückt. Darum sind Erde, Luft, Wasser und Äther, alles Ausdrucksweisen dieser Energie. Es ist die gleiche Energie innerhalb des Samens, die den Samen wachsen lässt und ihn in einen großen Baum verwandelt.

Es ist die Kraft hinter Blitz und Donner. Jede Energie, die du in diesem Universum siehst, ist die Energie dieser kosmischen Kraft. Es ist die gleiche Energie, die alle Lebewesen, Bäume, Pflanzen, Insekten, Vögel, Bienen, Reptilien, Fische und Tiere belebt. Es ist die Energie des Löwen, des Elefanten und es ist die Energie des leuchtenden Intellekts eines Genies wie Michael Faraday (englischer Physiker und Chemiker, 1791), Venkata Raman (indischer Physiker und Nobelpreisträger von 1930) oder Albert Einsteins. Dieselbe Energie weilt in uns und belebt unseren Körper. Es ist die Energie, die unsere Nahrung verdaut, die unser Herz dazu bringt, Blut durch die Adern zu pumpen, die unsere Lungen atmen lässt, unsere Muskeln und Gelenke arbeiten lässt, die unsere Zunge sprechen und unser Ohr hören lässt. Es ist die Energie, die auch in unserer sexuellen Energie vorhanden ist. Darum ist die sexuelle Energie Teil der unteilbaren kosmischen Energie, die im Menschen vorhanden ist. In ihrem groben biologischen Aspekt wird sie als sexuelle Energie bezeichnet. In einem feinerem Aspekt ist sie die Unterscheidungskraft, die Energie des Intellekts, der analysiert, forscht und nachdenkt. In einem noch feinerem Aspekt, in einem psychischen Aspekt, ist sie die Energie der Kundalini. Und in ihrem höchstem Aspekt, ist sie nichts anderes als Atma Shakti, göttliche Energie.

Brahman (Gott) und Shakti sind nicht zwei. Sie sind der statische und der dynamische Aspekt desselben Prinzips. Darum ist die sexuelle Energie nichts anderes als die Anwesenheit der göttlichen Mutter in allen Menschen. Es ist etwas Göttliches, etwas Heiliges, das der Schöpfung entspringt, und das ganze Universum durchdringt. Es ist ein Fortpflanzungsprozess, der in der ganzen Natur vorhanden ist, in jeder Form des Lebens. Ohne diese Fortpflanzung, würden alle Arten bald aussterben. Darum ist die Verausgabung der sexuellen Energie zur Zeugung ein heiliger Prozess in Zusammenarbeit mit Brahman, dem Schöpfer. Jede andere Verausgabung der sexuellen Energie, ist ein zweitrangiger, weniger bedeutender Aspekt. Und wenn diese Energie in einer zurückhaltenden Weise verwendet wird, kann sie für die höhere spirituelle Zwecke genutzt werden. Wenn diese grobe biologische Energie durch die Yogapraxis in eine subtilere Form umgewandelt wird, steht sie für tiefe Kontemplationen, Betrachtungen und Meditationen zur Verfügung. Kontemplation, Meditation und Erleuchtung wird erst durch die Bewahrung dieser Energie ermöglicht. Dies alles geschieht durch Brahmacharya.

Darum bewahren alle Yogapraktiken die sexuelle Energie und wandeln sie erfolgreich in spirituelle Energie um. Darum ist Brahmacharya nicht nur eine Zurückhaltung der sexuellen Energie, sondern eine andere Lebensart. Es ist eine Lebensweise, die uns göttliches Wissen, göttliche Erfahrungen, näher bringt. Und darum empfiehlt Yoga Mäßigung in allen unseren Tätigkeiten und eine kluge Begrenzung aller sinnlichen Begierden. In der indischen Kultur wurde das Brahmacharya in drei Lebensstadien, nämlich als Schüler (die ersten 25 Lebensjahre), als Vanaprashta (Ruheständler, etwa ab dem 50. Lebensjahr) und als Sannyasin (Waldasket, etwa ab dem 75. Lebensjahr), empfohlen. Nur in der Ehe (etwa zwischen dem 25. und 50. Lebensjahr) galt die Sexualität als legitim. In der Ehe bedeutete das Brahmacharya sexuelle Mäßigung, ein kluger und zurückhaltender Gebrauch der sexuellen Energie für die Zeugung. Mäßigung, Keuschheit und Treue zum verheirateten Partner, wurden in der Ehe empfohlen. Es wurde dem verheirateten Mann vorgeschrieben, keiner anderen Frau mit unreinen Blicken nachzuschauen. Durch dieses erhabene Konzept des Brahmacharya, entstanden zwei große Ideale, das Pativrata Dharma (Grundgesetze der Ehe) und die Monogamie.

Der Mann durfte nur noch eine Frau heiraten. Sie war dann seine gesetzlich angetraute Ehefrau. Er sollte keine lüsternen, leidenschaftlichen und sinnlichen Blicke auf andere Frauen werfen. Die tugendhafte Frau konnte nur einen Mann heiraten und dieser Mann war ihr Ehemann, dem sie mit Achtung und Verehrung begegnen sollte. Allen anderen Männern gegenüber sollte sie sich wie eine Mutter verhalten. Es gab nur einen Mann, dem sie das Gefühl geben sollte: „Ich bin eine Frau“, und dieser eine Mann war ihr gesetzlich angetrauter Ehemann. Dies ist ein Ideal, das aus dem Brahmacharya heraus entstanden ist. Insofern war die klassische Haltung gegenüber der sexuellen Energie, durch die Zustimmung des Brahmacharya gekennzeichnet. Die alten Meister betrachteten die sexuelle Energie nicht als hässlich, schlecht, sündhaft oder unmoralisch. Solche falschen Vorstellungen über die sexuelle Energie, sind das Resultat eines Missverständnisses in der Erhabenheit dieser besonderen Energie. Es ist ein weit verbreiteter Aberglaube und ein Mangel im Verständnis der Menschen, denen es am rechten Wissen mangelt. Solche Menschen fangen plötzlich an, die sexuelle Energie als etwas Schlechtes zu betrachten. Ein Grund für die Entwicklung einer solchen Haltung, ist die allgemeine menschliche Schwäche für die Sexualität. Dadurch sind einige moralische Tabus in Bezug auf die Sexualität entstanden. Andererseits geht der Mensch häufig den Weg des geringsten Widerstandes. Darum sagten einige: „Nein, Nein. Dieses sollte nicht getan werden. Es sollte nicht in dieser und jener Weise getan werden, weil die heiligen Schriften es so sagen.“ Sie entwickelten ihre eigenen Vorstellungen.


24.5 Der menschliche Körper verglichen mit einer Villa

Ein Punkt sollte hier betont werden. Der Körper ist wie eine Villa. Egal wie wundervoll die Villa ist, so möchte jedoch niemand in dieser Villa leben, wenn sie keine Küche, kein Badezimmer und keine Toilette hat. Was immer du dieser Villa, dem menschlichen Körper, an Energie zuführst, davon wird ein Teil benötigt, um den Verstand zu bilden, ein anderer Teil wird benötigt, um den Körper zu bilden, und die restliche Energie muss als Abfall wieder beseitigt werden. Abfall ist immer übelriechend. Die Verunreinigungen des Körpers riechen ebenfalls sehr unangenehm. In einer realen Villa braucht man eine Toilette und eine Küche. Ist dort keine Küche, dann möchte dort niemand leben. Du kannst irgendeinen Palast konstruieren, aber wenn es dort keine Nahrung, kein Mittagessen, kein Frühstück und kein Abendessen gibt, dann wird dort niemand einziehen. Und wenn eine Küche da ist, sollte auch eine Entwässerung vorhanden sein. Eine Küche bedeutet Abfall, übrig gebliebene Essensreste, Gemüseabfälle, Kartoffelschalen und all das. Wenn diese Abfälle aufbewahrt werden, beginnen sie zu verfaulen. Und darum musst du dich um die Abfallbeseitigung kümmern. Du musst eine Entwässerung und Kanalisation haben. Ohne Entwässerung und Kanalisation, ist ein Leben in einer Villa nicht möglich.

Ebenso im menschlichen Körper, in dieser Villa mit neun Toren, gibt es einen Eingangsweg und Fenster für Licht, Luft und Wissen. Für die Entwässerung und Abfallbeseitigung hat Gott zwei Öffnungen vorgesehen. Ihre Aufgabe gilt der Abfallbeseitigung. Es sind zwei Abflüsse. Kein Zweifel, die Funktion der Fortpflanzung ist ebenso vorhanden. Aber sie übertrieben zu nutzen, dazu neigt nur der Unkluge. Es verrät einen Mangel an Wissen. Von der Geburt bis zum Tod, Tag für Tag, an einunddreißig Tagen im Monat und an 365 Tagen im Jahr, ist die konstante Funktion, die dieses Ausgangstor erfüllen muss, die Harnentleerung. Und die gelegentliche Funktion, die sie als Zeugungsorgan erfüllen soll, ist eine Zusammenarbeit mit der göttlichen Natur. Aber dieses ist eine äußerst seltene Gelegenheit, die nur während der Ehe praktiziert werden sollte. Im ersten Lebensabschnitt als Schüler, hat es keinen Platz; im dritten Lebensabschnitt als Waldeinsiedler (Vanaprashta), hat es keinen Platz; und im vierten Lebensabschnitt als Mönch (Sannyasin), hat es ebenfalls keinen Platz. Es gibt im Leben des Menschen eigentlich nur einen Lebensabschnitt, in dem die Fortpflanzungsfunktion genutzt werden sollte, nämlich in der Ehe. In der restlichen Zeit des Lebens, ist die Hauptfunktion des männlichen Gliedes, die Harnentleerung.

Änderst du deinen Blickwinkel und betrachtest du deinen Körper und deine Sexualität aus der rechten Perspektive, dann hast du das Problem gelöst. Betrachtest du deine Sexualität dagegen aus der falschen Perspektive, dann ergeben sich daraus allerlei Schwierigkeiten. Zweitens betrachte die Sexualität einmal aus einem vedantischem Gesichtspunkt. Das Vedanta sagt, dass du in Wirklichkeit nicht dieser Körper bist, sondern die göttliche Seele. Und wenn du dich nicht mit deinem Körper identifizierst, dann ist deine Aufmerksamkeit auf Gott gerichtet und nicht auf deine Sexualität. Und wenn dein Glaube in Vedanta fest ist, dann hast du die Lösung bereits in deiner Hand.


24.6 Wie man über die Sexualität hinauswächst

Es gibt eine andere wichtige Betrachtungsweise beim Brahmacharya. Und das betrifft dein Ziel und dein Streben im Leben. Was möchtest du in deinem Leben erreichen? Welcher große Wunsch beherrscht dein Leben? Gibt es einen Konsumhunger in dir? Möchtest du gerne das größte musikalische Genie oder der schnellste olympische Läufer dieser Welt werden? Egal, wie dein Ehrgeiz aussieht, wenn dein hauptsächliches Ziel der Konsumhunger ist, dann treten alle anderen Probleme in den Hintergrund. Sie stellen kein größeres Problem mehr dar. Wenn du kein ehrgeiziges Ziel hast, dann wird alles zum Problem, besonders die Sexualität. Darum ist die rechte Weise, das sexuelle Problem zu lösen, indem man über die Sexualität hinauswächst. Damit verliert sie ihre Bedeutung. Du musst über die Sexualität hinauswachsen, nicht mit ihr ringen, sondern sie besiegen. Wenn du kein umfassend konzentriertes Vorwärtsstreben und keinen Ehrgeiz in deinem Leben hast, dann bekommt das stürmische Verlangen nach sinnlichen Genüssen eine übergroße Bedeutung in deinem Leben. Dein ganzes Leben wird zum sinnlichen Begehren, zu einer Sucht nach Sex. Aber wenn du in deinem Leben deinen spirituellen Idealen folgst, dann erreicht der sinnliche Lärm nicht mehr deine Aufmerksamkeit. Dann ist nämlich deine ganze Aufmerksamkeit auf dein spirituelles Ziel, auf Gott, ausgerichtet.

Darum ist die rechte Weise, sich von der sexuellen Bedrängnis zu befreien, sich über sie hinaus zu entwickeln. Dieses geschieht durch das Entwickeln einer großen Liebe zu Gott und zu spirituellen Idealen und durch das Entwickeln eines reinen, moralischen und ethischen Lebens, um Befreiung zu erlangen. Wenn der intensive Wunsch nach Befreiung und Erkenntnis vorhanden ist, dann treten alle anderen Dinge in den Hintergrund. Wenn du den Sieg über dem Lärm der Sinne erringen möchtest, dann musst du in dir ein loderndes Feuer nach höheren Zielen entzünden. Was geschieht dann? Um das zu erreichen, wonach dein Herz begehrt, verfolge das von dir angestrebte Ziel so intensiv, dass keine Zeit mehr für unnötige Dinge bleibt. Verschwende deine Zeit nicht mit nutzlosen Angelegenheiten. Große Wissenschaftler haben dieses Problem nicht. Sie werden die ganze Zeit von ihrer wissenschaftlichen Arbeit aufgesogen. Ihre ganze Konzentration gilt ihrer Arbeit. Da bleibt nicht mehr viel Zeit, um sich über die Kleidung, die Sinnlichkeit oder andere weltliche Dinge Gedanken zu machen. Warum ist das so? Weil sie von ihrer Arbeit vollkommen aufgesogen und mitgerissen werden. Die ist die rechte Weise, erfolgreich Brahmacharya zu praktizieren.


24.7 Freiwilliges Zölibat ist keine Unterdrückung

Es gibt in der westlichen Welt die Vorstellung, dass die Sexualität ein natürlicher Trieb ist, dem man freien Ausdruck verleihen sollte. Es wird gesagt, wenn man diesem sexuellen Trieb keinen freien Ausdruck verleiht, dann kommt das einer sexuellen Unterdrückung gleich. Und wenn die Sexualität unterdrückt wird, dann verursacht sie alle möglichen Abnormalitäten und Neurosen. Dieses entspricht sogar teilweise der Wahrheit. Es entspricht insofern der Wahrheit, dass dann, wenn die sexuelle Unterdrückung auf äußere Umstände zurückzuführen ist, die sich deiner Kontrolle entziehen, es wirklich zu psychischen Problemen kommen könnte. Lebt man z. B. in einem sozialen Umfeld, das durch Tabus, eingefleischte Vorurteile, Zwänge und Verbote gekennzeichnet ist, dann kann das die persönliche Entwicklung sehr behindern. Dieser Zwang kann auf den Einfluss des Vaters, auf die Dominanz der Mutter oder der Familie ganz allgemein, zurückzuführen sein. Dieser Zwang ist auch teilweise in religiösen und spirituellen Gemeinschaften anzutreffen. Das kann unerwünschte innere Konflikte verursachen. Dabei sollte man allerdings bedenken, dass es in Klöstern das Noviziat gibt, eine zwei bis sechsjährige Probezeit, in der der Novize sich für oder gegen das Zölibat entscheiden kann. Niemand wird gezwungen, Mönch, Nonne oder Priester zu werden.

Wenn du ein höheres Ziel anstrebst, dann bist du gerne bereit, freiwillig die spirituelle Übung der Selbstkontrolle auf dich zu nehmen, um dieses Ziel zu erreichen. Du bist gerne bereit, das Zölibat freiwillig auf dich zu nehmen. Dann ist das Zölibat keine Frage der Unterdrückung. Wenn du mit bereitem Herzen diese Selbstdisziplin, diese Enthaltsamkeit auf dich nimmst, dann hat es nichts mit Unterdrückung zu tun. Niemand bat dich, es zu tun. Es geschieht vollkommen freiwillig, auf eigenem Wunsch. Geschieht es aus Bereitwilligkeit und erfolgt es mit großer Begeisterung, dann geschieht es aus freiem Entschluss. Dann entstehen auch keine psychologischen Probleme. Ganz das Gegenteil ist der Fall. Jedes mal, wenn du das Gefühl hast, die Triebe besiegt zu haben, erfährst du ein inneres Hochgefühl, innere Zufriedenheit über deine Erfolge. Du findest etwas, dass dir innere Genugtuung und ein Gefühl des Triumphes bereitet. Dieses ist ein sehr kreativer und positiver Prozess und keineswegs ein negativer Prozess, der etwas mit Unterdrückung zu tun hätte. Wenn du das Zölibat also mit diesen Augen betrachtest, wenn du dich in dieser Form dem Brahmacharya näherst, dann ist es einfach. Es ist eine Frage des Bewahrens von sexuellen Energien, damit sie für höhere spirituelle Zwecke verwendet werden können, die man gerne erreichen möchte.

Diese Energie in dir, ist Teil der kosmischen Energie. Kosmische Energie, die sich im menschlichen Individuum auf unterschiedliche Weise ausdrücken kann. Ein sehr wichtiger Ausdruck der kosmischen Energie ist der körperlich-biologische Aspekt. Das ist die sexuelle Energie. Ein höherer Ausdruck ist der geistige, kulturelle und okkulte Aspekt. Geistige, kulturelle und okkulte Energie, wird als Medhas, als geistige und intellektuelle Leistungsfähigkeit, bezeichnet. Dann gibt es noch einen individuellen psychischen Aspekt der kosmischen Energie. Dieses ist die Kundalini-Shakti. Und über allem, glänzt die kosmische Energie in ihrem höchsten Aspekt, als das Strahlen des Atman, der Seele. Denke darüber nach. Dies ist der Same, der dein zukünftiges Handeln bestimmen sollte.


25. Brahmacharya – Ausdruck des Bewusstseins (Swami Krisnananda)

Brahmacharya ist einer der 5 Begriffe der Yamas, der Selbstkontrolle, der Yogaphilosophie. Brahmacharya bedeutet, die „Führung zum Absoluten“. „Brahman“ ist das höchste Wesen, Gott. „Charya“ ist Führung oder Leitung. Sich wie Gott benehmen. Das kann schließlich als Brahmacharya bezeichnet werden. Es ist für uns sehr schwer zu verstehen, da wir nicht wissen, wie Gott sich benimmt und wie das Absolute leitet. Das Verhalten Gottes gegenüber dem Universum und allem Sein ist Brahmacharya. Und da wir ein Teil dieses Universums sind, kann es gesagt werden, dass wir Teil dieser göttlichen Regel sind. Unsere Mitwirkung an dieser göttlichen Weisheit, kann winzig klein sein, aber sie sollte zumindest dieselbe Tendenz wie die göttliche Weisheit besitzen. Darum ist Brahmacharya ein Ausdruck des Bewusstseins, eine individuelle Einstellung und Interpretation. Dieses sind die wesentlichen Grundprinzipien des Brahmacharya. Und ohne diese Grundregeln, bekommt die Bezeichnung Brahmacharya nur eine chaotische Bedeutung, die uns nicht weiter hilft.

Im der Anu-Gita (Kommentar zur Bhagavat Gita) des Mahabharata, wird Arjuna, nach der Instruktion durch Sri Krishna, eine ausgedehnte und majestätische Interpretation über Brahmacharya erteilt. Die Idee hinter dieser bedeutenden Bezeichnung Brahmacharya, übersetzt als Führung des Absoluten, ist, dass es eine allmähliche Veränderung der Energien der menschlichen Persönlichkeit in Richtung einer unpersönlichen Gottheit ist, weil das Absolute oder der Brahman das höchste denkbare und existente Unpersönliche ist. Es gibt keine äußeren Zeichen des Absoluten und darum kann es äußerlich nicht erfahren werden. Es steht in keiner erkennbaren Beziehung zur Welt, obwohl es mit allem in der Welt zusammenhängt. Es kann nicht gesagt werden, dass Gott nicht mit der Welt in Verbindung steht. Er steht sogar bis ins kleinste Detail mit der Welt in Verbindung. Selbst jedes Sandkörnchen ist ein Ausdruck Gottes. Die Idee ist, dass der höchste Geist eine universelle Beziehung zu allen Dingen hat, frei von persönlichen oder wertenden Interessen.


25.1 Wie die sexuelle Energie vergeudet wird

Wann immer es ein Interesse auf ein Objekt oder eine Gruppe lebendiger oder lebloser Objekte gibt, wandert unser Bewusstsein in diese Richtung. Dabei ist es gleichgültig, ob unser Interesse in diese Richtung geht, denn unser Bewusstsein bewegt sich dorthin. Wechselt die Aufmerksamkeit ihre Richtung, dann bewegt sich auch das Prana, die Lebensenergie, in eine andere Richtung. Wenn sich das Prana bewegt, bewegt sich ebenfalls die Energie. So folgt eins dem anderen. Unser mentales Interesse an einer bestimmten Richtung zieht die Energie des Prana in dieselbe Richtung. Unsere Neugierde zieht die Macht des Pranas in dieselbe Richtung, und dadurch wird sie, wie eine elektrische Entladung vergeudet. Jedes psychologische Interesse in eine bestimmte Richtung, leitet die Energie genau in diesen Kanal der Aufmerksamkeit. Das psychologische oder emotionale Interesse zeichnet sich dadurch aus, dass ein Teil der Energie, wenn nicht vielleicht sogar die gesamte Energie, in das Zentrum der Aufmerksamkeit gelenkt wird, auf das sich die Aufmerksamkeit konzentriert. Darum hören wir auf, wir selbst zu sein, wenn wir etwas bewundern, etwas lieben oder von irgend etwas angezogen werden. Manchmal, wenn wir uns beispielsweise bei der Betrachtung eines Gemäldes oder beim Lesen eines Buches vollkommen versenken, verlieren wir uns gänzlich. Dieses kann geschehen, wenn wir ein Bild betrachten, eine schöne Landschaft genießen oder eine erhabene Literatur lesen.

Es macht keinen Unterschied, ob der Gegenstand ideell, sichtbar oder hörbar ist. Die Energie wird immer in Richtung unserer Aufmerksamkeit gelenkt. Wenn wir einem entzückenden Lied lauschen, wird unser Sein vollkommen durch die Stimme oder die Melodie aufgesogen. Wenn wir ein schönes Kunstwerk, eine Landschaft, ein Gemälde, oder ein anderes Objekt betrachten, richtet sich unser ganzes Bewusstsein darauf. Das gleiche geschieht, wenn wir ein fesselndes Buch lesen. In allen diesen Prozessen der sinnlichen oder intellektuellen Absorption, findet eine Kanalisierung der Energie statt. Solange wir nicht unser Selbst in diese äußeren Objekte verlieren, bleiben wir uns selber treu. Andernfalls hören wir von einem bestimmten Prozentsatz auf, wir selbst zu sein und zu jemand anderem zu werden. Wenn man nicht mehr seiner selbst ist und zu jemand anderem wird, dann gibt man sein Selbst auf. So identifiziert sich der Mensch mit dem Gegenstand seiner Aufmerksamkeit. Das Subjekt wird zum Objekt und übernimmt als solches, dessen geistige Interessen. Dieses sollte nicht geschehen, hält Patanjali, der Autor der Raja Yoga Sutras, für wesentlich. Wenn dieses geschieht, dann wird die Energie, die für die Meditation benötigt wird, vergeudet. Im selben Umfang, verlieren wir an innerer Stärke.

Der launische, unruhige Geist und die sprunghaften Gefühle, über die wir häufig klagen, sind dem Energieverlust zuzuschreiben. Es ist genauso, als würde „Mutter Ganges“ in ihrer Wellenbewegung mächtig tosend aufschäumen, und nicht wie ein ruhiges klares Gewässer dahingleiten. Wenn unsere Energien in Aufruhr sind, fühlen wir dieses im Geist. Unser ganzes System ist in Unruhe, und wir möchten uns wieder davon befreien. Genauso wie Milch durch Schütteln langsam zu Quark wird, so verwandelt sich das Subjekt (der Mensch, sein Verstand) zum Objekt. Und jede Art von Liebe ist nichts weiter als die graduierte Umwandlung des Subjekts in ein Objekt, egal ob dieses Objekt wahrnehmbar oder bloß eine Idee ist. Allein der Gedanke an das Objekt stört den Geist. Dieses wird auch in einem berühmten Abschnitt von Bhishma im Shanti Parva des Mahabharata erwähnt. Wie wir bereits früher bemerkt haben, geschieht das Denken an einen Gegenstand, auf zweierlei Arten, die als Klishta Vritti (Vritti = Gedanken) und Aklishta Vritti von Patanjali benannt werden. Klishta nennt man das, was Schmerzen bereitet; Aklishta nennt man das, was keine Schmerzen bereitet. Die Bedeutung des Wortes Klishta ist Schmerz, Leid, Sorge. Unter Klishta Vrittis versteht man Bewegungen, die einem jeden Tag unaufhörlich Sorgen bereiten, und Aklishta Vrittis hingegen sind Bewegungen des Geistes, die nicht unmittelbar einen Schmerz verursachen, sondern vielmehr wie eine chronische Krankheit wirken.

Es besteht ein eindeutiger Unterschied zwischen einer akuten und einer chronischen Erkrankung. Eine akute Erkrankung befällt jemanden urplötzlich und verursacht heftige Schmerzen bzw. hohes Fieber, wohingegen eine chronische Erkrankung, sich wie ein Ekzem verhält, das den Menschen andauernd ärgert. Doch der Mensch beachtet es nicht, denn er hat sich daran gewöhnt. Unter Verstopfung, Ekzemen und anderen Erkrankungen leiden viele Menschen. Und doch sind es die akuten Erkrankungen, wie Fieber oder plötzlich auftretende Kopfschmerzen, die sofortiger Behandlung bedürfen, weil sie hochgradig qualvoll sind. Genauso verhält es sich bei akuten und chronischen psychologischen Problemen, den Klishta Vrittis beziehungsweise den Aklishta Vrittis. Wir können an ein Objekt durch Aklishta Vrittis (schmerzfrei) oder durch Klishta Vrittis (von akuten Schmerzen begleitet) denken. Wenn ihr euch im Wald einen Baum anschaut, wird der Baum in eurem Geist geformt. Es entsteht im Verstand ein Aklishta Vritti, ein schmerzfreies Abbild des Baumes. Man empfindet durch die Betrachtung des Baumes keine innere Erregung. Es findet eine Veränderung im Verstand statt, weil der Verstand selbst die Form des Baums annimmt, den wir erblicken. Aber die Betrachtung des Baumes, berührt unser Gefühl nicht unangenehm. Er nimmt unsere Aufmerksamkeit nicht allzu sehr in Anspruch. Wir werden uns nur dieses Baumes bewusst.

Unser Geist wird nur insoweit transformiert, wie wir uns des äußeren Objektes bewusst werden; der Geist hat für den Augenblick der Wahrnehmung, aufgehört er selbst zu sein, obgleich dieser Zustand keinerlei Sorgen bereitet. Der Baum hat uns weder angezogen noch abgestoßen. Aber wenn wir eine Kobra mit ihrem gespreizten Nackenschild sehen, dann ist die Veränderung des Verstandes in diesem Moment nicht nur Aklishta, es ist kein beschauliches Betrachten eines Objektes ohne emotionale Beteiligung. Unsere Gefühle reagieren beim Anblick einer Schlange heftig. Aber sie reagieren nicht in gleicher Weise, wenn wir einen Baum oder einen Berg betrachten. Genau so, wie es beim Anblick einer Kobra zu einer ganz bestimmten emotionalen Reaktion kommt, kommt es zu einer ähnlich intensiven emotionalen Reaktion, wenn wir Dinge betrachten, die unserer Meinung nach, in hohem Grade wertvoll sind. Das kann eine Schatzkiste sein oder etwas anderes, das wir als wertvoll empfinden. So wird alles, was wir mögen oder nicht mögen, durch die Eindrücke, die diese Dinge im Verstand hervorrufen, bestimmt. Eine Sache, die uns nicht besonders interessiert, hinterlässt Aklishta Vritti (keine Schmerzen) im Verstand. Das Ziel des Yoga sollte sein, beide Vrittis (Gedanken), Klishta und Aklishta, zu überwinden.

Die Objekte sprechen eine Sprache, die wir nur auf unsere individuelle Weise verstehen. Wenn die Objekte in unseren Geist kommen, erhalten sie eine bestimmte Bedeutung; und jeder Einzelne von uns hat seine individuelle Lesart. Jedes Objekt singt sein Lied, und wir lauschen der Musik; doch die Auslegung der Bedeutung ist von Mensch zu Mensch verschieden. Derselbe Begriff führt bei den Menschen aufgrund der individuellen Assoziationen zu unterschiedlichen Interpretationen. Alle Objekte in der Welt sprechen zu uns in einer psychologischen Sprache oder mit einer philosophischen Bedeutsamkeit. Doch die Assoziation ruft bei allen Menschen unterschiedliche Reaktionen hervor. Diese individuelle Interpretation, als Antwort auf den allgemeinen Aufruf der Objekte, sind seine Liebe oder sein Hass. Die Objekte haben jedoch keinerlei Absicht, geliebt oder gehasst zu werden, sondern sie existieren ebenso wie wir. Äußeren Dingen gegenüber entwickeln wir Liebe und Hass. Wir können diese Logik ebenfalls auf andere Menschen ausdehnen. Wenn wir also die Dinge unparteiisch beurteilen, bleiben Liebe und Hass außen vor. Sie sind nicht Teil der Natur, denn sie kommen dort nicht vor. Doch wir selbst haben nur Lieben und Hassen im Kopf! Wir sind in dieses tumulthafte Chaos oder dieses Protestgeschrei der Sinne bezüglich Mögen und Ablehnen verwickelt.


25.2 Brahmacharya und Brahma-Verwirklichung

Allgemein versteht man unter Brahmacharya, im Zölibat zu leben. Doch dieses ist eine armselige Übersetzung des Wortes und ebenso falsch verstanden. Unter Zölibat versteht man, dass man nicht heiraten darf und wir assoziieren damit, dass Yoga Brahmacharya oder Enthaltsamkeit erfordert. Doch nichts dergleichen ist Brahmacharya. Es ist weder Ehelosigkeit noch ist es Zölibat in seiner heutigen Bedeutung. Jemand, der nicht verheiratet ist, muss nicht zwangsläufig ein Brahmachari sein und umgekehrt. Wir müssen sehr sorgfältig die Absicht hinter dieser Anweisung und nicht bloß den gesellschaftlichen Sprachgebrauch beachten. Die Absicht liegt in der Konservierung von Energie und darin, die eigene Persönlichkeit vollkommen in Richtung auf das große Ziel – das universale Bewusstsein – auszurichten. Die Energie des menschlichen Systems ist für jede Art von Konzentration erforderlich, und nicht nur zur Gottverwirklichung. Wir brauchen beispielsweise Energie, um ein mathematisches Problem zu lösen, eine Brücke zu bauen oder die Bausteine der Natur im Labor zu untersuchen.

Selbst ein Drahtseilakt erfordert Konzentration. Immer dort, wo es gilt den Atem anzuhalten und sich zu konzentrieren, ist viel Energie erforderlich. Eine zwei Fuß breite Brücke ohne Geländer über einen Abgrund lässt uns den Atem anhalten und ausschließlich an diese Gefahrenstelle denken. Sicherlich denken wir in einer solchen Situation an nichts anderes. Genauso erfordert das große ideelle Yoga unsere ganze Aufmerksamkeit, Konzentration und vollkommene Hingabe mit unserem ganzen Wesen. Dieses, so heißt es im Yoga, kann nicht geschehen, wenn andere Interessen vorherrschen. Wenn Brahmacharya nicht ausgeübt wird, bedeutet dies, dass andere Interessen als Yoga vorliegen. Es kann sich bei den ablenkenden Objekten um alles mögliche handeln. Wenn irgend etwas anderes unsere Aufmerksamkeit ablenkt, verschwenden wir unsere Energie. Jede Art von Energieschwächung, die durch irgendein Objekt oder Ereignis hervorgerufen wurde, bedeutet ein Bruch im Brahmacharya. Ein Wutausbruch ist ein Bruch im Brahmacharya, obwohl niemand daran denkt. Niemand verdammt einen Menschen, weil er wütend ist.

Wir mögen glauben, dass jemand aufgrund seines Wutausbruches ein wundervoller Mensch sei, doch in Wahrheit hat er im Brahmacharya vollkommen versagt. Er ist völlig zusammengebrochen. Da die meisten Menschen traditionsbewusst sind, folgen sie den gesellschaftlichen Traditionen und Gewohnheiten, und glauben, dass Religionen nichts weiter sind, als etwas, was die Gesellschaft erlaubt. Doch dies ist nicht richtig. Religion ist nicht bloß etwas, was eine hinduistische oder christliche Organisation fordert. Es hat damit überhaupt nichts zu tun. Das, was das Universum als Respekt von uns erwartet, ist die große Religion der Menschheit, die Religion Gottes oder die Religion des Universums. Niemand wird uns retten, bloß weil wir in den Augen der Menschen religiös sind. In diesem Fall können wir mit all unseren Religionen getrost vor die Hunde gehen. Was hilft uns, was führt uns, was wird uns an die Hand nehmen und auf dem Pfad des großen Gesetzes führen, dem wir in der Art und Weise gehorchen, wie es von uns unter den Bedingungen unserer Beziehungen zu allem im Universum erwartet wird? Darum müssen wir jegliche Möglichkeit nutzen, unsere Energie – ohne jede Ablenkung – zu konservieren.


25.3 Das Individuum – Ein Zentrum des Drucks

Die Philosophen, die Mystiker, die Heiligen und Weisen haben eine sorgfältige Analyse der Energien des menschlichen Geistes, dem psycho-physikalischen Organismus als Ganzes, durchgeführt. Es scheint so, dass wir Zentren des Drucks oder Stresses sind. Jedes Individuum stellt ein solches Zentrum des Drucks oder Stresses dar, dem jeder, mit den Umständen entsprechenden geeigneten Mitteln, zu entkommen sucht. Doch das Verständnis darüber, wie dieser Stress überwunden werden könnte, hängt von der persönlichen Entwicklungsstufe ab. Jeder weiß, dass Stress und Spannung nicht gut sind, doch nicht alle wissen, wie man sich davon befreien kann, weil die kausalen Zusammenhänge nicht richtig verstanden oder analysiert werden. Wir wissen vielleicht, dass wir krank sind, doch wir wissen nicht, warum wir krank sind. Und solange wir die Krankheit nicht kennen, die hinter dem psychologischen Stress, der Spannung, der Störung, dem Mögen oder der Ablehnung stecken, können wir nicht wissen, wie wir damit richtig umgehen sollen. Die so genannten Wünsche sind der äußere Ausdruck der Persönlichkeit, um sich von Stress und Spannung zu befreien. Wir sind von Kindheit an, bis hin zum Jüngsten Gericht, andauernd in einem Zustand des mentalen Stresses und nervöser Spannung, und das ganze Leben lang versuchen wir einen Ausweg zu finden und uns, mit unserer gedanklich von uns selbst entwickelten Methode, davon zu befreien. Dieser Weg der persönlichen Befreiung, wird als „Ausdruck der Wünsche“ bezeichnet. Wünschen ist die Methode, mit der wir uns von Spannungen und Nervosität befreien wollen. Auf diese Weise versucht jeder, sich mit seiner eigenen Methode von seinen Spannungen, – entsprechend seines Verständnisses – zu befreien. Doch meistens führen diese Wege in die falsche Richtung. Aufgrund von Unwissenheit erhöhen sich die Spannungen, weil der Grund nicht erkannt wird.


25.4 Stress und Spannung – Ursache und Heilung

Stress und Spannungen stellen sich aufgrund der Trennung des Einzelnen von der Natur ein. Die Welt hat uns ins Exil geschickt. Wir wurden aus dem Reich der Natur, wie unerwünschte Kinder, entfernt. Unser innerer Wunsch ist letztendlich, uns selbst mit der Natur, die unsere Mutter ist, zu vereinen. Die Zuflucht, nach der wir als Erleichterung von Stress und Spannungen suchen, ist letztendlich nichts weiter, als der Wunsch wieder mit unseren Eltern vereinigt zu werden, von denen wir getrennt oder isoliert wurden. Unser Wunsch ist es, alles zu besitzen. Und diesen Wunsch nennt man Liebe. Mit Liebe ist in dieser Welt der Wunsch nach Besitz verbunden, und dieses Besitzen wird als Instrument betrachtet, was Stress und Spannungen überwinden soll. Ob wir die Situation richtig interpretieren, steht auf einem anderen Blatt. Doch geringfügiges Kratzen an einem Ekzem gibt dem Leidenden ein wenig Entlastung, wobei er die Spannungen und den Stress für kurze Zeit in dem Glauben vergisst, als hätte er sich von dem Leiden befreit. Wenn uns ein größerer Schlag trifft, werden die kleineren Übel einfach vergessen. Angenommen, wir haben ein paar Probleme, und wir denken über sie nach. Dann strömen größere Problem auf uns ein, und wir vergessen darüber die kleineren Übel. All unsere Schmerzen, Sorgen und Nöte sind in dem Augenblick vergessen, wo wir plötzlich in einem Fluss zu ertrinken drohen. Dann vergessen wir alles Klagen. Alles scheint in Ordnung zu sein, wenn wir doch bloß vor dem Ertrinken bewahrt werden. Dieses Problem hat eine weit höhere Priorität als alle anderen Probleme des Lebens. So verhält es sich mit dem Erfüllen unserer Wünsche, wenn wir mit den Dingen in Berührung kommen.


25.5 Durch die Sinne droht Verwüstung

In einer der Sutras von Patanjali heißt es, dass es durch Berührung der Dinge mit den Sinnen nicht möglich ist, Spannungen, die durch Wünsche verursacht wurden, aufzulösen, denn Wünsche können durch keinerlei Berührung der Sinne beseitigt werden. Das ist die ganze Wahrheit, obwohl es so scheint, dass die Sinne uns Glauben machen wollen, dass unsere Spannungen durch die Berührung mit verschiedenen Dingen in dieser Welt gelöst würden. Wir bitten nicht um die Dinge. Niemand möchte letztendlich irgend etwas in dieser Welt, obwohl es so aussieht. Die Situation wird durch unsere Sinne falsch interpretiert, indem wir unser Sehnen nach Vereinigung mit allen Dingen als etwas äußerliches ansehen. Alle Liebe, alles Wünschen, sind das Verlangen nach Vereinigung mit den Dingen. Während es unser innigster Wunsch ist, mit allen Dingen in Einklang zu kommen, mit der ganzen Natur EINS zu sein, wird dieser Impuls durch die Macht der Sinne nach außen in Richtung auf „Raum und Zeit“ gerichtet. Worin liegt das Ergebnis? Das Verlangen in eine bestimmte Richtung nimmt aufgrund der Reflexion der Sinne eine andere Gestalt an.

Obwohl unser Gesicht mit dem Körper verbunden ist, sieht es spiegelbildlich so aus, als wäre es außerhalb von uns. Doch erscheint es nur im Spiegelbild so. Der Fehler wird durch den Spiegel verursacht. Wenn unsere Liebe, Vorlieben, Gefühle und Wünsche in den Schlamm der Sinne geworfen werden, findet eine ähnliche Katastrophe statt. Die Sinne haben nämlich nur eine Aufgabe, alles nach außen zu tragen. Auf diese Weise werden unsere Wünsche nach außen befördert, obwohl dieses Wünschen etwas völlig anderes betrifft. Das ist die Ursache, warum wir nicht zufrieden sind, und egal welches Objekt vor uns erscheint, wir sind letztendlich immer unzufrieden. Welchen Besitz wir unser Eigen nennen, er befriedigt uns nicht, denn unsere Fragestellung betrifft etwas ganz Bestimmtes. Doch wir erhalten durch die Umtriebe unserer Sinne etwas völlig anderes. Sehr fremdartig ist das Phänomen, wenn der Geist sich selbst ausdehnt, sich bei dieser eigenen vorübergehenden Aktivität mit den Aktivitäten der Sinne verbindet, und seine eigenen Wünsche, die er verloren hat, anscheinend für jene Wünsche nach äußeren Dingen hält. Dieses ist eine sehr bedeutsame Situation, in der sich jeder befindet, – etwas, was sich immer der eigenen Aufmerksamkeit entzieht, ein sehr gefährlicher Zustand, über den man nicht viele Worte verlieren muss. Und man braucht auch nicht immer wieder zu erwähnen, dass der Weg unserer Wunscherfüllung nicht richtig ist.

Zum einen ist da der grundlegende Fehler im Verhalten unseres Geistes in der Erfüllung äußerlicher Wunschvorstellungen. Zum anderen liegt der Fehler in seiner nach außen gerichteten Bewegung, wobei er seine Energie verliert, was ihn schwächt. Wenn das Selbst zum Nicht-Selbst wird, dann wird es körperlich und führt zum Tode. Auf diese Weise wird der Mensch zum Schwächling und verliert alle Kräfte. Er hat weder körperliche noch mentale Kräfte. Je mehr unerfüllte Wünsche er hat, desto schwächer wird sein Körper und Geist. Er kann sich nicht einmal mehr bewegen, nichts essen, nicht denken und verliert sein Gedächtnis. Dies geschieht, wenn man zu viele unerfüllte Wünsche hat. Doch, was sollte man unter solchen Umständen tun?


25.6 Wünschen – ein metaphysisches Übel

Da wir als Yogaschüler an dem aufrichtigen Wohlergehen unserer Seelen interessiert sind, müssen wir in der Lage sein zu erkennen, was wirklich mit uns geschehen ist. Wir sollten uns nicht wie die Wollsammler bei einer Schafherde oder im Namen von Religion oder Spiritualität wie in einem Narrenhaus aufführen. Keine zur Schau getragene rituelle Handlung, auch nicht im Namen einer Religion, ist letztendlich in der Lage, uns zu retten, weil dieses Übel des Wünschens, ein metaphysisches Übel und kein gesellschaftliches oder körperliches Übel ist. Es ist ein metaphysisches Übel, wie die Philosophen es bezeichnen. Es ist eine kosmische Katastrophe, und darum erfordert es all unsere analytischen Fähigkeiten, um herauszufinden, was mit uns geschah, und zu erkennen, wie wir uns schrittweise von diesem Impuls befreien können, der uns in Richtung der Sinnesobjekte treibt und dabei aus uns selbst herauszieht. Dieses Entwöhnen von den Objekten geht nur sehr langsam vonstatten. Doch das Erfüllen von Wünschen wird besonders in der indischen Religion nicht verdammt, obwohl es klar ist, dass das Wünschen früher oder später vollkommen ausgemerzt werden muss; weil diese Wünsche Bindungen darstellen, die die Seele an den Körper und dessen physische Assoziationen bindet.

Das große lebendige Sozialsystem und die persönliche Lebendigkeit, wie es in Indien eingepflanzt ist, und auch von Philosophen anderer Länder akzeptiert wird, ist als das Varnashrama-System (das Konzept der 4 Lebensstadien) (die vier Lebensstadien: 1. Schüler – 2. Ehepaar – 3. Waldeinsiedler – 4. Sanyasin (Mönch)) bekannt, eine hoch wissenschaftliche Analyse des menschlichen Daseins, sowie dessen Wünsche und Erfordernisse zu unterschiedlichen Zeiten. Wir haben verschiedene Bedürfnisse, obwohl man alle Bedürfnisse als Wünsche bezeichnen und letztendlich als nicht wünschenswerte Dinge ansehen kann. Doch, wenn sie für die Sinne und den Geist als etwas Wirkliches existieren, und nicht weniger real als unsere Körper sind, müssen wir sie mit größter Vorsicht angreifen. Wir müssen sie als genauso realistisch betrachten wie uns selbst. Die Objekte sind ebenso wirklich wie unwirklich, so wie wir selbst sind. Insoweit wie wir real sind, sind die Dinge, die mit uns verbunden sind, ebenso real und umgekehrt. Subjekt und Objekt entwickeln sich gleichermaßen. Die Entwicklung ist nicht ausschließlich individuell und subjektiv. Auf diese Weise ist das Varnashrama-System eine systematische Prozedur uns selbst den Umständen entsprechend, gesellschaftlich (horizontal) und in unserer eigenen Persönlichkeit (vertikal) anzuordnen und anzunehmen. Die horizontale Anordnung ist Varna (4 Kasten):

  • Brahmanen (Priester, Gelehrter)
  • Kshatriya (König, Prinz, Krieger, höherer Beamter)
  • Vaishya (Landwirt, Kaufmann, Händler)
  • Shudra (Knecht, Dienstleistender)

Die vertikale Anordnung Ashrama (4 Lebensstadien)

  • Brahmacharya – Schüler, Enthaltsamkeit ist Pflicht
  • Grihastha – Eheleute, Sexualität zur Kinderzeugung erlaubt
  • Vanapratha – man bereitet sich auf die Zeit als Mönch vor
  • Sannyasin – Mönch, man trennt sich von der Frau und lebt allein im Wald

Wir müssen die Gesellschaft durch unsere Beziehung zu den Menschen vervollkommnen, und wir müssen in uns selbst, durch eine annehmbare harmonische Ausrichtung der verschiedenen Ebenen unserer Persönlichkeit, vervollkommnen. Solch eine Ausrichtung wird durch folgende große Grundlagen des Varna (4 Kasten) und des Ashrama (4 Lebensstadien) erreicht.


25.7 Befreiung aus der Umklammerung der Natur

Die Menschen glauben im allgemeinen, dass Varna soviel wie Kaste bedeutet, doch das ist nicht richtig. Im eigentlichen Sinne wird die Klassifizierung der Gesellschaft als Varna-Dharma bezeichnet. Varna ist der falsche Name und die falsche Interpretation für den Begriff „Kaste“. Niemand ist vollkommen, und darum ist niemand, der nicht mit anderen kooperiert, mit sich selbst zufrieden. Der Mensch befindet sich inmitten von anderen Dingen, wie Intellekt, Willen, Gefühlen und Energien. Einige Menschen verfügen über enorme physische Reserven, doch sind es armselige Intelligenzen. Andere Menschen sind wiederum intellektuelle Genies, doch körperlich schwach. Die anderen beiden Aspekte, d. h. Gefühl und Willen, sind unter den Menschen ebenfalls ungleichmäßig verteilt. Insoweit, wie die Absicht im Wohlergehen der Menschheit liegt, gibt es eine allgemeine Solidarität, denn es ist notwendig, unsere Annehmlichkeiten untereinander zu teilen. Diese Annehmlichkeiten müssen nicht unbedingt gegenständlicher, sondern können auch von psychischer Natur sein. Wenn jemand intelligent ist und spirituellen Scharfsinn hat, was für das Wohlergehen der Bevölkerung notwendig ist, doch keine anderen Fähigkeiten hat, wird er sein Wissen, seine Weisheit und richtungweisende Intelligenz mit anderen, die diese Fähigkeiten nicht haben, teilen. Diese gegenseitige Zusammenarbeit in der Gesellschaft bezüglich Spiritualität, Administration, Wirtschaft und Handwerk bildet das Wesen des Varnasystems, des Kastensystems.

Die Klassifizierung in Brahmanen (Priester und Gelehrte), Kshatriyas (König, Prinz, Krieger, höherer Beamter), Vaisyas (Landwirt, Kaufmann, Händler) und Sudras (Knecht, Dienstleistender) ist keine Einordnung der Menschen in Nieder- und Höherwertige, wie Bosse und Untergebene, sondern es ist eine Klassifizierung in die Funktionsfähigkeit des Einzelnen entsprechend seinem Wissen und seiner Fähigkeiten, mit der ehrenwerten Absicht und zum Zweck einer vollkommenen, zusammenarbeitenden Organisation der Menschheit. Dieses ist ein Weg, auf der Welt glücklich zu werden, sonst werden wir uns immer in einem elenden Zustand befinden. Unsere Wünsche werden auf diese Weise klassifiziert, und sie geben so, durch eine beiderseitige horizontale Kooperation, Gelegenheit zu einer entsprechenden Zufriedenheit. Es gibt noch die andere, vertikale Seite, was als Subjekt – Ashrama-Dharma – oder die Pflichten bekannt ist, die mit den verschiedenen Ashramas oder den Stufen des Lebens verbunden sind. Wir haben nicht nur das Kastensystem, sondern auch die Bedeutung der 4 Lebensstadien missverstanden. So, wie wir die Klassifizierung des Varna als Kastenstufen verdammt haben, so haben wir auch die Klassifizierung der eigenen Lebensstufen, den Weg des Ashrama, durch eine Art von leblosen religiösen Routinen ersetzt. Weder Varna noch Ashrama sind Routinen. Varnashrama ist so wohl eine Einteilung in innere, als auch äußere Lebensabschnitte. äußerliche Lebensabschnitte werden als Varna und innerliche als Ashrama bezeichnet.

Die Idee dahinter ist, den Erfordernissen des Menschen, auf eine bestimmte Art zu dem Zweck gerecht zu werden, alle Begrenzungen mit dem Ziel der Befreiung des Geistes zu überschreiten. Was für eine ehrenwerte psychologische Organisation dieses Varnashrama ist! Kein einziger Punkt in dieser Klassifikation ist unwichtig, denn die Natur packt uns mit einem derartig festen Griff am Hals, dass wir uns selbst nicht ohne die Hilfe von Varnashrama-Dharma aus dieser Umklammerung befreien können. Wir sind förmlich durch die Natur, gesellschaftlich, körperlich, psychologisch, rational und sogar spirituell gefangen. Darum müssen wir uns selbst durch schrittweises Zurückziehen von der Natur aus dieser Umklammerung befreien, so als würden wir alle Knoten nacheinander lösen.

Wenn wir einen Strick dutzendweise verknoten, und wir wollen diesen Knoten anschließend wieder auflösen, fangen wir nicht mit dem innersten, sondern mit den äußersten Knoten an. Der äußerste Knoten muss zuerst, dann der vorhergehende usw. gelöst werden, bis der erste erreicht ist. ähnlich verhält es sich im spirituellen Leben, wo das erste Problem zuletzt behandelt werden muss, denn dieses Problem ist feiner und den Dingen viel näher als das letzte Problem, was in der Entwicklung von der Ursache viel weiter entfernt ist. Die Auswirkungen müssen zuerst betrachtet werden, und die Ursachen wesentlich später. Darum bereiten diese Organisationssysteme des Varna und Ashrama jedem Menschen innerlich und äußerlich viel Freude, wenn aufgrund der individuellen, gesellschaftlichen, körperlichen, lebensnotwendigen, emotionalen und intellektuellen Bedürfnisse usw., die verschiedenen Knoten der Verwicklungen im Leben aufgelöst werden.
Ein solch weites Feld ist mit dieser kleinen Angelegenheit Brahmacharya verbunden, durch dessen Praxis wir nicht nur unsere Lebensführung und unsere Einbindung in die Gesellschaft beeinflussen, sondern uns in einen Zustand der Stärke versetzen, wobei wir auf die Dinge so eingestellt sind, dass wir unsere Energie nicht in alle Richtungen verschwenden, sondern auf eine gewisse Weise unterstützt werden, so dass es keinen Grund gibt, unsere Energien an äußerlichem zur Erfüllung von Wünschen zu vergeuden. Wünsche müssen sowohl erfüllt wie auch nicht erfüllt werden. Beide Aussagen sind richtig. Doch die Aussagen müssen in ihrer wahren Bedeutung verstanden werden. Hunger muss beispielsweise gestillt werden, obwohl Hunger eine Krankheit des Körpers ist, obwohl es das Tier im lebenswichtigen Körper des Menschen ist, das jeden zwingt, sich seines Körpers immer wieder zu erinnern. Kann es irgend etwas Schlimmeres geben, als das Gefühl, ein Gefangener seines Körpers zu sein? Man mag im Gefängnis eingesperrt sein, doch warum muss man tagtäglich daran erinnert werden? Doch genau dies ist es, was der Hunger tut. Andauernd erinnert Hunger an das Körperbewusstsein. Solch eine üble Angelegenheit ist das Hungergefühl, doch wie kann man sich davon befreien?

Indem man den Bedürfnissen des Körpers nachkommt, während man gleichzeitig größte Vorsicht walten lässt. Darum ziehen wir uns warm an, wenn es kalt ist; wir gehen schlafen, wenn wir müde sind; wir essen, wenn wir hungrig sind. Wir gehen spazieren und machen viele andere Dinge. All diese Dinge sind so weit vom Ziel des Lebens entfernt, und doch sind sie notwendig. Wir können sie als notwendiges Übel bezeichnen. Es sind ohne Zweifel Übel, doch sind sie notwendig. Darum müssen sie zufriedengestellt werden, selbst wenn wir uns zu diesem Zweck vom Absoluten trennen. Die Absicht hinter der grundlegenden und schrittweisen Praxis von Varna und Ashrama ist nicht die Wunscherfüllung als schlechte Angewohnheit, doch ihre schrittweise, wissenschaftliche, systematische und vorsichtige Erfüllung in einem Maße, wie sie den Umständen entsprechend zulässig ist, um sich letztendlich selbst davon zu befreien. Darum essen wir nicht, weil wir essen wollen, sondern weil es notwendig ist, um eine Stufe zu erreichen, wo Essen nicht mehr notwendig ist. Dafür ist ein Hintergrundwissen über die Psychologie der Grundlagen von Yamas notwendig, und ein klares Verständnis dieses Hintergrundes wird uns helfen, diese Grundlagen besser zu praktizieren.

Anmerkung des Übersetzers: Mir ist die Einstellung, die Swami Krishnananda zu den Kasten hat, etwas zu unkritisch. Darum möchte ich auf das Buch Die Bhagavad Gita und Yoga hinweisen, das sich etwas kritischer mit dem Kastenwesen auseinander setzt.. Ende Anmerkung Übersetzer.


26. Geburtenkontrolle (Swami Sivananda)

26.1 Anweisungen für Familienväter

Eine strenge Regelung des sexuellen Lebens und absolute Gewaltlosigkeit sind notwendig, wenn du Fortschritte auf dem spirituellen Weg machen möchtest. Wenn du empfängnisverhütende Mittel benutzt, lernst du niemals Selbstbeherrschung zu üben. Wer empfängnisverhütende Mittel benutzt, ist ein unmoralischer Mensch. Lerne die Tugend der Selbstbeherrschung. Der Gebrauch von Verhütungsmitteln kann deine Energie schwächen. Es schwächt alle Zurückhaltungen. Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen dem sexuellen Verlangen und der Kontrolle des Gaumens. Der, der den Gaumen kontrolliert, kontrolliert auch alle anderen Organe. Reine (sattvische) Nahrung, macht die Praxis des Brahmacharya einfach. Keuschheit ist nicht schädlich. Andererseits bewahrt es die Nervenstärke. Es gibt große Geistesstärke und Frieden des Verstandes. Sexuelle Nachgiebigkeit führt zu moralischem und spirituellem Bankrott, zu vorzeitigem Tod, nervöser Schwäche und Verlust der Fähigkeiten, der Talente und des Leistungsvermögens. Das indische Gesetzbuch der Manu, das als ein von den Weisen gehörter Text gilt, sagt: „Das erstgeborene Kind wird vom Dharma, die anderen Kinder vom Karma, von der Sinneslust, gezeugt. Der sexuelle Akt allein zum Vergnügen ist nicht vertretbar.“ Sinnliche Leidenschaft ist keine wirkliche Liebe. Es ist nur eine Verblendung, die von der Unwissenheit getragen wird. Du tust gottlose Handlungen und tötest deine Seele wegen deiner Leidenschaften.

Anmerkung des Übersetzers: Swami Sivananda schrieb dieses Buch 1934. Für die damalige Zeit mögen diese Aussagen vielleicht ihre Richtigkeit gehabt haben. Es wäre natürlich schön, wenn jeder so viel Disziplin hätte, das Brahmacharya zu beachten. Aber die Realität sieht leider anders aus. Sieht man sich besonders die Sexualpraktiken in den ärmeren Ländern der Welt an, so ist es häufig der ärmere Teil der Bevölkerung, darunter besonders viele junge Mütter, die gerade eben der Pubertät entwachsen sind, die Kinder gebären. So werden immer wieder neue Kinder in die Armut hineingeboren. Von diesen jungen Müttern zu erwarten, sie würden das Brahmacharya praktizieren, wäre unrealistisch. Vielfach wird die sexuelle Handlung aus einer finanziellen Not heraus geboren. Diese jungen Frauen, eigentlich noch Kinder, verkaufen ihren Körper, damit die Familie überleben kann. Für Verhütungsmittel ist weder das Geld, noch das Bewusstsein vorhanden. Außerdem gab es 1934 noch keine Anzeichen der Krankheit Aids. Sie ist ein weiterer Grund, nicht auf Verhütungsmittel zu verzichten, da alle Menschen davon bedroht werden können. Wenn jemand bewusst Brahmacharya praktiziert, dann ist er natürlich nicht diesen Gefahren ausgesetzt. Aber wir sollten erkennen, dass das Bewusstsein des Brahmacharya vielfach nicht vorhanden ist und erst geweckt werden muss. Ende der Anmerkung.


26.2 Die Bevölkerungsentwicklung sollte kontrolliert werden

Wer in der Welt ernährt alle die Millionen von Menschen? Trotz der modernen landwirtschaftlichen Methoden und einer teilweisen Übererzeugung von landwirtschaftlichen Produkten, war es bisher nicht unmöglich, eine Balance zwischen der Nahrungsmittelproduktion und der Bevölkerungszunahme zu halten. Darum muss das Bevölkerungswachstum beschränkt werden, wenn der Lebensstandart der Menschen nicht gesenkt werden soll. Wird dieses nicht getan, dann kommt es zu Hungersnöten und zum Zerfall der Moral. Spezielle Agenturen der „Vereinten Nationen“ sind damit beschäftigt, langfristige Lösungen dafür zu entwickeln. Die Kommission für Bevölkerung und Entwicklung der Vereinten Nationen hat sich an die Arbeit gemacht. Sie wird dabei vom Wirtschaftsrat für Asien und dem Fernen Osten unterstützt. Kein Zweifel, prinzipiell ist es sinnvoll, das Bevölkerungswachstum zu beschränken. Aber wie? Durch die fortschrittlichen Methoden der Familienplanung. Was aber bedeutet dies? Rajkumari Amrit Kaur, die indische Gesundheitsministerin, antwortete darauf: „Ich brauche kaum zu betonen, dass heutzutage hauptsächlich die gebildete Oberschicht an eine Familienplanung denkt. Es gibt aber auch unter den ärmeren Leuten viele Menschen, die durch die Sozialarbeiter der Städte erreicht werden, in denen die sozialen Organisationen arbeiten. Aber auch sie denken unveränderlich an eine Geburtenkontrolle durch künstliche Methoden der Empfängnisverhütung, die sich in der westlichen Welt durchgesetzt hat. Ich bin wirklich nicht imstande, mich mit dieser Ansicht zu versöhnen.“

In der Tat ist die einstimmige Antwort hinsichtlich der Familienplanung, der Gebrauch empfängnisverhütender Mittel gewesen. Es ist schade, dass die meisten unseren gelehrten Führer, mit sehr wenigen Ausnahmen, wie die indische Gesundheitsministerin Amrit Kaur, sich dazu herabließen, den Westen nachzuäffen, und das eigene kulturelle Erbe komplett zu ignorieren. Die vedischen Schriften schrieben den Menschen die Praxis des Zölibats vor. Heirateten die Menschen, dann wurden sie nicht um des körperlichen Vergnügens intim, sondern um der Nachkommen willen. Selbstbeherrschung gab ihnen moralische Stärke und ermöglichte spirituellen Fortschritt. Durch Selbstbeherrschung erzielten sie ethische Vervollkommnung und verbesserten ihren Intellekt. Anmerkung Übersetzer: Das indische Schulsystem wurde dadurch bestimmt, dass die Schüler bei einem Guru unterrichtet wurden. Jungen und Mädchen der drei oberen Kasten praktizierten bereits im Kindesalter Brahmacharya und wuchsen mit dem Bewusstsein der 4 Lebensstadien auf. (1. Schüler (Brahmacharya), 2. Verheirateter (Sexualität nur zur Kinderzeugung), 3. Waldasket (Vorbereitung auf das Sannyasin, lebte meist noch mit seiner Frau zusammen), 4. Sannyasin (Mönch, lebt allein im Wald)). Es wurden etwa 30 Prozent aller Kinder von einem Guru im spirituellen Sinne erzogen. Dadurch dass diese Entwicklung über viele Jahrhunderte praktiziert wurde, wurde das Brahmacharya in der ganzen Bevölkerung praktiziert oder zumindest in sehr großen Teilen der Bevölkerung. Das Brahmacharya wurde zudem in den vedischen Schriften beschrieben und von den Brahmanen (Priestern) gelehrt. Ende Anmerkung Übersetzer.

Es gibt keine sicherere und bessere Lösung für die Bevölkerungskontrolle als die Praxis der Selbstbeherrschung. Keine Geburtskliniken und keine Anwendung der künstlichen Verhütungsmethoden können die Bevölkerungsentwicklung so effektiv regeln, wie das durch seinen traditionellen Hintergrund in Spiritualität getränkte Brahmacharya. Keine andere Methode der Empfängnisverhütung kann moralisch und spirituell so erfolgreich sein, wie die Selbstbeherrschung. Weder in Indien noch anderswo in der Welt. In Indien war es Mahatma Gandhi, der zum ersten Mal eine unbeugsame Opposition gegen den Gebrauch der empfängnisverhütenden Mittel für die Familienplanung organisierte, als künstliche Verhütungsmethoden für Verheiratete frei gegeben wurden, und Unverheiratete ermutigt wurden, den Weg der Selbstbeherrschung zu verlassen, um ihren vulgären Leidenschaften zu frönen.
Gandhi sagte: „Wenn die ländliche Bevölkerung Brahmacharya praktiziert, dann kann sie dadurch die Größe ihrer Familie besser kontrollieren, als durch den Gebrauch empfängnisverhütender Mittel. Künstliche Verhütung ist wie das Aussetzen einer Prämie auf das Laster der Wollust.“ Als Gandhi dieses sagte, antworteten viele hervorragende Führer, Doktoren, Rechtsanwälte und Erzieher, sogar einige seiner Schüler: „Die Begrenzung des natürlichen Antriebs in den Männern und in den Frauen würde zu ernsten Konsequenzen führen. Es wird Massenneurosen geben. Ihre Lust am Leben und ihre geistigen Fähigkeiten würden verebben, ihr Leben würde düster und glanzlos werden.“ Und so weiter und so weiter. Alle diese Behauptungen waren unbegründet und ein Eingeständnis der Geilheit von Seiten der Kreuzfahrer gegen die Selbstbeherrschung. Dieses ist ausreichend durch bemerkenswerte Wissenschaftler und Doktoren und durch zahlreiche Heilige Schriften nachgewiesen worden. Einige solcher bemerkenswerten Aussprüche, die von einigen westlichen Sprechern getan wurden, vor denen sich unsere gebildete Intelligenz genau so verneigte, wie vor unseren Heiligen Schriften, sollen einmal zitiert werden.

Sir Lionel Beale, Professor der königlichen Hochschule in London: „Sexuelle Enthaltsamkeit hat bislang noch keinem Mann Schaden zugefügt. Keuschheit ist nicht so schwer zu beachten, wenn man über den entsprechenden Geisteszustand verfügt.“

Professor Cesterbu stimmt mit Beale überein, indem er sagt: „Der sexuelle Instinkt ist nicht so allmächtig, dass er nicht durch moralische Stärke kontrolliert und bezwungen werden kann. Wir sollten wissen, dass eine robuste Gesundheit und eine stets erneuerte Vitalität die Belohnung der freiwilligen Enthaltsamkeit sind.“

Sir Andrew Clark stimmt darin überein, dass „Enthaltsamkeit nicht schädigt. Es behindert keinesfalls die Entwicklung und erhöht die geistige Wahrnehmung und die Energie.“
Dass die Praxis der Enthaltsamkeit ein geeignetes Mittel zur Geburtenkontrolle ist, ist vom Amerikaner Joseph H. J. Spenglar hervorgehoben worden. Er sagte: „Moralische Selbstbeherrschung bietet eine sinnvolle Lösung zum Problem der Überbevölkerung.“

Mahatma Gandhi beantwortete die Fragen seiner Kritiker durch das Beispiel seines persönlichen Lebens. In seiner Autobiographie schrieb er: „Ich nahm 1906 das Gelübde des Brahmacharya auf mich. Mit der unterstützenden Kraft Gottes, vertiefte ich meinen Glauben. Die praktische Erfahrung der Selbstkontrolle hat sich seit dem noch weiter vertieft.“

Gandhi war ein Mann mit Erfahrungen. Und was auch immer er sprach, entsprang seiner persönlichen Erfahrung. Er war kein Polstersessel-Philosoph. Er hob hervor, dass die Enthaltsamkeit die Hauptqualifikation für alle Erfolge im Leben ist.“Ich halte daran fest, dass ein Leben der vollkommenen Enthaltsamkeit im Gedanken, Worten und Werken, notwendig ist, um spirituelle Perfektion zu erreichen. Brahmacharya bedeutet, die vollkommene Kontrolle aller Sinnesorgane. Für einen aufrechten Brahmachari ist nichts unmöglich.“

Es ist ersichtlich, dass strenges Zölibat, wie es von Bhishma, Lakshmana und Hanuman geübt wurde, nicht für die Massen möglich ist. Aber es ist für ihr körperliches, moralisches und geistiges Wachstum notwendig. Sie sollte eine zurückhaltende und heilige eheliche Beziehung anstreben.

George Bernard Shaw (1856), ein irischer Dramatiker, Satiriker und Literaturnobelpreisträger von 1925, eine in hohem Grade intellektuelle und tiefgründige geistige Persönlichkeit, aber ein Atheist, der von seinen Lesern bewundert wurde, äußerte die allgemeingültig geltende Wahrheit, dass wir uns selbst zerstören, wenn wie unsere sinnlichen Wünsche nicht zurück halten.


26.3 Gefahren der künstlichen Verhütung

In der Zeitung „Harijan“ sagte die indische Gesundheitsministerin Rajkumari Amrit Kaur: „Meiner Meinung nach, sollte unser Land, nur die Wege und Mittel zur Geburtenkontrolle zulassen, die der Tradition unserer Zivilisation entspringen. Möglicherweise ist in keinem anderen Land der Welt die Praxis der Enthaltsamkeit mit solch einer Gewichtung wie in Indien von den Heiligen und Weisen befürwortet worden. Künstliche Verhütungsmethoden scheinen dem normalen Mann leichter zu erreichen zu sein. Folglich werden sie von jedermann befürwortet. Ich betrachte diese Entwicklung als ein gefährliches Signal, weil nur der gerade und enge Weg der Enthaltsamkeit, uns zur Rettung führt.“ Darum repräsentierte die indische Gesundheitsministerin, das wahre Gefühl der Mehrheit unseres Landes. Die Frauen Indiens spielen eine große Rolle, wenn es darum geht, die Angriffe des Materialismus zu vereiteln. Durch die Zeitalter waren es die Frauen, die den spirituellen Charakter unserer Gesellschaft bewahrt haben, ihre natürlichen Instinkte blieben religiös. Es ist unehrenhaft, dass sie die Philosophie der modernen Abtrünnigen unterzeichnen sollten. Gandhi schrieb über das vergangene Jahrzehnt: „Meiner Meinung nach ist es eine Beleidigung für den partnerschaftlichen Sex, die Geburtenkontrolle durch künstliche Verhütungsmethoden zu ersetzen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die große Mehrheit der Frauen, sie als unvereinbar mit ihrer Würde ablehnen.“

Es ist höchste Zeit, nun, wo den Führern unseres Landes die schändlichen Konsequenzen der Geburtenkontrolle durch künstliche Verhütungsmittel bewusst werden. Sie sollten eine landesweite Kampagne starten, besonders in den Dörfern. Sie sollten Selbstbeherrschung, die Aufhebung der Kinderehe und ein sauberes und gesundes Leben einfordern. Indien sollte glücklich sein, dass es eine Gesundheitsministerin wie Amrit Kaur hat. Obwohl die Befürworter der Enthaltsamkeit, den Befürwortern empfängnisverhütender Mittel, weit unterlegen waren, betonte sie noch einmal: „Künstliche Verhütungsmethoden sind wegen der Unwissenheit der Menschen, wegen des Mangels an wissenschaftlicher und medizinischer Hilfe und wegen ihrer hohen Kosten, in unserem Land gänzlich ungeeignet. Ich bestreite, dass die Praxis der Geburtenkontrolle durch den Gebrauch empfängnisverhütender Mittel, weder körperlich, noch geistig oder moralisch, für die Leute des Westens, die sie über eine Anzahl von Jahren angewendet haben, einen Erfolg nachweisen konnten.“ „Einerseits hat es enorm zur Senkung des Sittlichkeitsgefühls und zu einer Missachtung der Verantwortlichkeit für die menschlichen Art der Zeugung beigetragen. Die Geburtenkontrolle ist für Indien unentbehrlich, um das Bevölkerungswachstum zu beschränken. Je länger ich der Gesundheit diene und um so enger der Kontakt mit kranken und leidenden Menschen ist, in der Stadt und auf dem Dorf, bin ich davon überzeugt, dass es ein verhängnisvoller Schritt für unser Land war, auf künstliche Verhütungsmittel zurück zu greifen.“

Gandhi schrieb im „Harijan“, einer seiner Zeitungen, die in mehreren Sprachen erschien: „Es gibt gegenwärtig nichts in unserer Gesellschaft, das so förderlich wie die Selbstbeherrschung ist. Unsere Erziehung spricht sich leider dagegen aus. Das primäre Interesse der Eltern ist es, ihre Kinder irgendwie zu verheiraten, damit sie sich wie die Kaninchen fortpflanzen können. Sind sie Mädchen, dann werden sie zweckdienlich im frühesten Alter verheiratet, ungeachtet ihres moralischen Wohlergehens. Die Hochzeits-Zeremonie ist eine lang gezogene Qual aus Feier und Frivolität. Das Leben der Ehemänner ändert sich durch die Hochzeit nicht sehr. Es ist eine Verlängerung der Zügellosigkeit. Erholungsurlaube und Feiertage sind so angeordnet, dass sie den größten Spielraum für ein sinnliches Leben erlauben. Die Literatur, die am meisten gelesen wird, begünstigt die animalischen Leidenschaften. Die moderne Literatur lehrt oft, dass sinnliche Nachgiebigkeit eine Pflicht und Enthaltsamkeit eine Sünde ist.“

Ist es ein Wunder, dass die Kontrolle des sexuellen Appetits sehr schwierig geworden ist, wenn nicht sogar unmöglich? Wenn die Praxis der Geburtenkontrolle durch Enthaltsamkeit die wünschenswerteste, vernünftigste, erfolgreichste und ungefährlichste Methode ist, sollten wir dann das gesellschaftliche und soziale Klima nicht unverzüglich ändern? Die einzige Weise, die gewünschten Resultate zu erzielen, besteht darin, dass diejenigen, die an die Methode der Enthaltsamkeit glauben, den Anfang machen und ihre Mitmenschen von der Methode überzeugen. Ein angemessenes Verständnis hierfür zu entwickeln, bedeutet eine geistige Revolution. Es geht nicht nur darum, einige wenige Individuen zu überzeugen. Es sollte als ein natürliches Gesetz der menschlichen Geburtenkontrolle dargeboten werden. Die Verletzung dieser Regel hätte eine Vielzahl unerwünschter Kinder und womöglich vielfältige Krankheiten zur Folge. Für die Einhaltung der Moral sind die Eheleute selber verantwortlich.

Geburtenkontrolle durch den Gebrauch empfängnisverhütender Mittel, reguliert ohne Zweifel die Zahl der Neugeburten auf ein gewisses Maß und ermöglicht einer Person mit gemäßigten finanziellen Mitteln, die Armut zu vertreiben. Aber der moralische Schaden für die Einzelperson und die Gesellschaft ist unermesslich. Für den, der seinen sexuellen Appetit fortwährend befriedigt, verändert sich das Leben vollkommen. Die Ehe hört auf, ein Sakrament für ihn zu sein. Dieses bedeutet eine Neubewertung der sozialen Ideale, die bisher als ein kostbarer Schatz angepriesen wurden. Kein Zweifel dieses Argument findet wenig Anklang bei denen, die die alten Ideale der Ehe als einen Aberglauben betrachten. Mein Argument wird wohl nur bei denen Gehör finden, die die Ehe noch als ein Sakrament und eine Frau nicht als Instrument der sexuellen Befriedigung, sondern als die Lebenspartnerin des Mannes und als treu sorgende Mutter betrachten.
Meine persönlichen Erfahrungen mit der Keuschheit und der Informationsaustausch mit medizinische Kollegen (Swami Sivananda war selber Mediziner), bestätigten mich in der Ansicht, die ich hier dargestellt habe. Es nimmt eine überwältigende Kraft an und wirft ein klares Licht auf die alten Konzepte der Geburtenregelung. Für mich bekommt das Brahmacharya in der Ehe jetzt seine natürliche Position und wird so einfach wie die Tatsache der Ehe selbst. Jede andere Methode der Geburtenkontrolle erscheint daher überflüssig. Wenn sich die Idee durchgesetzt hat, dass das Sexualorgan ausschließlich der Zeugung dient, besitzen Männer und Frauen das Wissen, dass jede andere sexuelle Handlung eine Vergeudung lebenswichtiger Energien darstellt. Es ist jetzt einfach, zu verstehen, warum die Wissenschaftler von einst diese Werte vermittelten und großen Wert auf die Keuschheit legten. Die lebenswichtige sexuelle Energie sollte in höhere spirituelle Energie umgewandelt werden, die der ganzen Gesellschaft zugute kommt. Sie verkündeten mutig, dass derjenige, der perfekte Kontrolle über die sexuelle Energie erlangt, eine enorme Vitalität erlangt, körperlich, geistig und spirituell. Er erlangt Energien, die durch andere Möglichkeiten nicht erreichbar sind.

Der Leser sollte sich nicht durch die Abwesenheit einst berühmter Brahmacharis beunruhigen lassen. Die Brahmacharis, das wir heute haben, sind nicht immer vollkommene Exemplare. Bestenfalls sind sie Yogis, die die Kontrolle über den Körper, aber nicht über den Verstand erworben haben. Sie mussten ihre Enthaltsamkeit noch keiner Prüfung unterstellen. Dieses ist keineswegs so, weil Brahmacharya schwer zu erreichen wäre. Es ist so, weil das soziale Umfeld gegen das Brahmacharya ist, und die Mehrheit derer, die sich ehrlich bemühen, unwissentlich die Kontrolle der sexuellen Leidenschaften von allen anderen Leidenschaften abzusondern versuchen. Erfolgreich kann aber nur derjenige sein, der sich bemüht, die Kontrolle über alle Leidenschaften zu erlangen. Vollendetes Brahmacharya ist sowohl für den normalen Mann als auch für die normale Frau erreichbar. Es erfordert allerdings die gleichen Bemühungen, die ein Student benötigt, um einen wissenschaftlichen Titel zu erreichen.


27. Wird sexuelle Energie in Ojas Shakti umgewandelt?

Dieses Kapitel gehört nicht mehr zu Swami Sivanandas Buch. Hier möchte ich (der Übersetzer) ein paar Gedanken zur Sublimation entwickeln. Mir geht es in erster Linie um die Frage, wie die Sublimation eigentlich abläuft. Was geschieht da auf physiologischer, biochemischer bzw. bioenergetischer Ebene? Da ich weder Mediziner, Biologe, Chemiker noch Physiologe bin, habe ich natürlich einige Schwierigkeiten, zu verstehen, was bei der Sublimation eigentlich abläuft. Deswegen bitte ich alle, die zu dem einen oder anderen Punkt etwas beitragen können, mir eine Email zu schicken. So könnte man vielleicht ein wenig mehr Licht in die Vorgänge der Sublimation bringen. Swami Sivananda stellt immer wieder die Behauptung auf, dass der Same in spirituelle Energie, in Ojas Skakti, umgewandelt wird und dass der verwirklichte Yogi darum keinen Samenerguss, sprich, keine nächtlichen Pollutionen, mehr hat. Er setzt außerdem den männlichen Samen mit der spirituellen Energie gleich. Ich stimme mit dieser Meinung nicht überein. Ich meine, dass man weder den männlichen Samen mit der spirituellen Energie gleich setzen kann und dass es auch nicht möglich ist, den Samen in spirituelle Energie umzuwandeln. Mit anderen Worten, ich glaube nicht an die Theorie, dass der verwirklichte Yogi keinen Samenerguss mehr hat. Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass die Theorie der Nichtejakulation auf falschen Informationen beruht, auf Unkenntnis. Ich möchte dieses auch begründen.

Zunächst einmal zu der Theorie, dass der männliche Same in Ojas Shakti (spirituelle Energie) umgewandelt wird. Es sei einmal angemerkt, dass die Idee des Ojas Shakti natürlich aus dem Yoga stammt und eine vereinfachte Darstellung der physiologischen Vorgänge ist, die ja in Wirklichkeit stattfinden. Ich glaube, dass die Umwandlung des männlichen Samens in Ojas Shakti so nicht stattfindet. Diese angebliche Umwandlung des Samens soll ja die Ursache für die angebliche Samenlosigkeit der Yogis und der angeblich nicht vorhandenen Pollutionen sein. Ich gehe vielmehr davon aus, dass die Erzeugung von Ojas Shakti ein rein energetisches Phänomen ist, also ein Vorgang auf bioenergetischer Ebene, bei dem elektrische Potentiale und biochemische Prozesse stattfinden. Der Same bleibt davon völlig unberührt. Ich möchte das zuvor gesagte, einmal am Beispiel des Orgasmus verdeutlichen, damit etwas klarer wird, was gemeint ist. Was geschieht beim Orgasmus? Im Gehirn findet eine chemische Reaktion statt, die den sexuellen Rausch des Orgasmus darstellt. Gleichzeitig läuft ein elektrisches Potential einerseits über das Rückenmark zur männlichen Prostata und sorgt für die 5 bis 10 Kontraktionen der Prostata, die ja die eigentliche sexuelle Lust des Mannes darstellen. Aber die Lust selber findet nicht in der Prostata selber statt, sondern die Prostatakontraktionen werden wieder zurück an das Gehirn gemeldet und die eigentliche sexuelle Lust findet im Gehirn statt. Dieses geschieht vermutlich durch chemische Reaktionen, die im Gehirn stattfinden. Weiter findet durch ein elektrische Potential, welches vom Gehirn über das Rückenmark geleitet wird, eine Kontraktionen im Beckenbereich statt. Es sind möglicherweise auch Kontraktionen in anderen Körperbereichen denkbar.

Der Orgasmus ist also ein Vorgang, bei dem einerseits bioenergetische Potentiale und andererseits biochemische Prozesse stattfinden. Der eigentliche Energieverlust beim Orgasmus findet einerseits durch eine bioelektrische Entladung statt, die die Muskelkontraktionen auslöst und andererseits durch die Verausgabung von chemischen Elementen, Hormonen, Eiweißstoffen und was sonst eben noch alles durch die Ejakulation ausgeschieden wird und die langfristig wieder vom Körper produziert werden müssen. Die Energie die der Körper zum Neuaufbau dieser chemischen Elemente, Hormone, Eiweißstoffe usw. benötigt, geht ihm natürlich bei der normalen Lebensqualität verloren, da er sie für den Neuaufbau dieser chemischen Elemente, Hormone, Eiweißstoffe usw. benötigt Allein für den Aufbau neuer Spermien benötigt er 72 Tage.

Das Ejakulat

Nun zum zweiten Teil meiner Überlegungen betreffs der Pollutionen. Es dreht sich in erster Linie um das männliche Ejakulat. Das männliche Ejakulat setzt sich wie folgt zusammen:

Das Samenplasma (Ejakulat) wird aus Sekreten der folgenden Geschlechtsdrüsen gebildet:

1. Hoden und Nebenhoden (5 Prozent des Ejakulats)
2. Samenleiterampulle (? Prozent)
3. Samenbläschen (50 bis 80 Prozent)
4. Vorsteherdrüse (Prostata) (10 bis 30 Prozent)
5. Cowpersche Drüse (Bulbourethraldrüse) (2 bis 5 Prozent)
6. Littre-Drüsen

Hier die bildliche Darstellung: Männliche Geschlechtsorgane. Dort könnt ihr die Details anschauen.

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Hoden und Nebenhoden (Testis): Der Hoden ist die männliche Keimdrüse. Er besteht aus etwa 250 Läppchen, die durch Bindegewebe voneinander getrennt sind. Jedes Läppchen besteht aus einigen stark geschlängelten Hodenkanälchen. Im Hodenkanälchen erfolgt die Entwicklung der Spermien. Bis zur vollständigen Reife der Spermien (Spermatozoen) verbringen sie ungefähr 72 Tage im Hodenkanälchen, wo sie über verschiedene Vorstufen im Keimepithel (Keim- und Stützzellen) der Hodenkanälchen gebildet werden. Die reifen Spermien gelangen anschließend in den Nebenhoden, ihrem Speicherplatz. Der Samenleiter hat eine Länge von etwa 50 – 60 cm und führt vom Nebenhoden, ausgehend im Samenstrang, durch den Leistenkanal und mündet gemeinsam mit dem Ausführungsgang der Samenbläschen innerhalb der Prostata in die Harnröhre. Im Hoden und Nebenhoden, die nur 3–5 % des gesamten Volumens eines Samenergusses beisteuern, wird neben den Spermien unter anderem auch Testosteron, das regulierend auf die Produktion der Samenzellen wirkt, und eine Flüssigkeit, die zum Reifen und Ruhigstellen der Samenzellen beiträgt, produziert.

Samenleiterampullen: In die Wand des Endabschnitts des Samenleiters (im Hoden) sind Drüsenpakete eingelagert. Beim Menschen führen diese Drüseneinlagerungen auch zu einer äußerlich sichtbaren Auftreibung des Samenleiters, die als Samenleiterampulle bezeichnet wird. Die Samenleiterampulle bildet einen Teil der Samenflüssigkeit. Wer weiß welches Drüsensekret in den Samenleiterampullen produziert wird und welche Funktion das Drüsensekret der Samenleiterampullen hat? Ich habe darüber leider nichts im Internet gefunden.

Samenbläschen: Die Samenbläschen sind paarig angelegte Drüsen, die aus einer verschlungenen Röhre besteht. Die Innenwand dieser Röhre besteht aus sekretorischem Drüsengewebe. Das Sekret der Samenbläschen steuert das meiste Volumen, ca. 50–70 %, des Ejakulats bei. Sie dient der Verflüssigung des Ejakulats und enthält Fruktose (Fruchtzucker) und andere Stoffe die der Ernährung der Samenzellen dient, außerdem große Mengen an Prostaglandinen (Hormone mit hoher Wirkungsvielfalt: schmerzbekämpfend, gerinnungshemmend, entzündungshemmend, fiebersenkend) und Fibrinogen (gerinnungshemmendes Protein). Die Prostaglandine tragen zur Befruchtung bei, in dem sie die Gebärmutterschleimhaut empfänglicher für die befruchtete Eizelle machen, und möglicherweise in dem sie die glatte Muskulatur in der Gebärmutterwand zu peristaltischen (wellenförmige Einschnürungen von Ringmuskeln) Bewegungen anregen, die die Spermien in Richtung Eierstöcke bringen. Außerdem verhindern sie Infektionen im männlichen Geschlechtstrakt.

Vorsteherdrüse (Prostata): Die Prostata ist ein etwa kastaniengroßes Organ, das den Anfangsteil der Harnröhre unter der Harnblase umgibt. Beim Orgasmus steuert die Prostata (Vorsteherdrüse) noch 10–33 % in Form einer dünnflüssigen, milchigen Flüssigkeit bei. Die Kapsel der Prostata zieht sich ebenso wie das Samenbläschen während der Ejakulation zusammen, so das die Flüssigkeit der beiden Organe mit den übrigen Drüsenflüssigkeiten (Spermien und Samenleiterampulle) vermischt und ausgestoßen wird. Das Sekret der Prostata enthält Ionen (Natrium, Kalium, Zink und Magnesium, Kalzium, Citrationen (Zitronensäure), Phosphationen), ein Gerinnungsenzym und Profibrinolysin (Blutgerinnung). Die Funktion der Prostata wird über das Hormon Testosteron reguliert. Das Sekret der Prostata ist dünnflüssig und trübe und gibt dem Sperma den charakteristischen Geruch. Das Sekret enthält zahlreiche Enzyme, die die Spermien für die Befruchtung benötigen. Der pH-Wert der Prostataflüssigkeit ist leicht sauer (pH 6,4). Dies ist besonders bedeutsam, da Spermien erst bei einem pH-Wert von 6.0 bis 6.5 optimal beweglich werden. Weiterhin ist PSA (Prostataspezifisches Antigen) enthalten, um die Spermien beweglich zu machen. Die Prostata entlässt außerdem weiße Blutkörperchen, verschiedene Granulozyten (Leukozyten werden im Knochenmark gebildet und ins Blut abgegeben und vom Gewebe aufgenommen, dienen zur Abwehr von Bakterien, Parasiten und Pilzen) ins Samenplasma. Sperma kann auch Krankheitserreger wie das HIV-Virus (HIV, englisch: Human immunodeficiency virus, deutsch: Menschliches Immunschwäche-Virus) oder das Hepatitis-B-Virus enthalten; die betreffenden Krankheiten sind also sexuell übertragbar.

Cowpersche Drüse (Bulbourethraldrüse): Vorab, ausgelöst durch die Erregung, innerviert (mit Nervenimpulsen versorgen) der Parasympathikus (vegetatives Nervensystem) die Cowperschen Drüsen (beim Menschen etwa 5 cm lang, der Ausführungsgang mündet in der Harnröhre) und regt sie zur Sekretion eines verhältnismäßig kleinen Anteils von 2–5 % klaren Schleims, auch Lusttropfen (auch Lusttröpfchen, Vorlusttropfen, Sehnsuchtstropfen, Glückstropfen, liquor of love, medizinisch: Präejakulat (Vor-Ejakulat), können in der späten Plateauphase, kurz vor dem Orgasmus, aus dem männlichen Glied schon vor der Ejakulation austreten.) genannt, an. Die Lusttropfen bestehen aus einem klaren Schleim aus verschiedenartigen Drüsenzellen und können schon mit Sperma vermischt sein. Deshalb können Frauen auch durch den darin enthaltenen Samen schwanger werden. Das Sekret der Bulbourethraldrüse wird meist vor der eigentlichen Ejakulation abgegeben (Vorsekret des Spermas). Das schleimige Sekret dient vermutlich vor allem der Neutralisierung von Harnresten, eventuell auch des sauren Scheidenmilieus.
Littre-Drüsen: Über die Littre-Drüsen habe ich keine Informationen gefunden.

Soweit also erst einmal die Darstellung des männlichen Ejakulats. Es zeigt zunächst einmal, dass der Same keinesfalls aus einer einzigen Flüssigkeit, nämlich den Spermien, besteht, wie es wohl oft vermutet wird, sondern er besteht aus 6 Drüsensekreten. Diese Drüsensekrete werden meiner Meinung nach auch permanent erzeugt, damit die Fortpflanzungsfunktion des Mannes aufrechterhalten bleibt. Und sie werden in regelmäßigen Abständen bei einem enthaltsam lebenden Mann mittels nächtlicher Pollutionen ausgestoßen. Das ist auch gar nicht weiter tragisch, weil der enthaltsam lebende Mann nach einiger Zeit, mittels der Enthaltsamkeit und kontemplativer Prozesse, so viel sexuelle Energie im Gehirn angesammelt hat, dass der Energieverlust, der durch die Pollution geschieht, dem bereits längerer enthaltsam lebenden Mann, nicht viel anhaben kann. Lebt man erst kurze Zeit enthaltsam, dann machen sich die nächtlichen Pollutionen allerdings sehr unangenehm bemerkbar. Sie steigern die Aggression, die Nervosität, sie bewirken, dass die Konzentration nachlässt und sie fördern das Herzrasen. Es kann aber sein, dass der Mann die nächtlichen Pollution mitunter gar nicht bemerkt, weil sie im Schlaf stattfinden. Allerdings wird er sie hin und wieder bestimmt wahrnehmen. Wenn der Mann keine nächtlichen Pollutionen mehr hätte, dann würde das bedeuten, dass der männliche Körper keinerlei sexuelle Drüsensekrete mehr produzieren würde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Körper keinerlei Drüsensekrete mehr produziert. Denn wenn das so wäre, dann wäre der Mann nach einer gewissen Zeit unfruchtbar, da er keinerlei Spermien und auch die anderen Drüsensekrete nicht mehr produzieren würde, die für die Zeugung notwendig sind. Und das kann doch eigentlich nicht im Sinne der Natur sein.

Ich gehe davon aus, dass es im Interesse der Natur ist, dass der Mann jederzeit zeugungsfähig ist und dass deshalb auch permanent Spermien und andere Drüsensekrete produziert werden. Wenn behauptet wird, dass der Same in spirituelle Energie umgewandelt wird, so können damit ja eigentlich nur die Spermien selber gemeint sein. Jetzt einmal abgesehen davon, dass diese Umwandlung in dieser Form wohl nicht stattfindet, stelle ich mir außerdem die Frage, was geschieht mit dem Sekret aus den Samenbläschen, das u.a. der Verflüssigung des Ejakulats und der Ernährung der Samenzellen dient? Das Drüsensekret der Samenbläschen steuert immerhin 50 bis 70 Prozent des Ejakulats bei. Was geschieht mit der Flüssigkeit aus der Vorsteherdrüse (Prostata), die etwa 10 bis 30 Prozent des Ejakulats ausmacht? Was geschieht mit dem Drüsensekreten aus den beiden Samenleiterampullen? Und was geschieht mit dem schleimigen Sekret aus der Cowperschen Drüse, die vermutlich dazu da ist, die Harnröhre und eventuell auch das saure Scheidenmilieu zu neutralisieren? Das alles sind Drüsensekrete, die, wie die Spermien selbst, ja nicht direkt an der Zeugung beteiligt sind, sondern gewissermaßen nur das lebensnotwendige Umfeld für die Spermien erzeugen, damit die Spermien ihr Ziel, nämlich die weibliche Eizelle, erreichen können.
Der Mensch kann den spirituellen Prozess meiner Meinung nach nur aufrecht erhalten, wenn er permanent sexuelle Energie in spirituelle Energie umwandelt. Sonst wäre seine spirituelle Energie nämlich irgendwann verbraucht. Und deshalb bin ich davon überzeugt, dass permanent ein Energiestrom aus dem Sakralchakra (Sexualchakra) in höhere Chakren stattfindet. Ich gehe davon aus, dass hauptsächlich die sexuelle Energie für den spirituellen Fortschritt verantwortlich ist. Die klassische Kundalini-Theorie geht allerdings davon aus, dass die Kundalini, gewissermaßen eine göttliche Energie, die im Basis-Chakra beheimatet ist, durch spirituelle Praktiken vom Basis-Chakra über das Rückenmark zum Scheitel-Chakra geleitet wird. Mich


27.1 Das Sexualleben der Löwen und Tiger

Swami Sivananda behauptet im Kapitel 1.1, dass Löwen nur einmal im Jahr kopulieren. Um zu überprüfen, ob dieses stimmt, fragte ich jemanden, der sich sehr gut mit freilebenden Löwen auskennt. Von ihm bekam ich folgende Antwort:
„Da Tiger keine feste Paarungszeit haben und die Weibchen ohne Nachwuchs alle 15 bis 20 Tage paarungsbereit sind, scheiden Tiger also aus dem Schema der einmal jährlichen Paarung aus. Wie sieht es beim Löwen aus?

Das Löwenweibchen hat nur einmal im Jahr Sex. Dafür dann allerdings um so häufiger. Löwenweibchen sind nur an 5 Tagen im Jahr fruchtbar. Darum paaren sich Löwen Tag und Nacht in sehr kurzen Kopulationsintervallen von 5 – 20 min. in der gesamten Hochbrunst des Weibchens (In dieser Zeit haben beide nur Sex im Kopf – ans Fressen wird dann nicht gedacht!). Der einzelne Paarungsakt beläuft sich dabei auf 15 – 30 Sekunden. So kann es bei den meisten Raubkatzen zu 50 Paarungen am Tag kommen.
Ja, wann ist für den männlichen Löwen Paarungszeit? Eigentlich immer dann, wenn eine weibliche Katze da ist, die lecker ausschaut und noch weit leckerer duftet. Demnach kann man nicht pauschal die kopulationsfreie Zeit eines Löwen auf ein Jahr festlegen. Zwar kann man saisonale Häufungen der Rolligkeiten feststellen, aber letztlich ist die Paarung nicht an eine bestimmte Zeit gebunden.

Laut Büchern und Dokumentationen sind Löwinnen menschengleich, ca. alle vier Wochen rollig und wollen begattet werden, während erst jede dritte oder vierte Rolligkeit zur Trächtigkeit führt. Verteilt man das auf alle weiblichen Rudelkatzen, so hat das Männchen allein aus dieser Sicht genug Beschäftigung. Hinzu kommt, dass ein Männchen hin und wieder zwei Rudel leitet und wenn schon kein zweites Rudel die Aufmerksamkeit fordert, dann ist es immer noch denkbar, dass sich der Löwenmann mal ein paar Tage von seiner Familie verabschiedet und auf Liebespfaden wandelt, wann immer sich Gelegenheit bietet. An sexueller Auslastung mangelt es also nicht.

In Anbetracht der hochfrequenten Kopulationsintervalle könnte man vermuten, dass bereits wenige Wochen ohne Sex zum „Löwenproblem“ werden, welches irgendwie gelöst werden muss. De facto habe ich hierüber keinerlei Informationen, allenfalls habe ich Augen und interpretiere das Gesehene. So konnte ich Tiger dabei beobachten, wie sie sich Erleichterung verschafften, indem sie sich an Gegenständen rieben. Gleichsam fielen mir Videos in die Pfoten, wie sich Tigermännchen an unteren Körperregionen beschleckten, was in der ausgestellten Ausgiebigkeit nicht mehr nur auf profane Fellpflege schließen ließ.

Des weiteren habe ich Videoaufnahmen von schlafenden Löwen gesehen, die während dessen eine Erektion hatten und transparente Flüssigkeiten absonderten. Daraus folgere ich für mich, dass Löwen nicht zwangsweise enthaltsam sind und sich auf irgendeine Art und Weise Erleichterung verschaffen, wann immer es sein muss. Ferner ließen die Bilder des schlafenden Löwen Rückschlüsse auf Pollution zu und wenn nicht Pollution in engerem Sinne dann doch auf reizvolle Träume mit dem Ergebnis unbewusster Ejakulation.

Wie gesagt, bei all dem handelt es sich um meine Beobachtungen, die keinerlei Hinweis auf bestätigte Informationen geben, für mich aber nahe legen, dass Löwen permanent neues Sperma produzieren und es unter welchen Umständen auch immer regelmäßig abgeben. Genau so gut kann es sein, dass die Beobachtungen Zufälle sind und Pollution bei Löwen mehrheitlich nicht auftritt, je nach katzenrolligkeitsbedingten Einflüssen von außen und dem hormonellen Status während der sexuellen Tätigkeitsphasen und den Ruhewochen.“


27.2 Erleuchtung = selbstinduzierte epileptische Mikroanfälle?

Neurotheologen suchen im Gehirn nach Gott

Kann der Glaube an Gott auf neuronale Vorgänge im Gehirn zurückgeführt werden? Wie sieht die Biochemie religiöser Visionen aus? Mit solchen und ähnlichen Fragen beschäftigt sich ein noch recht neuer, interdisziplinärer Wissenschaftszweig: die Neurotheologie. Wenn alles, was den Menschen bewegt, seine Grundlage in den biochemischen Vorgängen des Gehirns hat, so der Ansatzpunkt der Forscher, müssten auch religiöse Gefühle und Vorstellungen dort entstehen oder ihre Spuren hinterlassen. Hinweise auf einen solchen Zusammenhang geben Beobachtungen und Erfahrungen von Epileptikern, schreibt das Wissenschaftsmagazin „Bild der Wissenschaft“ in seiner Juli-Ausgabe. Bestimmte Formen der Epilepsie werden ungewöhnlich häufig von extremer Religiosität begleitet. In solchen Fällen sind die Veränderungen während der Anfälle meist auf den linken Schläfenlappen begrenzt und äußern sich nur selten in Krämpfen oder Bewusstlosigkeit. Die Betroffenen haben vielmehr das Gefühl einer göttlichen Gegenwart, verfallen in Verzweiflung oder auch in Ekstase.

Manche Epileptiker sehen Lichterscheinungen

Auch sensorische Störungen wie Lichteindrücke und akustische Wahrnehmungen während der Anfälle sind typische Phänomene, wie sie auch viele Religionsstifter oder stark religiöse Persönlichkeiten der Geschichte beschreiben. So hatte der spätere Apostel Paulus zum Beispiel eine Lichterscheinung und hörte die Stimme Jesu. Mohammed ließ sich den Koran von einem Engel diktieren, und Johanna von Orleans handelte auf Befehl einer göttlichen Stimme.

Forscher sehen „Gott-Modul“ im Limbischen System

Eine Schlüsselrolle bei diesen Erscheinungen schreiben Neurologen dem Limbischen System im Schläfenlappen zu, das für die Verarbeitung von Gefühlen zuständig ist. Wird es stimuliert, sei es durch Reize von außen oder durch die elektrischen Entladungen während eines epileptischen Anfalls, spürt der Betroffene eine starke emotionale Erregung. Interessanterweise sind bei Schläfenlappen-Epileptikern zwar einige, aber nicht grundsätzlich alle Gefühle übersteigert: Die so genannten Schläfenlappen-Persönlichkeiten reagieren hauptsächlich auf religiöse Wörter und Symbole, sexuelle Bilder dagegen rufen nur sehr gedämpfte Echos hervor. Das deutet nach Ansicht einiger Forscher auf ein „Gott-Modul“ im Kopf hin, eine spezielle Gehirnregion für Gotteserfahrungen. Ärzte-Zeitung
Neurotheologie

Abschnitt 27 ist eine Überlegung des Übersetzers.


28. Nachträge

28.1 Der Bestsellerautor Napoleon Hill zur Enthaltsamkeit

Reif sein ist alles

Im Folgenden zitiere ich einen Absatz aus dem Kapitel „Transformation der Sexualkraft“ aus dem Bestseller „Denke nach und werde reich“ von Napoleon Hill: „Im Verlauf meiner Analyse der Lebensgeschichte von mehr als 25.000 Menschen fand ich heraus, dass hervorragende geistige Leistungen nur in seltenen Ausnahmefällen vor dem vierzigsten Lebensjahr erzielt werden. Die meisten Männer sind, wenn sie den Gipfel ihres Erfolgs erreichen, sogar bereits fünfzig Jahre alt. Ich fand diesen Umstand so verblüffend, dass ich seinen Gründen mit besonderer Sorgfalt nachspürte. Ich gelangte zu dem Ergebnis, dass die meisten Männer außergewöhnliche geistige Leistungen vor allem deswegen erst im vorgerückten Alter vollbringen, weil sie vorher einen Grossteil ihrer sexuellen Energie zu ihrem körperlichen Vergnügen verbrauchen. Die meisten Männer lernen nie, dass es für sexuelle Energie wesentlich nützlichere (wohlgemerkt, ich sage nicht: bessere, edlere oder sinnvollere!) Verwendungsmöglichkeiten gibt, als es der rein physische Gebrauch ist. Und die meisten von denen, die irgendwann doch zu dieser Erkenntnis gelangen, schaffen dies erst, nachdem sie sich – wie man so schön sagt- die Hörner abgestoßen haben.

Mit abgestoßenen Hörnern lässt sich allerdings auch im geistigen Bereich weit weniger effektiv arbeiten (im Vergleich zu einem jüngeren Mann der enthaltsam lebt). Daher kann ich jedem, der schon in jungen Jahren ein klares Lebensziel hat und vom ausgeprägten Verlangen getrieben wird, es auch tatsächlich zu erreichen, nur dringend empfehlen, seine Sexualenergie nicht planlos zu vergeuden. Ich wiederhole: „Es geht hierbei nicht darum, sich jeden sexuellen Genuss zu versagen, sondern darum, seine geschlechtliche Energie klug und verantwortungsbewusst zu verwalten und nach Möglichkeiten alle Überschüsse unter denen die Konzentrationsfähigkeit gerade junger Männer oft genug erheblich leidet, zu sublimieren und für ein höheres Ziel einzusetzen. Und wer dies schafft, der ist, wie jung er an Jahren auch sein mag, wahrhaftig reif.“

„Die Sexualenergie ist die Muse – die treibende und inspirierende Kraft – aller wirklich schöpferischen Menschen. Der menschliche Geist braucht Anregungen, Stimulierung – und der stärkste und wirkungsvollste aller Reize geht bei uns nun mal vom Sexualtrieb aus. In die richtigen Bahnen gelenkt, trägt diese Energie den Menschen in jene höhere Sphäre den Denkens empor, in der die geistig-seelischen Vermögen nicht mehr von alltäglichen Problemen und Sorgen beeinträchtigt werden, sondern sich ungeteilt in den Dienst des eigentlichen Schöpfungsprozesses stellen. Zur Auffrischung des Gedächtnisses seien hier die Namen einiger bedeutender Männer genannt, deren außergewöhnliche Leistungen und Erfolge ihrem überdurchschnittlichen sexuellen Potential entsprachen. Ihre geniale Veranlagung gelangte aber erst als Folge der Transformation ihrer Sexualenergie zu vollen Entfaltung: Sokrates, Julius Cäsar, Augustinus, Leonardo da Vinci, Michelangelo, Buonarotti, William Shakespeare, Wolfgang Goethe, Napoleon, Ralph Waldo Emerson und damit auch unser Jahrhundert nicht leer ausgeht, Charlie Chaplin, Berthold Brecht, Pablo Picasso.“

Natürlich darf die obige Feststellung nicht in dem Sinne missverstanden werden, dass jeder, der einen überdurchschnittlich starken Geschlechtstrieb sein eigen nennt, ein (und wenn auch nur potentielles) Genie wäre: Eine starke Sexualität ist eine, keineswegs aber auch hinreichende, Bedingung! Zum Genie wird nur der Mensch, der seinen Geist so anzuregen weiß, dass dieser mit allen verfügbaren Kräften seiner schöpferischen Phantasie die Imagination, die Eingebung, herbeizuführen vermag. Dabei dient die Sexualität als besonders wirksame und ergiebige Kraftquelle, deren blosser Besitz jedoch noch längst kein Genie macht. Die Sexualkraft, ich wiederhole, ist die rohe Energie, das elementare Potential; wahrhaft schöpferisch ist aber erst der Mensch der den Willen und die Kraft besitzt, sie in eine andere, „ureigentliche“ Form des Verlangens zu transmutieren, die den Geist zu außergewöhnlichen Leistungen befähigt und motiviert. (Napoleon Hill: Denke nach und werde Reich, S.183 ff.)

Es gibt das Buch Think and grow rich in der Originalversion von 1937von Napoleon Hill im Internet in Englisch zu lesen.


28.2 Der kulturelle Einfluss auf die Sexualität

Von allen Mitgliedern der Familie der Säugetiere, ist der zivilisierte Mensch das einzige Opfer einer übertriebenen und krankhaften Sexualität. Diese Einstellung, hat er bis zu einem gewissen Grad auch den Tieren auferlegt, die er domestiziert hat und die seine Nahrung angenommen haben, insbesondere der Hund. Wilde Tiere, die in der Natur leben, kopulieren nur zu bestimmten Jahreszeiten zum Zwecke der Fortpflanzung. Der zivilisierte Mensch praktiziert diesen Akt zu allen Zeiten. In den meisten Fällen ohne die Absicht, Nachwuchs zu zeugen. Auf der anderen Seite, führen die so genannten Wilden und primitiven Menschen ein natürlicheres Leben und verfolgen in ihrem sexuellen Verhalten in einem weit größeren Umfang ein keusches Leben, wie von Havelock Ellis bemerkt wird.

Solche Überlegungen führen zu dem Schluss, dass die Sexualität der zivilisierten Menschen unnatürlich ist und dass sich die exzessive Sexualität, die der moderne Mensch praktiziert, durch verschiedene aphrodisische Reize entwickelt hat. Zu diesen aphrodisischen Reizen gehört die proteinreiche Ernährung durch Fleisch (begleitet von körperlicher Inaktivität), der Genuss von Tabak, Kaffee und Alkohol, sexuelle Stimulierung durch Literatur, Film und Konversation (Unterhaltung), usw.. Aus diesen Gründen hat der zivilisierte Mensch sich von den Naturgesetzen entfernt, die von den Tieren und den so genannten primitiven Menschen, eingehalten werden, und die es zum Schutz für Mutter und Kind erfordern, dass in der Zeit der Schwangerschaft und Stillzeit keine Sexualität praktiziert wird. Die Verletzung dieser Regeln. kann zu einer großen Zahl von physischen und psychischen Erkrankungen der Nachkommen führen, die von den zivilisierten Menschen erzeugt werden.

Unter den Andamanen, sagt Portman, ist der sexuelle Wunsch unter den Männern nur sehr gering vorhanden. (Die Andamanischen Inseln befinden sich östlich von Indien zwischen dem Golf von Bengalen und dem Andamanischen Meer.) Normalerweise erwacht die Sexualität erst mit 18 Jahren und sie wird erst nach der Heirat befriedigt, wenn der Mann etwa 26 Jahre alt ist. Laut Haydes und Deniker, sind bei den Fuegians, sowohl Männer als auch Frauen äußerst zurückhaltend in ihren sexuellen Ausschweifungen. (Die Fuegians sind die indigenen Bewohner (Ureinwohner) der Tierra del Fuego (Feuerland), einer Inselgruppe an der Südspitze Südamerikas.) Im Falle des Eskimo, stellt Cook fest, dass während der langen dunklen Winterzeit keine Sexualität praktiziert wird und die Menstruation nicht stattfindet. Die Mehrheit der Kinder wird neun Monate nach dem Erscheinen der Sonne geboren. Auf der Grundlage solcher Beobachtungen, zieht Havalook Ellis den Schluss, dass der sexuelle Instinkt primitiver Völker, weniger intensiv und seltener vorhanden ist, als bei zivilisierten Menschen. außerdem findet er seinen Ausdruck darin, dass die Paarung nur zu ganz bestimmten Jahreszeiten und nur zur Fortpflanzung, stattfindet.

Tiere, wie Menschen, werden zu Opfern eines übertriebenen sexuellen Verlangens, wenn sie sich falsch ernähren und in Gefangenschaft sind. Daher werden Affen, wenn sie in einem Käfig eingesperrt sind und mit Fleisch und anderer sexuell anregender Nahrung gefüttert werden, extrem zügellos und bösartig, während sie zuvor, als sie noch mit Früchten gefüttert wurden, sanft und zahm waren. Dann masturbieren sie exzessiv und haben täglich Geschlechtsverkehr und die Weibchen menstruieren so häufig wie menschliche Frauen. Andere weibliche Säugetiere, die ein natürliches Leben führen, menstruieren nicht. Nur durch Domestizierung und übermäßige Fütterung geschieht dies bei Kühen und anderen Arten. (Domestizierung ist ein innerartlicher Veränderungsprozess von Wildtieren oder -pflanzen, bei dem diese durch den Menschen über Generationen hinweg genetisch isoliert von der Wildform gehalten werden.)

Holder stellte fest, dass die Indianer Amerikas ursprünglich weit weniger wollüstig als die weißen oder afrikanischen Rassen waren, die später auf diesen Kontinent kamen. Dr. Beard stellte fest, dass die indischen Jungen nicht masturbierten und dass die jungen Männer bis zur Heirat in Keuschheit lebten. Das sind Bedingungen, die wir nicht unter den so genannten zivilisierten Rassen finden. Spencer, der die Indianer Kaliforniens studierte, bemerkt, dass es nach der Menstruation, einem Mädchen bis zur Ehe nicht erlaubt war, in der Gesellschaft des anderen Geschlechts zu verweilen. Während der Schwangerschaft und Stillzeit herrschte strenge Keuschheit. Der Koitus war auch nicht gestattet, wenn man Feste beging, bei denen Fleisch gegessen wurde und die Menschen sich in sexueller Erregung befanden. Normalerweise schliefen die Jungen und Männer gemeinsam in einem separaten Schlafsaal. Spencer bemerkte, dass ein intelligenter Indianer seinem Freund auf seinem Totenbett eine Sünde gestand, die schmerzlich sein Gewissen belastete. Er hatte mit seiner Frau, nach einem großen Abendessen mit frischem Rindfleisch, geschlafen und spürte nun, wie die Schuld seine Seele belastete.

Keuschheit vor der Ehe ist in vielen Teilen Afrikas die Regel. In einigen Teilen Westafrikas wird ein Mädchen, das unkeusch ist, streng bestraft. Unter den Ba Henda in Nord-Transversal, einer Provinz der südafrikanischen Union, ist Geschlechtsverkehr vor der Ehe nicht erlaubt und wenn beobachtet wird, dass die Schamlippen eines Mädchens auseinander sind, wenn sie sich auf einen Stein setzt, dann wird sie als schuldig angesehen und bestraft, weil sie sexuellen Verkehr hatte. Bei den Syntengs, lebt der Ehemann mit seiner Frau nicht im selben Haus. Er besucht sie nur gelegentlich im Hause seiner Mutter, wo sie ebenfalls wohnt. Smyth bemerkt, dass promiskuitiver Sexualverkehr, also sexuelle Kontakte mit verschiedenen Partnern, von den in Australien lebenden Ureinwohnern, den Aborigines, nicht praktiziert wird. Ihre Gesetze sind in dieser Beziehung ziemlich streng. Gespräche zwischen einzelnen Männern und jungen Frauen oder verheirateten Frauen sind nicht erlaubt. Verstöße gegen diese Gesetze, wurden manchmal mit dem Tod bestraft.

Unter den Seri, werden junge Männer angeleitet, ein Jahr vor der Ehe eine Probezeit zu absolvieren, in der sie enthaltsam leben, um ihre Fähigkeit der sexuellen Selbstkontrolle zu testen. Unter den Pueblos, wird die Moral der Jugendlichen von einer geheimen Polizei überwacht, die über alle Unregelmäßigkeiten berichtet. Verstoßen die Jugendlichen dagegen, dann werden sie gezwungen, zu heiraten. In Uganda wird nach der Geburt eines Kindes, eine Enthaltsamkeit von zwei Jahren praktiziert. Unter den Fidschis (Fidschi ist ein Inselstaat im Südpazifik nördlich von Neuseeland und östlich von Australien.) leben Ehemann und Ehefrau drei bis vier Jahre getrennt, so dass kein weiteres Baby geboren werden kann und die Mutter die notwendige Zeit zum Stillen des Kindes hat. Bezogen auf die malaysische Halbinsel schreibt Stevens: „Der sexuelle Impuls unter den Belendas ist nur schwach entwickelt. Sie sind nicht sexuell. Es gibt wenig oder keine Liebesspiele in den sexuellen Beziehungen.“ Unter den Malayen herrscht in Zeiten des Krieges strikte Keuschheit. Laut Havelock Ellis sind die Afrikaner weit weniger wollüstig als die weißen Männer. Er schreibt: „Unter den Kambodschanern scheint strenge Keuschheit zu herrschen und wenn wir den Himalaya nach Norden überschreiten, so finden wir dort wild lebende Völker, denen sexuelles Begehren unbekannt ist. So wird das frisch verheiratete Paar bei den Turcomians einige Tage nach der Hochzeit für ein Jahr getrennt.“

Bei Westmarck heißt es, um so weiter die Zivilisation voranschreitet, desto größer ist die Zahl der unehelichen Geburten und die Verbreitung der Prostitution. Diese Probleme treten eher in Städten als auf dem Lande auf. Er behauptet, dass Promiskuität, der Geschlechtsverkehr mit wechselnden Partnern, kein ursprünglicher und natürlicher Zustand des Menschen ist, sondern ein Produkt der Zivilisation, oder besser gesagt, der Pseudo-Zivilisation. Die „primitiven“ Rassen der Menschheit, lebten vergleichsweise keusch. Westermarck schreibt:

„Bei einer großen Zahl „primitiver“ Menschen, erforderte die Monogamie (die Ehe mit einem Partner) von einem Mann längere Zeiträume der Enthaltsamkeit. Er hatte sich nicht nur zu bestimmten Zeiten eines jeden Monats seiner Frau zu enthalten, sondern auch während der Schwangerschaft oder zumindest während der letzten Zeit der Schwangerschaft, da schwangere Frauen als unrein galten. Dies galt auch für die Zeit nach der Geburt des Kindes, bis das Kind gestillt war. Die Enthaltsamkeit galt auch für die Säuglingszeit, die zwei oder drei Jahre, manchmal aber auch fünf oder sechs Jahre, andauern konnte.“

Die antiken Spartaner in Griechenland verkörperten eine Rasse, mit einem hohen moralischen Anspruch, die die Keuschheit beachtete. Die Geschlechter lebten selbst nach der Hochzeit getrennt. Die Männer schliefen zusammen in einem Schlafsaal und die Frauen in einem anderen. Der griechische Philosoph Plutarch (45 – 125 n.Chr.) schreibt über das Leben des legendären historischen Gesetzgebers von Sparta, Lykurk, dass er sich bescheiden zu seinen Begleitern zurückzog, um mit ihnen die Nacht zu verbringen. Er besuchte nicht seine Braut, da er große Sorge und Angst hatte, vom Rest der Familie dabei beobachtet zu werden. Einige von ihnen hatten sogar Kinder, bevor sie mit ihren Frauen am Tage eine Unterredung hatten. Diese Art des Handelns trainierte nicht nur ihre Abstinenz und Keuschheit, sondern erhielt sie fruchtbar und die Begeisterung für die Liebe frisch und ungebrochen, denn sie waren nicht gesättigt, wie jene, die immer mit ihren Frauen zusammen waren.“

Anmerkung Übersetzer: Es geht bei diesen Schilderungen nicht darum, ob man aus heutiger Sicht alle Einstellungen gut heißen kann. Vielmehr sollte es darum gehen, zu erkennen, dass die Sexualität der Menschen weltweit in früheren Zeiten in erster Linie der Fortpflanzung diente und dass die Menschen in früheren Zeiten nicht so sexbesessen waren, wie die heutigen so genannten zivilisierten Menschen. Die Sexbesessenheit der heutigen Zeit entstand dadurch, dass der Mensch sich immer weiter von der Natur entfernte und dadurch, dass der moderne Menschen im Rahmen des technischen Fortschrittes seine Ernährungsgewohnheiten umstellte. Er ernährte er sich immer stärker von Fleisch, Fisch und Geflügel, die ebenfalls die Libido beflügelte. Durch die Medien bekamen die Menschen außerdem immer leichter Zugang zu erotischen Schriften, Bildern und Filmen, was der Moral nicht unbedingt zuträglich war. Diese Tendenz wird sich wahrscheinlich in der Zukunft noch weiter verstärken und es ist nicht davon auszugehen, dass die Menschen dadurch glücklicher werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sie diese Entwicklung mit sehr viel Leid bezahlen müssen. Ende Anmerkung.

Zur Erreichung der Keuschheit, die er als wesentlich für die Erhaltung der Vitalität der spartanischen Rasse hielt, verbot Lykurk, der Gesetzgeber der Spartaner, den Konsum von Fleisch und anderen stimulierenden Nahrungsmitteln und setzte eine vegetarische Kost durch. Alkohol war ebenso verboten. Er verbot das Essen zu Hause und ernährte die Spartaner an einer öffentlichen Tafel.. Durch die Kontrolle ihrer Nahrung, konnte er ihre Moral kontrollieren. Er verbat Schlachter und Köche oder wie unersättliche Tiere übermäßig zu essen. So konnte er nicht nur Einfluss auf das Benehmen und den Körper nehmen, sondern alle Arten von Sinnlichkeit und Ausschweifung verhindern. Gleichzeitig sorgte er für ausreichend Schlaf.

In Sparta, einem Matriarchat, in dem Frauen große Macht hatten, wurden die Jungen zur Keuschheit erzogen. Der athenische Politiker, Feldherr und Schriftsteller Xenophon (426 – 355 v.Chr.) sagt uns, dass es wahrscheinlicher ist, dass eine Statue aus Stein oder Marmor ihre Augen bewegt, als ein spartanischer Junge. Die Jungen seien schamhafter als die Mädchen, sagte er. Die Frau eines anderen Landes sagte zu einer spartanischen Frau: „Ihr aus Sparta seid die einzigen Frauen der Welt, die die Männer bereuen.“ Sie antwortete: „Wir sind die einzigen Frauen, die Männer hervorbringen. „Der Mut und die körperliche Perfektion der spartanischen Rasse machte sie durch alle Zeitalter berühmt.

Quelle: The physiological value of continence

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal an die enthaltsam lebenden Dani in Neuguinea hinweisen. Wie es scheint, lebte der Mensch einst wie alle anderen Rassen, die es auf der Erde gibt, mit der Natur in Einklang und praktizierte ebenso wie alle Rassen Sexualität nur zu bestimmten Jahreszeiten und nur zur Fortpflanzung. Die kulturelle Entwicklung brachte es allerdings mit sich, dass der Mensch sich von seinen natürlichen Wurzeln entfernte. Aber erst die moderne Entwicklung führte durch die verstärkte Ernährung mit proteinreicher Nahrung (Fleisch, Fisch, Geflügel, Eier), durch den verstärkten Konsum von Genussmittel wie Tabak, Kaffee, Alkohol und anderen Genussmitteln und durch die Beschäftigung mit erotischen Inhalten dazu, dass die Sexualität immer mehr an Bedeutung gewann. Heute sind die Menschen geradezu besessen von der Sexualität und sie sehen ihr Verhalten als völlig normal an.

Zehn bis fünfzehn Milliarden Dollar gibt Amerika jedes Jahr für Pornografie aus. Mehr, als für Kinokarten, Schallplatten oder Videospiele. Mehr als für die Nationalsportarten Football, Baseball und Basketball zusammen. Und bei durchschnittlichen Produktionskosten von 50.000 Dollar pro Film, fallen bei 250.000 Dollar Umsatz Gewinnspannen an, für die man in Hollywood in die Chefetage befördert würde. Die weiterhin rasante Entwicklung der neuen Medien verspricht eine goldene Pornozukunft. Branchenkenner rechnen nach den Einführungen von Breitbandkabel, Internet II und Video-On-Demand mit bis zu zehnfachen Profitsteigerungen. Das wäre dann ein Branchenumsatz mit zwölf Nullen. Durchaus realistisch, denn für die neue Medienlandschaft ist die Pornoindustrie der ideale Content Provider.

Abschnitt 28 ist eine Einfügung des Übersetzers.


28.3 Führt Enthaltsamkeit zur Impotenz?

Es wird allgemein von den Yogis behauptet, dass vollendete Yogis keine Ejakulationen mehr haben, weder am Tage noch in der Nacht (Pollutionen). Lange Zeit ging ich davon aus, dass die Samen- bzw. Spermienproduktion damit zum Stillstand kommt. Wird vom Körper bzw. vom Hoden kein Samen mehr produziert, dann ist der Mann natürlich nicht in der Lage, Kinder zu zeugen. Deswegen fürchten einige, die Enthaltsamkeit könnte zur Zeugungsunfähigkeit (Unfruchtbarkeit) und zur Impotenz des Mannes führen.

Ich glaube aber mittlerweile, dass die biologischen Abläufe etwas anders sind, als wie soeben beschrieben. Ich glaube nämlich nicht, dass die Samen- bzw. Spermienproduktion jemals zum Stillstand kommt. Dasselbe gilt für alle Sexualsekrete, die an der Produktion des Ejakulats beteiligt sind. Dies gilt also u.a. für folgende Sexualdrüsen: Samenleiterampullen, Samenbläschen, Prostata, Bulbourethraldrüsen (Cowpersche Drüsen) und für die Littre-Drüsen. Alle diese Drüsen sind an der Produktion des männlichen Ejakulats beteiligt. Dabei haben die Spermien selber sogar den geringsten Anteil, da die Spermien gerade einmal etwa 5 % des Ejakulats (des männlichen Samens) ausmachen. 65 bis 75 Prozent des Ejakulats kommt aus den beiden Samenbläschen, die Prostata steuert etwa 10 bis 30 Prozent bei und der Rest kommt aus den übrigen Drüsen. Jedes Sexualsekret erfüllt ganz bestimmte Funktionen, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden soll.

Das Sekret der Prostata enthält z. B. Natrium, Kalium, Zink und Magnesium, Calcium, Citrationen, Phosphationen, ein Gerinnungsenzym und Profibrinolysin. Die Prostata entlässt außerdem weiße Blutkörperchen, verschiedene Granulozyten ins Samenplasma. In einer Studie wurde festgestellt, dass verschiedene Bestandteile des männlichen Samens, unter anderem Hormone wie Testosteron, Östrogen und das follikelstimulierende Hormon, Prolactin und verschiedene andere Prostaglandine (Sekrete der Prostata-Drüse) eine anti-depressive, also stimmungsaufhellende Wirkung auf die Frau haben könnten. Das Samenplasma enthält also sehr wichtige Spurenelelemente, Mineralien, Vitamine, Eiweißstoffe und Hormone, die für die Zeugung des Nachwuchses sehr wichtig sind. Aber sie sind nicht nur für den Nachwuchs wichtig, sondern ebenso für den Mann selber, weil der Körper diese Stoffe unbedingt braucht, damit der Mann sich wohl fühlt. Vergeudet er dagegen seinen Samen permanent, so beraubt er sich seiner eigenen Seligkeit.

Was geschieht also, wenn der Mann enthaltsam lebt? Kommt die Samenproduktion bzw. die Produktion der Sexualsekrete dann zum Stillstand? Nein, ich denke dieses ist nicht der Fall. Der Samen wird ebenso weiterproduziert wie vorher. Er wird aber nicht mehr durch sexuelle Aktivität dem Körper entzogen und ist damit für immer verloren, sondern er wird nun dem Körper, speziell den Nerven und dem Gehirn, zur Verfügung gestellt. Er wandert von den jeweiligen Sexualdrüsen über die Blutbahn in die Nervenzentren und ins Gehirn. Dieses hat mittelfristig eine sehr vielfältige Wirkung auf den Menschen. Einerseits haben die Sexualsekrete eine sehr starke euphorisierende Wirkung, andererseits eine sehr beruhigende. Langfristig werden dadurch körpereigene Drogen aktiviert, was dazu führt, dass der Mensch sich in einem permanenten Zustand der Seligkeit befindet.

Es gibt also zwei Möglichkeiten, wie man mit den Sexualsekreten verfahren kann. Einerseits kann man sie durch sexuelle Aktivität vergeuden, andererseits kann man sie mittels der Enthaltsamkeit dem Körper zur Genesung bzw. für den spirituellen Fortschritt zur Verfügung stellen. Ich bezeichne diesen Vorgang jetzt einmal als spirituellen Vorgang, obwohl es ja eigentlich ein physiologischer Vorgang ist, der dort abläuft. Vielleicht kann man ihn aber deshalb als spirituellen Vorgang betrachten, da die Meditation und andere spirituelle bzw. kontemplative Praktiken, wie etwa das Beten, Atemübungen, Yoga und der Zen die heilende Wirkung der Enthaltsamkeit beschleunigen.

Hört nun jemand, der längere Zeit enthaltsam gelebt hat, mit der Enthaltsamkeit auf, dann wird das Samenplasma wieder den Nerven und dem Gehirn entzogen und es wird der Sexualität, dem Zeugungsvorgang, zur Verfügung gestellt. Aus diesem Grunde besteht also überhaupt keine Gefahr, dass jemand der längere Zeit enthaltsam gelebt hat, zeugungsunfähig werden könnte.


28.4 Der Sufismus und das Zölibat

Im Islam gibt es die Bewegung der Sufis, den Sufismus, wobei betont wird, dass die Sufis eigentlich unabhängig von einer Religionszugehörigkeit sind und diese Bewegung schon weitaus älter ist als der geschichtliche Islam. Die Sufis selber betonen jedoch, dass sich der Sufismus zu seiner vollen Blüte erst ab dem Auftreten des Propheten Mohammed entwickelt hat (Die früheren Sufis hätten dies bestimmt anders gesehen.). Die ersten Sufis sollen aus dem Jemen kommen, wo sie in der Wüste gelebt haben sollen. Die meisten Sufis bewegen sich aber innerhalb des orthodoxen Islams von Sunna und Schia und sind somit entweder Sunniten oder Schiiten.

Die Anhänger des Sufismus sehen ihre Lehre nicht als ein spirituelles Produkt der islamischen Religion, sondern er offenbart lediglich die mystische Wahrheit des Islam. Die sufische Lehre als solche zieht sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte. Aus der Sicht vieler Sufis, ist der Sufismus zu jeder Zeit und in jeder Kultur in verschiedenen Aspekten allgegenwärtig. Anhand dessen, was über Lebensweise, Doktrin und Ritus der Bewegung bekannt ist, lässt sich eine bemerkenswerte Ähnlichkeit des Sufismus mit älteren nichtislamischen asketischen, mystischen Bewegungen, wie z. B. dem Nestorianismus, Gnostizismus, Neoplatonismus, Manichäismus und dem Buddhismus, feststellen. Diese Traditionen existierten bereits lange bevor die ersten sufistischen Gruppen in den islamisch geprägten Gebieten erschienen. Der Überlieferung zufolge standen die traditionellen Muslime dem Auftauchen der Sufis zunächst feindlich gegenüber. Ihre Anerkennung, die erst im 11. und 12.Jahrhundert erfolgte, verdankten sie den Bemühungen und Schriften bedeutender Mitglieder der sunnitischen Gelehrtenschicht, wie z. B. Al Ghazali.

Der Sufismus ist also kein Produkt des Islam, sondern er hat seine Wurzeln in älteren asketischen Traditionen spiritueller (mystischer) Gruppen. Dann aber wurde der Sufismus gewissermaßen vom Islam aufgesogen. Damit verlor der Sufismus langsam aber sicher seine zölibatäre Ausrichtung. Der Sufismus folgt vier Stufen, die auf die Prägung aus dem indischen Raum verweisen. Bis heute ist jedoch offen, wie und in welche Richtung diese Beeinflussung historisch verlief:

1. Auslöschen der sinnlichen Wahrnehmung.
2. Aufgabe des Verhaftetseins an individuelle Eigenschaften.
3. Sterben des Ego.
4. Auflösung in das göttliche Prinzip.

Das oberste Ziel der Sufis ist, Gott so nahe zu kommen wie möglich und dabei die eigenen Wünsche zurückzulassen, wobei der Suchende danach strebt, die Wahrheit schon in diesem Leben zu erfahren und nicht erst auf das Jenseits zu warten. Dies spiegelt sich klar in dem Prinzip „zu sterben bevor man stirbt“ wieder. (Wiedergeburt im jetzigen Leben.) Hierzu versuchen die Sufis, die Triebe der niederen Seele bzw. des tyrannischen Ego so zu bekämpfen, dass sie in positive Eigenschaften umgeformt werden. Auf diese Weise kann man einzelne Stationen durchlaufen, deren höchste die reine Seele ist. Diese letzte Stufe bleibt jedoch ausschließlich den Propheten und den vollkommensten Heiligen vorbehalten.

Die Sufis suchen durch tägliche regelmäßige Meditation Gott nahe zu kommen oder mit Gott bereits im irdischen Leben eins zu werden. Kommen Sufis einem solchen Zustand nahe, geraten sie oft in Trance. Ein bekanntes Beispiel für Trancezustände bei Sufis sind die so genannten drehenden Derwische aus Konya in der heutigen Türkei, die sich um ihre eigene Achse drehen und dadurch in Trance geraten. Während ihrer Meditation (Anrufung Gottes) rezitieren die Sufis immerwährend, wie bei der Mantrameditation, bestimmte Stellen aus dem Koran und eine bestimmte Anzahl der göttlichen Attribute (im Islam: 99).

Wie bereits angedeutet wurde, war die Askese eines der zentralen Mittel, von dem sich die Sufis einen Einblick in das Wesen Gottes erhofften, da diese Lebensweise sie automatisch von allen weltlichen Belangen und Problemen loslöste und sie sich somit ganzzeitlich dem Gottesgedenken widmen konnten.

Eine der Askese ganz ähnliche Funktion hat auch das Zölibat in der sufistischen Lehre: Obwohl der Prophet Mohammed ursprünglich seine Anhänger immer dazu angehalten hatte, „Familien zu gründen“, herrschte unter den frühen Asketen eine Vorliebe für das zölibate Leben: Ebenso wie im weltlichen Wissen und im irdischen Luxus erblickten die Sufis im Familienleben eine Gefahr, die sie von Gott entfremden könne, da einem verheirateten Menschen immer ein guter Teil seiner Zeit, nämlich der, den er mit der Versorgung seiner Familie zubringen muss, an der totalen Gottergebenheit fehlt und er sich somit nicht absolut der Gläubigkeit hingeben kann. Außerdem stand das Heiraten und Gründen von Familien immer in dem Ruf, eine Art „legalisierte Sünde“ zu sein; das Familienleben war so eines der „größten Hindernisse auf dem mystischen Pfad“.

Zölibates Leben ist ein Ausdruck der Gläubigkeit, den sowohl männliche als auch weibliche Sufisten praktizieren konnten; anders sah es jedoch mit der im Islam, und damit auch im Sufismus, weit verbreiteten Abscheu gegen alles Weibliche aus, eine Tatsache, die sicher nicht in direktem Zusammenhang mit der tiefen Religiosität zu sehen ist sondern wahrscheinlich einen mehr sozial-ideologischen Hintergrund hatte und noch immer hat: Beispielsweise berichten viele Überlieferungen, wie schrecklich das Eheleben, oft bedingt durch die reine Anwesenheit der Frau, doch sei und wie „frech, unerzogen, redselig“ und damit unnütz die Frau sei.

Noch extremere Sichtweisen finden sich in den Darstellungen, wo Heilige es vermeiden, mit Dingen in Berührung zu kommen, die bereits von einer Frau berührt wurden oder wo alle weltliche Verdorbenheit und Sündhaftigkeit umfassend mit dem Begriff „Frau“ identifiziert wird. Ausnahmen von dieser Regel der Verdammung alles Weiblichen finden sich im Islam und auch im Sufismus nur sehr wenige, zwei der bekanntesten und verehrtesten Frauen innerhalb der islamischen Welt sind die in sexueller Hinsicht unberührte Maryam (die Maria der Christen) und die Heilige Rabi’a al-Adawiyya.

Dass der Sufismus innerhalb des Islams größte Schwierigkeiten hatte, und heute noch hat, liegt zum einen darin, dass die lebensfrohen Tänze den orthodoxen Islamisten immer schon ein Dorn im Auge waren. außerdem fand die asketische Lebensweise der Sufisten nicht die Zustimmung der Islamisten. So ist z. B. von Mohammed bekannt, dass er einen Harem von neun Frauen und drei Konkubinen. (Beischläferinnen, Prostituierte) hinterließ.

Der Islam ist dem Zölibat gegenüber abweisend eingestellt. Er betont die gottgegebene Güte der Zeugung. Der Sufismus hat aber, vor allen Dingen in seinen Anfängen, die starke Kontrolle von Körper und Geist durch asketische Praktiken, einschließlich des Zölibats, betont. Die frühen Sufiführer betrachteten die Lust als eines der sieben Tore zur Hölle und sie gingen so weit zu sagen, dass der Sufismus auf dem Zölibat errichtet wurde.

In der Frühzeit des Islam war ein extremes Asketentum an der Tagesordnung, und die damaligen Fakire oder heiligen Männer imitierten die christlichen Mönche. Sie trugen schlichte wollene Gewänder zum Zeichen ihrer Abkehr von der Welt. So entstand der Begriff, unter dem sie bekannt wurden, Sufis*. Und wenn es auch heißt, dass die frühen der Welt entsagenden Mönche des Islam mit den christlichen Brüdern in ihrer asketischen Frömmigkeit, Selbstverleugnung und Abscheu vor den Dingen der Welt wetteiferten, dauerte es nicht lange, bis ihre Begeisterung für die Askese schwand. Sie wurde in den ersten Jahrhunderten des Islam durch das Aufkommen der mystischen Liebe und Hingabe an Gott überwunden, für die der Sufismus heute bekannt ist, und durch den tiefen Respekt für Arbeit und Familienleben, der stets ein Merkmal des islamischen Glaubens war. Letztlich verurteilte Mohammed das Zölibat, empfahl nachdrücklich die Ehe und hatte selbst vier (manche sagen neun) Frauen.

Dennoch stellten wir fest, dass, in der weltbejahenden Sicht der Sufis immer ein Zug der Mäßigung, des Zögerns, der Vorsicht vorhanden war, ein Erkennen der potenziellen Gefahren und Fallstricke der Welt. Und sie bewahrten sich die unerschütterliche Überzeugung, dass Gott oder Allah immer über die Interessen der Welt gestellt werden muss. Obwohl die frühe Bekanntschaft mit dem Christentum den Sufismus stark beeinflusste, wie auch später die Bekanntschaft mit dem Buddhismus in den persischen Städten, vermochte es keine monastische Tradition, die leidenschaftlichen heiligen Männer des Islam zu fesseln. Sie waren entschlossen, einen Weg zu Gott in der Welt zu finden, und ihren eigenen Weg, „nicht von ihr” zu sein.

Der Sufismus, der in einer großen Anzahl verschiedenartiger Kulturen floriert, zeigt daher in seinen vielen Zweigen eine beträchtliche Variationsbreite, und in einigen davon erkennt man noch die Spuren seiner anfänglichen Sympathie mit einer Weltanschauung der Entsagung. Doch im achten Jahrhundert hatte sich der Sufismus bereits als der weitherzige spirituelle Weg etabliert, den wir heute kennen, und er hat sich seitdem wenig verändert. Obwohl die Sufi-Mystiker gelegentlich auch vor den Schwierigkeiten des Familienlebens warnen, waren sie doch fast alle verheiratet (manche mit mehreren Frauen). Zwar sprechen sie über die Gefahren der Beziehungen zu weltlichen Menschen, doch nur sehr wenige wählten die radikale Einsamkeit von Eremiten oder Mönchen. Und wenn sie auch fasten oder sich weltliche Vergnügungen versagen, geschieht dies in der Regel nur vorübergehend und wird durch Zeiten fröhlicher Festgelage und Feiern ausgeglichen.

*Der Begriff Sufismus ist der Name einer alten Lehre, die sich in der heutigen Zeit hauptsächlich durch den Islam manifestiert. Das Wort Sufismus kam in einer Zeit auf, in der diese Lehre mit dieser Weltreligion verbunden war, die essentielle Lehre des Sufismus kann aber durch alle Religionen und Weltanschauungen über viele Jahrtausende zurückverfolgt werden.

Etymologisch (sprachwissenschaftlich) ist unklar, ob das Wort Sufi von arabisch „suf“ (Schurwolle), das auf die wollenen Gewänder der Sufis hinweist, oder von arabisch „safa“ (rein) stammt. „Rein“ meint in diesem Zusammenhang gereinigt von Unkenntnis bzw. Unwissenheit, Aberglaube, Dogmatismus, Egoismus und Fanatismus sowie frei von Beschränkungen durch die soziale Schicht, politische Überzeugung, Rasse oder Nation. Historisch wahrscheinlicher ist jedoch erstere Auslegung, da die Herleitung von „rein“ auch eine gewollte Interpretation darstellen könnte.
Eine andere Erklärung bietet auch der Begriff „ahl as-suffa“, was „Leute der Veranda“ bedeutet. Dies bezieht sich auf die Gruppe von Personen, die sich zu Lebzeiten Mohammeds um den Propheten scharten und wahrscheinlich in Armut lebten. Es wird außerdem behauptet, dass das Wort Sufismus auf die Leute der ersten (Gebets-)Reihe (saff-i awwal) hindeuten kann.
Andere, vor allem westliche Vertreter eines „universellen Sufismus“, bringen es wiederum mit dem griechischen Wort „sophia“ (Weisheit) in Verbindung. Eine Ableitung ist jedoch eher unwahrscheinlich.

Ergänzend zur Wortherkunft sei erwähnt, dass der Begriff Sufismus nicht von Anhängern dieser Lehre eingeführt wurde. Vielmehr wurde er von Personen außerhalb dieser mystischen Strömung geprägt. Ein Sufi bezeichnete sich selbst in der Regel nicht als solcher, vielmehr verwendet er Bezeichnungen wie „Suchender“, „Schüler“, „Reisender“, etc.


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